Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]

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Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]

Beitrag von buxtebrawler »

Staffel 3

Nie mehr Schule

Ohne Pause, also im direkten Anschluss ans Finale der zweiten Staffel, folgte ab Februar 2000 die dritte und letzte Staffel:

In deren erster Episode sind die Sommerferien vorbei, Vera tot und viele Figuren aufgrund bestandenen Abiturs verschwunden. Dafür kommen neue: Max‘ (Patriq Pinheiro, „Gegen Ende der Nacht“) Eltern sind bei einem Botschafter angestellt, der von Deutschland nach Togo wechselt. Sie folgen ihm und stecken ihren Sohn ins Internat, wo er dem Prinzenhaus zugewiesen wird, dort gern etwas „Besseres“ wäre und sich deshalb als Diplomatensohn ausgibt. Ein weiterer neuer Mitschüler ist ein vollends unsympathischer neureicher Snob, der ins Seehaus zieht. Max würde auch gern in diese Wohngruppe wechseln, weil dort anscheinend zwei Mädels auf ihn stehen und er die Nähe zum Snob sucht. Freundschaftlich steht er zwischen jenem Snob und dem unprivilegierten Grobi. Zusammen mit den beiden Mädchen seines Interesses und dem Snob besucht er eine Hamburger Nobel-Disco, was er sich eigentlich nicht leisten kann – doch er will „dazugehören“ und macht auf dicke Hose. Am nächsten Abend beteiligt er sich an einem Pokerspiel mit echten monetären Einsätzen, wofür er sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen 500 Mark von Grobis Ersparnissen leiht. Natürlich verliert er das Spiel. Um irgendwie an Geld zu kommen tritt er einen Aushilfsjob im Supermarkt an, den er jedoch alsbald wieder schmeißt. Es kommt, wie es kommen muss: Max‘ Lügenkonstrukt fliegt auf, als seine Mutter zu Besuch kommt und sich verplappert. Doch er boxt sich selbst aus der Scheiße und macht alles wieder gut. Auch im Kollegium gibt es Umwälzungen: Mit Eva Hausmann (Christina Große, „Girlfriends - Freundschaft mit Herz“) kommt eine neue Referendarin für Sport und Englisch ans Internat. Sie hat nicht nur eine ähnlich prominente Nase wie Vera, sondern weckt auch sofort Fritz‘ Interesse – Vera ist gerade wenige Wochen unter der Erde, da trifft sich Fritz schon mit der Neuen (vom Drehbuch nicht problematisiert). Und Dr. Blüm wurde erneut bei der Wahl des Schulleiters übergangen, sehr zu seinem Unmut besetzt mit Herrn Münch (Ulrich Wiggers, „Fieber – Ärzte für das Leben“) ein Mann aus der freien Wirtschaft den Posten. Mario kommt aus den USA zurück und tritt als Stephans Nachfolger die Zivildienststelle am Internat an. Dadurch ist er immer in Antonias Nähe, die ihr Abitur vergeigt hat und deshalb noch ein Schuljahr dranhängt. Doch sie zeigt ihm die kalte Schulter: Er habe sich während seiner Auslandsferien kein einziges Mal bei ihr gemeldet. Dabei hat er einen Liebesbrief geschrieben, den sie anscheinend nicht erhalten hat. Als dieser mit reichlich Verspätung doch noch ankommt, kommen Antonia und Mario wieder zusammen, doch nach der ersten gemeinsamen Nacht fällt ihm plötzlich ein, dass er eigentliche gar keine feste Beziehung will – dieses verachtenswerte Subjekt! Nun treibt es Mario mit der Kassiererin, was der Inszenierung Anlass für ein wenig Erotik gibt: Sie stellt ein Bein auf einen Stuhl, sodass man ihren Slip sieht, und zeigt sich in sexy Dessous. Dafür plappert sie jedoch nur Bockmist, weshalb Mario schnell genervt ist. Als er abhauen will, tritt sie ihm auch noch in die Weichteile. Wir wissen: Er hat‘s nicht anders verdient. Reumütig kommt er wieder bei Antonia angekrochen. An dieser Stelle zitierte ich einfach meine Originalnotiz: „Hoffentlich kommt er nicht damit durch… Er gesteht ihr seine Liebe, sie umarmt ihn – Drehbuchautor, fuck off!“ Die fragwürdige Moral dieses mit drei Erzählsträngen und einigen neuen Gesichtern etwas überfrachtet wirkenden Staffeleinstiegs: Sei du selbst, außer du kannst bei Antonia landen – dann sei wie Mario.

Episode 2 führt eine weitere neue Schülerin ein: Jule (Anke Kortemeier, „Kinderärztin Dr. Leha“) erscheint fünf Tage zu spät und legt sich direkt mit den Autoritäten des Internats an: „Das ist wie 'ne Militärkaserne hier!“ Überraschend kommt ihr Freund Hans (Oliver Broumis, „Stalingrad“) sie besuchen; doch damit nicht genug, denn Jule hat es faustdick hinter den Ohren: Auch Luigi erscheint unvermittelt auf der Bildfläche – ihr zweiter Freund! Luigi und Hans wissen nichts voneinander, doch Jule hält sich zunächst beide warm. Luigi will mit ihr nach Italien, doch das geht ihr zu schnell. Hans hingegen würde gern eine Weltreise mit Jule unternehmen. Als sie vom jeweiligen Nebenbuhler erfahren, machen beide mit Jule Schluss, wollen sie jedoch schnell wieder zurück. Jule muss über besondere Qualitäten verfügen… Letzten Endes entscheidet sie sich gegen beide und damit deren Pläne mit ihr – und beschließt, ernsthaft ihr Abitur am Internat zu versuchen. In der Nebenhandlung streiten sich die neue Sekretärin und Hausmeister Zierlich um Zivi Mario. Das Abschneiden alter Zöpfe, um sich auf einen neuen Lebensabschnitt zu konzentrieren bzw. etwas – die Schule – zu Ende zu bringen, geht hier eine Kombination mit einer ungewöhnlichen Figurenzeichnung ein: Jule erscheint rebellisch und egoistisch zugleich, aber auch selbstbewusst und mutig, wenn auch reichlich schamlos. Man darf gespannt sein, welche Impulse sie der Serie geben wird.

So richtig in Wallung kommt die Staffel aber erst mit der dritten Episode: Grobi verguckt sich in seine Mitschülerin Doro (Anja Knauer, „Die Inselärztin“) und kommt mir ihr zusammen. Seine überbordende Zuneigung äußert sich jedoch auch negativ in übertriebener Eifersucht, insbesondere auf ihren besten Freund Michi (Götz Behrendt, „Krücke“), mit dem sie viel Zeit verbringt. Er spioniert ihr nach und reagiert immer irrationaler und übergriffiger, doch noch verzeiht sie ihm. Als er jedoch jemanden zusammenschlägt, weil er glaubt, derjenige mache mit Doro rum, hat sie die Nase von seinem einengenden Verhalten voll und beendet die sich gerade erst angebahnt habende Beziehung. Der hier zunächst als Nebenhandlung eingeführte Erzählstrang dreht sich um Mario und seine bevorstehende Pianisten-Aufnahmeprüfung am Konservatorium. Er zeigt Nerven und droht, am Erfolgsdruck zu verzweifeln. Sein Griff zum Alkohol begräbt den „alten“ selbstbewussten, so sehr von sich eingenommenen Mario, wodurch er an Profil und charakterlicher Tiefe gewinnt. Schlimm sind jedoch die Szenen, die ihn als Schlager-Alleinunterhalter auf einer Geburtstagsparty zeigen. Sein sich entwickelndes Alkoholproblem und seine musikalischen Zukunftspläne werden im weiteren Verlauf der Staffel eine dominante Rolle spielen. Und Grobi musste die Erfahrung machen, dass seine Besitzansprüche insbesondere in einer noch so jungen Beziehung vollkommen unangebracht und kontraproduktiv sind – und er sie dadurch letztlich zerstörte.

Fritz‘ Bruder Frank (Michael Schweighöfer, „Selbstversuch“) – Maikes leiblicher Vater – taucht in Episode 4 unvermittelt auf und will Kontakt zu seiner Tochter, die er vor 13 Jahren im Stich gelassen hat. Nach einer Aussprache bietet er ihr sogar an, sie zu sich und seiner Familie nach Hause zu holen. Maike ist hin- und hergerissen, immerhin ist sie genervt von und eifersüchtig auf Fritz‘ neue Freundin Eva, seit sie bei Fritz und ihr eingezogen ist. Ihr pubertätsbedingtes Gefühlschaos macht das alles nicht leichter, sie stellt Fritz‘ Autorität infrage und schimpft (amüsanterweise) „Eva hat Hängetitten!“. Verständlich, dass es da zwischen Eva und Fritz zu kriseln beginnt. Die Nebenhandlung ist jedoch viel interessanter: Antonia interessiert sich für Journalismus und wird als Praktikantin bei einer Lokalzeitung genommen. Das Praktikum geht jedoch schief und Mario ist ihr keine große Stütze: Während sie mit dem misslungenen Praktikum hadert, fordert sie ihn auf, mit dem Saufen aufzuhören. Nach dem missglückten Hineinschnuppern ins Berufsleben fasst sie als Konsequenz den Entschluss, doch noch ihr Abitur zu versuchen. In Ansätzen zeigt diese Folge aufkeimende Beziehungsprobleme durch Alkohol- oder Drogenmissbrauch, aber auch, dass man sich von schulischen oder beruflichen Rückschlägen nicht unterkriegen lassen sollte, wobei ein Plan B gut behilflich sein kann. Dass es mit Mario noch eskalieren wird, lässt sich indes bereits erahnen.

Dies ist dann folgerichtig auch in der fünften Episode der Fall, einem der Höhepunkte der Staffel: Antonia nimmt private Nachhilfe, und zwar ausgerechnet bei Erzfeind Dr. Blüm. Dieser Umstand kommt jedoch einem Neuanfang der Beziehung beider „Parteien“ zueinander gleich, denn Antonia lernt den missliebigen Pauker als privat netten, umgänglichen Menschen kennen, der sogar mal in einer Jazzband spielte und von seiner Zeit als Musiker schwärmt. Mario spricht unterdessen weiterhin auf äußerst ungesunde Weise dem Alkohol zu, um damit die Anspannung vor seiner Pianistenprüfung zu bekämpfen. Seinen Zivildienst vernachlässigt er. Er gilt nun gemeinhin als Säufer, doch ihm wird auch Unrecht getan. Dramatisch wird’s, als Antonia spontan ihre Mathe-Abi-Prüfung abbricht, um Mario bei seiner Prüfung beizustehen. Immerhin verhindert sie dadurch, dass er sich Mut antrinkt. Ihr Beistand hilft ihm, die Prüfung gut durchzustehen, womit diese Folge eine ganz wichtige Aussage platziert: Ist man füreinander da, kann dies sehr viel Kraft spenden. Nur leider wird Mario dennoch nicht am Konservatorium zugelassen, man wirft ihm Disziplinlosigkeit vor. Er glaubt indes, dass man ihm vielmehr wegen seines Vaters einen reinwürgen wolle. Die Folgen sind fatal: Er trinkt wieder am Steuer und diesmal kommt es zu einem schweren Unfall – wenn auch in erster Linie, weil Antonia durchdreht. Diese landet schwerverletzt im Krankenhaus, woraufhin Mario endlich sein Alkoholproblem akzeptiert und in eine Entzugsklinik geht. Abgeschmeckt wurde diese spannende, aufregende und sehr emotionale Episode mit zwei Ganzkörpernacktszenen Antonias, die sich einem Schäferstündchen mit Mario in einem Boot hingibt und abermals manch Zuschauer den Kopf verdreht haben dürfte. Für eine Nebenhandlung blieb diesmal nicht viel Raum, doch immerhin regen sich bei Maike erste zarte Gefühle. Als sie von ihrem Schwarm versetzt wird, steht Mario ihr wie ein großer Bruder bei. Ganz starke Folge mit ambivalenten Figurenzeichnungen, die gar nicht erst vorgibt, für alles eine Paradelösung zu kennen.

Episode 6 widmet sich vornehmlich Max: Dieser ist ganz aus dem Häuschen, als sich sein ehemaliger Schwarm Lena (Adina Vetter, „Blutgletscher“) aus den USA zu einem Besuch ankündigt. In Lena war er schwer verliebt und glaubt nun, dass sie endlich seine Gefühle erwidert – jedoch ist der Grund ihres Besuchs lediglich, dass sie ihren US-amerikanischen Luther (René Ifrah, „Das Tribunal“) in ihrer alten Heimat ehelichen will. Daraufhin versucht Max albernerweise, sie eifersüchtig zu machen, lässt andere in höchsten Tönen von ihm schwärmen und malt sich in kitschigst visualisierten Tagträumen eine gemeinsame Zukunft aus – aber auch, dass er ihrem Verlobten eine reinhaut. Als er diesen persönlich kennenlernt, versucht er gar, die beiden mittels dreister Lügen auseinanderzubringen – doch keine dieser Maßnahmen fruchtet. Auf dem Junggesellenabschied wittert Max seine letzte Chance und füllt Luther so sehr ab, dass er ihn betrunken auf einem Boot ablegt und er nicht zu seiner Hochzeit erscheinen kann. Doch letztlich fasst sich Max ein Herz, holt Luther und muss akzeptieren, dass dieser Lena heiratet. Parallel zu diesen Ereignissen versucht Antonia, einen Kontakt zwischen Dr. Blüm und der ehemaligen Sängerin seiner Jazzband zu vermitteln – sehr zu dessen Unmut. Doch Antonia gelingt es tatsächlich, die Dame ausfindig zu machen und beide einander anzunähern. Für etwas Komik sorgte zuvor ein Jazzsängerinnen-Casting in dieser Folge, die weiterhin am Imagewandel Dr. Blüms arbeitet, in erster Linie aber zeigt, dass es nur schwer möglich ist, ein sich aufrichtig liebendes Paar auseinanderzubringen und man es verdammt noch mal auch gar nicht erst versuchen sollte, auch wenn das eigene Ego darunter leidet. Liebe lässt sich nun einmal nicht erzwingen – das muss auch Max lernen und akzeptieren, so weh es ihm tun mag. Ein weiterer Aspekt, den die Handlung aufgreift, ist das Phänomen, welch geringe Rolle eine Person spielt, wenn sie nur weit genug weg ist und man nichts mehr von ihr hört, und wie schnell im Gegenzug alte Gefühle wieder aufflammen, steht sie plötzlich wieder vor einem. Es ist schon seltsam manchmal…

Der Jazz spielt auch eine Rolle in der siebten Episode, wenn auch nur am Rande: Mario meldet sich nicht mehr bei Antonia, woraufhin sie mit der Beziehung abschließt. Sie versucht ihn zu vergessen und sich – auch dank Jules Ratschlägen – anderweitig zu orientieren. Da taucht Jules Vater Chris (Hans Peter Hallwachs, „Otto – Der Außerfriesische“) nach Jahren der Kontaktlosigkeit unvermittelt auf und entpuppt sich als berühmter Jazztrompeter! Jule reagiert zunächst ablehnend, doch bald bricht das Eis. Antonia klagt Chris ihr Liebesleid und geht mit ihm aus – ohne zu wissen, dass Mario zu einem Überraschungsbesuch aufgebrochen ist. Zwei Überraschungsbesuche auf einmal: Das geht selten gut, so auch hier nicht. Jule und Mario glauben beide, Antonia und Chris hätten etwas miteinander gehabt, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht. Schließlich erfährt Jule von ihrer Mutter, dass ihr Vater schwer krank und vor einer lebenswichtigen Operation aus dem Krankenhaus getürmt ist. Letztlich fügt sich alles zu einem Happy End, macht aber trotzdem einen etwas überkonstruierten Eindruck. Die Probleme zwischen Antonia und Mario wären wohl vermeidbar gewesen, doch die Aussage dieser Folge ist wohl, möglichst keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Ungewollter Nebeneffekt ist jedoch, dass das Hin und Her zwischen Antonia und Mario langsam zu nerven beginnt. Beide haben übrigens ihre Frisuren geändert: Mario ist von nun an blondgefärbt, Antonia trägt ihr Haar jetzt kurz und glatt. Da gab es mit Sicherheit aufregendere Episoden, zumal Chris im weiteren Serienverlauf überhaupt keine Rolle mehr spielen wird.

Episode 8 schweißt schließlich Eva und Fritz zusammen, nachdem einer ihrer ehemaligen Kommilitonen das Geplänkel der beiden gestört hat. Vor allem aber verhandelt diese Folge Geschlechterrollen und -klischees in Form einer Wettfahrt über den Plöner See mit selbstgebauten Flößen, für die weiblich gegen männlich antritt. Nach einigen Zaudern und Zögern gehen Eva und Fritz endlich offiziell eine Liebesbeziehung miteinander ein, was manch Zuschauerin oder Zuschauer etwas verwundert haben dürfte, hatte es doch unlängst den Anschein, als seien die beiden ein Paar. Eine locker-beschwingte Episode, die fast gänzlich ohne Problemgewälze auskommt und kurzweilig unterhält, um im Zuge dessen ein paar Geschlechterklischees infrage zu stellen. Beinahe eine Wohltat nach manch vorausgegangenem Zerwürfnis.

Diesbezüglich schöpft die neunte Episode jedoch wieder aus dem Vollen: Mario muss Sozialstunden im Altersheim ableisten und lernt dabei die todkranke Sängerin Luise (Helen Vita, „Jürgen Roland's St. Pauli-Report“) kennen. Man streitet, verträgt und freundet sich miteinander an, sodass Mario ihr schließlich bei der Erfüllung ihres letzten Wunschs behilflich ist: einem letzten Auftritt als Sängerin. Zwischen Mario und Antonia kommt es unterdessen abermals zu Beziehungsquerelen, worauf diese Figuren mittlerweile abonniert scheinen. Antonia lässt sich von Luise einreden, gar nicht mehr wirklich an Mario interessiert zu sein. Was eigentlich total anmaßend ist, wird hier als positiv und altersweise dargestellt und führt dazu, dass Antonia tatsächlich die Beziehung zu Mario beendet. Er weint bittere Tränen und fühlt sich verständlicherweise wie ein Häufchen Elend, so kurz nach dem Neuanfang. Derweil kehrt Maike aus London zurück und hat ihre mittlerweile als geheilt geltende Mutter Karin (Joana Schümer, „Stubbe – Von Fall zu Fall“) dabei. Diese möchte Maike gern wieder mit zu sich nehmen, doch Fritz fürchtet, dass sie noch immer unter Verfolgungsjagd leidet, und will Maike daher lieber noch auf dem Internat behalten. Die große Frage ist natürlich, ob Mario die Trennung irgendwie verkraftet oder wieder dem Alkohol verfällt. Es endet versöhnlich: Luise hält ihn erfolgreich vom Trinken ab und tritt kurz vor ihrem Tod noch einmal gemeinsam mit ihm auf. Eine traurige Folge über die Magie und den Trost der Musik, die durchaus nachklingt, auf ihrem Weg zu ihrer Aussage aber eine Beziehung auf fragwürdige Weise opfert und somit einen schalen Beigeschmack behält.

Episode 10 schickt Antonia auf schriftstellerische Abwege: Sie hat ihre Kurzgeschichte „Kuh im Glück“ (die auf die zweite Folge der ersten Staffel referenziert) an die Jugendzeitschrift „Minimiss“ gesandt, welche sie tatsächlich abdruckt – wenn auch in stark veränderter Form. Redakteurin Nadja Lewers bekundet Interesse an weiteren Texten Antonias, die jedoch ebenfalls abgewandelt und entfremdet werden. Parallel gestaltet man Antonia zu einer Kunstfigur um, verpasst ihr eine erfundene Vita und jazzt sie zu einer hippen Nachwuchsautorin hoch, um sie möglichst lukrativ vermarkten zu können. Mit ihrer wahren Persönlichkeit hat all das indes nichts mehr zu tun. Zu allem Überfluss schlachtet der Verlag auch noch Marios Alkoholproblem aus – in Antonias Namen. Ausgerechnet, als sie sich gerade wieder einander annähern. Antonia entschließt sich nach einer Rückbesinnung auf ihr eigentliches Wesen, auf einer öffentlichen Pressekonferenz die Dinge richtigzustellen. Die Nebenhandlung dreht sich um Herrn Schuffenhauer (Joachim Regelien, „Kinder des Satans“), der nach Rektor Münchs Weggang die Schulleitung übernimmt und alles besser machen, offener und demokratischer gestalten will – doch lässt er sich übertölpeln und muss zu viele Zugeständnisse an die Schülerschaft machen, bis er der Situation nicht mehr Herr ist und er sein Amt an Dr. Blüm abgibt. Dieser ist damit endlich an seinem Ziel angelangt. Eine gute Episode, die mit der fiktionalen Zeitschrift „Minimiss“ auf „Bravo Girl“ und ähnliche fragwürdige Postillen anspielt und auf etwas überspitzte Weise die Mechanismen der Teenie-Medienbranche aufzeigt – eben alles mehr Schein als Sein. Etwas erschreckend ist die Naivität, mit der Antonia all das zunächst mit sich machen lässt. Das will nicht so recht zu ihrem rebellischen, unangepassten Charakter passen. Und dass Dr. Blüm nun doch noch zum Rektor avanciert, ist nach seiner Charakterwandlung zum gar nicht mal so unsympathischen Jazzmusiker gar kein richtiger Aufreger mehr.

Schockschwerenot in der elften und vorletzten Episode: Jule ist schwanger von Max! Eigentlich entscheidet sie sich für einen Schwangerschaftsabbruch, hadert dann jedoch mit ihrer Entscheidung und versucht sich an einem gemeinsamen Weg zusammen mit Max. Das resultiert letztlich jedoch in so viele Konflikte, dass sie zu Max auf Distanz geht und sich dann doch für eine Abtreibung entscheidet. Während es zum Happy End vieler Film- und Fernsehproduktionen gehört, dass sich die werdende Mutter für ihr Kind entscheidet und am besten zusammen mit dem leiblichen Vater glücklich wird, geht diese Folge einen ganz anderen Weg und lässt die Frau – in diesem Fall Jule – frei über ihren Körper entscheiden, ohne sie dafür zu verurteilen. Das ist äußerst erfreulich. Im parallelen Erzählstrang kündigt sich Dr. Blüms Tochter für einen Besuch an – eine Tochter, die er noch nie gesehen hat. Dr. Blüm weiß nicht recht mit der Situation umzugehen, kleidet sich plötzlich sportlich-jugendlich und sucht eine Jazzkneipe auf, wo er einer Frau sein Herz ausschüttet. Diese stellt sich jedoch ausgerechnet als seine Tochter heraus. Auf diese hatte bereits die Sängerin seiner Jazzband, mit der Blüm nun etwas laufen hat, eifersüchtig reagiert. Zunächst ist er stocksauer, doch schließlich findet man doch noch zueinander. Ein Höhepunkt dieser Folge sind die spitzzüngigen Dialoge, die sich Dr. Blüm in der Kneipe liefert. In beiden Erzählungen geht es also um Nachwuchs, auf vollkommen unterschiedliche Weise.

Mit dem Staffel- und Serienfinale in Episode 12 hegen Eva und Fritz große Pläne, sie wollen eine Weltreise antreten – da kommt Fritz‘ Bruder Leo (Oliver Böttcher, „Black Jack“) überraschend zu Besuch. Dieser braucht dringend Geld, wird er doch bereits von zwei, nun ja, „Inkassounternehmern“ verfolgt. Fritz lässt sich von Leo überreden, ihm Geld zu leihen – das Geld für die Weltreise, sehr zum Unmut Evas. Die Pointe dieses Handlungsstrang ist der Beschluss beider, Leo aus der Patsche zu helfen, was dann auch noch im Verkauf des Wohnmobils gipfelt. Einen besseren Serienabschluss hatte man Eva und Fritz also nicht gegönnt? Grobi schmiedet ebenfalls Urlaubspläne, zusammen mit Mario und Max soll’s zum Skifahren in die Berge gehen. Um das nötige Geld zusammenzubekommen, begibt er sich auf Jobsuche, die sich jedoch gar nicht so einfach gestaltet. Daher stellt er sich zur Wahl zum „Mr. Plön“ und arbeitet dafür hart an seinem Körper – um letztlich als einziger Teilnehmer sowieso zu gewinnen. Das überstrapazierte Motiv der unvermittelt auftauchenden Verwandtschaft, von der man nie zuvor gehört hatte, oder ähnlicher „Eingriffe von außen“ wurde mit dieser Folge endgültig totgeritten. Einmal mehr wirkt es, als habe man aus der Verlegenheit darauf zurückgegriffen, das Potential des Stammensembles bereits ausgeschöpft bzw. dies zumindest geglaubt zu haben. Meines Erachtens hätte es noch genügend Stoff für spannende Geschichten gegeben, doch die Luft schien mittlerweile raus zu sein. Dies zeigt sich auch an der albernen „Mr. Plön“-Geschichte um Grobi, über deren Gehalt wir besser den Mantel des Schweigens hüllen. Für ein nicht nur Staffel-, sondern auch Serienfinale eine Enttäuschung.

Die dritte Staffel musste nicht nur versuchen, sich von der ehemaligen Hauptfigur Vera zu emanzipieren, sondern auch einen Spagat zwischen aus den vorausgegangenen Staffeln verbliebenen und neuen, jüngeren Figuren probieren. Dankenswerterweise erlag man nicht der Versuchung, Vera plump durch die (ich charakterisiere sie mal als) „lieb guckende Ostjule“ Eva zu ersetzen, andererseits blieb eine Leerstelle zurück, die nicht ausgefüllt wurde. Dies kann man als Respekt vor Carrières Rolle interpretieren, passt aber auch zur Fragmentierung des Ensembles in der dritten Staffel. Eine feste, einen irgendwie verschworenen Eindruck machende Einheit „Prinzenhäusler“ gibt es nicht mehr. Stattdessen sieht man erwachseneren Figuren beim weiteren Erwachsenwerden zu, die nachgerückten jüngeren Figuren spielen eine untergeordnete Rolle. Werbung fürs Erwachsenwerden ist das Gezeigte dabei nicht unbedingt, sondern mitunter ganz schön frustrierend. Das ist einerseits ehrlich, andererseits fraglich, ob dies die tatsächliche Intention der Autorinnen und Autoren war.

Dadurch, dass der Fokus nicht mehr auf dem Schullalltag liegt, hat „Die Schule am See“ an Reiz verloren, dafür jagt Soap-typisch manchmal eine Katastrophe die nächste. Doch auch die dritte Staffel hat ihre großen Momente und eindrucksvollen Szenen, diesbzgl. tut sich erneut insbesondere Jenny-Marie Muck als Antonia hervor, gefolgt von Anke Kortemeier als Jule, und Julian Friedrich meistert den Imagewandel seiner Figur Mario passabel.

Am stärksten war „Die Schule am See“ immer dann, wenn es ihr gelang, authentisch die jugendliche Gefühlswelt zwischen Schulstress, ersten, häufig unschön verlaufenden Liebes- und Beziehungserfahrungen und inneren wie äußeren Konflikten darzustellen. Verbunden mit unterschiedlichen Identifikationsmöglichkeiten für ein junges Publikum erfüllte die Produktion Sinn und Zweck einer solchen Jugendserie, wenngleich die schwankende Qualität insbesondere ab Veras Krankheit und Tod es einem nicht immer leicht machte, mit gleichbleibender Begeisterung dabeizubleiben, und die ständige Wiederholung des Motivs der ins Sozialgefüge von außen Eindringenden von zunehmender Autorinnen-/Autorenwillkür und Ideenlosigkeit zeugte.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Und schon wieder sehr schön geschrieben, bux! Danke! ;)
Ich weiß nun zumindest, dass ich einige Folgen der 3. Staffel definitiv geschaut habe, aber wohl irgendwann unterwegs ausstieg, weil es anfing mich zu langweilen. Das ist ein generelles, persönliches Problem, das ich grundsätzlich mit Serien habe. Wenn die Figuren positioniert sind, die Mechanismen festgelegt, dann wird es uninteressant für mich, weil alles nur noch nach Schema läuft und mich nicht mehr überraschen mag.
Trotzdem würde ich in diesem Fall leider zusätzlich sagen, die 3. Staffel war eine Ecke schwächer als die 1. und 2., siehe die Hinwendung zu den Soap-Elementen, die von dir so treffend erwähnt wurde, vom Wegfall eines Großteils der bekannten Protagonisten ganz zu schweigen. Vielleicht hätte man es mit Veras Tod einfach gut sein lassen sollen, hätte sich irgendwie stimmiger angefühlt.
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Re: Die Schule am See - div. (1997-2000) [TV-Serie]

Beitrag von buxtebrawler »

FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Und schon wieder sehr schön geschrieben, bux! Danke! ;)
:verbeug:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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