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Darsteller: Lance Henriksen, Rona De Ricci, Stephen Lee, William J. Norris, Mark Margolis, Carolyn Purdy-Gordon, Barbara Bocci, Benito Stefanelli, Jeffrey Combs, Tom Towles, Jonathan Fuller, Geoffrey Copleston u. A.
Spanien im Jahre 1492: Die Inquisition unterdrückt das Land. Hexenjagd, Folter und Mord im Namen der Religion - in den Verliesen von Großinquisitor Torquemada wird der Tod zur Gnade. Maria wird als Hexe verhaftet. Von ihrer Schönheit fasziniert, schwankt Torquemada zwischen Lust und Keuschheit. Maria steht am Abgrund der Hölle...
Das letzte Jahrzehnt des vergangenen Jahrtausends läutete US-Regisseur Stuart Gordon („Re-Animator“) mit einer Charles-Band-Produktion (Full Moon Pictures), „The Pit and the Pendulum“ aus dem Jahre 1991, ein. Für seine sehr freie Adaption des Edgar-Allan-Poe-Stoffs, deren Drehbuch erneut aus der Feder Dennis Peolis („Re-Animator“, „From Beyond“) stammte, griff Gordon das dunkle Kapitel der spanischen Inquisition auf.
Wir schreiben das Jahr 1492: Das Land erzittert unter dem Terror der Inquisition. Willkürlich werden Frauen der Hexerei bezichtigt und im Namen Gottes gefoltert und ermordet. Großinquisitor Torquemada (Lance Henriksen, „Aliens“) lässt auch die junge, attraktive Maria (Rona de Ricci) verhaften, von deren Schönheit er fasziniert ist. Doch während er seine abartige Sexualität und seinen Sadismus an ihr auslebt, eilt ihr angetrauter Antonio (Jonathan Fuller, „Castle Freak“) herbei, um sie aus den Fängen der Inquisition zu retten. Parallel ist ein Gesandter des Papstes unterwegs zum Schloss Torquemadas, um die Kunde zu überbringen, von derartiger Folter zukünftig abzusehen – und dann ist da noch die geheimnisvolle Esmeralda (Frances Bay), die ebenfalls der Hexerei angeklagt ist und sich eine Kerkerzelle mit Maria teilt...
Die Kirche ist seit jeher ein Sammelbecken für Irre, Sadisten, Perverse, Vergewaltiger, Rassisten, Sexisten, Antisemiten, Homophobe, Menschenschinder, Frauen- und Kinderschänder, Mörder und andere Sozio- und Psychopathen jeglicher Couleur. Ihre blutige Geschichte bietet sich demnach hervorragend an für Horror- und Exploitation-Filme. Nachdem Ende der 1960er bzw. in den 1970ern bereits einige Filme sich sehr drastisch mit der Thematik auseinandersetzten, versucht Gordon gar nicht erst, in splatterige Gefilde von „Hexen bis aufs Blut gequält“ und Konsorten vorzudringen, sondern vermengt seine Mischung aus Horror, Historiendrama und Schauerromanze inkl. Erotik/Fetisch-Sex-Schlagseite mit Motiven aus Edgar Allan Poes Kurzgeschichten und positioniert sich irgendwo zwischen ebengenannten Vorreitern und den stilvollen Corman’schen Poe-Verfilmungen, die so gut wie gar nicht auf explizit-blutige Schauwerte setzten. Mit den trashigen Direct-to-Video-Produktionen der Full-Moon-Schmiede hat „The Pit and the Pendulum“ glücklicherweise wenig zu tun; man ließ Gordon offensichtlich weitestgehend freie Hand und mit (s)einem erfahrenen Team zusammenarbeiten.
„The Pit and the Pendulum“ zeigt direkt zu Beginn die Willkür der Inquisition und geizt nicht mit der Darstellung nackter Haut, wobei sich de Ricci mit ihrem makellosen Körper hervortut. Im Folgenden charakterisiert man eindringlich Großinquisitor Torquemada als einen finsteren, abartigen Mann, der es sich in seinem großzügigen Schloss in seiner eigenen Sado-Maso-Welt eingerichtet hat, sich selbst gerne mal masochistischen Neigungen hingibt und generell seine Sexualität nicht ganz unter Kontrolle hat, womit der Bogen gespannt wird von unerfüllter sexueller Lust zu als Ventil dienenden Gewaltausbrüchen. Lance Henriksen entpuppt sich für diese Rolle als Traumbesetzung. Es gelingt ihm, ohne allzu übertrieben auf die Pauke hauen zu müssen, die tiefen Abgründe seines Charakters darzustellen und eine respekt- und furchteinflößende Aura zu entwickeln. Gefilmt wurde in einem italienischen Kastell, das man stilsicher und morbide mit Skeletten und anderen Devotionalien ausstattete. Die Handlung erscheint insofern relativ vielschichtig, als mehrere Handlungsstränge schließlich im Schloss Torquemadas zusammengeführt werden. Das ist jedoch zumindest dann etwas zuviel des Guten, wenn das Tempo zwischenzeitlich arg zurückgefahren wird und man sich ein wenig zu geschwätzig gibt, um alle Subplots zu bedienen. Keinesfalls gebraucht hätte es beispielsweise die phantastischen Elemente, die Esmeralda zu einer Art tatsächlicher Hexe erklären, deren Fluch am Ende eine große Rolle spielen wird. Letztlich schwächen diese Teile des Films den in der Realität verwurzelten antiklerikalen Aspekt unnötig ab, weichen die inquisitionskritische Komponente ungewollt auf. Besser weiß da zu gefallen, dass auch andere Poe-Geschichten als die titelgebende Einzug in den Film gehalten haben, wenn auch nur am Rande. Strenggenommen „am Rande“ kommen dann auch Grube und Pendel zum Einsatz, sind sie doch die ganz besonderen Schmankerl, die Torquemada seinem Eindringling Antonio zugedacht hat und ein hochspannendes, blutiges Finale einläuten. Dort kommen dann auch einige gelungene Spezialeffekte zur Geltung.
Am interessantesten sind in „The Pit and the Pendulum“ eindeutig die Antagonisten, denen Gordon und Peoli einige Absonderlichkeiten in Erscheinungsbild und Handlungen zuschrieben. Weniger erinnerungswürdig, weil in ihren Rollen sehr eindimensional angelegt, bleiben da Maria und Antonio, grundsätzlich machen aber beide eine gute Figur. Fans von Stuart-Gordon-Filmen werden sich über ein Wiedersehen mit Stammschauspieler Jeffrey „Dr. Herbert West“ Combs freuen, der eine der den Film mit etwas Humor auflockernden Nebenrollen übernahm, und Genrekenner werden Oliver Reed („Der Fluch von Siniestro“) als römischen Kardinal ausmachen. Untermalt wird das Geschehen von orchestraler Musik mit sakralen Gesängen, die sich nach einiger Zeit jedoch etwas abnutzt und mitunter gern ein wenig voluminöser hätte klingen dürfen. Nicht ganz unproblematisch ist der Look des Films, der ihn bisweilen bereits wie eine typische Full-Moon-Direct-to-Video-Produktion aussehen lässt. Es mangelt in gewisser Hinsicht an Kinogefühl, aber auch an der nötigen Dosis Schmutz und Dreck. Ersteres erweist sich nicht als sonderlich hilfreich, wenn Gordon versucht, die epische Breite seines Films zu vermitteln und letzteres geht zu Ungunsten des Realismus, wenn „The Pit and the Pendulum“ manchmal zu steril wirkt. Das ist schade, da dadurch trotz über die reine Zweckmäßigkeit hinausgehender Kameraarbeit aus den alten Gemäuern nicht das volle Potential geschöpft werden kann. Dass Stuart Gordon mit diesem Film seine gefeierten Werke aus dem vorausgegangenen Jahrzehnt nicht übertrumpft hat, dürfte allgemein bekannt sein, doch wie dem auch sei: Mit „The Pit and the Pendulum“ gelang ihm ein relativ starker, unterhaltsamer Film, dessen Genremix-Konzept mit dem Schwerpunkt auf Horror aufgeht und der besonders aufgrund der eindrucksvollen Leistung Henriksens, der stilsicheren Integrationen Poe’scher Lyrik und einiger wahrhaft außergewöhnlicher Einfälle – Stichwort: Schießpulververzehr und die Folgen, oder auch posthume Auspeitschungen – im Gedächtnis bleiben wird.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Der Film ist schon recht sehenswert, z. B. Rona de Ricci hat mir schon rein optisch sehr zugesagt und schlägt sich ganz gut in der Rolle. Inquisitor Torquemada hat manchmal etwas irritierende Fremdschäm-Auftritte wegen seiner ganzen perversen Gelüste, hier wäre weniger vielleicht mitunter mehr gewesen. Insgesamt gesehen hat Gordon deutlich bessere Sachen vorgelegt, "The Pit and the Pendulum" hat mitunter auch ein bisschen TV-Film-Flair.
Stuart Gordon ist ja ein Guter und auch bei seinem als Horrorfilm getarnter Spätausflug ins Jahrzehnte zuvor ebenfalls sehr beliebte Hexenjäger-Exploitation-Genre macht er eigentlich für den Genre-Freund nicht viel verkehrt. Die Location, die er wenig später auch für seinen "Castle Freak" genutzt hat ist jedenfalls recht stimmig und der Zuschauer bekommt neben nackter Frauenhaut auch allerlei Grausigkeiten serviert. Allerdings kann sich die etwas überfrachtete Geschichte irgendwie nicht so recht zwischen düsterem Folter-Horror und überzeichneten Momenten mit allerlei Seitenhieben auf damaliges Verhalten und Würdenträger entscheiden und die Thematik ist jetzt sowieso nicht gerade das, was mich persönlich so interessiert. Auch wenn der Film rasant startet, so hat er dann durchaus seine Probleme, dieses aufrecht zu erhalten und irgendwie wird das erwartete Ende auch etwas sehr hinausgezögert. Das Wiedersehen mit vielen bekannten Gesichtern macht ebenfalls Freude, aber mehr wie eine mittelprächtige Bewertung ist hier subjektiv wohl dennoch nicht drinnen.
Erscheint voraussichtlich am 31.08.2020 bei Wicked-Vision als Blu-ray/Audio-CD-Kombination in verschiedenen Mediabooks:
Cover A, limitiert auf 222 Exemplare
Cover B, limitiert auf 444 Exemplare
Cover C, limitiert auf 333 Exemplare
Extras:
24-seitiges Booklet mit einem Essay von Christoph N. Kellerbach · Vorwort von Charles Band Featurette: „Behind The Pit & The Pendulum: The Inquisition of Stuart Gordon“· Verpatzte Szenen · Videozone · Originaltrailer · Bildergalerie · Original Soundtrack-CD in der autorisierten Expanded Edition mit 27 Tracks
Quelle: OFDb-Shop
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Poe-Verfilmung.
Und gar nicht weit weg von der literarischen Vorlage.
Lance Henriksen gibt hier den impotenten, verliebten Oberinquisitor. Da gibt es ein gutherziges und gutaussehendes Bäckerpaar, es wird gefoltert, bedroht, verbrannt. UNd auch Anlehnungen an Übernatürliches. Das ist alles gut erzählt und gespielt, immer mit lrichtem Hang zur Übertreibung. Wir sehen einige Bekannte: Jeffrey Combs, Oliver Reed. Humor mit den drei Stooges von der INquisition haben wir auch. Und das alles an einem schönem Schauplatz, wohl gedreht in der Nähe von Rom in einer alten Burg. Hat auch etwas vom Theater, die Inszenierung, der Text, manchmal auch seltsamerweise die Kulissen.
Natürlich auch nette eklige Ideen drin. Msik drüber.
Insgesamt schön abgeliefert von Stuart Gordon.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Erscheint voraussichtlich am 26.01.2024 noch einmal bei Wicked-Vision als Blu-ray/DVD-Kombination:
Extras:
- Wendecover mit einem Artwork von Timo Würz
- Vorwort von Charles Band
- Featurette: „Behind The Pit & The Pendulum: The Inquisition of Stuart Gordon“
- Verpatzte Szenen
- Videozone
- Originaltrailer
- Bildergalerie
Stuart Gordons Hexenjägerfilm mit Poe-Einschlag. Gefiel mir gut. Macht zwar trotz der vielen Statisten, tollen Locations (wahrscheinlich alles im ehemaligen Ostblock gedreht) und aufwändigen Kostümen einen eher preisgünstigen Eindruck (was möglicherweise auch am mir vorliegenden 4:3-Format lag) mit dem typischen "Full Moon"-Geschmack (ist ja auch von den Bands produziert). Lance Hendriksen gibt Vollgas, unter den bekannten Gesichtern findet sich Gordon-Spezi Jeffery Combs und Oliver Reed. Letzterer nur kurz und seltsamerweise ohne Fass Amontillado. Aber auch die Helden machen einen guten und sehr soliden Eindruck. Das kann auch für den ganzen Film gelten, der hier und dort etwas Humor und Splattereinlagen einstreut. Die sehr pompöse Musik von Richard Band passt mehr zu einem Hollywood-Monumentalfilm als zu einer Full Moon Produktion, aber das ist schon okay
Früher war mehr Lametta
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