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Darsteller: Kieran O'Brien, Margo Stilley, Huw Bunford, Cian Ciaran, Guto Pryce, Gruff Rhys, Dafydd Ieuan, Bobby Gillespie, Robert Young, Mani, Bob Hardy, Alex Kapranos u. A.
Bei einem Konzert in London treffen sich der Klimaforscher Matt (Kieran O’Brien) und die Austauschschülerin Lisa (Margot Stilley), die in wenigen Monaten zurück nach Amerika muss. Dennoch beginnen die beiden eine Beziehung und machen alles zusammen - Konzerte besuchen, Filme gucken, Musik hören, Sex haben. Doch der Gedanke, dass ihre Liebe bald durch den Rückflug von Lisa zu Ende geht, wird immer stärker...
„9 Songs“ vom britischen Regisseur Michael Winterbottom, der in diesem Falle auch als Produzent und Drehbuchautor in Erscheinung trat, ist einer dieser Filme, die mit expliziten, nicht geschauspielerten Sexszenen arbeiten, ohne sich dabei zur Pornographie zu zählen. Das finde ich grundsätzlich nicht uninteressant; hin und wieder bin ich dann doch neugierig, ob ein unaufgeregter, selbstverständlicher, natürlicher Umgang mit echter Sexualität im Medium Film funktioniert. Bei „Baise-moi“ hat es meines Erachtens ebenso wenig hingehauen wie beim noch fürchterlicheren „The Band“, insofern war ich auf alles gefasst – und wurde positiv überrascht.
„9 Songs“ erzählt die Geschichte einer kurzen, leidenschaftlichen Beziehung zwischen Klimaforscher Matt und Austauschschülerin Lisa aus der Retrospektive. Matt erinnert sich an das Kennenlernen auf einem Rockkonzert, an den Sex und an Auszüge aus dem Alltag, während er sich auf einer Antarktis-Expedition befindet. Gestreckt wird die recht reduzierte Handlung mit insgesamt neun Livesongs verschiedener Indie-Rockbands, bei denen sich Matt und Lisa im Publikum befinden. Trotzdem bringt es „9 Songs“ auf insgesamt lediglich 69 Minuten Spieldauer.
Viele der Koitus-Szenen wurden so angelegt, dass sie durchaus auch gespielt hätten sein können, es gibt keine Close-ups o.ä., wie es in Pornofilmen üblich wäre. Wirklich explizit wird es aber beispielsweise bei einer Oralverkehrszene inkl. Samenerguss des Mannes. Durch den völligen Verzicht auf Porno-Overacting strahlen diese Momente im Kontext zur Geschichte tatsächlich so etwas wie Erotik aus, wirken unverkrampft und auf ihre Art stilvoll. Das beste an „9 Songs“ ist aber, dass es in der kurzen dafür übrig gebliebenen Zeit gelungen ist, eine irgendwie düstere, melancholisch-romantische Atmosphäre zu erzeugen, eine Art Wehmut beizumischen. Denn: Während die schnippische, lebenslustige, bisweilen launische Lisa Matt in erster Linie „konsumiert“, hat sich dieser in Lisa verliebt, muss sich im Nachhinein aber eingestehen, dass er nur eine Zwischenstation auf Lisas Lebensweg war, die mitnichten eine gemeinsame Zukunft geplant hat, sondern nach einem Jahr zurück in ihre Heimat ging. Das besondere Knistern, das in dieser Sorte von Beziehung liegt, die Stimmung, die sie erzeugt, wurde gut eingefangen, leise, ohne viel Dramatik oder Krawall. Vielleicht kann das nur nachvollziehen, wer selbst ähnliches erlebt hat, vielleicht wird „9 Songs“ durch seine offene Ausrichtung bei gleichzeitigem Minimalismus der Handlung auch von jedem anders aufgenommen. Mich jedenfalls hat dieser Film, auch aufgrund seiner erfrischend unprätentiösen Schauspieler mit ihrer natürlichen Ausstrahlung, denen man ihre Rollen abnimmt, auch über den Erotikfaktor hinaus angesprochen und mich angenehm unterhalten. Ein interessantes, kleines Filmchen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Besonders interessant finde ich, dass der Film ein FSK 16 bekommen hat und vielleicht noch viel mehr, das sich darüber niemand aufgeregt hat. Es gibt also noch Hoffnung!
Ich bin immer noch unentschlossen, was den Film angeht. Bei der ersten Sichtung fand ich ihn interessant, aber irgendwo belanglos. Aufgewertet wurde er dann durch das auf der DVD enthaltende Interview mit Winterbottom, in dem er Hintergründe und Motive erläuterte. Danach machte vieles Sinn und ich fand den Film sehr viel stimmiger. Allerdings stellt sich dabei die Frage: Wenn mir ein Regisseur erst erklären muss, was er sich bei seinem Film gedacht hat, dann hat er doch irgendwo nicht funktioniert, oder?
Wie gesagt, ich bin noch immer unsicher, was ich jetzt davon halte und denke eine endgültige Wertung kann bei mir erst nach einer weiteren Sichtung erfolgen.
Früher war mehr Lametta
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Arkadin hat geschrieben:Besonders interessant finde ich, dass der Film ein FSK 16 bekommen hat und vielleicht noch viel mehr, das sich darüber niemand aufgeregt hat. Es gibt also noch Hoffnung!
Ja, das stimmt. Anscheinend wird "normale" Sexualität in Filmen nicht mehr unbedingt als jugendgefährdend eingestuft. Ein Schritt in die richtige Richtung.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Ein schwer zu beschreibender Film, der nicht so recht in irgendeine Schublade passen will. 9 SONGS ist mit 67 MInuten sehr knapp gehalten und beschränkt sich in diesem Zeitraum auf das Wesentliche: Sex, Drugs & Rock'n'Roll. Wobei der Sex eindeutig im Vordergrund steht und hart an der Grenze zur Pornografie wandert. Eine FSK 16-Einstufung ist für mich da wirklich der größte Freigabe-Klopps überhaupt, wenn man bedenkt, was sonst alles von der FSK als nicht jugendfrei eingestuft wird. Wie auch immer ... ein netter Film,
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der trotz des von vorne herein feststehenden Fehlens eines Happyends eine positive Ausstrahlung hat
Laut Wörterbuch-Definition ist Pornografie „jede Form bildlicher oder sprachlicher Darstellung von Sexualität, die sich einseitig auf die körperlichen Vorgänge konzentriert und die psychischen Aspekte ausklammert“. Insofern hat Michael Winterbottom mit „9 Songs“ neben den Konzert-Momenten einen rein p0rnografischen Film geschaffen, da seine körperliche Bestandsaufnahme eines Pärchens dem Zuschauer Einblicke in alles andere verwehrt. Als Zuschauer erfährt man eigentlich nur, dass es sich bei dem Mann um einen britischen Klimaforscher und bei der Frau um eine umtriebige US-Studentin handelt, die für kurze Zeit gemeinsam die Konzertszene und Betten unsicher machen. Leider ist das Gezeigte aber weder interessant, noch sonderlich erotisch oder gut gemacht und auch die in den Film integrierten Konzertszenen haben den Charme eines Handy-Konzertvideos auf DuRöhre. Es gehört ja meines Erachtens ja schon viel Unvermögen dazu, die Konzertauftritte von Bands wie Franz Ferdinand, Super Furry Animals und Elbow so derart undynamisch einzufangen, lahm zu schneiden und sich dafür auch noch die miesesten Songs der jeweiligen Band auszusuchen. Auch den realen Sex des Pärchens fand ich alles andere als leidenschaftlich und auch wenn inklusive Penetration, Muschilecken und Abspritzen alles gezeigt wird, scheint meines Erachtens die Chemie zwischen den Beiden so überhaupt nicht gepasst zu haben. Eine Geschichte im herkömmlichen Sinn wird auch nicht erzählt, sodass „9 Songs“ für mich dann auch nicht die Kriterien eines Spielfilms erfüllt. Normalerweise habe ich ja nichts gegen Hardcore, Hardcore-Szenen in Filmen, eine gepflegte Knatterei und einen Konzertbesuch inklusive Schweiß, Ohrensausen und Muskelkater, aber im Falle von „9 Songs“ wirkt das alles so unmotiviert, lahm und willkürlich zusammengerührt, dass einem die Lust auf alles vergeht. Der sehr scheinheilige Streifen ist mit seinem 50 % Konzertfilm-Anteil dann auch ideal für Leutchen, die aus irgendwelchen tiefenpsychologischen Gründen für sich selbst eine Rechtfertigung parat haben müssen, wenn sie irgendwie eine feuchte Möse oder einen steifen Schwanz erblicken. Hier ist ja auch alles in einem künstlerischen Kontext. Nein, ist es nicht!