♦ BELINDA LEE ♦ (* 15. Juni 1935 in Budleigh Salterton † 12. März 1961 in San Bernardino)
»Wie schön, dass man beim Film ein Ventil für alle versteckten Laster hat!«
Filmauswahl:
♦ Zwischen Hass und Liebe (1955)
♦ Kronzeuge gesucht (1956)
♦ Eine Braut in jeder Straße (1957)
♦ Helena, die Kurtisane von Athen (1957)
♦ Gnadenloser Dschungel (1958)
♦ Mädchen des Lasters (1959)
♦ Auf St. Pauli ist der Teufel los (1959)
♦ Die Wahrheit über Rosemarie (1959)
♦ Luxusweibchen (1960)
♦ Der Meuchelmörder (1961)
♦ Das Spukschloss in der Via Veneto (1961)
Wie konnte es nur sein, dass sie quasi so spurlos an mir vorbeigehen konnte. Lag es schlicht und einfach an der mangelnden Verfügbarkeit ihrer Filme, oder ist es auf die hauptsächlich bedienten Genres zurückzuführen, vielleicht ihr früher Tod? Die Begeisterung ist bei einer Frau wie ihr jedenfalls schnell entfacht, doch sie zählt zu den ganz wenigen Schauspielerinnen, die etwas äußerst Seltenes mitbringen. Nachhaltigkeit. Belinda Lee wirkt nachhaltig faszinierend, überaus wandlungsfähig, begabt und vor allem zeitlos schön. Sicher könnte man berechtigterweise sagen, dass man diese Eigenschaften bei unzähligen Kolleginnen auch finden dürfte, doch diese Dame hat bei mir definitiv den richtigen Nerv getroffen.
Belinda Lee wirkte im europäischen Kino und vor allem bei ihren Ausflügen im angestaubten deutschen Film wie eine unbekannte, und daher verzweifelt erwartete Lichtgestalt. Eine Schauspielerin der perfekten Mischung, eine Aura, die sowohl Greifbares, als auch Geheimnisvolles aufwirft, eine Frau, die dem Empfinden nach jede Frau sein könnte und deren auffällige Optik ein interessantes Wechselspiel zwischen markanten und sanften Zügen eingeht. Ihre Karriere entwickelte sich so rasant, dass sie schon nach einem guten Dutzend Filme die Besetzungslisten anführte und meistens sogar noch prominenter in Szene gesetzt wurde, als die dazugehörigen Titel selbst. Es wurden buchstäblich Belinda-Lee-Filme inszeniert und die vielen unterschiedlichen Produktionen dokumentieren die hohe Nachfrage in Richtung der Interpretin.
Es ist seit Bestehen des Films so, dass man genau auf derartige Ausnahmeerscheinungen wartet, sie erkennt und resolut einsetzt. Ihre Karriere endete abrupt mit einem tödlichen Autounfall. Für einen Mythen-Status reicht der Fall Belinda Lee jedoch bei Weitem nicht aus, da bestimmte essentielle Grundvoraussetzungen fehlen: ein zwar prosaisches Ende, jedoch ohne einen geheimnisumwitterten Tod, die falschen, beziehungsweise belanglose Filme und ein Lebenswandel, den die Weltpresse zwar auszuschlachten versuchte, allerdings blieben keine allzu großen Geheimnisse zurück. Man kommt einfach nicht drum herum, sich immer einmal wieder auszumalen, was gewesen wäre wenn... Aber eines ist mit ziemlicher Sicherheit zu sagen: Belinda Lee wäre ohne jeden Zweifel zu einem der größten europäischen Kinostars geworden und ich hätte sie besonders gerne im Film der späten 60er und frühen 70er Jahre gesehen!
Abschließend ist noch der persönliche Eindruck zu Belinda Lee zu erwähnen. Wie gesagt, ist es dem Empfinden nach so, dass sie viele Frauen (und auch Kolleginnen) in ihrem Wesen zu vereinen scheint. So kam es mir nicht nur bei meiner ersten Begegnung als Rosemarie Nitribitt mit ihr vor, sondern auch in jedem folgenden Film. Ob Rosemarie, Messalina oder als Satan, der mit Liebe lockt, sie präsentiert so unzählig viele Facetten in Erscheinung und Darstellung, dass sich ihre Kolleginnen Vergleiche gefallen lassen müssen. Man sieht ein weiteres markantes, und doch so makelloses Gesicht, ihre grünen Augen deuten Temperament und Unergründlichkeit an. Ihre deutschen Synchronstimmen versuchen sie als Femme Fatale zu vermarkten, so dass ihre eigene Stimme umso erstaunlicher wirkt, die weich und melodisch, aber vergleichsweise unscheinbar anmutet.
Faszinierend diese Frau, die ihre Filme spielend dominieren konnte! In ihren Filmen sieht man Belinda Lee an, dass sie das Auge der Kamera und der Zuschauer liebte, dass sie sich gerne inszenierte und mit den unterschiedlichsten Rollen in sich übergehen lassen konnte, was ihre Filmografie, die schließlich doch über dreißig Produktionen umfasst, dokumentiert. Sie wurde oftmals für große Frauenrollen der Weltgeschichte gebucht und baute dabei eine große Dominanz, und eine enorm hohe Präsenz auf. Naja, ich merke schon, dass ich ein Buch über sie schreiben könnte und daher belasse ich es zunächst mit dieser kleinen Hommage, die diese leider etwas in Vergessenheit geratene Schauspielerin durchaus verdient hat. Einige biografische Anteile werden noch folgen, weil die leider tragische Figur Belinda Lee hierbei doch Einiges hergibt. Vielleicht ist sie keine typische Kandidatin für die Stars of Exploitation, aber ich bin mir sicher, dass sie spätestens in den frühen Siebzigern einer von ihnen geworden wäre.