Cannibal Diner - Frank W. Montag

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horror1966
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Cannibal Diner - Frank W. Montag

Beitrag von horror1966 »

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Cannibal Diner
(Cannibal Diner)
mit Alexandra Lesch, Kristiana Rohder, Lara Baum, Indira Madison, Violetta Schurawlow, Alexandra Jordan, Mike Zick, Dominik Schneider, Celina Klemenz, Sascha Litter, Jessica Klauss
Regie: Frank W. Montag
Drehbuch: Mario von Czapiewski
Kamera: Marcel Kuhlmann / Frank W. Montag
Musik: Frank W. Montag
FSK 16
Deutschland / 2012

Die Freundinnen und Nachwuchsmodels Kati und Tanja haben sich für Katis jüngere Schwester eine ganz besondere Geburtstagsüberraschung ausgedacht: Einen Camping-Trip in die Waldidylle. Tanja und ein paar Freundinnen, die zu Vorbereitungszwecken voraus gefahren sind, werden unvermittelt von mysteriösen Angreifern attackiert. Währenddessen verläuft sich Kati, die alleine hinterher kommen wollte, mitten im Dickicht des Waldes. Denn eine geheimnisvolle Fremde hat sie auf die falsche Fährte geschickt.


Das Sub-Genre des Backwood-Slashers leidet in den letzten Jahren ein wenig an einer gewissen Übersättigung, so das neue Beiträge es recht schwer haben, den Zuschauer auch wirklich zu überzeugen und ihm gleichzeitig neue Impulse anzubieten. Wenn es sich dann auch noch um eine deutsche Independent-Produktion handelt kommt noch erschwerend der Aspekt hinzu das man eine vor Blut triefende Geschichte erwartet, in der filmische Defizite durch einen erhöhten Härtegrad kaschiert werden sollen. Frank W. Montag ist mit seinem "Cannibal Diner" jedoch einen etwas anderen Weg gegangen und versucht durchaus seinem Werk einen Qualitäts-Standard zu verleihen, der sich keineswegs auf übertriebene Härte reduziert. Die Geschichte an sich ist dabei recht schnell erzählt und man bekommt hier auch nichts Neues geboten, zudem hat man sich auch darauf beschränkt, das Ganze mit möglichst wenigen Dialogen zu versehen, wobei der Grund dafür nicht ersichtlich ist. Wer hier auf blutige Variante von "Wrong Turn" hofft merkt ziemlich schnell, das man sich in dieser Beziehung sehr bedeckt hält, denn bis auf wenige Ausnahmen verläuft das Szenario doch eher blutarm, was sicherlich auch für manch negative Kritik verantwortlich ist, die dieses Werk bisher bekommen hat.

Dabei orientiert sich die Geschichte ganz deutlich an Vorbildern wie "Wrong Turn" oder auch Tobe Hooper's "Blutgericht in Texas", denn gewisse Anlehnungen lassen sich definitiv nicht von der Hand weisen. Frank W. Montag versucht dabei ganz eindeutig die Härte des Szenarios im Kopf des Betrachters in Gang zu setzen und verzichtet bewusst auf explizite Gewaltdarstellungen. Teilweise funktioniert das auch gar nicht schlecht, denn wenn man sich in die Lage der jungen Mädchen versetzt, setzt sich durchaus eine Gewaltspirale in Gang, die einem phasenweise zusetzt. Die dabei entstehende Intensität zieht sich aber leider nicht konstant durch die 70 Minuten lange Story und manch langatmig anmutende Passagen sind unverkennbar. Erst in den letzten gut 25 Minuten gerät das Ganze nämlich richtig in Fahrt, wobei die Zeit davor durch eher belanglose Passagen regelrecht vergeudet wird. Das ist eigentlich sehr schade, denn "Cannibal Diner" beinhaltet auf jeden Fall genügend Potential, so das an dieser Stelle ein gänzlich überzeugender Genre-Beitrag hätte entstehen können.

Doch trotz einiger Mankos ist der Film keinesfalls so schlecht, wie es manche Kritiken eventuell vermuten lassen. Natürlich liegt das wie immer in der Sichtweise des jeweiligen Betrachters, denn wenn man mit der Erwartung an einen visuell ziemlich harten Film an diese Produktion heran geht, erlebt man am Ende doch eher eine leichte Enttäuschung. Wer jedoch eher auf das berühmte Kopf-Kino steht dürfte hier durchaus auf seine Kosten kommen, wird die eigene Fantasie doch durch die etlichen angedeuteten Härten äußerst stark in Gang gesetzt. Man merkt also, das es sich hier um einen Beitrag handelt, der die Meinungen der Fans in zwei Lager spalten wird. Viele Leute werden die Geschichte als viel zu harmlos dargestellt ansehen, wohingegen andere dem Szenario eine intensive Wirkung attestieren werden. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte und um sich sich selbst ein wirkliches Urteil zu erlauben, muss man sich "Cannibal Diner" schon anschauen. Im Gegensatz zu seinem Regie-Debüt "Slasher" aus dem Jahr 2007 lässt Montag hier jedenfalls eine aufsteigende Tendenz erkennen, was sich allein schon in der sehr gelungenen Kamera-Arbeit erkennen lässt. Doch auch insgesamt gesehen bietet vorliegende Produktion weitaus mehr, als der doch recht schwache Erstling des deutschen Regisseurs.

So kommt man im Endeffekt zu einem ganz guten Gesamteindruck bei diesem auf jeden Fall sehr ambitionierten Film, der zwar keineswegs perfekt ist aber doch ziemlich kurzweilige Genre-Kost bietet. Man sollte jedoch von Beginn an wissen, das man in diesem Fall rein gar nichts geboten bekommt, was man so oder in ähnlicher Form nicht schon unzählige Male gesehen hätte. Fairerweise sollte man aber auch anmerken, das es nicht unbedingt leicht ist, gerade diese Filmart mit neuen Impulsen zu versehen, da die zu Grunde liegende Thematik doch sehr ausgelutscht erscheint. Wenn man das bedenkt bekommt man ordentliche und sehr solide Genrekost geliefert, die man sich jederzeit gut anschauen kann.


Fazit:


"Cannibal Diner" bietet wenig visuelle Härte und versucht viel eher die Gewaltspirale im Kopf des Zuschauers in Gang zu setzen. Das mag nicht jedem gefallen, doch streckenweise ist dieser Versuch recht gut gelungen. Mit einer Laufzeit von gut 70 Minuten ist die Geschichte auch genau richtig bemessen, wobei selbst hier noch einige kleine Längen auftreten, die man sicher hätte vermeiden können. Mir persönlich hat der Film dennoch sehr gut gefallen, da deutsche Independent-Produktionen sich ansonsten fast immer auf ihre expliziten Gewaltdarstellungen reduzieren, um von anderen Schwächen abzulenken. Frank W. Montag hat jedoch Mut bewiesen und hat dabei einen anderen Weg eingeschlagen, der größtenteils auch zum Ziel führt.


6,5/10
Big Brother is watching you
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