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Darsteller: Jutta Speidel, Dieter Laser, Udo Vioff, Margot Léonard, Veit Relin, Bill Brack, Alexis von Hagemeister, Felicitas Peters u. A.
Das Ehepaar Rehberg macht zusammen mit seiner Tochter Beate (Jutta Speidel) Urlaub. Beate wird in wenigen Tagen volljährig und hat ab dann Zugriff auf das Erbe ihres verstorbenen leiblichen Vaters. Während einer Bootsfahrt entgeht Beate nur knapp einem Mordanschlag, den sie zunächst jedoch als Unglück erkennen möchte. Mit einigen Schwierigkeiten kommt sie wieder beim Ferienbungalow der Familie an und findet dort am Tisch zusammen mit den Eltern sitzend eine ihr sehr ähnlich aussehende junge, blonde Frau vor, die zudem ihre Sachen trägt. Langsam dämmert Beate, dass es wohl doch kein Unfall war ...
Ein weiterer vom deutschen Autorenfilmer Rainer Erler („Die Delegation“, „Operation Ganymed“, „Der Spot oder Fast eine Karriere“) gedrehter und fürs ZDF produzierter Spielfilm ist „Die letzten Ferien“ aus dem Jahre 1975. Familie Rehberg macht Urlaub in Lanzarote. Tochter Beate (Jutta Speidel, „Fleisch“) wird in ein paar Tagen volljährig und soll in Las Palmas das Erbe ihres leiblichen Vaters antreten. Die kleine Familie mit Mutter und Stiefvater jedoch ist zerrüttet und ein Techtelmechtel mit Urlaubsflirt Miguel (Dieter Laser, „The Human Centipede (First Sequence)“) endet beinahe tödlich für Beate. Todgeglaubt ist sie einem Mordkomplott auf der Spur...
„Die letzten Ferien“ ist, wenn man so will, eine Art Anti-Urlaubs-Thriller. Ferien und Urlaube sind häufig Ausgangspunkte für einschneidende Veränderungen im Leben. Familienkrach, Trennungen vom Partner, schicksalhafte Begegnungen oder gar Gefahr für Leib und Leben kann solch eine Reise statt schnöder Erholung mit sich bringen, so dass Erlers Wahl der Kanaren für seinen Thriller, auf denen er Beates Urlaub zur Hölle werden lässt, ihr aber auch zu wertvollen Erkenntnissen verhilft, ebenso naheliegend wie kontrastreich ist. Ein Familienzank direkt nach Ankunft zeigt sodann auch gleich die Fronten auf, um bald darauf Beate am malerischen Strand erst Sex haben und anschließend um ihr Leben kämpfen zu lassen. Als weiteren Kontrast führt Erler eine Aussteigerkommune ein, die in Höhlen am Strand lebt und als Lebensphilosophie das Anhäufen von Besitztümern ablehnt – im krassen Gegensatz zu Beates Mutter und ihrem Stiefvater, die sie umbringen lassen wollen, um eine engagierte Doppelgängerin das Erbe antreten zu lassen und es selbst einzustreichen.
Dabei werden die hilfsbereiten Hippies möglicherweise etwas naiv idealisiert, glücklicherweise konzentriert sich Erler jedoch weniger auf ein unreflektiertes Überbetonen eines vermeintlich besseren Lebensentwurfs als vielmehr auf Beate, die kurz vor ihrem 18. Geburtstag sehr viel lernt und sich zwischen beiden Polen nicht nur behaupten, sondern auch ihren eigenen Platz zwischen zwei extremen Weltanschauungen finden muss. Jutta Speidel verkörpert die hübsche, selbstbewusst-freche Beate dabei recht überzeugend und lässt den Zuschauer an ihrer Entwicklung teilhaben, der eine dramaturgisch spannende, jedoch bisweilen arg konstruierte Handlung verfolgt. So ist die Idee mit der Doppelgängerin doch ziemlich dick aufgetragen und gleichzeitig eher plump. Auf der anderen Seite gelingt es Erler aber, die leichte bzw. latente, in vielen Menschen verwurzelte Angst vor der Fremde mit anderen Sitten, Gesetzen und Moralvorstellungen und vor dem schutzlos Ausgeliefertsein fern der Heimat, ohne behördlichen Schutz von „Vater Staat“, zu bedienen und mit seinem Film ein wenig zu kitzeln. Sehenswert bis kurios ist auch Dieter Laser als Miguel, der tatsächlich wie ein echter Südländer auf den Zuschauer wirkt und mich äußerlich ein bisschen an Costa Cordalis erinnert. Wenn der jedoch gegen Ende noch Unmengen Zeit für Dia- bzw. Monologe bekommt, die beinahe an einen Rechtfertigungsgeplapper-Wasserfall erinnern und vermutlich Verständnis für seine Situation wecken sollen, wird es mir wieder zuviel des Guten.
Unterm Strich möchte ich „Die letzten Ferien“ als für Erler’sche Verhältnisse höchstens abstrakt gesellschaftskritischen Film bezeichnen, der in erster Linie etwas leichterer Thrillerkost zu Unterhaltungszwecken verpflichtet ist und Drehbuchschwächen durch annehmbares bis gutes Schauspiel und einen recht straffen Spannungsbogen weitestgehend wettmacht, seine kecke, attraktive Hauptdarstellerin gut in Szene setzt und mit seiner Botschaft, dass salziges Meerwasser eben manchmal doch dicker als Blut ist und nicht jeder nette Fremde Gigolo dein Freund ist, dem bundesdeutschen Pauschaltouristen einen Fingerzeig abseits von Heiler-Welt-Familienidylle mit auf den Weg gibt und hinsichtlich des hippieesken Konzepts des materiellen Verzichts zumindest zum Nachdenken anregt. Damals. Vielleicht.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Solider Thriller von Rainer Erler mit einigen schönen Wendungen und einer schön offenherzigen Jutta Speidel. Dieter Laser übertreibt leider Killer mit weit aufgerissenen Augen.
Früher war mehr Lametta
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