Tropa de Elite - José Padilha (2007)
Moderator: jogiwan
Tropa de Elite - José Padilha (2007)
Tropa de Elite
Originaltitel: Tropa de Elite
Herstellungsland: Argentinien, Brasilien / 2007
Regie: José Padilha
Darsteller: Wagner Moura, André Ramiro, Caio Junqueira, Milhem Cortaz
Story:
1997, Rio de Janeiro, Brasilien: im Kampf gegen Drogendealer und Schießereien in den Slums ist die Polizei des Öfteren machtlos, wenn sie denn überhaupt dagegen ankämpfen möchte. Die meisten Polizisten sind korrupt und arbeiten mit den Dealern und nicht gegen sie, sehen weg und holen sich alle paar Tage ihr Schutzgeld ab.
Captain Nascimento (Wagner Moura) hingegen arbeitet für die Spezialeinheit BOPE, die nur aus rund 100 Männern besteht. Sie kommt zum Einsatz, wenn die Polizei komplett überfordert ist. Dabei bedient sie sich fragwürdiger Methoden: sie schießt erst und fragt danach, während sie oft nur mit folterähnlichen Befragungen zu ihren gewünschten Informationen kommt. Da Nascimentos Frau schwanger ist und er sowieso aus dem Dienst austreten will, weil er immer wieder unter Panikattacken während der Einsätze leidet, ist er gerade auf der Suche nach einem fähigen Nachfolger. Dafür kommen die beiden Polizisten André Matias (André Ramiro), der nebenbei noch Jura studiert, und dessen bester Freund Neto (Caio Junqueira) in Frage, die zu dieser Zeit das BOPE-Trainingscamp beginnen... (quelle: ofdb.de)
Originaltitel: Tropa de Elite
Herstellungsland: Argentinien, Brasilien / 2007
Regie: José Padilha
Darsteller: Wagner Moura, André Ramiro, Caio Junqueira, Milhem Cortaz
Story:
1997, Rio de Janeiro, Brasilien: im Kampf gegen Drogendealer und Schießereien in den Slums ist die Polizei des Öfteren machtlos, wenn sie denn überhaupt dagegen ankämpfen möchte. Die meisten Polizisten sind korrupt und arbeiten mit den Dealern und nicht gegen sie, sehen weg und holen sich alle paar Tage ihr Schutzgeld ab.
Captain Nascimento (Wagner Moura) hingegen arbeitet für die Spezialeinheit BOPE, die nur aus rund 100 Männern besteht. Sie kommt zum Einsatz, wenn die Polizei komplett überfordert ist. Dabei bedient sie sich fragwürdiger Methoden: sie schießt erst und fragt danach, während sie oft nur mit folterähnlichen Befragungen zu ihren gewünschten Informationen kommt. Da Nascimentos Frau schwanger ist und er sowieso aus dem Dienst austreten will, weil er immer wieder unter Panikattacken während der Einsätze leidet, ist er gerade auf der Suche nach einem fähigen Nachfolger. Dafür kommen die beiden Polizisten André Matias (André Ramiro), der nebenbei noch Jura studiert, und dessen bester Freund Neto (Caio Junqueira) in Frage, die zu dieser Zeit das BOPE-Trainingscamp beginnen... (quelle: ofdb.de)
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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Re: Tropa de Elite - José Padilha (2007)
Tropa de Elite“ ist ein aufrüttelnder Film über die erschreckenden Vorgängen in den Elendsviertel einer Millionenmetropole, in der die Polizei längst korrupt ist und Elite-Einheiten zu drastischen Mitteln greifen müssen, um im Kampf gegen übermächtige Drogenkartelle nicht unterzugehen. Ein 110minütiger Adrenalin-Kick im authentischen Doku-Style mit leisen Zwischentönen über eine der gefährlichsten Gegenden der Welt, der jedoch aufgrund seiner drastischen Gewaltdarstellung sicherlich nicht für alle geeignet ist. Ein bisschen weniger Pathos und Testosteron und ich hätte subjektiv glatt zur Höchstwertung gegriffen, so bleiben unterm Strich 9 von 10 Punkten und ein explosives Drama mit ordentlich Diskussionpoential, dass man schon gesehen haben sollte und dessen Fortsetzung uns dieser Tage in Haus steht.
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Re: Tropa de Elite - José Padilha (2007)
Regisseur Padilha wandelt mit seinem Film auf einem sehr, sehr schmalen Grat. Dieser Grat liegt zwischen der (gerechtfertigten) Aufklärung über die Zustände in den Favelas der Millionenmetropole Rio de Janeiro im semidokumentarischen Erzählstil und der Unterhaltung des Zuschauers mit einem Thema, bei dem eigentlich keiner auf die Idee kommen dürfte, dass er damit (reine) Unterhaltung abliefern kann.
Es verwundert nicht, dass der Film nicht nur in Brasilien stark umstritten ist, sondern auch dessen Auszeichnung mit dem „Goldenen Bären“ auf der Berlinale 2008 sehr überraschend kam.
Darf ein Film, der offensichtlich eher als Aufklärung denn als Unterhaltung verstanden werden will, mehr oder weniger „kommentarlos“ die Vorgehensweisen dieser paramilitärischen Sondereinheit, nämlich Folter und Mord, die nun überhaupt nichts mehr mit rechtsstaatlich zulässigen Mitteln zu tun haben, so „unterhaltsam“ schildern? Muss er nicht selbst eindeutig(er) Stellung beziehen?
Eine Distanz, die es dem Zuschauer ermöglicht, über das Gesehene zu reflektieren, wird diesem kaum zugestanden. Er wird mittels Handkamera mitten ins grausame Geschehen geworfen und hat aufgrund des spannenden Plots, der Kameraführung und der sehr authentisch wirkenden Inszenierung kaum eine Möglichkeit, sich der Sogwirkung zu entziehen.
Resultiert dieser Vorwurf aber nicht auch daraus, dass hier die andere Seite gezeigt wird, also nicht wie z. B. bei „City of Gods“ die Sichtweise der armen Bewohner der Favelas, der eigentlichen Täter, sondern das der Bürgerkrieg aus der Sicht der Polizei und der Sondereinheiten geschildert wird? Es ist ungemein anspruchsvoller, sich von den eigentlich Guten zu distanzieren, denn der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel, und deren Absegnung wäre ein leichtes.
Da dem Zuschauer in erster Linie das Leben der vermeintlich Guten geschildert wird, fällt es daher schon ungemein schwer, deren Methoden zu verurteilen und sich nicht insgeheim dabei zu ertappen, diese zu ignorieren oder gar zu rechtfertigen. Einige Kritiker bemängelten, dass die BOPA als Allheilmittel gegen Drogenhandel und Polizeikorruption kaum hinterfragt werde, der Zuschauer zum „faschistoiden Voyeur“ degradiert und geradezu manipuliert werde.
Ich bin nicht dieser Auffassung. Es wäre auch eine nicht zu lösende Aufgabe, diese komplexe Thematik mit humanistisch-juristischen Dialogen und Aussagen zu versehen und gleichzeitig einen 90-minütigen Spielfilm zu kreieren, der seine Zuschauer bei der Stange hält - mal ganz davon abgesehen, dass das kaum ein Zuschauer verstehen würde.
Als mündiger und kritischer Mensch sollte man in der Lage sein, mit Regisseur Padilha den schmalen Grat zwischen Aufklärung und Anklage auf der einen Seite und Voyeurismus auf der anderen Seite gehen zu können und die Aufgabe zu bewältigen, sich selbst ein Urteil zu bilden. Gerade auch deshalb, weil die Gewalt nie selbstzweckhaft erscheint und überwiegend sehr abstoßend dargestellt wird.
Allerdings ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, die es da zu meistern gilt. Es ist viel einfacher, wenn ein Film eindeutig Stellung bezieht. Dies unterlässt „Tropa de Elite“ aber. Er überlässt es dem Zuschauer, anzuklagen. Nicht nur die Drogenhändler und die korrupte Polizei, die für diese Zustände verantwortlich sind, sondern auch die zu verurteilen, die meinen, es gebe keine anderen Mittel, als mit Menschrechtsverletzungen und Mord dieses „System“ und perverse Gleichgewicht zu bekämpfen.
Viele Regisseure neigen dazu, den Zuschauer zu entmündigen, für ihn zu definieren, was Recht und was Unrecht ist. Das beginnt oft bei grenzdebilen Storys, die mit der üblichen Schwarz-Weiß-Malerei aufwarten und den Kampf „Gut gegen Böse“ mit eindimensionalen Charakteren und dementsprechend platten Dialogen garnieren. Dies tut „Tropa de Elite“ gerade nicht, hier gibt es keine Guten, jede der Gruppen – Drogendealer, korrupte Polizisten, die Drogen nehmende bourgeoise Studentenschaft und auch die BOPA, trägt ihren Teil zum alltäglichen Wahnsinn in Rio bei.
Da hier außerdem der Charakterzeichnung, allen voran Capitao Nascimento, der auch aus dem Off kommentiert, aber auch den Rekruten Matias und Neto, viel Raum gegeben wird, kann der Zuschauer deren Entwicklung und Handlungsweisen zwar verstehen, schreckt aber davor zurück, diese zu rechtfertigen – was wohl auch Padilhas Intention gewesen sein dürfte.
Keiner der Protagonisten ist dazu geeignet, sich mit ihm zu identifizieren, auch der mit hehren Zielen ausgestattete Matias scheitert am Ende am eigenen Anspruch, indem er durch die unmenschliche Ausbildung der BOPA und den persönlichen Verlust zur deren entmoralisierter Marionette wird.
Fazit:
Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, bei diesem Film die mitreißende Inszenierung und damit den Unterhaltungsaspekt nicht in den Vordergrund treten zu lassen, sondern sich selbst dazu zu zwingen, zu hinterfragen, was man da gerade gesehen hat und den Film auf das Wesentliche zu reduzieren.
Eine anspruchsvolle, aber keinesfalls unmögliche Aufgabe.
„Tropa de Elite“ ist zweifellos ein mitreißender und kontroverser Film. Führen aber nicht gerade die kontroversen Filme dazu, dass auch unbequeme Thematiken nicht einfach totgeschwiegen werden, sondern diskutiert werden und sich Menschen darüber austauschen?
Daher ist „Tropa de Elite“ allein schon aus diesem Grund ein Film, den man gesehen haben sollte.
8,5/10
Es verwundert nicht, dass der Film nicht nur in Brasilien stark umstritten ist, sondern auch dessen Auszeichnung mit dem „Goldenen Bären“ auf der Berlinale 2008 sehr überraschend kam.
Darf ein Film, der offensichtlich eher als Aufklärung denn als Unterhaltung verstanden werden will, mehr oder weniger „kommentarlos“ die Vorgehensweisen dieser paramilitärischen Sondereinheit, nämlich Folter und Mord, die nun überhaupt nichts mehr mit rechtsstaatlich zulässigen Mitteln zu tun haben, so „unterhaltsam“ schildern? Muss er nicht selbst eindeutig(er) Stellung beziehen?
Eine Distanz, die es dem Zuschauer ermöglicht, über das Gesehene zu reflektieren, wird diesem kaum zugestanden. Er wird mittels Handkamera mitten ins grausame Geschehen geworfen und hat aufgrund des spannenden Plots, der Kameraführung und der sehr authentisch wirkenden Inszenierung kaum eine Möglichkeit, sich der Sogwirkung zu entziehen.
Resultiert dieser Vorwurf aber nicht auch daraus, dass hier die andere Seite gezeigt wird, also nicht wie z. B. bei „City of Gods“ die Sichtweise der armen Bewohner der Favelas, der eigentlichen Täter, sondern das der Bürgerkrieg aus der Sicht der Polizei und der Sondereinheiten geschildert wird? Es ist ungemein anspruchsvoller, sich von den eigentlich Guten zu distanzieren, denn der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel, und deren Absegnung wäre ein leichtes.
Da dem Zuschauer in erster Linie das Leben der vermeintlich Guten geschildert wird, fällt es daher schon ungemein schwer, deren Methoden zu verurteilen und sich nicht insgeheim dabei zu ertappen, diese zu ignorieren oder gar zu rechtfertigen. Einige Kritiker bemängelten, dass die BOPA als Allheilmittel gegen Drogenhandel und Polizeikorruption kaum hinterfragt werde, der Zuschauer zum „faschistoiden Voyeur“ degradiert und geradezu manipuliert werde.
Ich bin nicht dieser Auffassung. Es wäre auch eine nicht zu lösende Aufgabe, diese komplexe Thematik mit humanistisch-juristischen Dialogen und Aussagen zu versehen und gleichzeitig einen 90-minütigen Spielfilm zu kreieren, der seine Zuschauer bei der Stange hält - mal ganz davon abgesehen, dass das kaum ein Zuschauer verstehen würde.
Als mündiger und kritischer Mensch sollte man in der Lage sein, mit Regisseur Padilha den schmalen Grat zwischen Aufklärung und Anklage auf der einen Seite und Voyeurismus auf der anderen Seite gehen zu können und die Aufgabe zu bewältigen, sich selbst ein Urteil zu bilden. Gerade auch deshalb, weil die Gewalt nie selbstzweckhaft erscheint und überwiegend sehr abstoßend dargestellt wird.
Allerdings ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, die es da zu meistern gilt. Es ist viel einfacher, wenn ein Film eindeutig Stellung bezieht. Dies unterlässt „Tropa de Elite“ aber. Er überlässt es dem Zuschauer, anzuklagen. Nicht nur die Drogenhändler und die korrupte Polizei, die für diese Zustände verantwortlich sind, sondern auch die zu verurteilen, die meinen, es gebe keine anderen Mittel, als mit Menschrechtsverletzungen und Mord dieses „System“ und perverse Gleichgewicht zu bekämpfen.
Viele Regisseure neigen dazu, den Zuschauer zu entmündigen, für ihn zu definieren, was Recht und was Unrecht ist. Das beginnt oft bei grenzdebilen Storys, die mit der üblichen Schwarz-Weiß-Malerei aufwarten und den Kampf „Gut gegen Böse“ mit eindimensionalen Charakteren und dementsprechend platten Dialogen garnieren. Dies tut „Tropa de Elite“ gerade nicht, hier gibt es keine Guten, jede der Gruppen – Drogendealer, korrupte Polizisten, die Drogen nehmende bourgeoise Studentenschaft und auch die BOPA, trägt ihren Teil zum alltäglichen Wahnsinn in Rio bei.
Da hier außerdem der Charakterzeichnung, allen voran Capitao Nascimento, der auch aus dem Off kommentiert, aber auch den Rekruten Matias und Neto, viel Raum gegeben wird, kann der Zuschauer deren Entwicklung und Handlungsweisen zwar verstehen, schreckt aber davor zurück, diese zu rechtfertigen – was wohl auch Padilhas Intention gewesen sein dürfte.
Keiner der Protagonisten ist dazu geeignet, sich mit ihm zu identifizieren, auch der mit hehren Zielen ausgestattete Matias scheitert am Ende am eigenen Anspruch, indem er durch die unmenschliche Ausbildung der BOPA und den persönlichen Verlust zur deren entmoralisierter Marionette wird.
Fazit:
Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, bei diesem Film die mitreißende Inszenierung und damit den Unterhaltungsaspekt nicht in den Vordergrund treten zu lassen, sondern sich selbst dazu zu zwingen, zu hinterfragen, was man da gerade gesehen hat und den Film auf das Wesentliche zu reduzieren.
Eine anspruchsvolle, aber keinesfalls unmögliche Aufgabe.
„Tropa de Elite“ ist zweifellos ein mitreißender und kontroverser Film. Führen aber nicht gerade die kontroversen Filme dazu, dass auch unbequeme Thematiken nicht einfach totgeschwiegen werden, sondern diskutiert werden und sich Menschen darüber austauschen?
Daher ist „Tropa de Elite“ allein schon aus diesem Grund ein Film, den man gesehen haben sollte.
8,5/10
"You can´t love animals and eat them too."
"Dressing well is a form of good manners." - Tom Ford
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