Der Mann, den keiner kannte - John Gilling (1957)

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Maulwurf
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Der Mann, den keiner kannte - John Gilling (1957)

Beitrag von Maulwurf »

 
Der Mann, den keiner kannte
Interpol
Großbritannien 1957
Regie: John Gilling
Victor Mature, Anita Ekberg, Trevor Howard, Bonar Colleano, Dorothy Alison, André Morell, Martin Benson, Eric Pohlmann, Peter Illing, Sydney Tafler, Lionel Murton, Danny Green


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Der Mann, den keiner kennt, hat ein Drogenimperium aufgebaut, welches die USA und Europa umfasst, enorme Gewinne abwirft, und vor allem erstklassig funktioniert. Wie ein Uhrwerk, sagt der Barkeeper in dem New Yorker Nachtclub, und selbst der Boss staunt darüber, wie die Abläufe nahtlos ineinander greifen. Und das Beste ist: Niemand weiß, wie der Boss aussieht oder wie er heißt. Der Drogenfahnder Charles Sturgis ist schon seit Jahren hinter dem Mann den keiner kennt her, hat dieser doch Sturgis‘ Schwester auf dem Gewissen, und jetzt ergibt sich endlich eine erste Spur. Der Mann heißt McNally, und offensichtlich hat er in London einen Partner namens Salko. Doch als Sturgis an der Themse eintrifft ist es zu spät: Außer einem Blutfleck ist nichts zu finden, offensichtlich hat jemand Salko niedergeschossen. Vielleicht die schöne Gina Broger, die in McNallys Auftrag als Kurier unterwegs ist? Sturgis reist weiter nach Neapel, nach Rom, nach Athen … Und er kommt McNally immer näher. Zu nahe …

Eigentlich würde ich sagen, dass INTERPOL ein früher Vertreter des Euro-Spy-Genres ist. Bemerkenswerterweise ja sogar noch vor James Bond, der immerhin den Euro-Spy begründete. Sturgis ist ein gewiefter Ermittler, er hat umfassende Vollmachten, ein unendliches Spesenkonto und harte Fäuste. Dergestalt gut ausstaffiert reist er also quer durch die Welt um einen einzigen Mann zu fangen, im Gepäck die wunderschöne und leider viel zu kühle Anita Ekberg als Ursula Andress-Vorgängerin. Es gibt wilde Verfolgungsjagden per Auto quer durch die Städte und zu Fuß über die Dächer von Athen, es wird geprügelt, schöne Frauen tanzen wild zu heißem Jazz, und alle Polizisten sind gute Menschen, untereinander befreundet und selbstverständlich jederzeit bereit, dem mürrischen Mann aus New York zu helfen. Überhaupt ist Interpol ein einziges großes soziales Netz, in dem sich alle gegenseitig helfen und lieb haben. Und wenn der Polizist in Rom nicht mehr weiter weiß, dann kommt pünktlich zur Sorgenfalte ein Telex aus Paris, das auf den neuen Aufenthaltsort von McNally hinweist Nebenbei gibt es auch noch hübsche Ausblicke auf den Vesuv, eine Führung durch die Katakomben von Rom, eine ganz winzig kleine Stadtrundfahrt durch London, und einen ach so komischen Sidekick in Gestalt von Bonar Colleano als römischen Hansdampf in allen Gassen, der mit seiner aufdringlichen Art und den losen Sprüchen das macht, was Eddie Arent in den Edgar Wallace-Filmen so gerne tat: Rumnerven. Euro-Spy eben …

Das Schöne an all diesen Dingen ist, dass INTERPOL dabei erstklassig funktioniert! Der Film rockt die Hütte ungemein, es gibt keine Sekunde Langeweile, ständig wird verfolgt oder geprügelt oder geschossen, und im Zweifelsfall hilft ein Blick auf Anita Ekberg. Victor Mature mag vielleicht ein wenig zauselig wirken, aber für die Spannung hat es schließlich Trevor Howard als McNally, der eiskalt, seelenruhig und voller abgrundtiefer Bosheit seine Drogengeschäfte abwickelt und dabei genau weiß, dass ihm keiner was kann. Der unzuverlässige Partner wird im Zweifelsfall entsorgt, und McNallys einzige schwache Seite heißt Gina Broger. Wobei, sein Gesichtsausdruck, als er Gina eine runterhaut, so gemein und voller Hass … Mit leiser, gefährlicher Stimme und schmutzigen Gedanken voller Mordlust ist Trevor Howard hier derjenige, der dem Film das Fleisch auf den Rippen ist. Mature ist wie gesagt eher ein wenig zurückhaltend, wie es sowieso seine Art ist, aber mit seiner männlichen Figur und dem schlappen Hut macht er durchaus was her, vor allem wenn er in einer dunklen Gasse in Rom, der Pickup Alley des amerikanischen Titels, sechs Leute auf einmal verprügelt.

Nein, ernst nehmen sollte man INTERPOL nicht. Auf gar keinen Fall! Vielmehr sollte man den Film mit der gleichen Hingabe anschauen wie beispielsweise die Jack Clifton-Filme oder die Abenteuer von OSS 117. Und dann wird man bei dem Affenzahn der Geschichte, den schön gefilmten Bildern und der vorwärtstreibenden Musik ganz schnell den Bezug zur Realität verlieren und ungeheuren Spaß haben. Versprochen. Große Empfehlung für altmodische Krimi-Liebhaber!

7/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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buxtebrawler
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Re: Der Mann, den keiner kannte - John Gilling (1957)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 29.03.2024 bei Artkeim auf Blu-ray:

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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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