Silence - Martin Scorsese (2016)

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buxtebrawler
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Silence - Martin Scorsese (2016)

Beitrag von buxtebrawler »

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Originaltitel: Silence

Herstellungsland: USA / Taiwan / Mexico (2016)

Regie: Martin Scorsese

Darsteller(innen): Andrew Garfield, Adam Driver, Liam Neeson, Tadanobu Asano, Ciarán Hinds, Issey Ogata, Shin'ya Tsukamoto, Yoshi Oida, Yôsuke Kubozuka, Kaoru Endô, Diego Calderón, Rafael Kading, Matthew Blake, Benoit Masse, Tetsuya Igawa, Shi Liang, Panta u. A.
Im Jahr 1638 reist der junge portugiesische Jesuit Sebastião Rodrigues (Andrew Garfield) gemeinsam mit seinem Begleiter Bruder Francisco Garrpe (Adam Driver) nach Japan, um als Priester geheime Missionsarbeit zu leisten. Außerdem sollen sie dort mit Hilfe eines Übersetzers (Tadanobu Asano) dem Gerücht nachgehen, das Sebastiãos alter Lehrmeister, der berühmte Pater Cristóvão Ferreira (Liam Neeson), völlig unerwartet vom Glauben abgefallen sein soll. Im ostasiatischen Inselstaat angekommen, bietet sich ihnen ein schauderhaftes Bild. Die Christen des Landes sehen sich einer brutalen Verfolgung durch die Regierung ausgesetzt, nachdem Bauern, meist katholische Christen, auf der Shimabara-Halbinsel einen Aufstand wagten. Fortan wollen die Herrschenden ihr Reich von allen westlichen Einflüssen säubern und isolieren. Folterungen, Kreuzigungen und unmenschliche Demütigungen lassen Sebastião und Francisco immer wieder an ihrer Aufgabe verzweifeln...
Quelle: www.ofdb.de

Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Diese Filme sind züchisch krank!
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buxtebrawler
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Re: Silence - Martin Scorsese (2016)

Beitrag von buxtebrawler »

Ein Sumpf namens Japan

„Garupe und ich hatten keinerlei Gepäck nach Japan mitzunehmen, außer unseren Herzen.“

Nach „The Wolf of Wall Street” und seinem zusammen mit David Tedeschi realisierten Dokumentarfilm „The 50 Year Argument“ widmete sich der US-Ausnahmeregisseur Martin Scorsese einem persönlichen Herzensprojekt, das er schon lange geplant, aber immer wieder aufgeschoben hatte: Der Verfilmung des auf wahren Ereignissen vor dem Hintergrund der japanischen Christenverfolgung beruhenden Romans „Chinmoku“ aus der Feder Shūsaku Endōs, der bereits im Jahre 1971 erstverfilmt worden war. „Silence“ ist ein US-amerikanisch-taiwanesisch-mexikanisch koproduziertes Historiendrama, das von religiösen Überzeugungen und brutaler Repression handelt – und Ende 2016 in die Kinos kam.

„Die schwarze Erde Japans ist erfüllt vom Wehklagen so vieler Christen.“

Wir schreien das Jahr 1638. Die jesuitischen Pater Sebastião Rodrigues (Andrew Garfield, „The Social Network“) und Francisco Garpe (Adam Driver, „Star Wars: Das Erwachen der Macht“) reisen von Portugal nach Japan, um den verschollenen christlichen Missionar Christovão Ferreira (Liam Neeson, „The Dark Knight Rises“) ausfindig zu machen. Dieser soll abtrünnig geworden und zum Buddhismus konvertiert sein sowie eine Japanerin geehelicht haben. In Japan möchte man vom Christentum nichts mehr wissen und von Missionaren noch weniger, sodass Christen sich einer brutalen Verfolgung bis hin zu Tötungen ausgesetzt sehen. Immer mehr japanische Christen gehen daher dazu über, ihren Glauben nur noch im rein persönlichen Umfeld auszuüben. Rodrigues und Garpe stellen sich den Gefahren und verlieren nie ihr Ziel aus den Augen, ihren einstigen Mentor zu finden.

„Das rote Blut der Priester ist im Übermaß geflossen.“

Wann immer der von mir hochgeschätzte Scorsese sich religiösen Themen widmet, wird es schwierig. So konnte ich mit „Die letzte Versuchung Christi“ nichts anfangen und auch mit „Silence“ macht er es mir nicht leicht. Der auch als Off-Erzähler auftretende Rodrigues berichtet im Präteritum von seinen Erlebnissen, die das Filmpublikum präsentiert bekommt. Japanisches wird untertitelt, auf musikalische Untermalung konsequent verzichtet. Von den mitunter harschen Grausamkeiten abgesehen, gestaltet sich Rodrigues‘ Missionars- und Sinnsuche arg langatmig und das Riesenbohei, das alle Figuren hier um religiöse Hirngespinste betreiben, ist, wenn sicherlich auch historisch verbrieft, nur schwer nachzuvollziehen. Scorseses Inszenierung sieht edel und, wenn es sein muss, auch dreckig aus, ist aber hochgradig pathetisch, melodramatisch und humorlos. Für nichtreligiöse Menschen mag es da spannender sein, Farbe beim Trocknen zuzusehen.

„Die Wände der Kirchen… sind eingestürzt.“

Der ständige Wechsel zwischen deutscher Synchronisation und Untertitelungen beschert ein Plus an Realismus, strengt aber vor allem an. Über die geschichtlichen und politischen Hintergründe des Konflikts erfährt man dabei so gut wie nichts. „Silence“ ist unheimlich monoton, Tonfall und Stimmung sind stets gleichbleibend, unterbrochen von emotionalisierenden Gewaltspitzen. Trotz aller Insichgekehrtheit der Hauptfiguren wirkt der Film dadurch oberflächlicher, als er sein will (und vielleicht auch ist). Da stellt sich dann tatsächlich schon mal die Frage, weshalb man überhaupt solche Filme schaut. In diesem speziellen Falle kann ich dies nur damit beantworten, dass er von Scorsese ist.

„Überall hier ist das Böse zu finden.“

Interessanter wird Scorseses eigentümliches Herzensprojekt erst im letzten Drittel, wenn der so lange gesuchte Ferreira als erster Mensch des Films vernünftig Klingendes absondert und Rodrigues davon überzeugt, dem Christentum abzuschwören. „Silence“ wird endlich zu einem Plädoyer gegen kirchliche Prüfungsspinnerei, sagt in etwa so viel aus wie „sei von mir aus religiös, aber gehe niemandem damit auf die Nerven“ (was ich ausdrücklich unterschreibe), und schließt mit einem versöhnlichen Epilog. Eingedenk dessen, was die Kirche so alles angerichtet hat, war die Abschottungspolitik (wohlgemerkt nicht die brutale Verfolgung!) der Japaner zudem vielleicht ganz schlau.

Unter Verzicht auf Scorcese-Stammschauspieler und mit rund 160 Minuten Laufzeit die Geduld seines Publikums überstrapazierend, holt „Silence“ verdammt weit aus, um letztlich auf seine relativ einfache Formel zu kommen und sich gegen Missionierungen auszusprechen. So lobenswert die Aussage auch ist: Da bin ich ganz eindeutig nicht die Zielgruppe.
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