Originaltitel: Custodes Bestiae
Produktionsland: Italien 2004
Regie: Lorenzo Bianchini
Darsteller: Massimiliano Pividore, Giorgio Basile, Giorgio Merlino, Alex Nazzi Alex Nazzi
Über seinen bislang letzten Film, OLTRE IL GUADO, der den italienischen Horrorfilmregisseur Lorenzo Bianchini erstmals einem größeren Publikum bekannt gemacht hat, kann man, glaube ich, gespaltener Meinung sein. Mit Sicherheit geizt seine Geschichte über einen Ethologen, den es in eins der letzten wirklich wilden Waldgebiete Europas, an der Grenze zwischen Italien und der Slowakei, eine Region, in der Bianchini selbst aufgewachsen ist, nicht an stimmungsvollen Bildern von finsteren Forsten, verlassenen Siedlungen, Wildschweinen und Rotfüchsen. Andererseits verzichtet OLTRE IL GUADO völlig darauf, mittels dieser Bilder mehr zu transportieren als eine melancholisch dahindösende Atmosphäre wie man sie, freilich wesentlich sonnengefluteter, aus Klassikern des Italo-Horrors wie Joe D’Amatos ANTHROPOPHAGUS (1980) kennt – nur mit dem Unterschied, dass Bianchini Gewalt- und Sexspitzen keinen Raum gibt. Ein bisschen kann man OLTRE IL GUADO daher, meine ich, mit den Filmen des belgischen Regie-Duos Cattet und Forzani vergleichen. Beide greifen sich aus dem italienischen Genrekino vor allem die Ästhetik und versuchen, mittels dieser ihr Publikum primär emotional zu packen: ausgefeilte Erzähler sind weder Cattet/Forzani noch Bianchini – und wollen das wohl auch gar nicht sein. Trotzdem besteht eine Differenz zwischen den farbenfroh-verspielten Alpträumen in beispielweise AMER (2009) und einem, was die Bildgestaltung angeht, doch eher reservierten Film wie OLTRE IL GUADO. Bianchini nämlich beobachtet seinen namenlosen Helden, der den Großteil des Films schauspielerisch exzelltn damit verbringt, wortkarg ein Gespensterdorf auszukundschaften, stets von außen her, wählt sozusagen eine objektive Sicht auf ihn, bebildert seinen Alltag im Wald naturalistisch. Cattet/Forzani indes sind dafür berühmt und berüchtigt, regelrecht in ihre Protagonisten einzutauchen, sich so sehr in ihren Seelenleben zu verfangen, dass ihre Filme eine subjektive Ausrichtung erhalten, die sie prädestiniert dafür machen, von Psychoanalytikern auseinandergenommen zu werden, jedoch nicht dafür, wie Bianchini es tut, klare, verständliche Handlungen zu schildern, die von A nach B verlaufen.
Da ich die Gelegenheit hatte, OLTRE IL GUADO in den letzten Monaten gleich zweimal zu sehen, habe ich am eigenen Leib festgestellt wie verschieden die Wirkung sein kann, die der Film auf seine Zuschauer hat. Bei der ersten Sichtung fand ich ihn spätestens nach den ersten zwanzig Minuten zum Sterben langweilig und musste mich zwingen, ihn überhaupt bis zum Ende durchzustehen. Bei der zweiten Sichtung ließ ich mich einlullen von seiner fast schon meditativen inhaltlichen Leere, von seinen ruhigen, unaufgeregten Bildern, von der Konsequenz, mit der Bianchini seinen Haupt- und nahezu einzigen Darsteller kommentarlos dabei zuschaut wie er mehr und mehr eingesogen wird von der seltsamen Stimmung, die innerhalb der Mauern der von ihm entdeckten Ruinensiedlung herrscht. OLTRE IL GUADO ist ein Film, bei dem es wohl vor allem auf die Tagesform ankommt, in der man ihn schaut. Dass in ihm nun wirklich nichts bis gar nichts passiert, kann sich sowohl zur wahren Geduldsprobe auswachsen, einen aber ebenso, sofern man sich darauf einlässt, in Grenzzustände irgendwo zwischen Schlaf und Wach entrücken.
CUSTODES BESTIAE, knapp zehn Jahre zuvor entstanden, ist Bianchinis Debutfilm, produziert von ihm selbst unter dem vielsagenden Firmentitel ArgentoVivo für, liest man im Netz, gerade mal 3.000 Euro. Nicht so sehr die Werke Dario Argentos scheinen mir für CUSTODES BESTIAE als Inspirationsquelle hergehalten haben, vielmehr orientiert Bianchini sich an den einzigen beiden Genrefilmen Pupi Avatis, den mutmaßlich bereits Stephen King beeinflusst habenden ZEDER (1983) sowie die vorzügliche Mixtur von Horror und Giallo LA CASA DALLE FINESTRE CHE RIDONO (1976). Von beiden, wie ich finde, Meisterwerken lassen sich in CUSTODES BESTIAE mehr oder minder deutliche Spuren finden. Wie in ZEDER ist es ein Mann der Worte – bei Avati ein Schriftsteller, bei Bianchini ein Zeitungsjournalist -, der, in gewisser Weise unwillentlich, in äußerst mysteriöse Begebenheiten hineingezogen wird – dort verwickelt eine Schreibmaschine vom Flohmarkt den Schriftsteller in Okkultgeheimnisse, deren Lüften ihn schließlich in Lebensgefahr bringt, hier trifft sich unser Journalist mit einem Professor, der ihn in ominöse Verschwörungstheorien die Katholische Kirche betreffend einweihen möchte. Als besagter Professor spurlos verschwindet, nimmt unser Held die Ermittlungen, ebenfalls wie in ZEDER, in die eigenen Hände und wühlt sich tiefer und tiefer in Dinge, die einige Leute so sehr unaufgewühlt wissen möchten, dass sie ihm alsbald nach dem Leben trachten. Der Journalist erhält dabei problemlos Zugang zu Archiven, Klöstern, Krankenhäusern, einzig seinen Presseausweis muss er vorzeigen. Ein Privatleben scheint er, im Gegensatz zu dem Protagonisten in ZEDER, ebenso nicht zu besitzen. Über ihn als Person erfahren wir rein gar nichts. CUSTODES BESTIAE beschränkt sich darauf, seine Ermittlungen zu schildern. Was für ein Mensch hinter dem Ermittler steckt, interessiert Bianchini genauso wenig wie er uns seinen Ethologen in OLTRE IL GUADO näher vorstellt. Wo dieser aber immerhin in eine Ausnahmesituation gerät, in der seine Biographie, seine Familie, sein Alltag keine Rolle spielt, agiert der Journalist in CUSTODES BESTIAE inmitten seines normalen Umfeldes, sprich: an seinem Arbeitsplatz, in seinen eigenen vier Wänden, in seiner Heimatstadt.
Das, worauf er bei seinen Nachforschungen stößt, kennt der Restaurateur, der sich in LA CASA DALLE FINESTRE CHE RIDONO in ein kleines Dörfchen nahe Ferrara aufmacht, um dort, natürlich, Stück für Stück dem Übernatürlichen in die Falle zu gehen, nur allzu gut: ein Kirchenfresko mit geheimen Botschaften, suizidgefährdete Priester – der in CUSTODES BESTIA erhängt sich, wie wir in einer Rückblende erfahren, stilecht an einem Glockenseil! -, Künstler, Inquisitoren, Hexen aus dem sechzehnten Jahrhundert, die auf Namen hören wie Calegari oder Giovanni Baptista Taffone, und über die unser Journalist in spinnwebenverhangenen, gelbvergilbten Chroniken, Prozessakten und Privatbriefen liest. Einen Vorwurf muss ich Bianchini gerade in Bezug auf letztere machen. Während CUSTODES BESTIAE zunächst noch einigermaßen spannend und schwungvoll beginnt, tendiert der Film mit zunehmender Laufzeit dazu, sich komplett in den zahllosen Namen, Orten, Ereignissen der Vergangenheit zu verlieren, die er anführt, um das Verschwinden des Professors und das Ergebnis seiner Studien zu erklären. Ab einem bestimmten Zeitpunkt war mir schlicht nicht mehr klar, wer wann in welcher Kirche wen in welchem Jahrhundert ermordet hatte und wieso dieses Fresko in irgendeinem anderen Kloster nun unbedingt als Photokopie von diesem oder jenem Ort stibitzt hatte werden müssen. Obwohl CUSTODES BESTIA sehr dialoglastig ist – im Vergleich zu OLTRE IL GUADO regiert hier die Sprachflut eines Eric Rohmer -, schafft er es nicht, die vielen Bezüge und Querverweise zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenzusetzen – zumindest nicht für mich, der ich nicht wiedergeben könnte, wie all das, was der Journalist nach und nach in Erfahrung bringt, denn nun wirklich konkret zusammenhängt.
Dass CUSTODES BESTIAE niemals anders aussieht als eine Amateurproduktion, die ihr limitiertes Budget nur schwerlich bemänteln kann, mag etwas sein, das man Bianchini, der es immerhin vollbracht hat, aus einer Handvoll Mitteln einen Langfilm zu stemmen, der nicht bloß aus einer einzigen Einstellung in einem einzigen Raum besteht, nicht unbedingt vorwerfen sollte. Trotzdem lässt er jedwede inszenatorische Finesse weitgehend vermissen. Seine Bilder sehen aus wie gemacht: man hat die Kamera aufgestellt, die Personen davor positioniert, auf Record gedrückt. Spannende Bildkompositionen, kreative Kamerabewegungen, rhythmischer Schnitt, das alles findet sich in CUSTODES BESTIAE nicht, und ist schade, gerade wenn man ihn dann doch mit seinen Vorbildern, Avati und Argento, vergleicht. Natürlich operierten Argento und Avati allein schon ökonomisch auf einem ganz anderen Level, nichtsdestotrotz wäre es schön gewesen, hätte Bianchini sich mehr getraut als die meisten Szenen recht statisch und wenig ausgefeilt in den Kasten zu bringen. Bianchini nutzt das Vorhandene, um daraus eine unheimlich-bedrohliche Atmosphäre zu evozieren. Der Prolog zum Beispiel spielt auf einem Flohmarkt. Es ist taghell, die Stände sind übervoll mit Ramsch: davor hat niemand Angst. Bianchini lässt aber nun die Kamera über Dinge fahren, die diesen harmlosen Eindruck unterwandern sollen, alter Kirchenkram, ein gekreuzigter Christus, Plüschmönche. Später sitzt unser Held in einer Bibliothek und wälzt Folianten. Bianchini hört nicht auf damit, sich andauernd in Großaufnahme auf Heiligenstatuenköpfe oder Details innerhalb bibeltreuer Gemälde einzuschießen. Das kann funktionieren, muss es aber nicht. In CUSTODES BESTIAE tut es das meist weniger. Einmal immerhin setzt er exzessives Grünlicht ein, um unseren schlafenden Held damit anzustrahlen: eine klare Reminiszenz an SUSPIRIA. Außerdem gibt es einen unterhaltsamen Score, mit deutlichem Kopfnicken Richtung Goblin, eine Szene, in der eine Fliege von einer losgehenden Türklingel zerquetscht wird, den bereits erwähnten Priester, der am Glockenseil baumelt, und, gegen Ende, eine Episode, in der Bianchini sich für ein paar Minuten offensichtlich im Film geirrt hat und plötzlich mitten hinein in Borowczyks BÊTE (1975) gestolpert ist.
Eine Frage, die mich nicht loslässt, ist: was könnte das für ein Film werden, wenn jemand wie Bianchini, der, wie er in CUSTODES BESTIAE beweist, es versteht, zumindest auf dem Papier eine interessante Geschichte im klassischen Italo-Horror-Stil zu entwerfen, sie dann aber leider in einer einfallslosen Inszenierung erstickt, sich mit jemandem wie Cattet/Forzani zusammentun würde, die eine visuelle Meisterleistung nach der andern vorlegen, bislang aber kein Interesse daran gezeigt haben, diese in den Dienst einer, wenn auch rudimentären, Narration zu stellen...
Da ich die Gelegenheit hatte, OLTRE IL GUADO in den letzten Monaten gleich zweimal zu sehen, habe ich am eigenen Leib festgestellt wie verschieden die Wirkung sein kann, die der Film auf seine Zuschauer hat. Bei der ersten Sichtung fand ich ihn spätestens nach den ersten zwanzig Minuten zum Sterben langweilig und musste mich zwingen, ihn überhaupt bis zum Ende durchzustehen. Bei der zweiten Sichtung ließ ich mich einlullen von seiner fast schon meditativen inhaltlichen Leere, von seinen ruhigen, unaufgeregten Bildern, von der Konsequenz, mit der Bianchini seinen Haupt- und nahezu einzigen Darsteller kommentarlos dabei zuschaut wie er mehr und mehr eingesogen wird von der seltsamen Stimmung, die innerhalb der Mauern der von ihm entdeckten Ruinensiedlung herrscht. OLTRE IL GUADO ist ein Film, bei dem es wohl vor allem auf die Tagesform ankommt, in der man ihn schaut. Dass in ihm nun wirklich nichts bis gar nichts passiert, kann sich sowohl zur wahren Geduldsprobe auswachsen, einen aber ebenso, sofern man sich darauf einlässt, in Grenzzustände irgendwo zwischen Schlaf und Wach entrücken.
CUSTODES BESTIAE, knapp zehn Jahre zuvor entstanden, ist Bianchinis Debutfilm, produziert von ihm selbst unter dem vielsagenden Firmentitel ArgentoVivo für, liest man im Netz, gerade mal 3.000 Euro. Nicht so sehr die Werke Dario Argentos scheinen mir für CUSTODES BESTIAE als Inspirationsquelle hergehalten haben, vielmehr orientiert Bianchini sich an den einzigen beiden Genrefilmen Pupi Avatis, den mutmaßlich bereits Stephen King beeinflusst habenden ZEDER (1983) sowie die vorzügliche Mixtur von Horror und Giallo LA CASA DALLE FINESTRE CHE RIDONO (1976). Von beiden, wie ich finde, Meisterwerken lassen sich in CUSTODES BESTIAE mehr oder minder deutliche Spuren finden. Wie in ZEDER ist es ein Mann der Worte – bei Avati ein Schriftsteller, bei Bianchini ein Zeitungsjournalist -, der, in gewisser Weise unwillentlich, in äußerst mysteriöse Begebenheiten hineingezogen wird – dort verwickelt eine Schreibmaschine vom Flohmarkt den Schriftsteller in Okkultgeheimnisse, deren Lüften ihn schließlich in Lebensgefahr bringt, hier trifft sich unser Journalist mit einem Professor, der ihn in ominöse Verschwörungstheorien die Katholische Kirche betreffend einweihen möchte. Als besagter Professor spurlos verschwindet, nimmt unser Held die Ermittlungen, ebenfalls wie in ZEDER, in die eigenen Hände und wühlt sich tiefer und tiefer in Dinge, die einige Leute so sehr unaufgewühlt wissen möchten, dass sie ihm alsbald nach dem Leben trachten. Der Journalist erhält dabei problemlos Zugang zu Archiven, Klöstern, Krankenhäusern, einzig seinen Presseausweis muss er vorzeigen. Ein Privatleben scheint er, im Gegensatz zu dem Protagonisten in ZEDER, ebenso nicht zu besitzen. Über ihn als Person erfahren wir rein gar nichts. CUSTODES BESTIAE beschränkt sich darauf, seine Ermittlungen zu schildern. Was für ein Mensch hinter dem Ermittler steckt, interessiert Bianchini genauso wenig wie er uns seinen Ethologen in OLTRE IL GUADO näher vorstellt. Wo dieser aber immerhin in eine Ausnahmesituation gerät, in der seine Biographie, seine Familie, sein Alltag keine Rolle spielt, agiert der Journalist in CUSTODES BESTIAE inmitten seines normalen Umfeldes, sprich: an seinem Arbeitsplatz, in seinen eigenen vier Wänden, in seiner Heimatstadt.
Das, worauf er bei seinen Nachforschungen stößt, kennt der Restaurateur, der sich in LA CASA DALLE FINESTRE CHE RIDONO in ein kleines Dörfchen nahe Ferrara aufmacht, um dort, natürlich, Stück für Stück dem Übernatürlichen in die Falle zu gehen, nur allzu gut: ein Kirchenfresko mit geheimen Botschaften, suizidgefährdete Priester – der in CUSTODES BESTIA erhängt sich, wie wir in einer Rückblende erfahren, stilecht an einem Glockenseil! -, Künstler, Inquisitoren, Hexen aus dem sechzehnten Jahrhundert, die auf Namen hören wie Calegari oder Giovanni Baptista Taffone, und über die unser Journalist in spinnwebenverhangenen, gelbvergilbten Chroniken, Prozessakten und Privatbriefen liest. Einen Vorwurf muss ich Bianchini gerade in Bezug auf letztere machen. Während CUSTODES BESTIAE zunächst noch einigermaßen spannend und schwungvoll beginnt, tendiert der Film mit zunehmender Laufzeit dazu, sich komplett in den zahllosen Namen, Orten, Ereignissen der Vergangenheit zu verlieren, die er anführt, um das Verschwinden des Professors und das Ergebnis seiner Studien zu erklären. Ab einem bestimmten Zeitpunkt war mir schlicht nicht mehr klar, wer wann in welcher Kirche wen in welchem Jahrhundert ermordet hatte und wieso dieses Fresko in irgendeinem anderen Kloster nun unbedingt als Photokopie von diesem oder jenem Ort stibitzt hatte werden müssen. Obwohl CUSTODES BESTIA sehr dialoglastig ist – im Vergleich zu OLTRE IL GUADO regiert hier die Sprachflut eines Eric Rohmer -, schafft er es nicht, die vielen Bezüge und Querverweise zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenzusetzen – zumindest nicht für mich, der ich nicht wiedergeben könnte, wie all das, was der Journalist nach und nach in Erfahrung bringt, denn nun wirklich konkret zusammenhängt.
Dass CUSTODES BESTIAE niemals anders aussieht als eine Amateurproduktion, die ihr limitiertes Budget nur schwerlich bemänteln kann, mag etwas sein, das man Bianchini, der es immerhin vollbracht hat, aus einer Handvoll Mitteln einen Langfilm zu stemmen, der nicht bloß aus einer einzigen Einstellung in einem einzigen Raum besteht, nicht unbedingt vorwerfen sollte. Trotzdem lässt er jedwede inszenatorische Finesse weitgehend vermissen. Seine Bilder sehen aus wie gemacht: man hat die Kamera aufgestellt, die Personen davor positioniert, auf Record gedrückt. Spannende Bildkompositionen, kreative Kamerabewegungen, rhythmischer Schnitt, das alles findet sich in CUSTODES BESTIAE nicht, und ist schade, gerade wenn man ihn dann doch mit seinen Vorbildern, Avati und Argento, vergleicht. Natürlich operierten Argento und Avati allein schon ökonomisch auf einem ganz anderen Level, nichtsdestotrotz wäre es schön gewesen, hätte Bianchini sich mehr getraut als die meisten Szenen recht statisch und wenig ausgefeilt in den Kasten zu bringen. Bianchini nutzt das Vorhandene, um daraus eine unheimlich-bedrohliche Atmosphäre zu evozieren. Der Prolog zum Beispiel spielt auf einem Flohmarkt. Es ist taghell, die Stände sind übervoll mit Ramsch: davor hat niemand Angst. Bianchini lässt aber nun die Kamera über Dinge fahren, die diesen harmlosen Eindruck unterwandern sollen, alter Kirchenkram, ein gekreuzigter Christus, Plüschmönche. Später sitzt unser Held in einer Bibliothek und wälzt Folianten. Bianchini hört nicht auf damit, sich andauernd in Großaufnahme auf Heiligenstatuenköpfe oder Details innerhalb bibeltreuer Gemälde einzuschießen. Das kann funktionieren, muss es aber nicht. In CUSTODES BESTIAE tut es das meist weniger. Einmal immerhin setzt er exzessives Grünlicht ein, um unseren schlafenden Held damit anzustrahlen: eine klare Reminiszenz an SUSPIRIA. Außerdem gibt es einen unterhaltsamen Score, mit deutlichem Kopfnicken Richtung Goblin, eine Szene, in der eine Fliege von einer losgehenden Türklingel zerquetscht wird, den bereits erwähnten Priester, der am Glockenseil baumelt, und, gegen Ende, eine Episode, in der Bianchini sich für ein paar Minuten offensichtlich im Film geirrt hat und plötzlich mitten hinein in Borowczyks BÊTE (1975) gestolpert ist.
Eine Frage, die mich nicht loslässt, ist: was könnte das für ein Film werden, wenn jemand wie Bianchini, der, wie er in CUSTODES BESTIAE beweist, es versteht, zumindest auf dem Papier eine interessante Geschichte im klassischen Italo-Horror-Stil zu entwerfen, sie dann aber leider in einer einfallslosen Inszenierung erstickt, sich mit jemandem wie Cattet/Forzani zusammentun würde, die eine visuelle Meisterleistung nach der andern vorlegen, bislang aber kein Interesse daran gezeigt haben, diese in den Dienst einer, wenn auch rudimentären, Narration zu stellen...