THE FORBIDDEN ROOM
Kanada 2015
Regie: Guy Maddin, Evan Johnson,
Darsteller: Roy Dupuis, Clara Furey, Louis Negin, Céline Bonnier, Karine Vanasse, Caroline Dhavernas, Paul Ahmarani, Mathieu Amalric, Udo Kier, Maria de Medeiros, Charlotte Rampling, Geraldine Chaplin, M: Guy Maddin, Jason Staczek, Galen Johnson
Ich liebe Guy Maddin. Und diese Liebe wurde mit "The Forbidden Room" wieder einmal vertieft. Kein Film, den ich anderen uneingeschränkt empfehlen würde. Dazu ist er viel zu speziell. In mir hat er wieder ein Feuer der Leidenschaft entfacht. Ein Film, wie ein altmodischer Setzkasten, in dessen Fächern es immer neue Dinge zu entdecken und bestaunen gibt. Da bohrt sich der Film immer weiter in seine schier unendlichen Geschichten hinein, erzählt Geschichten in Geschichten in Geschichten in Geschichten... Irgendwo in den tiefsten Schichten des Filmes erzählen beispielsweise zwei in Bananen verwandelte Ex-Liebhaber davon, was einst auf dem Bett passierte auf dem sie liegen, was zu einer Geschichte führt indem ein Mann seinen Butler umbringt, woraufhin der Bart des Butlers davon erzählt, wie dieser als Geist noch einmal (und noch einmal und noch einmal) zu seiner Familie zukehrt, um sich zu verabschieden, während im Gastraum der Familie ein Mann darüber schreibt, wie er und den Einfluss der Büste einen Januskopfes geriet und wenn er dann seinen Doppelgänger umbringen will erzählt dieser die Geschichte eines Mannes, der das Laudaum seiner Mutter langsam gegen Wasser austuscht. Und dann winden sich all diese Geschichten wieder zum Ausgangspunkt zurück - um dabei noch die ein oder andere Abzweigung zu nehmen. Alles in Maddens fiebrigen Post-Stummfilm/30er-Jahre Farbfilm/40er Musical-Stil gedreht. Jede Geschichte etwas anders, alles pochend, pulsierend, lebendig. Nach dem Kino war ich begesitert - und dann wuchs der Film noch mehr und mehr...Berlinale Programm hat geschrieben:Ein U-Boot in Seenot; ein Holzfäller, der der Bootsbesatzung auf mysteriöse Weise erscheint – war er nicht gerade noch dabei, die schöne Margo in den dunklen Wäldern von Holstein-Schleswig aus den Klauen der Roten Wölfe zu befreien? Ein Neurochirurg, der tief in das Hirn eines manischen Patienten greift; ein Mörder, der sich als das Opfer der eigenen Tat ausgibt; eine traumatisierte junge Frau "on the Deutsch-Kolumbianisch Express somewhere between Berlin and Bogota"; verführerische Skelette, kollidierende Zeppeline und eine heiße Badewanne, die all das ausgelöst zu haben scheint – Guy Maddins in Koregie mit Evan Johnson entstandener, entfesseltester, anarchischster Film gleicht einem nicht enden wollenden, scheinbar chaotischen, aber doch stets bedeutungsvollen erotisch-klaustrophobischen Alptraum, in dem Handlung, Charaktere und Orte einander ständig rätselhaft überlagern. Wie die ineinandergreifenden Arme eines Spiralnebels sind die zahllosen fantastischen Handlungsstränge angelegt, allesamt inspiriert von realen, eingebildeten und fotografischen Erinnerungen an verschollene Filme der Stummfilmzeit, denen auch die Ästhetik halbzerstörter viragierter Filmkopien fabelhaft huldigt.
PS: In der IMDb steht unter "Trivia" zu diesem Film einige Sachen, die so nicht stimmen:
"Each sequence of The Forbidden Room is based on reviews and summaries of "lost" films, mostly from America in the early to mid-20th century. These films were destroyed intentionally or by natural degredation of the original film stock, and will likely never be seen again. Guy Maddin realized the only way he'd be able to see these lost movies was to make them himself." - Das stimmt nicht. Das war Maddins Projekt "Hauntings" von 2010.
"This project was originally concieved to be a series of stand-alone short films. The only way Guy Maddin was able to recieve enough funding was to string some of them together into a feature." - Das stimmt auch nicht, denn das war "Keyhole" von 2011. "Forbidden Room" war von Anfang an als ein Film geplant.
"Guy Maddin's first film shot digitally." - Nope. Das war auch "Keyhole" 2011.