TV-Jahrbuch 1990 – Die Fernseh-Höhepunkte

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buxtebrawler
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TV-Jahrbuch 1990 – Die Fernseh-Höhepunkte

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TV-Jahrbuch 1990 – Die Fernseh-Höhepunkte: Filmhits und Serien, Sport, Stars und Klassiker

ISBN: 3-927779-04-0

Nachdem die Redaktion der Kinozeitschrift „Cinema“ Ende 1988 das Buch „Spielfilme 89 – Die Höhepunkte des Fernseh-Jahres“ herausgebracht hatte, firmierte dessen Nachfolger, das Ende 1989 erschienene „TV-Jahrbuch 1990“, unter „Video Plus“ – einem 1989 ins Leben gerufenen „Cinema“-Ableger, der sich vornehmlich dem aktuellen Heimkino-Angebot widmete. Als Verlag wurde nun nicht mehr die Kino Verlag GmbH, sondern die Video Zeitschriften Verlag GmbH angegeben. Neben den von den Sendern bestätigten Spielfilm-Höhepunkten des frei empfangbaren TV-Programms wurde der Inhalt des 188 Seiten starken Bands um TV-Serien, Sport-Großereignisse und einen Statistikteil erweitert. Außerdem war, wie bereits dem broschierten Einband zu entnehmen ist, ein weiterer TV-Sender hinzugekommen: Zu den sechs bekannten aus dem Jahr 1989 gesellte sich nun Pro7. Stallone im Allgemeinen und sein trashiger „Over The Top“ im Speziellen schienen damals zu ziehen, so schaffte sein entsprechendes Motiv es aufs Cover (nachdem er auf dem Vorgänger bereits als Rocky abgebildet war) und gilt jenem Film auch der erste Artikel.

Die Erstausgabe der „TV Spielfilm“ ließ noch bis August 1990 auf sich warten, sodass auch diese Buchveröffentlichung Sinn ergab. Die Rubriken lauteten nun „Spielfilme 1990“, „Serien 1990“, „Erotik 1990“, „Stars 1990“, „Sport 1990“ und „Statistik“, neben einem allgemeinen Editorial des Chefredakteurs Willy Loderhose jeweils von einem eigenen, die damalige Entwicklung reflektierenden Vorwort eingeleitet. Ein Jahresplaner zum Ausklappen lieferte eine tabellarische, grob kalendarische Übersicht, in welchem Monat jeweils mit welcher Ausstrahlung auf welchem Sender zu rechnen war. Tele5, Sat.1 und Pro7 allerdings konnten offenbar noch nicht so weit in die Zukunft planen und der Redaktion daher nur unvollständige Angaben übermitteln. Der Spielfilmteil bildet weiterhin das Herzstück und wurde noch einmal in die Unterkategorien „Filmhits des Jahres“ (darunter „Over The Top“, „Moonraker“ und „Barfly“), „Filmreihen“, „Filmhits im Fernsehen“ und „Filmklassiker“ unterteilt. Bis auf zwei Ausnahmen („Moonraker“ und „1900“) handelte es sich bei den „Filmhits des Jahres“ um mutmaßlich bisher selten oder noch gar nicht im Free-TV gelaufene Filme von Mitte bis Ende der 1980er.

Offenbar hatten seinerzeit auch die Privatsender das Konzept der Filmreihen für sich entdeckt. So strahlte Sat.1 gleich fünf Filme Akira Kurosawas aus und Pro7 sendete sage und schreibe 19 Filme mit Beteiligung Humphrey Bogarts – sowie neun Filme Claude Chabrols. Das ZDF widmete sich Woody Allen, den Marx Brothers, Fritz Lang, Jean-Luc Godard und Roger Corman (!), das ARD hält mit dem Neuen britischen Kino leidlich dagegen. Die meisten innerhalb dieser Reihen gezeigten Filme werden nicht ausführlich vorgestellt, sondern sind Teil einer allgemeinen, im Fließtext verfassten Abhandlung über den Aufhänger der jeweiligen Retrospektive. Die eher sinnfrei betitelte Rubrik „Filmhits im Fernsehen“ wartet erneut mit jeder Menge Filmstoff aus den vergangenen fünf 1980er-Jahren auf, lediglich neun Titel sind älter. Es finden sich u.a. Filme wie „Mein wunderbarer Waschsalon“, „Der Joker“ mit Peter Maffay (seinerzeit von mir auf VHS mitgeschnitten), „Die Maske“, der mich zu Tränen rührte, sowie die kultige „House“/“House II“-Doppelbedienung, seinerzeit in umgekehrter Reihenfolge auf RTL plus gelaufen, anmoderiert und um ein Horror-Quiz ergänzt – auch diese Ausstrahlung befindet sich in meinem VHS-Archiv. Leider fehlen zum Teil die Längen- und Jahresangaben zu den Filmen. Auch bei den Klassikern, die keiner Filmreihe zugeordnet wurden, tat sich das ZDF mit Titeln wie „Ben Hur“, „La Dolce Vita“ und „Doktor Schiwago“ hervor – und RTL plus überraschte mit Ingmar Bergmans „Das Schlangenei“.

Die meisten Filmvorstellungen sind erneut mit großformatigen Szenenfotos illustriert und schwanken zwischen Inhaltsangaben (teilweise mit Spoilern), Hintergrundinformationen und oberflächlichen Kritiken. Das Durchblättern und Schwelgen in Erinnerungen macht dann auch mehr Spaß als das Lesen an sich, wobei sich auch für kundige Filmfreaks immer mal wieder ein Geheimtipp oder vergessenes Highlight finden dürfte. Vor allem drängt sich das Fazit auf, dass 1990 gerade auch durch die Dualisierung des Fernsehmarkts ein gutes TV-Jahr für Filmfreunde war – zumal die Privatsender die Filme i.d.R. noch durch lediglich eine einzige Werbepause unterbrachen.

Der Serienabschnitt kann sich ebenfalls sehen lassen: Der 1960er-Jahre „Batman“ mit Adam West erlebte auf Sat.1 seinen zweiten Frühling, David Hasselhoff durfte weiter den „Knight Rider“ geben, RTL plus bot mit „Wunderbare Jahre“ ein noch immer mit am stärksten auf dem Heimkinomarkt vermisstes Serien-Highlight sowie mit „Doctor Who“ abgefahrenen Stoff für Science-Fiction-Fans, „Alf“ kehrte im ZDF zurück und ebendort trat eine neue Enterprise-Besatzung in „Star Trek – The Next Generation“ ihren Dienst an. Die Eigenproduktion „Peter Strohm“ flimmerte in der ARD, wo auch die „Duck Tales“ ihr Zuhause fanden, usw.

Der Erotikteil wurde losgelöst vom übrigen Inhalt und somit separat behandelt, eingeleitet von einer allgemeinen Abhandlung über erotische Formate im TV, auch über Spielfilme hinaus (Stichwort: „Tutti Frutti“ & Co.). Mit lediglich drei Filmen – „Das große Fressen“, „L’Amour braque“ und „Belle de Jour“ – ist dieser Bereich jedoch arg dünn besiedelt. Anders das Kapitel „Stars 1990“, das Manfred Krug, Ulrike Folkerts, Götz George, Thomas Gottschalk, Desirée Nosbusch, Uschi Nerke, Erika Berger, Renan Demirkan, Hella von Sinnen, Karl Dall, Tom Selleck und David Hasselhoff porträtiert und Informationen zu ihren damaligen TV-Auftritt liefert. Mit den Ausblicken auf damals zukünftige Aktivitäten (Beispiel Gottschalk: „Fest steht bisher nur, dass [er] ab Juli 1990 eine 45-minütige Sendung für den privaten Fernsehsender machen wird.“ – bekanntlich wurde daraus Deutschlands erste echte Late-Night-Show auf RTL plus), die mit dem bisherigen Verlauf der Karriere verknüpft werden, ist dieser Bereich besonders lesenswert. Im Sportteil sind dann Tennis und „Italia ’90“, die Herren-Fußballweltmeisterschaft in Italien, Thema. Ein sachlicher, mit vielen Zahlen unterfütterter Hintergrundartikel zum Tennis ruft ins Gedächtnis, dass die Privatsender damals großen Anteil daran hatten, diesen Sport ins Fernsehen zu bringen, sodass 1989 so viel Tennis im deutschen TV lief wie nie zuvor. Der Ausblick auf die Fußball-WM liest sich natürlich mit besonderer Genugtuung. Der Statistikteil schließlich liefert diverse Übersichten über Marktanteile, Einschaltquoten u.ä. des Fernsehjahres 1989.

Ein Inhaltsverzeichnis, ein Index und ein ausführliches Adressverzeichnis runden diesen Band ab, der wie sein Vorgänger auf festem, wertigem Papier gedruckt wurde und sich prima in den Regalen sowohl von TV-Nostalgiker(inne)n als auch Medienforscher(inne)n macht. Größter Wermutstropfen: Die o.g. unvollständigen Angaben dreier Privatsender.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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