OT:
Mord in Frankfurt
Jahr: D 1967
R, B: Rolf Hädrich
K: Jost Vacano
M: Peter Thomas
D: Václav Voska, Christiane Schröder, Monika Lundi, Karl-Heinz v. Hassel
Als in Frankfurt ein Taxifahrer umgenietet wird, geht über der allgemeinen Empörung der Start eines an nämlichem Ort beginnenden NS-Prozesses unter.
Hier ein Auszug aus unserem Text zum Film:
Und wieder hat Pidax eine fast vergessene Perle aus der deutschen TV-Geschichte ans Licht gefördert, die seit ihrer Erstausstrahlung, vor fast 45 Jahren, nicht mehr gezeigt wurde. Zwar begibt sich das Fernsehen auch heute noch an ungewöhnlich präsentierte oder unbequeme Stoffe, doch – vielleicht täuscht mich der Eindruck – ist dies heute deutlich seltener der Fall als noch vor einigen Jahren.
Der durch ambitionierte TV-Filme bekannt gewordene Rolf Hädrich legt sein Fernsehspiel in drei Teilen mit verschiedenen Protagonisten an, deren thematische Klammer der Taxi-Mord bildet. Wir haben also als erstes das Gespann Franziska und ihren Freund, den Schauspieler Hans (Joachim Ansorge), dann den Taxichef Guttke (Dirk Dautzenberg) und seinen Fahrer Ehlers (Karl-Heinz v. Hassel), der aus Not zum Streikbrecher wird, sowie Markowski und Helga, zwischen denen sich fast so etwas wie eine Freundschaft entwickelt. Der Film begleitet die Charaktere zwei Tage lang, die unterschwellig vom Mord dominiert werden, und zwar via Radio, Zeitung oder äußere Ereignisse, in die die Figuren geraten, wie die ausartenden Proteste der aufgebrachten Taxler.
Doch inhaltlich geht’s um was ganz anderes, und zwar um die funktionierenden Verdrängungsmechanismen gegenüber den 1967 noch recht frischen Nazi-Verbrechen. Es ist die Zeit der späten Prozesse, die in weiten Teilen der Bevölkerung auf Unverständnis und Überdruss stoßen. Vergessen ist angezeigt, einen „Schlussstrich ziehen“ und das Schuldkonto auf Null setzen. Das erlebt beispielsweise Hans, der an einem Theaterstück über den Auschwitz-Prozess arbeitet, was Freundin Franziska nur ein gewaltiges Gähnen entlockt. Und selbst die eigentlich bemühte Helga leistet sich einen peinlichen, aber passenden Schnitzer (siehe Zitate). Einer der Höhepunkte ist der Prozess selbst. Hier geht es weniger um inhaltliche Dinge, als um juristische Formalitäten und darum, in aggressiver Art und Weise den völlig konsternierten Markowski als Zeugen zu demontieren.
Klasse ist die Kameraarbeit von Jost Vacano, der nach seinem Karrierebeginn im Fernsehen später Streifen wie „Das Boot“ und in Hollywood „RoboCop“, „Total Recall“ oder „Starship Troopers“ fotografierte. Etwas mehr gewünscht hätte ich mir daher Bilder des modernen Frankfurts, wie sie etwa die Einstellungen von Markowskis Hotel, dem Theater oder Flughafen zeigen. Der Score von Peter Thomas ist klasse, wenngleich vor allem in den Lautsprechern des Hotelfahrstuhls, im Radio oder mal von Schallplatte zu hören. Cooler, frühelektronischer Instrosound mit klassischen Easy-Listening-Komponenten.
Einen Trailer dazu habe ich auch gemacht:
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Mord in Frankfurt - Ralf Hädrich (1967/8)
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