bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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The Loved Ones – Pretty In Blood
An der High-School steht der Abschlussball vor der Tür, und der langhaarige Brent ist schwer gefragt. Brent aber, der noch immer unter den Folgen eines traumatischen Autounfalls leidet, hat nur Gedanken für seine Freundin Holly, weshalb er der schüchternen Lola leider einen Korb geben muss. Lola jedoch ist keine, die sich mit einer Abfuhr abfindet. Denn Lola kriegt für gewöhnlich, was Lola will...
Das Spielfim-Regiedebüt des australischen Regisseurs Sean Byrne aus dem Jahre 2009 rief manch begeisterte Reaktion hervor. Thematisch widmet er sich augenscheinlich dem kassenträchtigen Teen-Horror-Bereich: Brent (Xavier Samuel, „Eclipse – Biss zum Abendrot“) ist traumatisiert, nachdem er am Steuer saß, als er einer urplötzlich auf der Straße in seiner abgelegenen Gegend auftauchenden blutigen Gestalt auswich und dadurch einen Unfall mitverursachte, der seinen Vater das Leben kostete. Einige Zeit später plant er, mit seiner liebevollen Freundin Holly (Victoria Thaine, „Die Maske 2“) auf den Schulabschlussball zu gehen. Der unscheinbaren Lola (Robin McLeavy) erteilt er daher eine Absage – ein folgenschwerer Fehler, denn diese ist psychisch etwas anders gepolt, lebt mir ihrem auf seine Art aufopferungsvollen Vater (John Brumpton, „Storm Warning“) und ihrer dementen (Stief-?)Mutter (Anne Scott-Pendlebury, „Nachbarn“), genannt „Strahleauge“, von der Außenwelt abgeschottet zusammen und bekommt in der Regel, was sie möchte. So lässt sie Daddy kurzerhand Brent entführen und an einen Stuhl fesseln, um ihren ganz persönlichen Abschlussball zu zelebrieren.

„Carrie“ trifft auf „The Texas Chainsaw Massacre” trifft auf sog. Torture Porn trifft auf Revenge-Movie – damit lässt sich die Handlung von “The Loved Ones” groß umreißen. Der „Carrie“-Anteil ist dabei eigentlich eine Umkehrung der King’schen Ausgangssituation, denn unsere fesche Lola ist keinesfalls ein böswillig von ihrer Mitmenschen drangsaliertes, scheues Etwas, sondern eine von Haus aus narzisstische, sadistisch veranlagte Psychopathin, die das gemeinsame Abendessen ähnlich herrichtet wie Familie Sawyer in Tobe Hoopers Backwood-Knüller und fortan vor keinem Mittel und keinem Gerät zurückschreckt, um ihren Angebeteten gefügig zu machen – und das nicht zum ersten Mal, wie sich herausstellen soll. Da werden Injektionen verabreicht, mittels Bohrmaschine Lobotomieversuche unternommen und Küchenmesser zweckentfremdet. Das erinnert nicht von ungefähr an jüngst so angesagten Folter-Horror, wobei die Selbstzweckhaftigkeit nicht gar so arg ausfiel und nicht jedes Detail grafisch explizit ausgeschlachtet wird.

Die Ernsthaftigkeit, mit der die eigentlich völlig groteske Situation in bizarrem Ambiente inkl. geschmacklos-kitschig hergerichteter Behausung Lolas inszeniert wird, macht aber schnell deutlich, dass mit diesen Psychos nicht zu spaßen ist und lässt die angepeilte Wirkung der Folterszenen sich voll entfalten. Ja, „The Loved Ones“ ist hart und zynisch, lässt dabei aber immer wieder überspitzten, rabenschwarzen Humor durchblitzen, der dem Film seinen über die Gräuel hinausgehenden Unterhaltungsfaktor sichert, der ohne ihn eher fragwürdiger Natur wäre. Und keine Sorge, „The Loved Ones“ erzählt durchaus eine richtige Geschichte, die Puzzleteile zusammenfügt, offene Fragen klärt und die eine oder andere Überraschung bereithält. Einmal mehr wird durch einen Horrorfilm der lachhafte Abschlussballwahn aufs Korn und zum Anlass blutiger Exzesse genommen, die als Ventil für pubertätsbedingte psychische Zerreißproben geplagter Teenagerhirne dienen, als filmische Parabel auf den jenen Spektakeln innewohnenden Wahnsinn. Byrne präsentiert uns Außenseiter, die bereits in jungen Jahren mit ihrem Leben hadern und mit ihren Problemen fertig werden müssen, wobei die Erwachsenenwelt keine große Hilfe ist.

Sehr angenehm fallen dabei die gerade für einen Horrorfilm mit Teenager-Thematik natürlich erscheinenden Darsteller auf, allen voran beide an Brent interessierten Mädels, von denen Robin McLeavy als Lola all ihre entrückten Facetten beeindruckend beherrscht und gepresst in ihr plumpes rosa Ballkleid Mut zur Hässlich- und Grausamkeit beweist, es aber dem Zuschauer überlässt, in ihren blitzenden Augen nicht doch auch „Daddys Prinzessin“ auszumachen. Die Sympathien werden aber natürlich eindeutig Brent zuteil, der lange Zeit ohne Dialogzeilen auskommen muss und in einer Ausschließlichkeit als bemitleidenswerter Schmachthaken gezeichnet wurde, dass das Mitfiebern mit ihm obligatorisch ist. Von traurig über schmerzvoll leidend bis zu rasender Wut reicht seine Emotionspalette, die er glaubwürdig darstellt. Psycho-Dad John Brumpton wurde ebenfalls gut gecastet, passt er in seiner Unscheinbarkeit doch gut zu Lola und wirkt ebenso wie sie mit seinem wirren Blick trügerisch beinahe mitleiderregend, zumindest aber derart, dass man ihm nicht von vornherein sämtliche Grausamkeiten zutrauen würde, weshalb er das Überraschungsmoment häufig auf seiner Seite hat. Die inzestiöse Beziehung zu seiner Tochter bleibt übrigens angedeutet.

Im von Rache beherrschten Finale wird die angesichts der vorausgegangenen Ereignisse aufgestaute Vergeltungssucht des Zuschauers bedient, was einerseits befriedigt, andererseits aber nicht wirklich überrascht. Überrascht hat mich stattdessen, wie wenig die ausgiebige, für meinen Geschmack etwas zu komödiantische Nebenhandlung um Brents unbeholfen und unerfahren erscheinenden Kumpel, der mit einer heißen Metalbraut den Abschlussball besucht, sich mit ihr betrinkt, bekifft und schließlich Sex mit ihr hat, mit der eigentlichen Handlung zu tun hat und deshalb enttäuschend überflüssig wirkt. Positiv aufgefallen sind mir hingegen einige schöne, zur manchmal durchschimmernden, leisen Melancholie des Films passenden, in die Tiefe gehenden Aufnahmen der einsamen Landstraße und der sie umgebenden Natur. Da Brent und seine Freunde sympathischerweise auf Thrash Metal stehen, ertönt im Rahmen des Soundtracks manch hartes Stück, aber auch sanftere Klänge fanden ihren Weg in den Film und unterstreichen den Zynismus der sich bei Lola zuhause abspielenden Groteske, wenn Balladeskes erklingt, während Brent um sein Leben fürchtet. Ein hörenswerter Soundtrack, dessen Veröffentlichung wünschenswert wäre.

Fazit: Byrne ist ein beachtliches Debüt gelungen; ein guter Horrorfilm, der Genremoderne mit klassischen Motiven verbindet, Emotionen schürt und sich entladen lässt und handwerklich auf relativ hohem Niveau agiert. Für den ganz großen Wurf mangelt es aber noch etwas an Alleinstellungsmerkmalen, an Konsequenz und originellem Einfallsreichtum, weshalb ich Genrefreunden „The Loved Ones“ durchaus ans Herzen legen möchte, den (kleinen) Hype um ihn aber als übertrieben empfinde.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Django, der Rächer
Django (Franco Nero), der als Kind die Ermordung seines Vaters erfahren mußte, bricht auf, um dessen Tod zu rächen. Sein jüngerer Bruder begleitet ihn, ist den Gefahren dieses Unternehmens jedoch nicht gewachsen und wird selbst getötet. Django muß die Mörder allein zur Strecke zu bringen…
„Hier herrscht weder Recht noch Gesetz. Hier gibt es nur Korruption, Gewalt und Intrigen. Hier werden Morde nicht aufgeklärt, hier lebt jeder in Angst.“

Eigentlich noch vor Sergio Corbuccis Meisterstück „Django“ entstanden, wurde der erste Western des Italo-Regisseurs Ferdinando Baldi („Blindman – Der Vollstrecker“) aus dem Jahre 1966 erst nach dem Erfolg von Corbuccis Film in Deutschland aufgeführt und von „Texas addio“, so der Originaltitel, in „Django 2“ bzw. „Django, der Rächer“ umbenannt, um auf der Erfolgswelle mitzuschwimmen. Ausschlaggebend hierfür war sicherlich auch, dass Franco Nero in beiden Filmen die Hauptrolle spielt.

Django (im Original Burt) Sullivan ist ein gerechter texanischer Sheriff, der nach langen Jahren den Entschluss fasst, nach Mexiko zu gehen, um den Tod seines Vaters zu rächen. Dieser wurde seinerzeit von Cisco Delgado (José Suárez, „Seine Kugeln pfeifen das Todeslied“) erschossen, der mittlerweile zu einem ebenso reichen wie grausamen Großgrundbesitzer geworden ist, der seine Arbeiter wie Sklaven ausbeutet und mithilfe seiner schießwütigen Männer ein Schreckensregime errichtet hat. Widerwillig erlaubt Django seinem jugendlichen Bruder Jim (Alberto Dell'Acqua, „Töte alle und kehr allein zurück“), ihn zu begleiten. Ziel seiner Rache ist die Verhaftung Delgados, um ihn nach Texas zu bringen und vor ein Gericht zu stellen.

Seinen genrekonformen Racheplot baute Baldi laut eigener Aussage nach dem Vorbild einer griechischen Tragödie auf, was deutlich zum Tragen kommt, als Django endlich bis in Delgados private Gemächer vorgedrungen ist. Zunächst einmal beginnt „Django, der Rächer“ aber auf irritierende Weise wie ein kitschiger US-Western, der mehr verklärender Heimatfilm als alles andere ist. Hierzu passt auch das Bild Mexikos, das Baldi seinen Zuschauer präsentiert: Sobald Django und Jim die Grenze überschritten haben, müssen sie sich gegen unmenschliche Banditen behaupten und werden Zeuge zahlreicher Gräuel, wie sie sie vom idealisierten Zuhause nicht kennen, so dass das Schießeisen häufig zum Einsatz kommt. Ein Menschenleben scheint nicht viel wert zu sein im Land der Kakteen und Sombreros und gezwungenermaßen muss sich Django dem grassierenden Zynismus anpassen. Baldi symbolisiert dies, indem er Django seinen Sheriffstern abnehmen lässt.

Andererseits bietet dieses Ambiente nun endlich reichlich Raum für die typischen Italo-Western-Charakteristika, wobei Django aber nie gänzlich zum abgeklärten Anti-Helden mutiert. Man lässt ihn sich von seinem ehrbaren Unterfangen, Delgado nicht hinzurichten, sondern Richtern vorzuführen, nicht abbringen, allen Widerständen zum Trotz. Damit wirkt „Django, der Rächer“ trotz aller unerbittlicher Härte wie ein Hybrid aus klassischen Westernmotiven und der pessimistischen Weltsicht herausragender europäischer Genreproduktionen.

Zweifelsohne sind es gerade die italienischen Momente, die zu gefallen wissen. Die kompromisslose Grausamkeit der reichen und mächtigen Herren und ihrer Handlanger in einer verrohten Gesellschaft wird konsequent ungeschönt gezeigt, Baldi beweist ein gutes Händchen für derartige Szenen. Die Kampfszenen bei vollem Körperkontakt wurden sehr ansprechend choreographiert, auf Albernheiten verzichtet und manch brutaler Moment erinnerungswürdig inszeniert. Dass der Heranwachsende Jim ausgerechnet durch das Erschießen eines Gegners zum Mann zu werden scheint, ist der zynische Kommentar zu einem Umfeld, das ein behütetes Aufwachsen nicht erlaubt.

Auf der anderen Seite galoppiert „Django, der Rächer“ nicht dramaturgisch stringent auf sein Finale zu, sondern gerät dann und wann ins Holpern, wenn er manchen Charakter sich arg schnell wandeln, sich in anderen Momenten aber unproportional viel Zeit lässt und gegen Ende gar die Handlung um einen revolutionären Aufstand ergänzt, der ein bisschen so wirkt, als wäre er in erster Linie Aufhänger für eine zünftige Massenschießerei gewesen. Atmosphärisch reicht der Film nicht an die großen Namen des Genres heran, lange Zeit bleibt er distanziert und emotional oberflächlich. Die tragische Familienkonstellation indes, die sich herauskristallisieren wird und ich hier nicht spoilern werde, ist eine gelungene Wendung der Geschichte, die sie sowohl auf emotionaler als auch psychologischer Ebene auf ein höheres Level hievt und aus Baldis Film tatsächlich eine klassische Tragödie im staubigen Italo-Western-Gewand macht.

Franco Nero trägt durch seine Präsenz und sein Talent ebenfalls entschieden zur Qualität des Films bei; ihm zur Seite stehen zahlreiche Film-Gringos und -Mexikaner, die ausfallfrei den Ton des Films beibehalten. Kameramann Enzo Barboni, der später erfolgreich als Regisseur von Spencer/Hill-Komödien auftrat, leistet solide Arbeit. Das Titelstück, gesungen von Don Powell, ist hörenswert, pendelt aber – passend zum Film – zwischen melancholischem Pathos und Kitsch. Hätten sich die Drehbuchautoren Baldi und Rossetti um eine deutlichere Charakterzeichnung bemüht und die Figur Djangos mit etwas mehr Pepp versehen sowie den Ami-Schmonz gegen mehr knisternde Spannung getauscht, wäre bestimmt ein qualitativ höheres Ergebnis erzielt worden; insbesondere vor dem Hintergrund einer von Klassengefälle und Ausbeutung bestimmten Geschichte, die auch für Delgado die Botschaft bereithält, dass man ganz oben kaum echte Freunde hat und der Preis des gierig zusammengerafften Besitzes Isolation und Hass sind, der in die Verhältnisse durchrüttelnde Aufstände münden kann, während derer man schneller als man glaubt auf sich allein gestellt ist. Dank dieses interessanten, weil Täter zu Opfern werden lassenden Aspekts der Handlung und Neros Schauspiel gebe ich knappe 7/10 Punkte für einen Film, den ich lieber als konsequent dreckigen Italiener gesehen hätte.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Western, Italian Style

Ursprünglich 1968 vermutlich im US-amerikanischen TV veröffentlichter, kurzer Dokumentarfilm von Patrick Morin, der sich mit Italo-Western auseinandersetzt. Sehr oberflächlich, dafür aber humorvoll wird kurz das italienische Westerngenre angerissen und – und das macht den Film sehenswert – werden Einblicke in die Dreharbeiten solcher Klassiker wie „Leichen pflastern seinen Weg“, „Lauf um dein Leben“ und „Spiel mir das Lied vom Tod“ sowie weiterer Produktionen gewährt und darüber hinaus die Regisseure Enzo G. Castellari, Sergio Corbucci und Sergio Sollima gestellt-spontan interviewt. Corbucci wird gar mit „Ich hasse Western!“ zitiert. Der spanische Drehort Almería wird ebenfalls skizziert. Etwas befremdlich wird’s, wenn z.B. anhand einer Stuntszene mit Klaus Kinski das Ganze etwas ins Lächerliche gezogen werden soll. Nichtsdestotrotz ein nettes Zeitdokument.
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The Western World of Ferdinando Baldi

Von Mike Siegel 2005 gedrehter, 42-minütiger Dokumentarfilm, innerhalb dessen der Italo-Regisseur über seine Westernproduktionen berichtet. Er erzählt von den Dreharbeiten seiner Filme und den Beteiligten, über die Zusammenarbeit mit Tony Anthony für „Blindman – Der Vollstrecker“ und über die damalige italienische Filmwelt allgemein. Baldi wirkt sehr sympathisch, hat einige Anekdoten speziell vom „Blindman“-Dreh parat und gegen Ende schwingt deutlich Wehmut mit. Schön, dass man ihn so noch mal vor die Kamera bekam und soviel Interessantes aus ihm herauskitzeln konnte.
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Die Säge des Todes
In einem spanischen Mädcheninternat kommt es zu einer Reihe von Morden an den dort unterrichteten jungen Damen. Der Verdächtige Nr.1 ist der mißgestaltete Miguel, der Sohn der gelähmten Internatsleiterin, der bereits wegen Vergewaltigung und Mord für fünf Jahre eingesperrt war. Auch diesmal interessiert er sich besonders für eine der Schülerinnen, die hübsche Angela. Und gerade deren Freundeskreis entspringen die Opfer...
„Ein Kapitalverbrechen mit vier Buchstaben?” – „Mord!“ – „Ah ja, dufte: Mord!“

Auf Geheiß des geschäftstüchtigen Produzenten Wolf C. Hartwig („Schulmädchen-Report“-Reihe), der sich vom Mitreiten auf der Slasherwelle vermutlich eine schnelle Mark versprach, drehte der spanische Trash-Regisseur Jess Franco („Faceless“) 1980 „Die Säge des Todes“.

In einem spanischen Urlaubsort betreibt die auf den Rollstuhl angewiesene Condesa Maria eine Sprachschule für Mädchen. Dort kommt es zu einer unheimlich Mordserie und der Verdacht fällt auf Marias Sohn Miguel, der gerade erst aus der Psychiatrie entlassen wurde, weil er vor fünf Jahren im Affekt ein Mädchen ermordet hatte. Miguel hat es nicht leicht, da sein Gesicht entstellt ist, kann aber immer auf die Unterstützung seiner Stiefschwester Manuela zählen. Diese wiederum ist der Condesa ein Dorn im Auge, da sie glaubt, dass Manuela nur auf ihr Erbe aus wäre. Währenddessen wird der Freundeskreis der Urlauberin Angela immer weiter dezimiert, doch glaubt ihr zunächst niemand, da die Leichen stets verschwinden...

Francos „Die Säge des Todes“ ist ein billiger, trashiger, aber brutaler Slasher mit hysterischen Mädels, grafisch expliziten, sadistischen Morden und fragwürdigen schauspielerischen Leistungen sowie bisweilen herrlich debilen Dialogen. Die gialloeske Handlung ist dabei prinzipiell gar nicht schlecht und hält eine gewisse Grundspannung allein schon dadurch aufrecht, dass sie den Mörder erst am Ende enttarnt. Bei aller durchaus wendungsreichen Konstruiertheit hielt man es allerdings nicht für nötig, den ganz großen Bogen zu spannen und beispielsweise Miguels Entstellung stärker mit der Handlung zu verknüpfen und eine mit ihr in Verbindung stehende Erklärung zu liefern oder sich überhaupt kritisch mit seiner Tat und seinem Rückfallrisiko auseinanderzusetzen. Stattdessen fällt es zumindest bei der Erstsichtung nicht ganz leicht, die einzelnen weiblichen Charaktere auseinander zuhalten, da sie nur marginal vorgestellt werden. Dafür sorgen sie aber für den Sleazefaktor des Films, indem man sie gern mal oberkörperfrei filmte. Damit dürfte klar sein, dass man die Spannung und den Terror eines ernstzunehmenden Slashers hier ebenso wenig erwarten darf wie atmosphärische Glanzleistungen, was aber ohnehin niemand tun wird, der auch nur halbwegs mit der Person Jess Franco vertraut ist.

Immerhin setzte er anfänglich den vollen Mond schön in Szene, der fortan tatsächlich – mit etwas Phantasie – Unheil verkündend über der Szenerie zu stehen scheint. Zugegeben, ein großer Teil des Films spielt am helllichten Tag und bietet dementsprechende sonnige Urlaubsbilder, was der Entwicklung einer typischen Horroratmosphäre nicht sonderlich zuträglich ist, aber immerhin war der „Bloody Moon“ mal zu sehen. Das Tempo empfand ich als etwas irritierend, schwankt es doch zwischen behäbiger Geschwätzigkeit und sich die Ereignisse Überschlagenlassen. Doch spätestens, wenn wieder eines der klischeetypisch dauergeilen Fräuleins unter Zuhilfenahme durchschaubarer, aber kruder Effekte brutalst dahingemeuchelt wird, verblüfft „Die Säge des Todes“ mit seiner Harm- und Belanglosigkeit einer- und seinen Gewalteruptionen andererseits bzw. eben der Kombination aus beidem. Will sagen: Wenn nach einigem Dahinplätschern und Mädchengeplapper Franco wieder zur exploitativen Übertreibung ansetzt, dann so richtig. Das kennt man ähnlich, aber irgendwie dann doch anders (meist eben amerikanischer, was auch immer das genau heißen mag) auch aus anderen Slashern und beschert dem Film einen nicht von der Hand zu weisenden Unterhaltungsfaktor. Dieser wird aber vor allem wie folgt begünstigt:

Dieser trashige, schmuddelige, spekulative, brutale Exploiter war nicht nur eine deutsche Produktion, sondern verfügt auch über deutsche Schauspieler wie Olivia Pascal („Die Schwarzwaldklinik“) als Angela und andere TV-Jobber (unter ihnen Corinna Gillwald, heute bekannt als Corinna Drews...), die man nun – besonders aus heutiger Sicht – wirklich nicht in einem solchen Film erwarten würde. Mit anzusehen, wie sich ganz offensichtlich vollkommen Genre-Unerfahrene durch die Handlung kämpfen und versuchen, Francos Regieanweisungen folgezuleisten, ist das reinste Vergnügen, bei dem häufig die Frage mitschwingt, ob diejenigen überhaupt eine Ahnung hatten, worauf sie sich da einließen. Eine in diesem Zusammenhang bemerkenswerte Tatsache ist auch, dass die „Bravo“ seinerzeit zum Kinostart einen Fotoroman dieses Films abdruckte – eines Films, der später aufgrund seiner (vermeintlichen) Gewaltverherrlichung bundesweit beschlagnahmt wurde.

„Die Säge des Todes“ ist also nicht nur ein unterhaltsamer B-Slasher für Freunde des abseitigen Filmvergnügens, sondern auch ein filmhistorisches Kuriosum. Sollte man mindestens einmal gesehen haben, allein schon, um sich in die Vorzüge einer spanischen Sprachschule einführen zu lassen...
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Panik über Tokio
Vor der Küste Japans sackt eine Insel um 200 Meter ab und versinkt im Meer. Der Geophysiker Dr. Tadokoro vermutet, dass Aktivitäten am Japangraben die Ursache für das Unglück sind. Mit dem Team des U-Boot-Kapitäns Toshio Onodera taucht er in den Tiefseegraben ab, der den Zusammenstoß der philippinischen mit der pazifischen Erdplatte markiert. Dort an Meeresgrund sehen die Forscher tatsächlich ungeheure Aktivitäten. Für Tadokoro gibt es nur eine Erklärung: Der Erdkern hat sich ausgeweitet, weshalb die Strömungen unter der Erdkruste schneller geworden sind. Die Erdplatten bewegen sich nun schnell und Japan droht innerhalb von nur zwei Jahren regelrecht in einer Erdspalte zu versinken. Bis es soweit ist, würden Erdbeben und Vulkane das Land verwüsten. Premierminister Yamamoto muss einen Krisenplan erarbeiten und im schlimmsten Fall die ganze Nation umsiedeln. (Quelle: Science-Fiction-Classic-Box-DVD-Cover)
1973 veröffentlichte die japanische Filmschmiede „Toho“ mit „Panik über Tokio“ alias „Der Untergang Japans“ einen Katastrophenfilm, in dem aufgrund tektonischer Erdplattenverschiebungen infolge einer Erdkernausweitung diesmal gleich ganz Japan im Meer versinkt. Vorbote war das Absacken einer japanischen Insel. Geophysiker Dr. Tadokoro geht der Sache im wahrsten Sinne des Wortes auf den Grund und entdeckt die schreckliche Wahrheit.

Unter der Regie von Shirô Moritani wird nach einer Romanvorlage Sakyo Komatsus einmal mehr die japanische Lust am eigenen Untergang bzw., und das trifft es wohl besser, die Auseinandersetzung des von Natur- und anderen Katastrophen gebeutelten Landes mit seiner eigenen Verletzlichkeit zelebriert. Mit „Der Untergang Japans“ ging man dabei weiter als in vorherigen Produktionen und thematisiert in diesem pessimistischen Film die Probleme der Evakuierung eines ganzen Landes. Da wird es selbst für einen Katastrophenfilmmuffel wie mich interessant. Leider liegt mir nur eine radikal gekürzte Fassung vor: Von ursprünglich einmal 144 Minuten blieben lediglich 97 übrig und ich habe keine Informationen, was genau alles herausgeschnitten wurde. Es müssen jedenfalls ganze Handlungsstränge gewesen sein, was den etwas holprigen Verlauf des Films erklären könnte. Ich kann mich im Folgenden also nur auf die fragmentarische Fassung berufen.

Sonderlich herausstechende, auffällige schauspielerische Leistungen konnte ich keine ausmachen, doch das wäre vermutlich auch gar nicht die Intention des Films: Statt seinen Fokus auf Einzelschicksale zu richten und damit eine rührselige Geschichte für ein Popcorn-Publikum zu erzählen, setzt man auf einen betont realistischen, beinahe dokumentarischen statt cineastischen Stil, was sich stark in einigen recht trockenen wissenschaftlichen Dialogen bemerkbar macht, die die Seriosität und Fundiertheit der aufgestellten Theorien untermauern sollen. Inwieweit sie dieses tatsächlich tun, vermag ich als Laie nicht zu beurteilen, wohl aber, dass für den Zuschauer die aus Japan gewohnten Zerstörungsorgien vermutlich einen wesentlich höheren Unterhaltungsfaktor aufweisen. Die häufig wie gewohnt auf Miniaturbauten basierenden Spezialeffekte, die Erdbeben und daraus resultierende Gebäudeeinstürze, Überflutungen, Feuerbrünste etc. darstellen, sind gut gelungen, Stuntmen jagen mit lichterloh brennend durch apokalyptische Kulissen und Bilder von Vulkanausbrüchen faszinieren ob ihrer Schönheit und verdeutlichen gleichzeitig imposant die zerstörerische Kraft der Natur.

Moritanis Film verfügt aber eben auch über die globalpolitische Ebene, in der es darum geht, möglichst viele Japaner in Sicherheit zu bringen. Da wird große Weltpolitik gemacht, Kraft der Diplomatie mit anderen Nationen verhandelt und dennoch immer wieder an Kapazitätsgrenzen gestoßen. Dieser Einblick in die japanische Weltsicht des Entstehungszeitraum des Films ist hochinteressant und führt das genretypische „Was wäre, wenn...?“-Gedankenspiel eine Stufe weiter als sonst üblich. Welche politische Brisanz die Komplettfassung möglicherweise aufweist, ist leider nur zu erahnen. Ein stärkeres Gewicht auf diesen Aspekt des Films wäre jedenfalls wünschenswert gewesen, wenngleich er auch in der mir bekannten Form nicht eben stiefmütterlich behandelt wird.

Und dann wäre da ja noch die stolze japanische Seele, der unbändige Patriotismus der Nation, den uns zumindest die Drehbuchautoren verkaufen wollen. In pathetischen Dialogen wird es durchaus als Alternative angesehen, lieber erhobenen Hauptes mit Japan im Meer zu versinken, statt heimatlos auf die Gastfreundschaft anderer angewiesen zu sein. Dieses fast märtyrerhafte Ehrgefühl, das hier in starken Worten aufflammt, wirkt bisweilen doch arg irritierend und zentimeterdick aufgetragen, zumal diese noch die emotionalsten Momente – von den Massenpaniken einmal abgesehen – dieses ansonsten so sehr um Sachlichkeit bemühten Films sein dürften. Insofern entsteht trotz seines Fatalismus – zumindest in diesen Szenen – der Eindruck eines um Konformität bemühten, das eigene Selbstbild heroisch verklärenden Films.

Nichtsdestotrotz ist „Der Untergang Japans“ ein spannender, fesselnder, auf seine spezielle Weise typisch japanischer Film, den ich gern komplett gesehen hätte. Großes dystopisches Katastrophenkino, konsequent apokalyptisch, gespickt mit reichlich Zeitkolorit, interessante Fragen aufwerfend, weitestgehend kitschfrei und trotz gerade aus heutiger Sicht natürlich einigen durchschaubaren Effekten sehr dem Realismus verpflichtet.
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Jäger der verschollenen Galaxie
Zwei junge Sklavinnen können von ihrem Raumschiff flüchten und müssen auf einem fremden Planeten notlanden. Dort machen sie mit dem gnadenlosen Zed Bekanntschaft, dessen Hauptzeitvertreib in der Menschenjagd liegt ... [Quelle: "Hölle auf Erden"]
„Wir sind schon wirklich ganz hübsche Zielscheiben!“

Für die „Full Moon Entertainment“-Direct-to-Video-Klitsche drehte US-Regisseur Ken Dixon („Die Sex-Abenteuer des Robinson Crusoe“) 1987 das Erotik-Abenteuer-Sci-Fi-Filmchen „Jäger der verschollenen Galaxie“, in dem zwei leichtbekleidete Sklaven-Blondchen, Daria und Tisa (Elizabeth Kaitan und Cindy Beal), von einem Gefängnisraumschiff ins All fliehen, aber vom Regen in die Traufe kommen, als sie auf einem Fremden Planeten bruchlanden und fortan dem nur scheinbar gastfreundlichen Zed (Don Scribner) ausgeliefert sind. Dieser hat nämlich ganz eigene Pläne mit den beiden: Er ist passionierter Jäger und jagt am liebsten Menschen...

Dixons Film ist eine zum Science-Fiction-Abenteuer aufgeblasene Variante des Menschenjagd-Klassikers „Graf Zaroff“, gedreht mit äußerst kargem Budget und der Hauptintention, durch zwei vornehmlich im Bikini umherirrende Blondinen, die dann und wann auch mal mehr zeigen, für einen Erotik-Faktor zu sorgen bzw. damit den unbedarften Videothekengängern das Geld aus der Tasche zu leiern. Zwar sind die beiden Häschen durchaus nett anzusehen und die Kamera versteht es auch, den einen oder anderen voyeuristischen Blick zu erlauben, doch das war es eigentlich auch schon – viel mehr hat „Jäger der verschollenen Galaxie“ nicht zu bieten. In billigen Studiokulissen kommt keinerlei Atmosphäre auf, ebenso wenig während der Außenaufnahmen des sehr erdenähnlichen Planeten. Schon besser sind da die Zed dienenden Androiden gelungen, zumindest optisch. Wenn diese allerdings für unlustige komödiantische Einlagen herhalten müssen, indem sie – als Roboter! – unseren beiden Heldinnen hinterherlechzen und sich debile Dialoge liefern, fallen auch sie als bedrohliche Gestalten komplett aus. Die Versuche, die Monologe Graf Zaroffs aus dem Original zu imitieren, gingen auch ziemlich in die Hose, Don Scribner als Zed muss möchtegern-bedeutungsschwangeren Unfug brabbeln und besitzt zudem kaum Ausstrahlung.

Klar, niemand sollte diesen Film ernstnehmen, er tut es ja selbst nicht, aber auch der Unterhaltungsfaktor bleibt auf der Strecke. Das liegt schlicht daran, dass man sich offensichtlich nicht traute, einen wirklich exploitativen Sleazer zu drehen, sondern mit dem nur seltenen Blankziehen seiner weiblichen Protagonistinnen vollkommen harm- und belanglos bleibt. Was man an phantastischen Elementen zu bieten hat, ist lächerlich getrickst, unfreiwillig komisch und so bieder, dass es nicht einmal fürs Kuriositätenkabinett taugt. Man denke nur an die beiden plötzlich mit schlecht sitzenden Latexmasken auftauchenden Gestalten, für die das Drehbuch keine Erklärung liefert und die genauso schnell wieder verschwunden sind, wie sie erschienen oder an die Kopftrophäe aus Gummi, die sich Zed an die Wand genagelt hat. Und so plätschert die Geschichte überraschungsarm und bar jeglicher Höhepunkte vor sich hin, um lediglich mithilfe der Schauspielerinnen, die ihre Sache für einen solchen Film ganz passabel machen, in sexy Dessous und auch mal mit spacigen Kanonen im Anschlag das männliche Publikum halbwegs bei der Stange zu halten.

Fazit: Rein mit nackter Haut spekulierender, dafür aber viel zu angezogener Videotheken-Trash, der vielleicht in den 50ern Aufsehen erregt hätte, Mitte der 1980er aber völlig zurecht schnell in Vergessenheit geriet. Weder für Sleazologen, noch für Science-Fiction-Nerds zu empfehlen. Freunde des auch eher weniger charmanten Trashs dürfen hingegen mal ein Auge riskieren.
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Mannaja – Das Beil des Todes
Es herrschen harte Sitten im Wilden Westen: Der erfahrene Kopfgeldjäger Mannaja fängt mit Hilfe seines messerscharfen Beils erfolgreich seine Beute. Doch bevor er sein Kopfgeld kassieren kann, kommt ihm die zwielichtige Gangsterbande von McGowan in die Quere und schon bald gibt es Ärger. Mannaja legt sich mit dem machtsüchtigen und brutalen Herrscher der Stadt Suttonville an und es beginnt ein gnadenloser Kampf auf Leben und Tod. (Covertext von Marketing)
„Idioten! 28 Männer gegen einen einzelnen! Ihr Scheißkerle!“

Italo-Regisseur Sergio Martino („Der Killer von Wien“, „Fireflash – Der Tag nach dem Ende“) drehte 1977 mit „Mannaja – Das Beil des Todes“ einen Spätwestern, in dem Maurizio Merli („Die Viper“) seine erste und einzige Hauptrolle in diesem Genre bestreiten sollte. Jim, genannt Mannaja – indianisch für „Wurfbeil“ – ist ein erbarmungsloser Kopfgeldjäger, behänder Beilwerfer, scharfer Schütze und harter Hund, der mit Silberminenbesitzer McGowan (Philippe Leroy, „Das wilde Auge“) noch eine alte Rechnung zu begleichen hat. Doch um an ihn heranzukommen, muss er erst einmal an dessen Männern um George Valler (John Steiner, „Tenebrae“) vorbei, was sich als alles andere als einfaches Unterfangen herausstellt. McGowan beherrscht die Stadt Suttonville und verbreitet Angst und Schrecken, doch das Blatt scheint sich zu wenden, als sich Valler gegen ihn richtet und seine Tochter Debra (Sonja Jeannine, „Wenn die prallen Möpse hüpfen“) entführt. Mannaja eröffnet sich die Chance, bei McGowan anzuheuern...

Mit Maurizio Merli habe ich so meine Probleme, verkörpert er doch in meinen Augen den typischen Schnauzbartproll mit unsympathischer Ausstrahlung, wozu auch seine Inszenierung als schießwütigem, über Leichen gehendem, erzreaktionärem „Law & Order“-Bullen in zahlreichen Selbstjustiz-Poliziotti, durch die er bekannt wurde, passt. So trägt auch der Beginn des Films, als er in seiner Rolle als widerlich blondem Kopfgeldjäger einem erbarmungswürdigen, kleinen Banditen mit seinem namenspendenden Beil eine Hand abhackt, nicht dazu bei, ihn zur Sympathiefigur aufzubauen, wenngleich diese Szene vermutlich Reminiszenzen an seine berüchtigten Rollen wecken soll. Zudem empfinde ich die extrem raue und tiefe Stimme des blondgelockten Zahnpastamodels als etwas unpassend.

Was die Stimmung und Betonung betrifft, ist „Mannaja“ ein überaus düsterer, dreckiger Genrebeitrag, der das bekannte Motiv eines Einzelgängers in einer Welt, in der man niemandem trauen darf, auf die Spitze treibt und zudem sowohl mit inhaltlicher, als auch visueller Harte zentimeterdick unterstreicht. Nicht nur Gliedmaßen werden abgehackt, auch geschossen wird selbstverständlich viel und blutig, denn Mannaja zieht auch schnell seinen Colt. Der Soundtrack der De-Angelis-Brüder besteht hauptsächlich aus einem gesungenen Titelthema, wobei die Stimme des Sängers leider sehr gezwungen auf tief getrimmt wurde und dadurch reichlich übertrieben wirkt. Die Kameraarbeit ist dafür ganz hervorragend und liefert dynamische, tiefe und weite Bilder, interessante Perspektiven und photographiert das Ambiente überaus atmosphärisch und stimmig.

Ja, Sergio Martino konnte zu Höchstleistungen auflaufen, ein entsprechendes Team und Budget vorausgesetzt. Das bewies er mit einer ganzen Reihe Filme verschiedener Genres, so auch hier. Und spätestens, wenn Mannaja schwer an seiner Coolness einbüßt, verlässt Merli sein etwas hölzernes Schauspiel und leidet so richtig schön, als er bis zum Hals eingegraben und der erbarmungslosen Glut der gleißenden Sonne ausgeliefert wird, der Möglichkeit beraubt, die Augen zum Schutze vor den Strahlen zu schließen. Der Charakter seiner Rolle scheint sich hierbei ein wenig zu wandeln, was den eingangs beschriebenen Eindruck revidiert. Möglicherweise war es daher bewusstes Kalkül, die Identifikation mit ihm zunächst zu erschweren. Diese fällt ohnehin leichter ab dem Zeitpunkt, ab dem er nicht mehr kleinen Ganoven hinterherjagt, sondern sich den Großen, Mächtigen, Reichen zuwendet. In diesem Zusammenhang wird einmal mehr die Versklavung der Mehrzahl einfacher Menschen unter der Knute weniger Ausbeuter thematisiert, die über dem Gesetz zu stehen scheinen und derer sich nur gewaltsam entledigt werden kann. Es wird viel gestorben in einer Welt, in der sich niemand für sein Gegenüber interessiert, wenn nichts mehr aus ihm herauszuquetschen ist. Selbst der abgeklärte Mannaja muss schmerzhaft erfahren, dass für romantische Gefühle kein Platz ist und das zarte Pflänzchen der Liebe niedergetrampelt und ausgerissen wird, bevor es aufblühen kann. Eine durch die Lande tingelnde Schaustellertruppe gerät zwischen die Fronten und wird zermalmt, Spaß ist streng verboten. Doch auch McGowan erfährt am eigenen Leib, dass selbst Familienbande einen feuchten Kehricht wert und Missgunst und Intrigen der Preis der Macht und des Besitzes sind, wenn vermeintlich nahe stehende Vertrauenspersonen wie die Geier um ihn kreisen.

Wenn Täter zu Opfern werden und Mannaja plötzlich auf die Hilfe des durch sein Wurfbeil eine Hand kürzeren Ganoven angewiesen ist, scheint das Drehbuch die Karten neu zu verteilen, nur um am Ende doch konsequent die eigene Prämisse zu bestätigen. Das alles ist starker Tobak und setzt auf so manchen Rachewestern noch einen drauf, was nihilistische Härte betrifft. Doch es lohnt sich ebenso, seine Aufmerksamkeit auf Details zu richten, die sich einem bei der Erstsichtung sicherlich nicht ohne Weiteres erschließen werden. So schärfte ein geschätzter Filmfreund* meinen Blick für nur scheinbar redundante Szenen wie Mannajas Austesten seines selbstgebastelten Wurfbeils als wichtiges Charakteristikum unseres Protagonisten, welches zeigt, dass er, der sich durch die indianische Waffe und sein wildes Auftreten als grobschlächtiger Barbar präsentiert, einen Sinn fürs Feine hat, was als Symbol für die amerikanischen Ureinwohner fungiert, die zwar auf den ersten Blick wie eine unterentwickelte Spezies erscheinen mögen, bei genauerer Betrachtung aber faszinierende fortschrittliche Leistungen erbracht haben. Im Verstecken des Beils im Heuhaufen liegt die Quintessenz des ganzen Films verborgen. Es symbolisiert, wie in der gezeigten apokalyptisch anmutenden Welt überall Gefahren lauern und es unmöglich ist, sich zur Ruhe zu betten. Der Heuhaufen, das älteste Bett der Welt, steht hierbei als Synonym für einen sicheren und wohligen Schlafplatz sowie die Geburtsstätte des Erlösers aus der christlichen Mythologie. Die Tatsache, dass Mannaja sein Beil als Symbol für Krieg, Hass und Gewalt genau an diesem Ort aufbewahrt, zeigt, dass selbst die unscheinbarsten Orte dieser Welt durch die vorherrschende Gewalt entweiht werden.

„Mannaja“ wird häufig mit Enzo G. Castellaris ein Jahr zuvor erschienenem „Keoma“ verglichen. Mal abgesehen davon, dass ich Franco Nero für den besseren Hauptdarsteller halte, empfinde ich „Keoma“ als den künstlerischeren Film, während „Mannaja“ grobschlächtiger und zynischer erscheint. In jedem Falle ist aber auch „Mannaja“ ein hochinteressanter, sehenswerter Spätwestern auf technisch hohem Niveau, mit größtenteils guter Darstellerriege und einer wendungsreichen Geschichte, der dem Genre zur Ehre gereicht. Und wer weiß, vielleicht mache ich irgendwann ja doch noch meinen Frieden mit Signore Merli. Nach ein paar Abzügen in der B-Note komme ich auf 7,5 von 10 knochendurchtrennenden Wurfbeilen.

*) Danke an DrDjangoMD
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Mandroid
Der brilliante Wissenschaftler Dr.Zimmer macht eine unglaubliche Erfindung. Ein Kristall ähnliches Element das wenn es in entsprechende Prozessoren von Androiden eingebracht wird eine Steuerung über Gedanken und Aktionen des jeweiligen Anwenders erlaubt.Eine teuflische Erfindung wenn es in falsche Hände gerät. Denn wer die Formel besitzt,besitzt auch die Macht über die Welt. Sein Partner Dr.Drago hat aber andere ansichten über die Verwendung dieser Erfindung. Bei seinem teuflischen Vorhaben die Geheimformel zu stehlen wird eine giftige Subtanz freigesetzt und verunstaltet Dr.Drago. Doch er will die Formel und geht dafür über Leichen.
„Mandroid“ ist eine weitere Produktion der Direct-to-Video-Filmschmiede „Full Moon Entertainment“ aus dem Jahre 1993. Die Regie wurde dem Niederländer Jack Ersgard zuteil, der ein paar Jahre zuvor mit „Visitors“ einen kleinen, aber feinen Horrorbeitrag ablieferte. „Mandroid“ wäre gern so etwas wie ein Androiden-Sci-Fi-Actioner, doch diese Rechnung geht nicht ganz auf.

Dr. Zimmer entdeckt bzw. entwickelt das „Supercon“, eine Substanz, die sämtliche Krankheiten heilen können (!) sowie als fossiler Brennstoff verwendbar sein soll. Gewonnen wird sie aus einem sich im Inneren von Felsen entwickelnden Pilz (?), der unter starker Bestrahlung zu einem Kristall zusammengeschmolzen wird. Diese Aufgabe wird dem zu diesem Zwecke entwickelten Mandroid zuteil, einem ferngesteuerten Roboter, der gleichzeitig mit Supercon betrieben wird. Dr. Zimmers Kollege Dr. Drago hat etwas dagegen, dass diese in Rumänien entwickelte Substanz an die USA übergeben wird, intrigiert und wird bei seinem Supercon-Diebstahl von selbiger Substanz übel entstellt. Er flüchtet sich in eine alte Papiermühle, lässt einen stummen Obdachlosen für sich arbeiten und beginnt ein Tauziehen den Abgesandten des CIA um das Supercon und den Mandroid.

In Rumänien und in furchtbarer Billigoptik gedreht, nimmt diese äußerst eigenartige Handlung ihren Lauf, für die man Post-Kalter-Kriegs-Thematik mit bekannten Motiven unterschiedlicher Genres lieblos zusammenwürfelte. Androiden-Action kommt dabei vermutlich budgetbedingt kaum zum Tragen, stattdessen ergeht man sich in Agentenmumpitz, Mad-Scientist-Versatzstücken und Horrorelementen, wobei man nicht davor zurückschreckte, eine für zumindest diesen Film größtenteils belanglose Nebenhandlung um einen durch einen Unfall unsichtbar werdenden Menschen als feistes „Der Unsichtbare“-Klassiker-Rip-Off anzureißen, die man in einer direkt im Anschluss gedrehten Fortsetzung verwurstete. Atmosphäre, die dazu beitragen könnte, „Mandroid“ nicht sofort als billig heruntergekurbeltes C-Filmchen zu entlarven, kommt lediglich dann auf, wenn Oldschool-Ostblock-Karosserien durch ein tristes Rumänien schüsseln. Alles andere ist plumper bis konfuser, hanebüchener Unfug, dessen unglaubwürdige Studiokulissen einen anspringen.

Hier und da gewinnt der Film etwas, wenn er ob seiner Künstlichkeit leicht comichaft wirkt und den entstellten Dr. Drago mit seinem stummen Diener (hatten wir so etwas nicht schon einmal irgendwo...?) overactend interagieren lässt. Alles andere biedert sich viel zu bemüht an die Sehgewohnheiten des jeweils angepeilten Genrepublikums an, ohne auch nur einen Hauch Originalität vorweisen zu können und nimmt sich dabei selbst noch zu ernst, um über die unfreiwillige Komik hinaus gelungen zu unterhalten. Und diese gibt es reichlich, wobei die Dialoge noch am harmlosesten sind. Da werden schwere Autounfälle gebaut, um anschließend ohne einen Kratzer aus den Wracks zu klettern, ganze Magazine auf einzelne Menschen abgeschossen, um kaum eine Wirkung zu erzielen und da wird der für einen so mächtigen Roboter eher instabil erscheinende Mandroid von einem Menschen auf einem Laufband gesteuert, damit er durch die Gegend latschen und mittels satter Faustschläge aus Felsen den kostbaren Pilz gewinnen kann. Immerhin jedoch ist trotz zahlreicher Dialoge das Tempo hoch genug, um – schafft man es, sich auf den Film einzulassen – kaum wirkliche Langeweile aufkommen zu lassen. Im Finale gibt es gar die eine oder andere, wenn auch arg konstruiert wirkende, Wendung und einige handfeste Schießereien sorgen zumindest für einen gewisse Härtegrad.

Schauspielerisch hat man auch schon eindeutig Schlimmeres gesehen; in dieser Hinsicht schlägt sich „Mandroid“ passabel, hat mit Robert Symonds („Der Exorzist“) als Dr. Zimmer und Curt Lowens („H.P. Lovecraft’s Necronomicon“) als Dr. Drago immerhin erfahrene Mimen zu bieten und drehte ansonsten mit einigen echten Rumänen, was erst einmal wertfrei gemeint ist, aber immerhin das Lokalkolorit des Films unterstützt. Ein stärkerer Fokus auf ein bestimmten (Sub-)Genre hätte „Mandroid“ unbedingt gut getan, aus einem echten Rip-Off eines Klassikers wäre mit Sicherheit mehr herauszuholen gewesen als aus diesem bunten Allerlei, das bei nahezu allem, was es zu bieten hat, lediglich an der Oberfläche kratzt.
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The Human Centipede (First Sequence)
Der deutsche Arzt Dr. Heiter (Dieter Laser) hat vor kurzem seine drei Hunde zu einem einzigen zusammengefügt. Dabei nähte er die Mäuler an die Hinterteile des vorherigen Hundes. Mittlerweile ist sein 3-Hund verstorben, doch was mit Tieren geht, geht möglicherweise auch mit Menschen. Als sich die Amerikanerinnen Lindsay (Ashley C. Williams) und Jenny (Ashlynn Yennie) während ihres Eurotrips inmitten der deutschen Einöde auf dem Weg zu einer Party verfahren, keinen Handyempfang haben und sich bei starkem Regen durch den Wald schlagen, kommt es Dr. Heiter deshalb sehr gelegen, dass sie gerade an seine Haustür klopfen, um zu telefonieren. Dank eines Betäubungsmittels im Getränk hat er die beiden Frauen schnell bewusstlos gemacht und schnallt sie im Keller auf einem Bett fest. Kurz vorher entführte er Katsuro (Akihiro Kitamura), der ebenfalls im Keller liegt, womit er alle drei Teile für seinen "menschlichen Tausendfüßler" zusammen hat und sich so bald ans Werk macht...
Als bekannt wurde, dass der niederländische Regisseur Tom Six („Gay“) in niederländisch-britischer Koproduktion mit „The Human Centipede (First Sequence)“ im Jahre 2009 einen Horrorfilm gedreht hat, in dem ein irrer deutscher Arzt einen menschlichen Hunderfüßer erschafft, indem er menschliche Opfer Mund an Arsch aneinander näht und die Möglichkeit, dadurch einen geschlossenen Organismus zu gewinnen, auch noch wissenschaftlich bestätigt worden sein soll, setzte sich eine größere Hype- und Gerüchtemaschinerie in Gang, die einen derben Sicko versprach und (nicht nur) die Horrorgemeinschaft neugierig machte.

Der Arzt mit dem klangvollen Namen Dr. Heiter (Dieter Laser, „Operation Ganymed“) drängt nach einem Experiment mit drei Hunden darauf, es mit drei Menschen zu wiederholen: Sie sollen aneinander genäht werden, wobei das mittlere Glied sich davon ernährt, was das vordere ausscheidet und das hintere davon, was daraufhin bei ihm noch ankommt. Einen asiatischen Touristen (Akihiro Kitamura) hält er sich hierfür bereits im Keller und so kommt es ihm gerade recht, dass die beiden Ami-Schicksen Lindsay (Ashley C. Williams) und Jenny (Ashlynn Yennie) an seine Pforte klopfen, nachdem sie sich hoffnungslos verfahren haben...

Six’ Film zeigt zu Beginn eine triste, düstere, verregnete deutsche Einöde, in der die hilflosen beiden Touristinnen einem widerlichen Lustmolch begegnen, der sie, statt seine Hilfe anzubieten, verbal sexuell belästigt. Zunächst freuen sich die beiden daher, auf Dr. Heiter zu treffen, doch kommen sie sprichwörtlich vom Regen in die Traufe, da es sich bei ihm eben um einen größenwahnsinnigen Irren und vielleicht sogar einen Nazi handelt. Soweit das Bild, das Six von Deutschland zeichnet und damit liebgewonnene Klischees, die nicht eines gewissen Wahrheitsgehalts entbehren, bedient. Seine ruhigen Bilder, frei jeder Hektik, tauchte er in einen matten Graufilter, der die atmosphärische Tristesse unterstützt. Positiv fällt auf, dass man sich die Mühe machte, die Sprachbarrieren aufzuzeigen, indem Dr. Heiter als einziger deutsch spricht und versteht, wenn er sich nicht gerade mit deutschem Akzent auf englisch mit seinen Versuchskaninchen unterhält. Lindsay und Jenny sprechen englisch und der Japaner japanisch. Dieses Sprachwirrwarr sorgt für erhöhte Authentizität und wird entsprechend untertitelt.

Bald allerdings machen sich die Schwächen des Films bemerkbar: Da man von vornherein weiß, worauf die Handlung hinauslaufen wird, machen sich starke Längen breit. Mühsam dehnt sich „The Human Centipede (First Sequence)“ auf seine Laufzeit, veranstaltet Katz- und Mausspielchen zwischen dem Doktor und dem lieben Vieh und lässt sich Dr. Heiter grundsätzlich in pseudo-bedeutungsschwangerem Zeitlupentempo bewegen – was ungefähr so gut zusammenpasst, wie es sich anhört. Um für die Opfer Mitgefühl aufbauen zu können, lernt man sie viel zu wenig kennen, sie bleiben so gut wie gar nicht charakterisiert und schlicht uninteressant. Ob man den No-Name-Darstellern nicht mehr zutraute? Als es dann endlich soweit ist und Heiter zu Nadel und Faden greift, macht sich allein schon aufgrund der aufgebauschten Erwartungshaltung Ernüchterung breit: „The Human Centipede (First Sequence)“ ist nur wenig explizit und verlässt sich lange Zeit fast ausschließlich auf seine Grundidee. Fortan hängen unsere drei bedauernswerten „Hundertfüßer“-Segmente also aneinander, wobei die empfindlichen Regionen durch windelähnliche Bandagen verdeckt bleiben. Wer irgendwelche Ferkeleien wie aus Fäkalpornos erwartet, ist hier an der vollkommen falschen Adresse.

Zwischenzeitlich fragte ich mich schon, ob „The Human Centipede (First Sequence)“ nicht vielleicht doch besser in der cmv-Trash-Collection aufgehoben wäre, denn die bemühte Ernsthaftigkeit des Films geht mit unfreiwilliger Komik einher. Bei Dr. Heiter ist nicht mehr viel von seiner bedrohlichen Erhabenheit übrig. Als sich zwei Polizisten bei ihm nach den Vermissten erkundigen, benimmt er sich wie ein Depp.

Dann endlich jedoch bläst Six zum Finale, zieht die Spannungsschraube erstmals spürbar an und lässt seinen menschlichen Hundertfüßer doch noch durch wahrhaft erschreckendes bis verstörendes Magenschwingerterrain kriechen, lässt Ausweglosigkeit und Verzweiflung spürbar werden. Ja, das letzte Kapitel des Films mitsamt seiner unerwartet, aber durchaus effektiv und nicht unbedingt Ideenlosigkeit geschuldet ausbleibenden Pointe rettet „The Human Centipede (First Sequence)“ vor dem Trashsiegel und ermüdender Durchschnittlichkeit. Unterm Strich also ein Horrorfilm, der seiner Erwartungshaltung nur bedingt gerecht wird und dem eine neugierig machende, originelle, letztlich aber unausgegorene Idee zugrunde liegt, die wegen ihrer Grund- und Sinnlosigkeit arg selbstzweckhaft wirkt und um die der Film angestrengt herumkonstruiert erscheint. Lasers von ihm im Rahmen der Möglichkeiten des Drehbuchs glaubwürdig verkörperter Rolle mangelt es an einem großen Motiv, wie es die berüchtigtsten seiner Mad-Scientist-Kollegen hatten – es muss ja nicht immer gleich die Weltherrschaft sein. Oder anders ausgedrückt: Wenn man visuell schon nicht allzu viel zu bieten hat, sollte wenigstens die erzählte Geschichte in sich schlüssig sein. Vom „sickest movie wo gibt“, als der das Rauschen im Vorfelde ihn beleumundete, ist „The Human Centipede (First Sequence)“ ganz weit entfernt.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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