Foren-relevante (Horror-) Filme mit Musik-Thematik

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Moderator: jogiwan

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buxtebrawler
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Re: Foren-relevante (Horror-) Filme mit Musik-Thematik

Beitrag von buxtebrawler »

Ich pack's mal hier mit rein:


Celtic Frost - A Dying God

Mit der Band „Hellhammer“ leisteten die Schweizer Thomas Gabriel Fischer und Martin Eric Stricker Pionierarbeit im Bereich des Extreme Metals, mit „Celtic Frost“ hoben sie diesen auf ein neuen Level und fanden bereits mit dem ersten vollwertigen Longplayer „To Mega Therion“, ihren eigenen avantgardistischen Stil, zu dem auch eine Zeit lang gehörte, sich immer wieder neu zu erfinden. Nachdem Stricker, der sich mittlerweile Martin Ain nannte, auf besagtem Debüt kurioserweise zwar die Songs mitschrieb, jedoch kein Instrument einspielte, kam es 1988 jedoch zum einem ernsthaften Zerwürfnis mit Fischer, der längst als Tom G. Warrior bekannt war. Der vollzogene Stilwechsel auf dem „Cold Lake“-Album war einer zuviel und die erneut ohne Ain eingespielte Platte wurde zum ungeliebten Bastard der Diskographie. Für „Vanity / Nemesis“ fand man zwar wieder zusammen und, wie ich finde, zu alter Stärke zurück, doch dann war für lange Zeit Schluss. Erst nach der Jahrtausendwende fand man wieder zusammen und veröffentlichte 2006 das extrem düstere Album „Monotheist“, an das eine Welttournee anschloss. Regisseur Adrian Winkler begleitete die Band auf der Tournee, sammelte Material für diesen fürs schweizerische Fernsehen gedrehten Dokumentarfilm und erhielt ungeahnt intime Einblicke in Bandstruktur und -leben. Kurz vor dessen Ausstrahlung löste sich die Band am 9. September 2008 erneut und bis dato endgültig auf.

Die Gründe dafür verdichten sich im Laufe dieser großartigen Rockumentary, in der vornehmlich Schwyzerdütsch gesprochen wird, die ich jedoch glücklicherweise englisch untertitelt bei YouTube finden konnte. In den zahlreichen Interview-Passagen mit der damals aktuellen Besetzung wird natürlich auch Hellhammer thematisiert, eine Band, die nach Aussage Toms aufgrund seiner unwirtlichen Kindheit unbedingt nötig war. Dennoch wird er nachdenklich in Anbetracht des krassen Gesamtkunstwerks, das Hellhammer inkl. verstörender Textinhalte war und die Band reflektiert ihren Einfluss, den sie auf die ’90er-Jahre-Generation norwegischen Black Metals hatte, im Zuge dessen Sturm-und-Drang-Zeit diverse Kirchen mittels Brandstiftung dem Erdboden gleichgemacht wurden. Lächelt man als deutscher Zuschauer zunächst vielleicht noch über das für unsere Ohren irgendwie niedlich klingende Schwyzerdütsch, findet man sich doch schnell in sehr ernsten Auseinandersetzungen mit schwierigen Themen wieder.

Doch bald wird deutlich, dass der Film auch ein Sammelsurium an Kuriositäten ist, sei es eine hochdeutsch vorgetragene Intro-Ansage bei einem Konzert in Japan, sei es, die Band beim Schminken zu beobachten oder die Begegnung mit der damals anscheinend als Hellhammer-Tributband gehandelten japanischen All-Girl-Combo Gallhammer. Einen neuerlichen Eindruck von der ungewöhnlichen Intimität des Films liefert ein Konzert in der Schweiz, genauer: dem ersten Züricher Gig seit 20 Jahren, zu dem neben H.R. Giger (der diverses Artwork für die Band gestaltet hat) auch Martins Eltern erscheinen. Verstärkt wird nun auf die ungewöhnliche und schwierige Beziehung zwischen Martin und Tom eingegangen, die anscheinend trotz großem gegenseitigem Respekt nie so richtig lange miteinander können. Während der US-Tour kristallisiert sich heraus, dass sich auf der direkt satte 47 Konzerte umfassenden Reise ein Tourkoller einstellt, der sich negativ auf die Stimmung innerhalb der Band auswirkt. Diese diskutiert nun darüber, ob noch drei Mexico-Gigs drangehängt werden sollen. Der neue Drummer Franco Sesa empfindet immensen Druck, vor allem beim Nachspielen des in der Szene heiliggesprochenen alten Materials, und bezeichnet sein Engagement in der Band vor laufender Kamera nicht als Traum, sondern als Alptraum. Auf keinen Fall möchte er noch weitere Termine in Mexico dranhängen, was auf Unverständnis bei Tom stößt. Martin versucht zu vermitteln und Kompromisse zu finden, wo es keine mehr geben kann – was anscheinend von Tom dahingehend interpretiert wird, dass ihn die Band weniger interessiere.

Vor diesem Hintergrund scheint sich zu bewahrheiten, dass Celtic Frost nun einmal aus komplizierten Persönlichkeiten besteht, die deshalb immer aneinander geraten, ja, aneinander geraten müssen und dass Tom oftmals eine andere Realität empfindet als Martin – wie es Martin ausdrückte. Dass die Dokumentation, von der Band abgesegnet, den Zuschauern derart tiefe Einblicke gewährt, hat mich doch nachhaltig überrascht, hilft aber auch ungemein, die Bandgeschichte besser zu verstehen.

Abgerundet wird Winklers Film von zahlreichen alten Fotos und Videos, beispielsweise dem kultigen Auftritt in einer TV-Jugendsendung der 1980er. Man bekommt Bilder einer US-Tour jenes Jahrzehnts zu sehen und die „Cold Lake“-Phase wird aufgegriffen, zu der Tom äußert, er sei damals schlicht zu glücklich mit seiner neuen Frau gewesen. Aus der Gegenwart stammen Aufnahmen einer Autogrammstunde in den USA und von Celtic-Frost-Tattoos diverser Fans.

Wenn Franco zwischendurch mutmaßt, es sei Olymp des Erfolgs, mit einer solchen Anti-Mainstream-Musik in diesem Ausmaße Erfolg zu haben, möchte man ihm beipflichten – und wird unweigerlich selbst nachdenklich, wenn eine Texttafel am Ende erklärt, dass kurz nach Abschluss der Dreharbeiten Celtic Frost wieder begraben wurden. Extreme Charaktere, extreme Musik, ein wackeliges Bandgefüge und alles ist authentisch: Für mich persönlich wurde „Celtic Frost – A Dying God“ zu einer der faszinierendsten Banddokumentationen überhaupt.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Foren-relevante (Horror-) Filme mit Musik-Thematik

Beitrag von Dr. Monkula »

hey bux, geiler tip die doku. fucking love hellhammer/c.f. !!!
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Re: Foren-relevante (Horror-) Filme mit Musik-Thematik

Beitrag von buxtebrawler »

Dr. Monkula hat geschrieben:hey bux, geiler tip die doku. fucking love hellhammer/c.f. !!!
:thup:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Foren-relevante (Horror-) Filme mit Musik-Thematik

Beitrag von buxtebrawler »

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Hype!

Wer an die nordwestliche US-Stadt Seattle im Zusammenhang mit Musik und den 1990er-Jahren denkt, dem kommt zumeist als allererstes der Begriff Grunge in den Sinn – die Bezeichnung jenes gitarrenmusikalischen Hypes, an deren Speerspitze die unerreichten NIRVANA standen und der bereits Mitte jenes Jahrzehnts industriell endverwertet und ausgebrannt war. Regisseur Doug Pray riskierte für sein 1996 veröffentlichtes Dokumentarfilm-Debüt „Hype!“ einen Blick hinter die Kulissen und zeichnete die Entwicklung jenes schnell international gewordenen Phänomens nach.

Anhand Prays Film wird deutlich, dass es sich bei Grunge um kein industriegezüchtetes Retortenprodukt handelte, sondern eigentlich um einen unnötigen und unzulässig verallgemeinernden Oberbegriff für seit den 1980ern tief im Untergrund verwurzelten Punkrock und Alternative Rock, der seit der Punk-Explosion und der Ausdefinierung des Hardcores seine individuelle, natürliche Entwicklung genommen und eine Vielzahl an Bands hervorgebracht hatte, die neben den genannten auch 1970er-Hardrock-, Doom- und Metal- sowie Blues- und Noiserock-Einflüsse etc. mitbrachten, aufnahmen oder verarbeiteten. Die sich neben massenweise energiegeladenen Konzertausschnitten und ähnlichen Aufnahmen ausschließlich aus Originalaussagen zahlreicher Szene-Protagonisten zusammensetzende Dokumentation holt etwas weiter aus, wenn sie zu berichten weiß, dass Seattle lange Zeit als irgendwie ab vom Schuss und uncool galt und gerade auch für tourende Bands häufig wenn überhaupt nur zweite Wahl war, so dass sich rebellische musikinteressierte Kids geradezu gezwungen sahen, selbst etwas auf die Beine zu stellen – klassische Voraussetzungen für einen individuellen DIY-Untergrund also. Diesbzgl. war auch in Seattle zuerst der „klassische“ (wenn man so will) Punk da, den Pray aufgreift und dazu Bilder ekstatischen Seattle-Publikums zeigt, die an London anno ’77 erinnern.

Wie so viele andere US-Städte auch, hatte auch Seattle im Laufe der Jahre seinen eigenen Sound entwickelt und wie fast überall, wo sich eine potente Szene gebildet hatte, gab es neben Musikern auch Fanzine-Schreiber, DJs, Konzertveranstalter – und kleine Plattenlabels. Diese verhalfen den Bands zu Veröffentlichungen in geringen Auflagen und trugen neben etwaigen Auswärtsgigs und kleinen Tourneen dazu bei, ihre Popularität überregional zu steigern. Die Seattle-Szene hatte das große Glück, mit „Sub Pop“ über ein besonders engagiertes, umtriebiges Label zu verfügen, dessen hervorragende Arbeit Pray skizziert. Die Einladung eines britischen Musikjournalisten durch die Sub-Popper war dann so etwas wie der Ursprung des Seattle- bzw. Grunge-Hypes, denn dieser schwärmte nach seiner Rückkehr in den höchsten Tönen von der agilen, kreativen Musikszene, die er in Seattle vorgefunden hatte.

Daraus resultierte ein Hype, wie es ihn seit den SEX PISTOLS und Malcolm McLaren nicht mehr gegeben hatte, nur größer, globaler, schlimmer. Die Musikindustrie, die längst den New Wave beerdigt hatte, beim Hair-/Glam-Metal/Sleaze-Rock mit Ausnahme von GUNS ‘N ROSES seine Felle davonschwimmen sah und sich mit nur schwer vermarktbaren Entwicklungen wie Death Metal bzw. zunehmend autark agierenden und selbst die Regeln diktierenden festen Größen à la IRON MAIDEN, METALLICA oder AEROSMITH konfrontiert sah, stürzte sich auf Seattle, verhalf solch erfahreneren, unterschiedlichen Bands wie NIRVANA, SOUNDGARDEN, PEARL JAM und ALICE IN CHAINS zu ungeahnter Popularität und versuchte schließlich alles unter dem neu geschaffenen Genre-Begriff Grunge zusammenzufassen und mit einer bestimmten Attitüde, einem Lebensgefühl zu verbinden, das es möglichst teuer an die Konsumenten zu verkaufen galt. Und längst nicht nur die Musikindustrie wollte daran mitverdienen, auch Modelabels, die Lifestyle-Branche etc. griffen ab, was aus den verwirrten ‘90er-Teenies herauszuquetschen war. Dies machte auch vor den Szene-Protagonisten selbst nicht halt, die sich zunehmender Ausbeutung in vielerlei Hinsicht ausgesetzt sahen (und wie im Falle Kurt Cobains u.a. daran zerbrachen), sondern es neben vielen Nachahmern und Trittbettfahrern mit einer kommerziellen Karikatur dessen zu tun bekamen, was jahrelang ihr alles andere als hipper Alltag gewesen war: Flanellhemden wurden plötzlich trendy, wer einen Cobain’schen Anti-Haarschnitt trug, wurde zum Mädchenschwarm und Millionen nichtsnutziger verwöhnter Teenies fühlten sich in ihrem pubertären Selbstmitleid dem manisch-depressiven NIRVANA-Bandkopf seelisch nahe. Der DIY-Geist, der die Szene einst ausgemacht hatte, wurde gänzlich missverstanden oder gar nicht erst zur Kenntnis genommen; einer meiner idiotischen Mitschüler kopierte sogar die Zeichnung auf einem von Cobain auf einem Foto getragenen T-Shirt 1:1 auf sein eigenes. „Hype!“ zeichnet die immer absurderen Auswirkungen des Hypes eindrucksvoll und komprimiert ebenso nach wie die negativen Folgen der massiven Einflussnahme der Industrie, die die Szene für sich vereinnahmte, durchkaute, aussagte, wieder ausspuckte und beinahe zu Tode ritt – anhand des Beispiels Grunge stellvertretend für viele andere Bereiche echter Underground-Kultur.

Apropos NIRVANA: Diese finden zwar Erwähnung, ihre Bedeutung wird genannt und Cobains Tod thematisiert, doch der Fokus liegt angenehmerweise einmal nicht auf dieser erfolgreichsten aller sog. Grunge-Bands. Dennoch fällt auch anhand des wenigen hier berücksichtigten Materials der Band auf, das Kurts Stimme gewissermaßen durchaus den höchsten Wiedererkennungseffekt aufwies und die „Nevermind“, Zweitwerk der Band, einfach originell produziert worden war, über saustarke Singalongs verfügte und darüber hinaus viel, viel Energie und Atmosphäre besaß. Insofern wirkt es schon irgendwie folgerichtig, dass ausgerechnet NIRVANA von allen am stärksten durch die Decke gingen.

„Hype!“ bietet von selbigem einmal abgesehen einen ungeschönten und dennoch oder gerade deshalb hochgradig faszinierenden Blick auf die Punk- und Alternative-Szene Seattles insbesondere von Ende der ‘80er bis Mitte der ‘90er, der zugleich ein Füllhorn interessanter Musik über die auch heute noch bekannten Künstler hinaus offenbart. Da bekommt man schnell Lust, nicht nur die NIRVANA-B-Seiten mal wieder aufzulegen, sondern sich gleich den „Hype!“-Soundtrack zu besorgen, die Namen aus der zweiten oder dritten Reihe wieder- oder erstmals für sich zu entdecken und einmal tief einzutauchen – insbesondere in die Zeit kurz vor dem großen Hype. Schade ist lediglich, dass Doug Pray mit „Hype!“ zwar auf Musik und Attitüde, jedoch so gut wie gar nicht auf die lyrischen Inhalte der Seattle-Bands eingeht. Und wie er es schaffte, einen Dokumentarfilm über harte Musik in Seattle zu drehen, ohne auch nur mit einer Silbe die Prog-Metaller QUEENSRŸCHE zu erwähnen, weiß wohl nur er allein. Davon einmal abgesehen ist ihm mit „Hype!“ jedoch ein äußerst gehaltvoller und vor allem wichtiger Dokumentarfilm für ausnahmslos alle pop- und subkulturell interessierte Klientel gelungen, unabhängig vom jeweils eigenen Musikgeschmack.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Beitrag von buxtebrawler »

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Nevermind Kurt (alias „All Apologies - Kurt Cobain“)

Eine der ersten Regiearbeiten des britischen Musik-Dokumentations-Produzenten und -Regisseurs Jon Brewer war der 2006 veröffentlichte, nur rund einstündige Dokumentarfilm „All Apologies: Kurt Cobain 10 Years On“, auf deutscher DVD auch bekannt als „Nevermind Kurt“. Dieser setzt sich noch einmal mit einigen Jahren Abstand mit dem ehemaligen Kopf der US-Grunge-Band NIRVANA, Kurt Cobain, auseinander, der 1994 im Alter von nur 27 Jahren Suizid begangen hatte, nachdem er mit seiner Band zu weltweitem Erfolg gelangt war.

Das Besondere an dieser Doku, wenn man denn so will, ist die Personenauswahl: Brewer ist es gelungen, Menschen vor die Kamera zu bekommen, die noch nicht in jedem zweiten Beitrag über NIRVANA ihr Gesicht in die Linse halten und ihre Statements abgeben durften: Da wäre allen voran Chad Channing, Dave Grohls Vorgänger am Schlagzeug, der aus den Zeiten vor dem kommerziellen Durchbruch zu berichten weiß. Außerdem kommen neben Cobains Ex-Freundin Tracy und seinem Großvater (!) diverse Leute aus dem Musikgeschäfts bin hin zu Journalisten zu Wort, die im Laufe der Bandentwicklung Cobains Weg kreuzten bzw., wenn überhaupt, über einen gewissen Zeitraum begleiteten, vornehmlich ein für die PR zuständiges Duo. Dieses erscheint recht sympathisch und wenig kapitalistisch abgewichst, was nicht zuletzt einen differenzierteren Blick darauf erlaubt, wie Cobain die Band vermarktet wissen wollte und dem Klischee widerspricht, er sei gänzlich uneitel und in keiner Weise an kommerziellem Erfolg und Popularität interessiert gewesen.

Andere wiederum äußern sich ungewohnt kritisch über ihre Zusammenarbeit oder -treffen mit Cobain, was bisweilen erfrischend, hin und wieder aber auch durchaus befremdlich wirkt. Spätestens dann stellt sich auch die Frage, inwieweit man es hier mit Menschen zu tun hat, die Cobain wirklich näher kannten und sich ein Urteil erlauben können bzw. in welchem Ausmaße ihre persönlichen Erfahrungen Rückschlüsse auf die Person Kurt Cobain zulassen – und ob Brewer nicht vielleicht auch schlicht in Ermangelung von Alternativen auf diese Interviewpartner zurückgegriffen hat.

Letztendlich bleibt eine eher an der Oberfläche kratzende, zeitweise inhaltlich mit Vorsicht zu genießende Aneinanderreihung von Interview-Sequenzen in Statement-Form (also ohne die jeweiligen Fragen ebenfalls abzubilden), gespickt mit einigen alten Videoaufnahmen und Fotoeinblendungen, die sich für Fans und sonstige Interessierte evtl. nicht schlecht als Ergänzung zu anderem, tiefergehendem Material anbietet, zweifelsohne aber daran scheitert, den Menschen, Künstler, Partner und Vater Kurt Cobain anhand seiner Weggefährten adäquat zu porträtieren.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Beitrag von buxtebrawler »

"Ragman" alias "Trick or Treat" erscheint voraussichtlich am 14.10.2016 bei NSM Records noch einmal auf Blu-ray und DVD:

Bild Bild

Extras:
- 3 verschiedene deutsche Tonabmischungen
- Bildergalerie
- Filmografien
- Originaltrailer
- Bang Your Head History
- Trailershow

Quelle: OFDb-Shop
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Foren-relevante (Horror-) Filme mit Musik-Thematik

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STRASSENJUNGS - Dauerlutscher-Report 1

Die Frankfurter STRASSENJUNGS werden oftmals zur ersten Generation deutscher Punkbands gezählt und tatsächlich waren sie 1977 mit ihrem Debüt „Dauerlutscher“ verdammt früh am Start. Dass es sich um so etwas wie ein Industrieprojekt auf einem Major-Label handelte, das vom auch kommerziell interessanten Punk-Boom ein Stück abbekommen wollte, handelte ihnen in der Punkszene jedoch auch den Ruf ein, wenig authentische Pseudos zu sein, zumal es sich musikalisch mehr um „angepunkten“ Straßen-Rock’n’Roll handelte. Dabei wird jedoch gern übersehen, dass Bandkopf Niels Selzer nach der ersten LP im Prinzip eine ganz neue Band formierte, die ohne die etablierte Musikindustrie auskam. Mit dem selbstgegründeten Label „Tritt Records“ folgte er dem D.I.Y.-Prinzip und veröffentlichte Alben wie „Wir ham ne Party“ und „Los!“ in Eigenregie. Auch in den Folgejahren blieb man stets mehr oder weniger aktiv und brachte es schließlich auf eine stattliche Anzahl an Plattenveröffentlichungen.

2012 schließlich entwickelte Selzer den bandbiographischen Dokumentarfilm „Dauerlutscher-Report 1“, der von seinem „Tritt“-Label auf DVD gepresst wurde. Mit Sonnenbrille sitzt er vor Computer-Monitoren in seinem Homestudio o.ä. und führt streng chronologisch durch die Band-Historie, von Jahr zu Jahr bzw. von Album zu Album. Gespickt mit der einen oder anderen Anekdote wird anhand alter Live- und TV-Aufnahmen, Videoclips und Fotos der Werdegang dokumentiert, angefangen beim „Dauerlutscher“ über die Neugründung bei weiterhin rock’n’rolligerem Sound, die ‘80er, in denen man sich klanglich deutlich der Neuen Deutschen Welle zuneigte bis in die ‘90er, in denen man anscheinend deutlich hardrockiger wurde und öffentlichkeitswirksam zusammen mit dem damaligen Eintracht-Frankfurt-Trainer „Stepi“ den Verein besang, sich musikalisch an einem Anti-Hooligan-Fanprojekt beteiligte und sogar im unsäglichen „Bärbel Schäfer“-Trash-Talk auftrat. Auch in den 2000ern ging’s für die STRASSENJUNGS weiter, u.a. mit einem vom „WDR Rockpalast“ übertragenen Live-Gig. Dass man sich den „Arsch abgetourt“ habe, avanciert zum geflügelten Wort der Doku.

In ihrer hessischen Heimat dürften die STRASSENJUNGS einen wesentlich höheren Stellenwert genießen als hier im Norden und so kannte ich als einziges vollständiges Album bisher lediglich die „Wir ham ne Party“, die ich etwas, nun ja, speziell empfand. Das eingedeutschte „Do you wanna dance“-Cover „Immer weiter gehn“ ist mir jedoch dauerhaft im Ohr geblieben, wenngleich mir die Band eher ein Rätsel blieb. Dies hat sich mit dem „Dauerlutscher-Report 1“ ein gutes Stück weit geändert. Rund 90 Minuten lang plaudert Selzer nicht unsympathisch und durchaus humorvoll aus dem Nähkästchen. Dass dabei nicht viel Zeit für Tiefergehendes oder Details bleibt, liegt auf der Hand; um den Zuschauer anzufixen langt’s aber dicke, wenngleich die STRASSENJUNGS irgendwie ein Kuriosum bleiben: Pubertäre Sex-Texte mischen sich mit antikapitalistischen Statements, raue Straßenlyrik trifft auf Albernheiten und biederer Altherren- bzw. breitbeiniger Prollrock auf künstlerisch ambitionierten NDW auf frechen Punk etc. pp, seitens des Zuhörers Fremdschämpotential auf ehrlichen Respekt – auch nach einem groben Durchhören der bei Spotify hinterlegten Songs scheint mir das STRASSENJUNGS-Œuvre vor allem eine große Wundertüte zu sein, in der herumzuwühlen und nach Perlen zu tauchen bestimmt Spaß machen kann, weshalb ich es mir ausdrücklich vorbehalte.

Die Dokumentation wirkt semiprofessionell und wurde augenscheinlich ebenfalls in D.I.Y.-Manier zusammengeschustert, was durchaus seinen Charme hat, wenngleich Selzer offenbar auf ein paar alberne Computereffekte nicht verzichten konnte. Bei all seinem Engagement für die Band ist schwer vorstellbar, dass es eine Bandphase gab, in der er sich aus gesundheitlichen Gründen im Hintergrund halten und seinen Sängerposten abgeben musste – was sicherlich auch eine spannende Zeit war, von der man gern mehr erfahren hätte. Bei aller Kritik an den STRASSENJUNGS, deren Punk-Anspruch ihnen die Szene nicht immer abnimmt, haben sie es doch anscheinend geschafft, eine Nische derart zu besetzen, dass ihre Musik noch immer einträglich ist. Bei genauerer Betrachtung ist dies eine Nische, mit der andere aus der Punk-Subkultur stammende, etwas jüngere Bands es zu wesentlich größeren Erfolgen gebracht haben; zumindest drängen sich gewisse Vergleiche auf. Insofern ist einer meiner ersten Eindrücke nach Sichtung des Films dann auch, dass die Punkszene mitunter zu hart mit der Band ins Gericht geht, die es immerhin irgendwie verstand, ihrem D.I.Y.-Prinzip jahrzehntelang treu zu bleiben. Ich liege sicherlich nicht komplett verkehrt, wenn ich der Band attestiere, öfter mal einen Spagat zwischen dem, worauf man selbst gerade am meisten Bock hatte und gewissen kommerziellen Experimenten probiert zu haben. So oder so ist der „Dauerlutscher-Report 1“ gerade auch ein pop- und subkulturell interessantes Zeugnis, bei dem die Zeit wie im Flug verging – möglicherweise aber eben auch deshalb, weil ich bereits im Vorfeld neugierig auf diese für mich nie richtig greifbar gewesene Band gewesen bin. Wer hingegen eine anarchische Punkumentary erwartet, wird woanders sicherlich besser bedient.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Mayor of the Sunset Strip

Der Name Rodney Bingenheimer, einst in „Get Off The Air“ von den Angry Samoans beschimpft, sagt den Menschen hierzulande sicherlich nicht allzu viel. In den USA jedoch ist er ein über die Grenzen Los Angeles’ hinaus bekannter und geschätzter DJ des Radiosenders KROQ, Club-Besitzer, Promoter und vor allem musikverrückter Hans Dampf in allen Gassen, der, seit er in den 1960ern auf dem Sunset Strip auftauchte, manchen Trend nicht nur hat kommen und gehen sehen, sondern maßgeblich förderte oder gar initiierte. US-Regisseur George Hickenlooper („Die Akte Romero“) widmete Bingenheimer im Jahre 2003 diesen Dokumentarfilm.

Was lange Zeit den Anschein erweckt, als handele es sich um eine Dokumentation über einen unsympathischen und größenwahnsinnigen Typen, der versuchte, von der Popularität der Hollywood-Stars und -Sternchen zu partizipieren, indem er sich ihnen mit nicht ungefährer Penetranz an die Fersen heftete, entpuppt sich schließlich als Portrait eines berufsjugendlichen Mannes, der später beim lokalen Radiosender als geschmackssicherer Entdecker und Förderer von Independent- und Alternative-Bands fungierte und dabei weitestgehend scheuklappen- und ideologiefrei vorging.

Hickenlooper geht chronologisch vor und zeichnet so ein Bild Bingenheimers im jeweiligen Kontext seiner Zeit, das sich im Laufe der Dekaden verdichtet und seinen überregionalen Einfluss auf die Musikwelt verdeutlicht. Doch auch vor Bingenheimers Privatleben macht Hickenlooper keinen Halt und so bekommt „Mayor of the Sunset Strip“ nicht nur eine tragische Note, als Bingenheimer seinen Stammplatz beim Radiosender verliert, sondern auch, als seine große Liebe vor laufender Kamera konstatiert, sie habe eine Art Partner und Rodney sei lediglich ein guter Freund. Dem Zuschauer werden auch Bingenheimers Eltern vorgestellt und Bingenheimer schließlich gar beim Verstreuen der Asche seiner leiblichen Mutter auf der Themse gezeigt. Viele Weggefährten Bingenheimers kommen zu Wort, u.a. David Bowie, Kim Fowley, Tori Amos, Belinda Carlisle, Dramarama, Alice Cooper, Debbie Harry, Oasis, Mick Jagger, Joan Jett und Paul McCartney. Von welchem Einfluss Bingenheimers diese zu berichten wissen, ist in der Tat interessant, ferner ist Hickenloopers Film eine wahre Fundgrube alter Aufnahmen aus der Sturm-und-Drang-Zeit L.A.s – und Bingenheimer tatsächlich immer mittendrin.

Damit ist „Mayor of the Sunset Strip“ nicht nur ein intimer als erwartet ausgefallenes biographisches Dokument über Bingenheimer, sondern auch ein sehenswerter Einblick in die Musikszene und Überblick über ihre Entwicklung – sowie die Bedeutung einer Radiosendung für dieselbe noch vor Zugriff der Musikindustrie und ihre weltweiten Konsequenzen.
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Re: Foren-relevante (Horror-) Filme mit Musik-Thematik

Beitrag von karlAbundzu »

Rodney on the Roq, Yeah!
Klingt spannend, der Film.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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