Magische Momente: Ein himmlisch fauler Engel - Christoph Schnee (2019)
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Magische Momente: Ein himmlisch fauler Engel - Christoph Schnee (2019)
Originaltitel: Magische Momente: Ein himmlisch fauler Engel
Herstellungsland: Deutschland / Tschechien (2019)
Regie: Christoph Schnee
Darsteller(innen): Katharina Thalbach, Jeanne Goursaud, Detlev Buck, Maxim Mehmet, Cloé Heinrich, Volker Michalowski, Dagmar von Kurmin, Davis Schulz u. A.
Engel Adelheid alias Addi 2 (Katharina Thalbach) muss sich erst noch seine Flügel verdienen. Dafür muss sie zunächst einmal gute Taten auf Erden vollbringen und Weihnachtsdienst ableisten – konkret jenen, aus der nie lachenden elfjährigen Marie (Cloé Heinrich) wieder ein fröhliches Mädchen zu machen. So begibt es sich, dass sie die Halbwaise – ihre Mutter starb einen tragischen Unfalltod – auf der Bahnfahrt zu ihrer Großmutter begleitet, die Marie über die Weihnachtstage besuchen möchte. Doch was nach einer recht entspannten Fahrt für die ziemlich unmotivierte Addi 2 klingt, entwickelt sich zu einer chaotischen Odyssee, an der irgendwann auch Addi 2 Freude entwickelt, die aber auch für Konfusionen im Himmelsreich aufgrund verwandtschaftlicher Verhältnisse sorgt…
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Magische Momente: Ein himmlisch fauler Engel - Christoph Schnee (2019)
„Ist hier Fahnenappell, oder was?!“
Nach „Pauls Weihnachtswunsch“ aus dem Jahre 2018 wurde die ZDF-Weihnachtsfernsehfilmreihe „Magische Momente“ ein Jahr später mit der Fantasy-Kinderkomödie „Ein himmlisch fauler Engel“ fortgesetzt. Das Drehbuch verfasste wieder Silke Zertz, doch die Regie übernahm diesmal Christoph Schnee („Kückückskind“). Der in Tschechien gedrehte Film wurde auch tschechisch koproduziert.
„Ich krieg' meine Ansagen von ganz oben, du Klugscheißer!“
Engel Adelheid alias Addi 2 (Katharina Thalbach, „Sonnenallee“) muss sich erst noch seine Flügel verdienen. Dafür muss sie zunächst einmal gute Taten auf Erden vollbringen und Weihnachtsdienst ableisten – konkret jenen, aus der nie lachenden elfjährigen Marie (Cloé Heinrich, „jerks.“) wieder ein fröhliches Mädchen zu machen. So begibt es sich, dass sie die Halbwaise – ihre Mutter starb einen tragischen Unfalltod – auf der Bahnfahrt zu ihrer Großmutter begleitet, die Marie über die Weihnachtstage besuchen möchte. Doch was nach einer recht entspannten Fahrt für die ziemlich unmotivierte Addi 2 klingt, entwickelt sich zu einer chaotischen Odyssee, an der irgendwann auch Addi 2 Freude entwickelt, die aber auch für Konfusionen im Himmelsreich aufgrund verwandtschaftlicher Verhältnisse sorgt…
„Klug und faul – das sind die Besten!“
Zu Beginn spielt der Film in eben jenem Himmelsreich und liefert eine eigenwillige Auslegung des dortigen Zusammenlebens und dessen Organisation. Die Engel werden zur Lagebesprechung zusammengetrommelt. Die freche, faule, renitente, sich den Regeln dort droben nur widerwillig unterordnende Addi 2 ärgert derweil spielende Kinder, indem sie es über ihnen regnen lässt. Nun bekommt sie die mürrische Marie zugewiesen, die „für ihr Alter zu alt“ sei. Auf Erden inszeniert der Regisseur mit dem passenden Nachnamen für einen Weihnachtsfilm neben Trubel beim Weihnachtsbaumverkauf eine aufgeheizte Stimmung, innerhalb derer generell wenig Raum für gegenseitige Rücksichtnahme und Menschlichkeit ist, womit er sozialkritische Akzente setzt. Marie schmeißt zu Hause den Haushalt und behandelt ihren Vater (Maxim Mehmet, „Männerherzen“), als sei sie seine Mutter. Dieser ist Polizist, hat an Weihnachten Dienst und engagiert Addi 2 als Kinderbetreuerin – natürlich ohne zu wissen, dass es sich bei ihr um einen Engel handelt.
Nach diesem durchaus stimmigen Einstieg nimmt das Unglück seinen Lauf, leider sowohl inhaltlich-dramaturgisch als auch qualitativ. Marie wird als zwar depressiv verstimmtes, dafür aber unheimlich diszipliniertes und pflichtbewusstes Mädchen konnotiert, dem Addi 2 als das genaue Gegenteil gegenübergestellt wird. Dieser komödiantisch unterhalten sollende Kontrast wird mit der Brechstange generiert, wenn Addi 2 bereits vor Antritt der Bahnfahrt die Fahrkarten verliert und sich während der Reise nicht etwa unangepasst oder rebellisch, sondern schlicht asozial verhält. Diverse erfahrenere Engel, u.a. Klaus 33 (Volker Michalowski, „Inglorious Basterds“) und Emma 7 (Jeanne Goursaud, „Klassentreffen 1.0“), beobachten die Mission und greifen helfend ein, dennoch werden Marie und Addi 2 auf dem ersten Zwischenhalt ohne Gepäck zurückgelassen und muss Addi 2 ein Auto knacken (!), um den Zug wieder einzuholen. Mit ihrem Verhalten macht Addi 2 ihrem Schützling mehr Angst als alles andere, bringt aber immerhin andere Kinder zum Lachen – allein, das Vergnügen will sich nicht so recht auf mich als Zuschauer übertragen. Als der Zug dann auch noch unterwetterbedingt steckenbleibt, wird Emma 7 auf die Erde hinuntergeschickt, um die Situation zu retten, weil Marie verständlicherweise einfach nur noch wegwill.
Themen wie Tod und Vergänglichkeit sind hier allgegenwärtig, trotz Einstufung (und Selbsteinschätzung) als Komödie ist der Film auf eine typisch deutsche Weise schwermütig und überhaupt nicht lustig. Emma 7 entpuppt sich schließlich als Maries verstorbene Mutter, eine moralinsaure Rückblende zeigt ihren Tod. Der Film wird nun hochgradig sentimental und viel zu gefühlsduselig, und der nächste Halt heißt Kitsch: Im steckengebliebenen Zug entwickelt sich eine spontane Weihnachtsfeier inklusive „Morgen Kinder wird’s was geben“-Gesangseinlage aller Fahrgäste. Diese abrupten Stil- und Stimmungswechsel des Films zehren an den Nerven. Und wenn am Schluss einfach die Zeit zurückgedreht wird, ist man fast geneigt, sich dasselbe zu wünschen, um sich gegen eine Sichtung entscheiden zu können. Größtes Pfund des Films sollte eigentlich die verdiente Schauspielerin Katharina Thalbach sein, doch ist ihre Rolle als gegen die üblichen Klischees gebürsteter Engel einfach nur unangenehm. Bei allem Respekt vor den Verdiensten dieser Darstellerin: Als Großstädter kann ich über ihre Rolle allein schon deshalb nicht lachen, weil sie mich an obdachlose Alkis erinnert, die in der S-Bahn auf dem Weg zur Maloche oder zurück zu nerven beginnen (was herzloser klingt, als es gemeint ist).
Zugegeben: Ich zähle nun auch nicht zwingend zur Zielgruppe dieses Films. Wenn seine Geschichte Kindern viel zu früh verstorbener Eltern hilft, erreicht er viel. Aber tut er das? Oder wirkt er im Gegenteil gar retraumatisierend? Keine Ahnung. Um auch ein paar positive Worte über „Ein himmlisch fauler Engel“ zu verlieren: Die kleine Cloé, die ich bereits aus „jerks.“ kannte, spielt großartig. Hörenswert sind zudem Teile des Soundtracks, der „I’m a Believer“ von den Monkees sowohl im Original als auch in einer moderneren Coverversion aufweist; und Joey Ramones coole „What a Wonderful World“-Coverversion im Epilog beweist Geschmack und stimmt dann doch irgendwie versöhnlich.
Die „Magische Momente“-Reihe wurde bereits nach diesem zweiten Beitrag eingestellt.
Nach „Pauls Weihnachtswunsch“ aus dem Jahre 2018 wurde die ZDF-Weihnachtsfernsehfilmreihe „Magische Momente“ ein Jahr später mit der Fantasy-Kinderkomödie „Ein himmlisch fauler Engel“ fortgesetzt. Das Drehbuch verfasste wieder Silke Zertz, doch die Regie übernahm diesmal Christoph Schnee („Kückückskind“). Der in Tschechien gedrehte Film wurde auch tschechisch koproduziert.
„Ich krieg' meine Ansagen von ganz oben, du Klugscheißer!“
Engel Adelheid alias Addi 2 (Katharina Thalbach, „Sonnenallee“) muss sich erst noch seine Flügel verdienen. Dafür muss sie zunächst einmal gute Taten auf Erden vollbringen und Weihnachtsdienst ableisten – konkret jenen, aus der nie lachenden elfjährigen Marie (Cloé Heinrich, „jerks.“) wieder ein fröhliches Mädchen zu machen. So begibt es sich, dass sie die Halbwaise – ihre Mutter starb einen tragischen Unfalltod – auf der Bahnfahrt zu ihrer Großmutter begleitet, die Marie über die Weihnachtstage besuchen möchte. Doch was nach einer recht entspannten Fahrt für die ziemlich unmotivierte Addi 2 klingt, entwickelt sich zu einer chaotischen Odyssee, an der irgendwann auch Addi 2 Freude entwickelt, die aber auch für Konfusionen im Himmelsreich aufgrund verwandtschaftlicher Verhältnisse sorgt…
„Klug und faul – das sind die Besten!“
Zu Beginn spielt der Film in eben jenem Himmelsreich und liefert eine eigenwillige Auslegung des dortigen Zusammenlebens und dessen Organisation. Die Engel werden zur Lagebesprechung zusammengetrommelt. Die freche, faule, renitente, sich den Regeln dort droben nur widerwillig unterordnende Addi 2 ärgert derweil spielende Kinder, indem sie es über ihnen regnen lässt. Nun bekommt sie die mürrische Marie zugewiesen, die „für ihr Alter zu alt“ sei. Auf Erden inszeniert der Regisseur mit dem passenden Nachnamen für einen Weihnachtsfilm neben Trubel beim Weihnachtsbaumverkauf eine aufgeheizte Stimmung, innerhalb derer generell wenig Raum für gegenseitige Rücksichtnahme und Menschlichkeit ist, womit er sozialkritische Akzente setzt. Marie schmeißt zu Hause den Haushalt und behandelt ihren Vater (Maxim Mehmet, „Männerherzen“), als sei sie seine Mutter. Dieser ist Polizist, hat an Weihnachten Dienst und engagiert Addi 2 als Kinderbetreuerin – natürlich ohne zu wissen, dass es sich bei ihr um einen Engel handelt.
Nach diesem durchaus stimmigen Einstieg nimmt das Unglück seinen Lauf, leider sowohl inhaltlich-dramaturgisch als auch qualitativ. Marie wird als zwar depressiv verstimmtes, dafür aber unheimlich diszipliniertes und pflichtbewusstes Mädchen konnotiert, dem Addi 2 als das genaue Gegenteil gegenübergestellt wird. Dieser komödiantisch unterhalten sollende Kontrast wird mit der Brechstange generiert, wenn Addi 2 bereits vor Antritt der Bahnfahrt die Fahrkarten verliert und sich während der Reise nicht etwa unangepasst oder rebellisch, sondern schlicht asozial verhält. Diverse erfahrenere Engel, u.a. Klaus 33 (Volker Michalowski, „Inglorious Basterds“) und Emma 7 (Jeanne Goursaud, „Klassentreffen 1.0“), beobachten die Mission und greifen helfend ein, dennoch werden Marie und Addi 2 auf dem ersten Zwischenhalt ohne Gepäck zurückgelassen und muss Addi 2 ein Auto knacken (!), um den Zug wieder einzuholen. Mit ihrem Verhalten macht Addi 2 ihrem Schützling mehr Angst als alles andere, bringt aber immerhin andere Kinder zum Lachen – allein, das Vergnügen will sich nicht so recht auf mich als Zuschauer übertragen. Als der Zug dann auch noch unterwetterbedingt steckenbleibt, wird Emma 7 auf die Erde hinuntergeschickt, um die Situation zu retten, weil Marie verständlicherweise einfach nur noch wegwill.
Themen wie Tod und Vergänglichkeit sind hier allgegenwärtig, trotz Einstufung (und Selbsteinschätzung) als Komödie ist der Film auf eine typisch deutsche Weise schwermütig und überhaupt nicht lustig. Emma 7 entpuppt sich schließlich als Maries verstorbene Mutter, eine moralinsaure Rückblende zeigt ihren Tod. Der Film wird nun hochgradig sentimental und viel zu gefühlsduselig, und der nächste Halt heißt Kitsch: Im steckengebliebenen Zug entwickelt sich eine spontane Weihnachtsfeier inklusive „Morgen Kinder wird’s was geben“-Gesangseinlage aller Fahrgäste. Diese abrupten Stil- und Stimmungswechsel des Films zehren an den Nerven. Und wenn am Schluss einfach die Zeit zurückgedreht wird, ist man fast geneigt, sich dasselbe zu wünschen, um sich gegen eine Sichtung entscheiden zu können. Größtes Pfund des Films sollte eigentlich die verdiente Schauspielerin Katharina Thalbach sein, doch ist ihre Rolle als gegen die üblichen Klischees gebürsteter Engel einfach nur unangenehm. Bei allem Respekt vor den Verdiensten dieser Darstellerin: Als Großstädter kann ich über ihre Rolle allein schon deshalb nicht lachen, weil sie mich an obdachlose Alkis erinnert, die in der S-Bahn auf dem Weg zur Maloche oder zurück zu nerven beginnen (was herzloser klingt, als es gemeint ist).
Zugegeben: Ich zähle nun auch nicht zwingend zur Zielgruppe dieses Films. Wenn seine Geschichte Kindern viel zu früh verstorbener Eltern hilft, erreicht er viel. Aber tut er das? Oder wirkt er im Gegenteil gar retraumatisierend? Keine Ahnung. Um auch ein paar positive Worte über „Ein himmlisch fauler Engel“ zu verlieren: Die kleine Cloé, die ich bereits aus „jerks.“ kannte, spielt großartig. Hörenswert sind zudem Teile des Soundtracks, der „I’m a Believer“ von den Monkees sowohl im Original als auch in einer moderneren Coverversion aufweist; und Joey Ramones coole „What a Wonderful World“-Coverversion im Epilog beweist Geschmack und stimmt dann doch irgendwie versöhnlich.
Die „Magische Momente“-Reihe wurde bereits nach diesem zweiten Beitrag eingestellt.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!