Abt. Terza-Visione-Festival des italienischen Genrefilms 2019
Ein Verdienst, das ich SUSPIRIA nie vergessen werde, ist, mich als vergleichsweise jungen Menschen direkt mit der Magie des Kinos infiziert zu haben – und das, obwohl ich ihn damals auf einem kleinen Fernsehschirm in eher erbarmenswerter Qualität sehe. Letztes Jahr erstmals (dafür dann dreimal) im Kino als DCP, nun endlich 35mm, und zwar in der alten deutschen Kinofassung, aus der Rudolf Schündler komplett ausgeixt ist, und außerdem die eklige Großaufnahme eines mit Messers Spitze penetriert werdenden, noch pulsierenden Herzens fehlt. Dafür sind aber all die schönen Momente vorhanden, die mir, gewissermaßen, seinerzeit das Kino erklärt haben, und die sich (glücklicherweise, möchte man sagen) nur halbseiden zu einem runden, sprich, rationalen Gesamtbild zusammenfügen.
Über manche Filme – (und dazu gehört SUSPIRIA definitiv) – ist wohl schon so viel gesprochen, so viel gedacht, so viel geschrieben worden, dass ich das Gefühl haben würde, mit meinem euphorischen Lob nur Dinge zu wiederholen, die sowieso bereits Gemeingut sind, würde ich den Versuch unternehmen, diesem Gesamtkunstwerk aus Tönen, Licht, grellrotem Kunstblut und einem Studionachbau der Fassade des Freiburger "Haus zum Walfisch" auch nur ansatzweise gerecht zu werden. Deshalb bleibt wohl nur der autobiographische Annäherungsweg offen. Kurz und bündig daher aus meinem intimen Tagebuch: Einer der schaurigsten Momente der Filmgeschichte sieht für mich wie folgt aus: Suzy und ihre Tanzkolleginnen müssen aufgrund akuten Madenbefalls der restlichen Ballett-Schule die Nacht in der Aula verbringen; sie schlafen schon, da weckt ihre Busenfreundin Sara ein Röcheln; das könne nur die Leiterin der Akademie sein, die bislang keine der Schülerinnen zu Gesicht bekommen hätte, flüstert sie unserer Heldin zu; schon einmal habe sie dieses Röcheln vernommen, vor einem Jahr, und kurz darauf seien einige der Schülerinnen verschwunden gewesen; Suzys ängstlich lauschendes Gesicht; Saras Insistieren; Zoom auf die keuchende Oma-Hexen-Silhouette hinter ihnen, unsichtbar für die Mädchen, aber sichtbar für mich, der in dieser Sekunde jedes Mal (und zwar wirklich: jedes Mal!) eine Gänsehaut kriegt.