Dorothy Mills - Agnès Merlet (2008)

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Maulwurf
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Dorothy Mills - Agnès Merlet (2008)

Beitrag von Maulwurf »

 
Dorothy Mills
Dorothy
Frankreich/Irland 2008
Regie: Agnès Merlet
Carice van Houten, Jenn Murray, David Wilmot, Ger Ryan, David Ganly, Gary Lewis, Rynagh O'Grady, Joe Hanley,
Gavin O'Connor, Charlene McKenna, Louise Lewis, Ned Dennehy


Dorothy Mills.jpg
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Dies ist nicht Kansas! Dies ist eine kleine und gottesfürchtige Insel vor der Küste Irlands, und hier, auf dieser namenlosen Insel mit den wenigen Bewohnern, misshandelt die junge Babysitterin Dorothy das ihr anvertraute Kind auf fürchterliche Weise. Aus Dublin reist die Psychiaterin Jane Morton an um den Fall zu untersuchen, und um herauszufinden, ob Dorothy vielleicht in eine Anstalt gehört. Doch wie das mit kleinen Inseln so ist, Jane schlägt eine Mauer aus Misstrauen, Angst und Geilheit entgegen – Jane ist jung, schaut gut aus, raucht und zieht sich nicht an wie eine Bäuerin. Weswegen die männlichen Pubbesucher sie ficken wollen, und die weiblichen Kontaktpersonen in ihr eher den Satan sehen als eine Vertrauensperson. Und von wegen Satan – Maßgeblicher Wortführer der Bevölkerung ist der Pastor, der in seinen Predigten eine schon sehr altertümlich-fundamentalistische Version des Himmelsreichs verteilt, und die Einwohner hängen an seinen Lippen und saugen die Worte geradezu in sich auf.
Jane versucht also gegen den Widerstand der Bevölkerung herauszubekommen, was in diesem gottverlassenen (?) Kaff eigentlich los ist. Warum Dorothy mit verschiedenen Stimmen spricht und ihre Stimmungsschwankungen so abrupt sind. Warum über ihrem Hotelzimmer des Nächtens E-Gitarre gespielt wird, obwohl da niemand wohnt. Warum sie eine Gruppe Punks auf dem Dorfplatz sieht, die sie wüst beschimpfen und bedrohen, obwohl ihr der Dorfpolizist, der ihr als Einziger positiv gegenüber steht, versichert, dass auf der Insel keine Punks leben würden. Und woher Dorothy, in deren Kopf sich offensichtlich die Seelen von Toten die Klinke in die Hand geben, von ihrem eigenen Sohn David weiß, der bei einem Unglücksfall gestorben ist. Allmählich kommt Jane dem Geheimnis näher, übersieht dabei aber, dass Geheimnisse, die in von der Außenwelt abgeschotteten Orten existieren, von der Bevölkerung meistens und unter allen Umständen geheim gehalten werden wollen …

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Das ist nicht Kansas! Dies ist das nördliche Irland, und es ist so abgeschieden und rückständig wie man es sich kaum vorstellen kann. Nicht so pittoresk und provinziell verspielt wie in THE GUARD – EIN IRE SIEHT ROT, und schon gar nicht so liebenswert wie LANG LEBE NED DEVINE!. Nein, eher fallen einem da diverse Backwood-Horrorfilme ein, in denen derangierte Dorfbewohner die Städter abschlachten. Doch DOROTHY ist weder ein Horrorfilm noch irgendwas mit viel Blut und Gemetzel. Regisseurin Agnès Merlet verlässt sich ganz auf die Kraft der langsamen Geschichte, die nasskalt-romantischen Bilder der irischen Küste, und auf die knorrigen Gesichter der erstklassigen Darsteller. Untermalt von einem sehr rudimentären und selten zum Einsatz kommenden Score sind es vor allem die Nebenrollen die hier im Gedächtnis haften bleiben wollen. Da ist diese Szene gleich zu Beginn, wenn Jane auf der Fähre steht und sich eine Zigarette anzünden will. Und in den Blicken der umstehenden Einheimischen ist ganz klar das Wort Hure zu lesen, im nettesten Fall erkennt man noch ein So eine ist das also. Keine Worte, keine Musik, nur die Zigarette im Mund, der Wind, und die abschätzigen Blicke. DAS ist purer Horror …

Die Geschichte selber ist relativ schnell zu durchschauen, wenn auch nicht in ihrer letzten Konsequenz, und man muss der Regisseurin Merlet vorwerfen, dass sie ab einem bestimmten Punkt das Tempo gerne ein wenig hätte anziehen dürfen, um nicht zu sehr auf der Stelle zu treten. Etwa ab der Hälfte der Laufzeit kann sich der Zuschauer eigentlich alles zusammenreimen und muss mitansehen, wie das gleiche allmähliche Tempo beibehalten wird und Dinge erzählt werden, die dem aufmerksamen Zuschauer schon längst klar sind. Erst gegen Ende erhöht sich die Schlagzahl, wenn ein erstklassiger narrativer Kniff zum Tragen kommt: Wenn das Drama hinter Dorothy erzählt wird, visualisiert sich die Geschichte. Nicht nur für den Zuschauer, sondern für das ganze Dorf! Alle können sehen wer an der Situation schuld ist, alle können sehen wer sich in welcher Form tatsächlich schuldig gemacht hat, und kein einziger kann sich diesem Moment entziehen. Ein extrem spannender Moment, der durch die Auflösung nochmal einen zusätzlichen Twist bekommt.

Doch bis dahin muss ein klein wenig Sitzfleisch mitgebracht werden. Weder das Tempo noch die Tricks moderner Horrorfilme können hier erwartet werden. Das Übernatürliche, das in die Welt der Menschen eindringt, ist in einer von Grund auf mystischen Umgebung wie Irland sowieso ein fester Bestandteil, und durch den Einfluss des Pastors bekommt die Jenseitswelt noch mal einen zusätzlichen Drall. Aber in das filmische Gedächtnis mag sich das alles nicht so recht einbrennen, trotz vieler starker und intensiver Momente. Vor allem Jenn Murray als Dorothy beeindruckt in ihren vielen verschiedenen Inkarnationen und mit ihrem eindrücklichen Gesicht hochgradig. Eine unglaubliche Schauspielerin, die vor allem die schnellen Stimmungswechsel überzeugend meistert. Doch ist der Film vorbei, verblasst auch bereits die Erinnerung, was wohl auch ein wenig an Carice van Houten als Jane Morton liegt, die deutlich unter ihren Möglichkeiten bleibt. Ein Film für einen ruhigen Abend, aber nicht für die Ewigkeit.

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6/10
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