Killerbus - Marc Fehse/Juliane Block (2003)

Moderator: jogiwan

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Salvatore Baccaro
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Killerbus - Marc Fehse/Juliane Block (2003)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Killerbus.jpg
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Originaltitel: Killerbus

Produktionsland: Deutschland 2003

Regie: Marc Fehse / Juliane Block

Cast: Sefik Kirbas, Orhan Kömürcü, Björn Gödde, Zoraya Lopez, Mario Scarpellini, Reiner Schleberger, Murat Yilmaz


Abt.: Dem Dän sei Dank!

„Der erste Streifen der Filmgeschichte, der designt und nicht gedreht wurde.“ Sagt zumindest Andreas Bethmann. Und zwar auf dem Ruckcover von KILLERBUS, einem dreißigminütigen Kurzspielfilm von Marc Fehse (in Kooperation mit Produzentin Juliane Block), dessen Opus Magnum SKY SHARKS ich kürzlich in der Luft zerriss, als habe ihn ein Sharknado erfasst.

Ausnahmsweise muss ich Bertucci jedoch einmal recht geben: KILLERBUS wirkt mehr wie ein Designprodukt denn wie ein handelsüblicher Spielfilm. Hätte ich eine böse Zunge würde ich schreiben: So sieht das also aus, wenn man ein Gangster-Vehikel à la frühem Tarantino bei Wish bestellt. Da ich aber ein sehr wohlwollender Zeitgenosse bin, sage ich: KILLERBUS bietet in etwa ähnliche Unterhaltung wie SKY SHARKS, nur haben sich die Fehse-Brüder hier dazu durchringen können, ihre (etwas arg verkrampft) auf cool getrimmte Syle-over-Substance-Orgie auf eine halbe Stunde zu begrenzen, was sie erst gar nicht in die Fahrwasser einer verzettelten Dramaturgie, eines Flickenteppichs an Ideen, eines non-existenten Timings geraten lässt, in denen SKY SHARKS für mich vor sich hindümpelt.

Worum geht’s? Drei Gangster. Christoph und Ali, genannt „Two Face”. Sozusagen John Travolta und Samuel L. Jackson, auf Wish bestellt. Dritter Mann im Bunde: Ihr Smutje. Das bezeichnet eigentlich einen „Schiffsjungen“, soll in diesem Kontext aber wohl „Mädchen für alles Grobe“ heißen. Zu Beginn haben sie sich gerade einen neuen Smutje geangelt, denn der alte ist hinüber. Der Neuling wiederum berichtet uns aus dem Off, während das Trio durch eine Wüstenlandschaft cruist, dass Ali ihn im Zigarrenladen, wo er arbeitet, angesprochen habe, ob er an einem Job interessiert sei, der ihm viel Geld einbringe. So sei er eben der neue Smutje geworden. Und was ist mit seinem Vorgänger passiert? Das breiten Ali und Christoph vor ihrem neuen Weggefährten und uns für einen Großteil der vorliegenden Laufzeit aus.

Es ist eine Gangsterplotte, die dermaßen nach PULP FICTION und RESERVOIR DOGS kreischt, dass es in den Ohren wehtut: McGuffin ist diesmal kein ominöser Koffer, sondern irgendein nicht näher definiertes „Etwas“, das sich im Besitz von Sergio Profit befinden soll, einem Zwielicht, das irgendwo in der Pampa illegale Hundewettkämpfe veranstaltet. Beschützt wird Profit von einem Hünen namens Karl, der für seine fiesen Foltereien ebenso bekannt ist wie dafür, dass er eine Schwäche fürs weibliche Geschlecht hat. Alis und Christophs Plan: Karl mittels einer hierfür engagierten Prostituierten ablenken, sodann bewaffnet einen von Profits Hundewettkämpfen stürmen, der in einer Lagerhalle im Nirgendwo stattfindet, alles und jeden kurz und klein zu schießen und mit dem besagten „Etwas“ zu entfleuchen, während ihr alter Smutje zur Ablenkung der Vierbeiner in einem Hasenkostüm herumhüpft.

Mehr Story gibt’s auch gar nicht. Muss es auch nicht geben. Im Vordergrund steht, wie schon Bethmann proklamiert, sowieso das Design, sprich, tolle CGI-Effekte, mit denen Fehse seinen Film zukleistert, (beispielweise sprießende Blümchen und Schmetterlinge, als die Jungs zu Beginn in einer Bar LSD-Cocktails schlürfen), witzige Ideen wie, dass das Finale in einer Video-Game-Optik kredenzt wird, (wo wir aus der Sicht von Leibwächter Karl das Ganze als eine Art Egoshooter erleben, inklusive Killcount und Informationen darüber, wie viele Kilometer ihn bei einer Verfolgungsjagd noch von seinen Feinden trennen), und der bereits erwähnten ostentativ ausgelebten Coolness, (die, wie ebenfalls bereits erwähnt, arg krampfig wirkt, wenn Fehse seinen Protagonisten fesche One-Liner in den Mund stopft, sie als omnipotente Machos inszeniert, denen die Sexarbeiterinnen zu Füßen liegen, oder ihnen Superheldenqualitäten andichtet, da sie, ohne mit der Wimper zu zucken und ohne nachladen zu müssen, den dichtesten Kugelhagel überleben.)

Sicher wird das alles nicht ohne Selbstironie präsentiert. Es ist nur eben wie mit irgendeinem Haushaltsprodukt à la Mehl oder Waschmittel: Da mag die zeitgenössische Werbung noch so metareflexiv sein, noch so sehr das eigene Image auf die Schippe nehmen, am Ende geht es doch darum, mir etwas zu verkaufen. Genauso ist es mit KILLERBUS: Da mag er sich noch so selbstironisch geben, ziemlich unverhohlen findet Fehse es ja doch erstrebenswert, mit geladener Waffe reihenweise Mafiosi umzunieten, mit spitzem Schwanz zur Damenwahl zu schreiten, mit dem titelgebenden Killerbus – (der nicht so heißt, weil er Menschen killt, sondern weil er Killer transportiert!) – zu groovigen Sounds durchs Hinterland zu brettern und dabei in Wort und Tat der eigenen Coolness zu huldigen. Nur dass er all das natürlich nicht selbst tut, es vielmehr an eine Riege mir unbekannter und manchmal recht überfordert wirkender Schauspieler delegiert.

Ich bin jedenfalls definitiv nicht die richtige Zielgruppe für Filme dieser Art, die sich in rein oberflächlichen Effekten suhlen, und unter ihrer kunterbunten Schale eigentlich bloß eine große Leere spazieren tragen. Aber, puh, im Vergleich zum monströsen SKY SHARKS bietet KILLERBUS dann doch weitaus erfreulichere, unterhaltsamere und vor allem kompetentere, weil gestrafftere und rundere dreißig Minuten. KILLERBUS ist ein mit Expertise gezimmerter Geräteschuppen, nichts Besonderes, doch trotz er Wind und Wetter und hält mein Gartenwerkzeug trocken. SKY SHARKS demgegenüber erinnert an eine Kathedrale, die in unterschiedlichen Bauweisen, mit unterschiedlichen Baumaterialien, aufgrund unterschiedlicher Bauskizzen errichtet wurde, und die einem beim ersten Windstoß auf den Kopf zu fallen droht.

Erwähnenswert wäre vielleicht noch, dass ich es doch recht amüsant fand, wie die als absolute Kampfmaschinen eingeführten Hunde beim Überfall von Ali, Christoph und Smutje auf ihr Herrchen gelangweilt liegenbleiben und keine Pfotenspitze zur Verteidigung rühren; dass ich mich frage, wozu man den groß im Vorspann gebillten Olaf Ittenbach für die Spezialeffekte akquiriert hat, wo es in KILLERBUS doch zu keinem Zeitpunkt nennenswert splattert; und dass es hier einige der wenigen Instanzen von Animal Snuff in der mir bekannten neueren Filmgeschichte zu sehen gibt, wenn in einer (reichlich unmotivierten) Großaufnahme ein armes, auf dem Rücken liegendes und zappelndes Käferchen von einer Faust zersmasht wird.

Interessanter als den Hauptfilm fand ich die drei „Shorties“, die der KILLERBUS-DVD als Bonus beigegeben worden sind: DER BALKEN versteckt sich hinter einem anstrengenden Analog-Videofilter. Dazu sehen wir, wie ein Mann sich auf seinem Dachboden aufknüpft. Die Tonspur besteht aus drei Sprachnachrichten: Einen, in der der Arzt des Suizidanten diesem mitteilt, dass er unheilbar an Krebs erkrankt sei; einer, in der der Suizidant seinen Abschied vom Leben kundtut; einer, in der der Mediziner sich entschuldigt, es seien die Untersuchungsergebnisse zweier Patienten durcheinandergeraten, und unser Held sei nicht sterbenskrank, habe lediglich eine verschleppte Erkältung. Da baumelt der Arme aber schon am Balken. Was für eine Pointe!, - doch zum Glück dauert das Ganze nicht viel länger als zwei Minuten.

Etwas mehr Gehalt liefert der sechsminütige DAS HÖRSPIEL: Eine Frau bleibt nachts am Waldrand mit dem Wagen liegen; ein Mann nimmt sie mit; in seinem Autoradio ist zu hören, dass die Polizei nach einem entlaufenen Psychiatrieinsassen suche. Allmählich wird die Dame misstrauisch: Passt denn die Beschreibung des Flüchtigen nicht auf den Mann direkt neben ihr?, wieso führt der Typ eigentlich auf der Rückbank eine Axt mit sich?, und weshalb fehlen ihm zwei Finger? Schließlich springt die Frau panisch aus dem Auto, rennt davon, nur um einem zweiten PKW unter die Räder zu geraten. Der vermeintliche Psychopath indes freut sich: Denn der Radiobericht entpuppt sich als Krimihörspiel! Ich gebe zu, mit dieser Pointe wird man auch nichts und niemandem hinterm Ofen vorlocken können, aber als anspruchsloser, durchaus routiniert in Szene gesetzter Kurzfilm taugt DAS HÖRSPIEL dann doch.

Vollends entgeistert haben mich indes die drei Folgen von FLIP & FLAP, einer Art MEET THE FEEBLES im Fehse-Stil, bei der die Gebrüder zwei Handpuppen (einem Frosch und einem Drachen) ihre (teilweise heliumgeschwängerten) Stimmchen leihen: Meist ist es so, dass Frosch Flap über irgendwelche körperlichen Wehwehchen klagt (beispielweise Migräne), sodann Drache Flip auftaucht, um ihm zur Genesung zu verhelfen, sprich, ihm mit diversen Waffen den Schädel spaltet, (eben um die bösen Kopfschmerzen zu vertreiben). Zum prolligen Rumgeschrei der Puppen ertönt furchtbare Kirmesmusik und die Pointe besteht jedes Mal darin, dass Flap sich herzlich bei Flip für dessen Rosskuren bedankt, während ihm literweise Blut übers Stoffgesicht perlt. Selbst wenn das alles ironisch gemeint sein sollte, empfinde ich es als erschreckenden Blick in das Humorverständnis der Herren Fehse, Himmelhilf!
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McBrewer
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Re: Killerbus - Marc Fehse/Juliane Block (2003)

Beitrag von McBrewer »

Der Killerbus ist auch Anfang der 2000er in meine Filmsammlung gerutscht, als ich irgendwie ein Großteil der vielen hochwertigen Hartboxen mit dem Großen X versuchte, zusammen zu sammeln.
Eine erneute Sichtung steht zwar noch aus, aber vor über 15 Jahren empfand ich den als äußerst kurzweilig. und ja: der Film ist als Amateurfilm ziemlich bunt gestylt, im positiven Sinne.

Als Gimmick lag der DVD Box übrigens damals noch ein "Killergame" bei. Das sollte ich beim nächsten Treffen mit @Salvatore mal durch spielen :opa: :mrgreen:
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PS: um Ausgangspost hat sich anscheinend eine " 1 " im Produktionsjahr mit eingeschlichen > 2013 2003
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Re: Killerbus - Marc Fehse/Juliane Block (2003)

Beitrag von buxtebrawler »

McBrewer hat geschrieben: Mi 20. Okt 2021, 14:12 PS: um Ausgangspost hat sich anscheinend eine " 1 " im Produktionsjahr mit eingeschlichen > 2013 2003
Danke für den Hinweis, habe ich korrigiert.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Killerbus - Marc Fehse/Juliane Block (2003)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

buxtebrawler hat geschrieben: Mi 20. Okt 2021, 15:39
McBrewer hat geschrieben: Mi 20. Okt 2021, 14:12 PS: um Ausgangspost hat sich anscheinend eine " 1 " im Produktionsjahr mit eingeschlichen > 2013 2003
Danke für den Hinweis, habe ich korrigiert.
Herrje, mein Lapsus!
McBrewer hat geschrieben: Mi 20. Okt 2021, 14:12 Das sollte ich beim nächsten Treffen mit @Salvatore mal durch spielen
Haha! Gerne auch auf vor Publikum und der Verlierer rezensiert die Taubert-Box... :kicher:
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Re: Killerbus - Marc Fehse/Juliane Block (2003)

Beitrag von buxtebrawler »

Salvatore Baccaro hat geschrieben: Do 21. Okt 2021, 13:00 Haha! Gerne auch auf vor Publikum und der Verlierer rezensiert die Taubert-Box... :kicher:
:shock:

Die Grausamkeiten dieser Filme färben langsam aber sicher auf dich ab, Salvatore.
Schieb mal lieber wieder ein Hottehüfilmchen zwischen ;)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Killerbus - Marc Fehse/Juliane Block (2003)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

buxtebrawler hat geschrieben: Do 21. Okt 2021, 13:06 Schieb mal lieber wieder ein Hottehüfilmchen zwischen ;)
EMOCOES SEXUAIS DE UM CAVALO liegt schon bereit, lieber Bux... :kicher:
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Re: Killerbus - Marc Fehse/Juliane Block (2003)

Beitrag von buxtebrawler »

Salvatore Baccaro hat geschrieben: Fr 22. Okt 2021, 17:21 EMOCOES SEXUAIS DE UM CAVALO liegt schon bereit, lieber Bux... :kicher:
Ferkel! :pig: :nixda:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Salvatore Baccaro
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Re: Killerbus - Marc Fehse/Juliane Block (2003)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

buxtebrawler hat geschrieben: Fr 22. Okt 2021, 17:29
Salvatore Baccaro hat geschrieben: Fr 22. Okt 2021, 17:21 EMOCOES SEXUAIS DE UM CAVALO liegt schon bereit, lieber Bux... :kicher:
Ferkel! :pig: :nixda:
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