Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland (1969)

Moderator: jogiwan

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CamperVan.Helsing
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Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland (1969)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Die Engel von St. Pauli

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D 1969

D: Horst Frank, Herbert Fux, Werner Pochath, Karl Lieffen, Horst Hesslein, Denès Törzs, Günther Neutze, Christa Siems

Jule Nickels (Frank) ist so etwas wie der König von St. Pauli. Diese Position wird ihm jedoch streitig gemacht vom Wiener Zuhälter Hollek (Fux), der sich auf dem Kiez einnisten will. Ein Versuch, die Wiener Madeln wegen Prostitution auszuweisen, scheitert jedoch daran, dass Hollek seine Mitarbeiterinnen bei der Gewerkschaft anmeldet, äh, mit einheimischen Obdachlosen verheiratet. Die Situation spitzt sich weiter zu, als einer von Nickels‘ Leuten vor eine einfahrende U-Bahn gestoßen wird. Der Krieg zwischen den beiden Gangs wird allerdings für einen Waffenstillstand gestoppt, als Werner Pochath die taubstumme Prostituierte (!) Lisa ermordet, denn niemand kann Interesse haben, dass durch Polizeiermittlungen die Geschäfte auf dem Kiez leiden. Aber sind wirklich beide Parteien an einem Waffenstillstand interessiert…

St. Pauli-Filme werden ja gerne mit dem Österreicher Rolf Olsen in Verbindung gebracht. Dabei war der Hamburger Jung Jürgen Roland schon vorher auf dem Kiez aktiv („Polizeirevier Davidswache“), und so verwundert es nicht, dass er dieses Genre nicht kampflos preisgeben wollte. Für die „Engel“ griff er, anders als der Gesellschaftskritiker Olsen, zumindest im Grundgerüst auf reale Ereignisse zurück. Denn die Wiener Invasion fand 1965 tatsächlich statt (zu den Einzelheiten fragen Sie Ihren Arzt oder Nello Pazzafini), und wurde von Wilfrid „Frieda“ Schulz zurückgeschlagen. „Frieda“ schaffte es stets, diverse Ermittlungsverfahren unbeschadet zu überstehen, bis er 1977 (wie Al Capone) wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurde: 1 Jahr auf Bewährung. 1984 folgte eine Verurteilung zu zweieinhalb Jahren + 55.000 DM Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung und Förderung der Prostitution. Der Pate von St. Pauli starb 1992 mit 63 Jahren an Krebs. Auch den „Oberamtsrat Falz“ (richtig: Falck) gab es wirklich, der war damals für Gaststättenkonzessionen auf St. Pauli und führte einen nicht immer erfolgreichen Kampf gegen Nepper, Schlepper und Bauernfänger, was später Ede Zimmermann auf den Plan rief.

(Wer mehr Informationen über die Reeperbahn sucht, sollte sich Ariane Barths Buch „Die Reeperbahn“ aus dem Jahr 1999 besorgen)

Roland bleibt straight im Milieu mit seiner Story, Gesangseinlagen oder Inselausflüge gibt es hier nicht. Neben hervorragenden Leistungen von HF und HF findet sich auch hier (wie in Rolands „Zinksärge für die Goldjungen“) die spätere NDR-Ansager-Legende Denès Törzs auf wienerischer Seite, während die Kiezianer von Karl Lieffen (!) und Horst Hesslein unterstützt werden. DER landete ein paar Jahre später in deep Schmuddel, aber dazu gibt es ein anderes Mal mehr… ;)
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untot
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Re: Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland

Beitrag von untot »

Da klingt ja schon die Besetzungsliste traumhaft!
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CamperVan.Helsing
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Re: Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland

Beitrag von CamperVan.Helsing »

untot hat geschrieben:Da klingt ja schon die Besetzungsliste traumhaft!
Ist eigentlich ein absolutes Muss, gab es aber hierzulande weder auf VHS noch auf DVD. Gelegentlich läuft der auf N3, ist ja auch eine Studio Hamburg Produktion (die ja mit zum NDR gehören).
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Re: Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland

Beitrag von Arkadin »

Sehr, sehr schöner Film mit Top-Besetzung im Hochform und Werner Pochath als Schlingensief-Double. Interessant, dass Jürgen Roland solche Gangster-Kracher drehte. Ich denke bei ihm immer erst an "Stahlnetz" und "Großstadtrevier". Wobei, trotz aller Übertreibung denke ich schon, dass Roland sehr viel dichter am Milieu dran ist als z.B. Olsen.Da kommt dann tatsächlich noch der Reporter in ihm durch. Ach ja: Horst Frank herrscht! :opa:
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Re: Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland

Beitrag von untot »

Auf N3??? Ich dachte den Sender gibts garnimmer!! :?
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Re: Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland

Beitrag von buxtebrawler »

untot hat geschrieben:Auf N3??? Ich dachte den Sender gibts garnimmer!! :?
Heißt jetzt schlicht NDR.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland

Beitrag von untot »

buxtebrawler hat geschrieben: Heißt jetzt schlicht NDR.
Ja DEN gibts, aber ich war immer der Meinung das es N3 noch zusätzlich gab! :oops:

Dann wünsche ich eine Benachrichtigung lieber Ugo, wenn der mal wieder läuft bitte! :mrgreen:
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CamperVan.Helsing
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Re: Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland

Beitrag von CamperVan.Helsing »

untot hat geschrieben:
buxtebrawler hat geschrieben: Heißt jetzt schlicht NDR.
Ja DEN gibts, aber ich war immer der Meinung das es N3 noch zusätzlich gab! :oops:

Dann wünsche ich eine Benachrichtigung lieber Ugo, wenn der mal wieder läuft bitte! :mrgreen:
Vielleicht läuft der ja auch mal auf den anderen Dritten.

Das er im NDR läuft, mag vielleicht auch damit zu tun haben, dass der Film von Studio Hamburg produziert wurde, die wiederum dem NDR gehören.
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Re: Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland

Beitrag von buxtebrawler »

Hamburger Schnack vs. Wiener Schmäh

„Wenn er nicht hören will, dann gibt’s Protest!“ – „‚Protest’, ‚Protest’ – was heißt ‚Protest’?!“ – „Terror!“

Der deutsche Regisseur Jürgen Roland („Stahlnetz“, „Polizeirevier Davidswache“, „Zinksärge für die Goldjungen“) drehte 1969 mit „Die Engel von St. Pauli“ einen als Unterhaltungsfilm angelegten Kiezkrimi – noch nicht so actionorientiert wie später mit „Zinksärge für die Goldjungen“, dafür um mehr Realismus bemüht, bodenständiger. Die alteingesessenen Luden um Jule Nickels (Horst Frank, „Die neunschwänzige Katze“) kämpfen mit harten Bandagen gegen die in das Geschäft drängenden Wiener um Holleck (Herbert Fux, „Hexen bis aufs Blut gequält“) um die Vorherrschaft im Rotlichtmilieu des Hamburger Kiez, der Reeperbahn. Als, nachdem bereits „Schwuli“ aus Nickels Bande sein Leben lassen musste, zu allem Überfluss auch noch ein impotenter Freier (Werner Pochath, „Der Joker“) die taubstumme Prostituierte Lisa ersticht, wird es der Polizei zu bunt. An Ruhe auf dem Kiez interessiert, vereinbaren Nickel und Holleck einen Waffenstillstand, um den Mörder zu stellen.

Offensichtlich auf wahren Begebenheiten beruhend – so kam es in den 1960ern tatsächlich zu einer „Wiener Invasion“ auf der Reeperbahn –, ist der hervorragend besetzte und an Originalschauplätzen gedrehte Film ein wunderbares Beispiel für einen von Lokal- und Zeitkolorit beherrschten Unterhaltungskrimi, der weder tiefschürfendes Milieudrama noch sleaziger Schmuddel mit Alibihandlung sein will. Lockere Sprüche, wie den Herren (und Damen) die Schnäbel gewachsen sind, nackte Haut, Gewalt und ein, zwei Morde, Intrigen und Machtspielchen, etwas naive Vorstellungen von Ganovenehre – fertig ist der leider fast vergessene Kiez-Klassiker. Roland hat das richtige Gefühl für Tempo und Dramaturgie und versteht es, Ernst und Witz genau richtig zu dosieren, ohne dass der Film zu sehr in eine Richtung kippen und verstören könnte. Stattdessen darf man dem abenteuerlichen Treiben der Rotlicht-Halbwelt aus sicherer Entfernung folgen, Einblicke in deren Alltag erhaschen und sich über das Ausbleiben jeglichen moralistischen Zeigefingers freuen. Einzig der Mord an „Schwuli“ gerät im Laufe der Handlung für meinen Geschmack etwas zu sehr in den Hintergrund und scheint schnell vergessen.

Der Hamburger Kiez wird in prächtigen Bildern eingefangen, die für jeden halbwegs an der „sündigen Meile“ Interessierten schon Grund genug für eine Sichtung sein sollten. Das Beste am Film sind aber zweifelsohne die Dialoge, die eine zitierwürdige Zote und Schote nach der anderen beinhalten und sich ein phonetisches norddeutsch-wienerisches Duell liefern, dass es die reinste Freude ist. Die beeindruckende Besetzung der Rollen lässt ebenfalls aufhorchen. Werner Pochath gefällt mir als differenziert gezeichneter, mit wenig Selbstbewusstsein ausgestatteter Mörder, der verrückt zu werden droht und die Flucht nach vorn antritt, am besten, ein Wahnsinnsauftritt im wahrsten Sinne des Wortes. Herbert Fux ist mit seiner herrlichen Charakterfresse prädestiniert für den schmierigen, verschlagenen Wiener Oberluden, Horst Frank sein besonnener, aber bestimmter Gegenspieler und Platzhirsch – und mehr oder weniger heimlicher, jedenfalls nicht eindimensionaler Sympathieträger des Films. Auch sämtliche Nebenrollen können sich sehen lassen, wirklich einwandfrei.

Fazit: Lockere Milieuunterhaltung nicht nur für Hamburger und Wiener, immer noch „seriös“ genug, um als ernstzunehmender Krimi durchzugehen, technisch und darstellerisch ohne Tadel, dazu anscheinend auch noch historisch verbürgt – zusammen mit Rolf Olsens Beiträgen (ausgerechnet ein Wiener!) zum Thema Pflichtprogramm für jeden, der entdecken will, was früher im deutschen Film so alles möglich war – unverkrampft, unpeinlich und verdammt liebenswürdig.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Die Engel von St. Pauli - Jürgen Roland

Beitrag von jogiwan »

Auf "Dirty Pictures" wurden bereits erste Screenshots gepostet und "Die Engel von St. Pauli" erwartet uns wohl demnächst als Nummer 5 in der "Edition Deutsche Vita" von Subkultur!

:prost:
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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