Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Moderator: jogiwan

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CamperVan.Helsing
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Maulwurf hat geschrieben: Fr 22. Jan 2021, 14:51
Und ich mich an klassisches Werbefernsehen. "Wo haben Sie nur diese Eier her?"
DEN Satz hätte ich ja eher in jedem anderen Enz-Film erwartet. :palm:

Ich brauch erst mal was ganz hartes zum Trinken, einen Enz-ian.
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McBrewer
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von McBrewer »

ugo-piazza hat geschrieben: Fr 22. Jan 2021, 17:40
Maulwurf hat geschrieben: Fr 22. Jan 2021, 14:51
Und ich mich an klassisches Werbefernsehen. "Wo haben Sie nur diese Eier her?"
DEN Satz hätte ich ja eher in jedem anderen Enz-Film erwartet. :palm:

Ich brauch erst mal was ganz hartes zum Trinken, einen Enz-ian.
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OMG ! :-o
was haben wir hier nur angerichtet...es öffnet sich der Höllenschlund :popcorn:
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jogiwan
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von jogiwan »

Wann ist eigentlich wieder Erntedankfest in Oberkirchen? :???:
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CamperVan.Helsing
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

jogiwan hat geschrieben: Fr 22. Jan 2021, 17:52 Wann ist eigentlich wieder Erntedankfest in Oberkirchen? :???:
Ich vermute, dauerhaft - zumindest, seit es keine Hexenprozesse mehr in Oberkirchen gibt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Oberkirch ... allenberg)
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jogiwan
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von jogiwan »

Nach dem Tod ihres Mannes hat Christina nicht nur mit wirtschaftlichen Sorgen zu kämpfen, auch ihre hübsche Tochter Veronika ist durch den tragischen Verlust stumm geworden und spricht kein Wort mehr. Im Oktober entfliehen beiden der regnerischen Großstadt um in Oberkirchen ihren Urlaub zu verbringen, wo Benno - Christinas ehemalige Liebe - sich als Gutsherr von Gut Vorwald um das Wohl seiner Gäste kümmert. Das Wiedersehen nach all den Jahren lässt alte Leidenschaften aufleben und auch Veronika findet in der Magd Vera eine Freundin, die sie versteht und beginnt sich anderen Menschen zu öffnen. Doch dunkle Wolken ziehen über die herbstliche Landschaft und das Gut, als sich Bennos unsteter Sohn Reno hinter der jungen Veronika hermacht und der Abschied naht…

Regisseur Jürgen Enz hat mit „Aus dem Tagebuch einer Siebzehnjährigen“ nicht nur den wohl tristesten aller Report-Filme gedreht, sondern auch sein restliches Output mag sich nicht so recht zu den anderen Werken der deutschen Filmlandschaft gesellen. Wo andere Regisseure Lebensfreude, große Gefühle und den Spaß zelebrieren, wirkt das im Falle von Enz immer wie das komplette Gegenteil davon und auch der 1981entstandene Streifen ist da keine Ausnahme. „Herbstromanze“ hat zwar auf den ersten Blick die Zutaten eines herkömmlichen Heimatfilms, wirkt aber angesichts seines Entstehungsjahres völlig aus der Zeit gefallen und in seinen Emotionen völlig steril, steif und unglaubwürdig. Der Heimatfilm bediente in der Nachkriegszeit die Sehnsüchte der Bevölkerung nach Harmonie und großen Gefühlen, doch im Falle von Jürgen Enz wirkt das Gezeigte eher wie ein Blick in den Abgrund, der zuhauf hinter den Figuren zu lauern scheint und das Szenario ist stets so, als könnte dieses jederzeit kippen. Der Reiz an „Herbstromanze“ liegt auch in seiner künstlich wirkenden Enz-Zeit-Stimmung zwischen Gutshof, herbstlichen Erntedank und Liebe im Alter, die sich nicht zu erfüllen scheint und auch stets durch seltsam anmutende Momente wie den theatralischen Sidekick, sexuellen Spannungen und innerfamiliären Konflikten sabotiert wird, die jedoch nie richtig ausformuliert erscheinen. Die Liste an Sonderheiten in dem Werk ließe sich ja beliebig fortführen und mit all seinen Zutaten wirkt „Herbstromanze“ dann auch auf wundersame Weise wie das Gegenteil davon, wie er auf vordergründige Weise dem Zuschauer erscheinen möchte. Statt Harmonie und Realitätsflucht bleibt ein passiv-aggressiver Abgesang auf den deutschen Heimatfilm inklusive seiner Harmonie, ländlichen Idylle und erfüllten Sehnsüchten, dass man aber schon mit eigenen Augen gesehen haben sollte. Ein Film mit durchaus sonderbarer Anziehungskraft - wie geschaffen für sonderbare Menschen wie uns.

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PS: ein großes Dankeschön an dieser Stelle auch an unseren Dänschi, der mir die Sichtung dieses Werks so kurzfristig ermöglicht hat. :verbeug:
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Reinifilm
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von Reinifilm »

Enz-Zeit-Stimmung
:lol:
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Salvatore Baccaro
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Mich hat der Braumeister ja ebenfalls mit einer Kopie vorliegenden Films beehrt, die ich mir gestern, keine vierundzwanzig Stunden, nachdem ich sie endlich in Händen hielt, sogleich angeschaut habe: Was mich an HERBSTROMANZE neben den bereits ausführlich von Jogi ins Feld geführten Meriten besonders begeistert hat, das ist diese bis zum Bersten angespannte Grundstimmung, die den kompletten Film durchzieht. Im Grunde passt die eigentliche Handlung ja auf einen Bierdeckel und das Figurenensemble, das Setting, die (wenigen) Plot-Volten könnten einem Bahnhofskiosk-Herzschmerzroman entnommen sein, doch die Art und Weise, wie Enz all die Abgründe, die hinter der (mehr oder minder) heilen Kulisse schlummern, immer nur sacht anteasert, ohne sie wirklich auszuartikulieren, dabei doch eine doomige Atmosphäre evoziert, als stünde der Weltuntergang nur einen Schritt entfernt von der Schwelle, das ist nun wirklich großartige Erzählkunst. Ein bisschen fühle ich mich ja an Romane Adalbert Stifters erinnert, vor allem NACHSOMMER: Über hunderte von Seiten passiert handlungstechnisch so wenig, dass die geringste Änderung der Wetterlage schon einem epochalen Ereignis gleichkommt, doch im Hintergrund all dieser Nicht-Ereignisse erahnt man einen Kosmos an Unausgesprochenem, Verdrängtem. So gesehen wirkt HERBSTROMANZE wie ein prüder Heimatfilm, der den Eindruck vermittelt, jeden Augenblick in einen Inzest-Porno, einen Horrorschocker, ein hysterisches Liebesdrama umschlagen zu müssen, dieses Versprechen jedoch zu keinem Zeitpunkt einlöst: Enz erzählt von einer ungesunden Vater-Tochter-Beziehung, von lesbischer Liebe im Teenager-Alter, von Vergewaltigungen im Pferdestall, von Kuckuckskindern, von unerfüllten Sehnsüchten, ohne all dies jemals eindeutig in den Mund zu nehmen: Uneigentlichte Rede, uneigentliches Kino - ein Kino der Ellipse, ein Kino der Leerstellen, ein Kino, das sein Publikum zur Emanzipation zwingt: Jürgen Enz als Erbe Bressons?
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CamperVan.Helsing
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Diesen Sonntagmorgen habe ich genutzt, um mir auch mal die Herbstromanze im Sau(b)erland zu Gemüte zu führen. Hm, what can I say? Den Möchtegern-Schauspieler Leroy mit seinen unerträglichen Textübungen hätte ich mir glatt als Opfer eines Jagdunfalls gewünscht, nur um ihn nicht mehr hören zu müssen. Netter Joke war freilich, dass er auch schon bei "Kenneth Howard" Theater gespielt habe, ist das doch ein Pseudonym, das Enz zu jener Zeit für nicht ganz so jugendfreie Werke benutzt hat. Seine beiden pubertierenden Töchter sind handlungsmäßig völlig irrelevant, aber immerhin nett anzuschauen. Das gilt natürlich auch für Uschi Zech als Anett, aber wer hörig gegenüber Reno ist, sollte seine Antennen besser neu ausrichten.

Bei Mutti Christina hatte ich gelegentlich den Eindruck, hier brodele innerlich ein Vulkan. Ein auf der anfänglichen Bahnfahrt zufällig anwesender männlicher Jugendlicher wäre gewiss von ihr umgehend auf die Zugtoilette genötigt worden (oder drängt sich dieser Gedanke deshalb auf, weil Enz so viele Sexfilme gemacht hat?). Dass es mit Benno keine gemeinsame Zukunft geben wird, dürfte ihr nach jener ominösen Frühstücksszene klargeworden sein, als sie nach Bennos "Huhn ist eben nicht gleich Huhn" sehr irritiert wirkt. Bei Veronika hingegen halte ich es glaubhaft, dass sie mit Vera, dem Mädchen aus dem Dorf, tatsächlich nur eine Mädchenfreundschaft verbindet, so unschuldig, wie sie gezeichnet wird.

Und Benno, der scheinbar vorbildliche Gastgeber, der sämtliche Sätze wie auf einer Theaterbühne deklamiert? Ist der gesamte Benno nicht eine einzige Fassade eines Menschen, der sich innerlich verzehrt, für die stumme Veronika gleichzeitig Vater und Geliebter sein zu wollen? Wäre dann sein verkommener Sohn Reno nicht eine ehrlichere Variante von Benno selbst? Will man das wissen?

Und sonst? Die Landschaftsshots mögen gefallen, das Erntedankfest ist wie die meisten ländlichen Traditionsveranstaltungen ungenießbar. Die Musik ist Mist und es gab so viele Pferde, dass ich mir jetzt wohl Fury in the Slaughterhouse anhören sollte...

Und ich hatte beim Anschauen den Eindruck, hier fehlt ein Song. Zuerst spukte mir "Blau blüht der Enz-ian" im Kopf rum (würde ja zu einem Heimatfilm passen), aber kurz vor Schluss machte es richtig klick: Es können natürlich nur die Comedian Harmonists sein: "Veronika, der Lenz (!) ist da". Damit hätte der Benno die Veronika dann rumgekriegt. Bloß der Titel "Herbstromanze" hätte nicht mehr gepasst...

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McBrewer
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von McBrewer »

Hermann aus der VIDEOHÜTTE hatte sich nun in einem kleinen Video auch der HERBSTROMANZE angenommen:

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buxtebrawler
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Re: Herbstromanze - Jürgen Enz (1981)

Beitrag von buxtebrawler »

McBrewer hat geschrieben: So 2. Mai 2021, 12:10 Hermann aus der VIDEOHÜTTE hatte sich nun in einem kleinen Video auch der HERBSTROMANZE angenommen:
Sehr schön :lol:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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