Ten Zan - The Ultimate Mission - Ferdinando Baldi (1988)

Söldner, Mutanten und Kriegshelden

Moderator: jogiwan

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Salvatore Baccaro
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Ten Zan - The Ultimate Mission - Ferdinando Baldi (1988)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

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Originaltitel: Missione Finale

Produktionsland: Italien/Nordkorea 1988

Regie: Ferdinando Baldi

Darsteller: Frank Zagarino, Mark Gregory, Romano Kristoff, Charles Borromel, Sabrina Siani, Kim Follet


Abt. Salvatores kleine Nordkorea-Reise

Die filmhistorische Bedeutung von MISSIONE FINALE kristallisiert sich in drei Hauptpunkten: 1) Es handelt sich um eine der wenigen Film-Koproduktionen Nordkoreas mit einem europäischen Land. 2) Es handelt sich um eine der wenigen in Nordkorea gedrehten Filmproduktionen, in denen US-amerikanische Schauspieler agieren. 3) Es handelt sich um die Finalmission des verdienten italienischen Regieveteranen Ferdinando Baldi, der uns seit den frühen 50ern mit Meisterwerken wie RITA NEL WEST, GET MEAN oder LA RAGAZZA DEL VAGONE LETTO die Kinoleinwände versüßt hat.

In der Kurzfassung könnte man MISSIONE FINALE wie folgt zusammenfassen: Ein in Nordkorea lebender litauischer Professor und Sohn eines SS-Offiziers entwickelt ein Serum, das dabei helfen soll, den Traum seines verstorbenes Vaters von der Erschaffung einer arischen Übermenschenrasse zu verwirklichen. Zum Schutz seiner strenggeheimen Forschungsstation irgendwo im Dschungel rekrutiert er eine Söldnereinheit, die nebenbei auch Jagd auf arglose nordkoreanische Reisbäuerinnen macht, um sie zu unmenschlichen Experimente in die Labore des Mengele-Epigonen zu verschleppen. Als ruchbar wird, dass Professor Larson ernsthaft plant, die Welt unter der Hakenkreuzfahne zu knechten, und sein Treiben den internationalen Geheimdiensten zu bedenklich wird, engagieren diese, um sich nicht selbst die Hände schmutzig machen zu müssen, ein zweites Söldnerkommando, das dem verrückten Wissenschaftler und seinen Schergen das Handwerk legen soll. Die „Final Solution Research“ (FSR) besteht allerdings aus lediglich zwei Männern – den liebenswerten Freunden Lou und Ricky –, die für die folgenden achtzig Minuten im Alleingang einen Stützpunkt Larsons nach dem andern in die Luft jagen, die Truppen von Larsons Handlanger Jason mehr und mehr ausdünnen, und am Ende natürlich in einer einzigen großen Explosion den Tag retten.

Zu den konkreten Produktionshintergründen von MISSIONE FINALE habe ich bislang keine exzessiven Recherchen betrieben, und stehe deshalb noch immer staunend vor der Frage, was denn die nordkoreanische Regierung bewogen haben mag, eine illustre Riege von Italo-Exploitation-Stars à la Mark Gregory (mit fescher Kurzhaarfrisur als Antagonist Jason), Frank Zagarino (als unser Heros Lou), Romano Kristoff (als sein Sidekick Ricky) sowie Barbarenkönigin Sabrina Siani (als Töchterchen von Professor Larson und Augenstern Jasons) in die Volksrepublik einfliegen zu lassen, damit sie unter der Regie des mittlerweile bereits siebzigjährigen Ferdinando Baldi um zahllose explodierende Militärfahrzeuge, Gebäudekomplexe und Söldnerkörper gruppiert werden. Die Intention, der Welt ein begeisterungswürdiges Bild Nordkoreas zu zeichnen, kann nicht dahinterstecken, denn über das Land, in dem MISSIONE FINALE spielt, erfährt man exakt nichts – und sieht übrigens auch nicht viel mehr davon als endlose Dschungellandschaften und Reisfelder, weshalb der Film auch in einem beliebig anderen asiatischen Staat hätte gedreht werden können. Auch halte ich es für unwahrscheinlich, dass sich der filmbesessene Diktatorensohn Kim Jong-il erhofft haben mag, mit vorliegender Produktion einen Fuß in die Tür des internationalen Filmgeschäfts zu bekommen, denn, ehrlich gesagt, selbst für die Verhältnisse eines italienischen Actionkloppers der späten 80er ist MISSIONE FINALE ein sprachlosmachender Hyper-Trash mit einem furchtbaren Synthie-Score, der zu keinem Zeitpunkt so klingt, als sei er für diesen Film komponiert worden, haarsträubend choreographierten und montierten Actionszenen, die in ihrer Fülle schlicht ermüden und außerdem den Verdacht nahelegen, dass man ein und dieselbe Explosion gleich mehrfach präsentiert bekommt, und einem Drehbuch, das in den Kimchi-Topf gefallen sein muss und dann größtenteils nicht mehr entziffern werden konnte, denn was sich Autor Baldi mit seinem kruden Nazi-Experimente-Plot nebst einem, wenn ich das richtig verstanden habe, aus Tieren und entführten Frauen gewonnenen Übermenschen-Zaubermittel gedacht haben mag, hätte ich mir gerne einmal von dem Maestro bei einer Stadttour durch Pjöngjang erklären lassen – zumal die Prämisse des Films genauso austauschbar ist wie die nordkoreanischen Kulissen und lediglich einen besonders merkwürdigen Vorwand für all das Detonieren von Jeeps, das Rattern von über endlose Munition verfügende Maschinengewehren und das Schmerzens- bzw. Jubelgeschrei von sterbenden oder siegreichen Mercenaries darstellt.

Dass Baldi offenbar auf Autopilot funktioniert, (denn selbst seine direkten Vorgängerfilme wie UN MALEDETTO SOLDATO oder WARBUS habe ich nicht als derart katastrophal in Erinnerung), zeigt sich vor allem in den (wenigen) Szenen, in denen nicht vom nordkoreanischen Militär großzügig zur Verfügung gestellte Fabriken und Fahrzeuge in Feuersbrünsten aufgehen. Fragwürdige Handlungen der schablonenhaften Figuren hagelt es en masse: Gleich zu Beginn legen Jason und Professorentochter Glenda dem per Zug über die nordkoreanische Grenze gelangten Lou nahe, dass er doch bitte seine Mission vergessen und einfach weiterreisen soll – statt ihn einfach, als sich die Gelegenheit dazu bietet, zweckdienlich auszuschalten. Obwohl Lou vorgewarnt ist, dass seine Feinde von seiner Ankunft Wind bekommen haben, vertraut er sich am Bahnhof dem nächstbesten Burschen an, der vorgibt, ihn zu seinen Auftraggebern bringen zu wollen – und ihn natürlich in eine Fabrikhalle entführt, wo er ihn nach Strich und Faden zusammenschlägt und wo er ohne das rechtzeitige Eingreifen seines alten Freundes Ricky jämmerlich verendet wäre. Ricky wiederum hat eine Adoptivschwester, (die einzige nordkoreanische Schauspielerin, die in MISSIONE FINALE mehr als einen Satz sagt), und obwohl Ricky nunmehr weiß, dass auch er auf der Abschussliste der Finsterlinge steht, kümmert er sich nicht darum, sein Schwesterherz Mavi, (in das sich Lou inzwischen verguckt hat), in Sicherheit zu bringen, sondern nimmt in kauf, dass Larsons Leute die junge Frau kidnappen und als Geisel im Forschungslabor des Mad Scientists festhalten, da sie davon ausgehen können, dass Lou und Ricky dieses nicht bombardieren werden, solange sich Mavi darin befindet. In etwa dieser Weise windet sich die Handlung von Knalleffekt zu Knalleffekt, und lässt nur wenig Raum für in ihrer unfreiwilligen Komik großartige Momente, in denen beispielweise die Freundschaft zwischen Ricky und Lou in beinahe homoerotischen Farben gemalt wird - (oder wie soll ich die Szene verstehen, in der Ricky seinen angeschlagenen Freund lachend mit einem Wasserschlauch abspritzt?) -, oder hanebüchenen Seltsamkeiten wie die Dialogpassage, in der Ricky und Lou einander erzählen, was sie die letzten Jahre so alles erlebt haben, und Lou berichtet, wie er getarnt als Balletttänzer im Bolschoi Ballett eine Transaktion von Nuklearwaffen zwischen den USA und der Sowjetunion verhindert habe. (Ricky hakt nach: Bullshit Ballett? Auch ich hake nach: Bitte was?!) Wenn dann auch noch mehrere Füllszenen integriert sind, in denen beispielweise ein Informant bei Gregory anruft, zunächst aber Sabrina Siani ans Telefon geht, der Informant aber unbedingt mit Gregory sprechen möchte, und Siani ihn deshalb aus dem Badezimmer holt, worauf er sich umständlich hinsetzt, den Hörer nimmt und sagt: Rufen Sie mich später nochmal an!, und wenn der Showdown zwischen "Thunder" und dem "Cy Warrior" in einem Fischerdörfchen offenbar bewusst als Anti-Klimax inszeniert wurde - (sprich: ein paar Schüsse und Gregory plumpst in die See; Fin; Zagarino und sein Herzblatt schippern in den Sonnenuntergang) -, kann auch mir so viel Mühe geben wie ich möchte, ich finde einfach nichts, was ich an diesem Machwerk noch lobend herausstreichen soll.

Eine Falschinformation zu MISSIONE FINALE kursiert übrigens sowohl auf Wikipedia wie auf der IMDB. Dort nämlich wird behauptet, dass Professor Larson von einem gewissen Charles Robert Jenkins dargestellt wird. Bei diesem handelt es sich um einen US-Soldat, der 1965 gen Nordkorea desertierte, um dem drohenden Schicksal zu entgehen, in Vietnam verheizt zu werden. Bereits kurz nach dem Grenzübertritt dürfte Jenkins seine Entscheidung jedoch bitter bereut haben: Nordkorea liefert ihn nämlich nicht, wie erhofft, an die Sowjetunion aus, sondern sperrt ihn erstmal jahrelang in eine Zelle, verpasst ihm eine Gehirnwäsche, zwingt ihn schließlich dazu, in Propagandafilmen als Darsteller aufzutreten. Erst 2004 erlaubt man Jenkins, der inzwischen mit einer Japanerin verheiratet ist, (die ihrerseits einst von Nordkorea entführt wurde!), in die Heimat seiner Gattin auszureisen. Mit MISSIONE FINALE allerdings hat Jenkins nichts zu tun: Dass ihm eine Beteiligung angedichtet wird, liegt wohl schlicht daran, dass er gewisse Ähnlichkeiten mit Professor-Larson-Darsteller Charles Borromel aufweist, jenem Schotten, der beispielweise in Umberto Lenzis L’ULTIMO GLADIATORE den wilden Kaiser Caligula mimte und in D’Amatos ROSSO SANGUE als Sergeant für die Jagd auf George Eastman verantwortlich gewesen ist.

Ob die Schauspieler nun aber freiwillig oder unfreiwillig in MISSIONE FINALE mitgewirkt haben, macht den Film weder schlechter und schon gar nicht besser: Baldis Abschlussfilm könnte man tatsächlich auch als Schwanengesang des italienischen Genrekinos bezeichnen – ein Film wie ein Bahnhofsquickie: Wenn der schnelle Rausch vorbei ist, lehnt man an der verschmierten Toilettenkabinenwand und fragt sich, dafür habe ich tatsächlich Geld ausgegeben?
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jogiwan
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Re: Ten Zan - The Ultimate Mission - Ferdinando Baldi (1988)

Beitrag von jogiwan »

Hehe, was du so alles ausgräbst... oder schreibst du deine Kritiken ohnehin schon aus dem nordkoreanischen Arbeitslager? ;)

Das Plakat-Motiv kennt man ja auch... nur das Jausenmesser wurde ersetzt ;)

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it´s fun to stay at the YMCA!!!



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buxtebrawler
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Re: Ten Zan - The Ultimate Mission - Ferdinando Baldi (1988)

Beitrag von buxtebrawler »

Also zumindest beim Lesen habe ich mich prächtig amüsiert, Salvatore, klingt nach herrlich bekloppter Actiongülle auf "Der Kampfgigant"-Niveau, jedoch ohne fragwürdige Aussage. :D
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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sergio petroni
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Re: Ten Zan - The Ultimate Mission - Ferdinando Baldi (1988)

Beitrag von sergio petroni »

buxtebrawler hat geschrieben: Mi 10. Feb 2021, 17:57 klingt nach herrlich bekloppter Actiongülle auf "Der Kampfgigant"-Niveau
Bruno :cry: :cry: :cry:
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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