
Schwermetall präsentiert Band 22: Tanino Liberatore – Video Clips
Das 22. Album der „Schwermetall präsentiert“-Reihe aus dem Alpha-Verlag erschien im Jahre 1989, im Original bereits 1984. Das 64-seitige Softcover-Album gehört dem italienischen Comiczeichner Tanino Liberatore (der im Patatext auf der Rückseite seltsamerweise
Gaetano mit Vornamen genannt wird) und kompiliert mehrere seiner Geschichten – sowie einige vollfarbige, ganzseitige Damenporträts.
„Eingesperrt“, die erste Geschichte dieser handgeletterten Sammlung, ist eine bitterböse, die von einem vollständig gelähmten Senior handelt, der von seiner Betreuerin und deren Freund zunächst im Spiel, dann aber immer fieser regelrecht gefoltert und misshandelt wird – und die seine Rachegedanken visualisiert...
Sleaziger Horror vom Derbsten, zudem vollfarbig dargereicht.
Mit „Sax Blues“ geht’s im schwarzweißen
Noir-Stil weiter: Ein Saxophonist gerät an eine Nachtclubsängerin, die sich als
Femme fatale entpuppt. Zynischerweise verzichtet Liberatore auf einen negativen Ausgang für den Protagonisten, wodurch die Geschichte aber auch etwas nichtssagend wirkt – von einem Seitenhieb auf New York abgesehen.
Ebenfalls schwarzweiß ist die Science-Fiction-Story „Erde gegen Saturn“, in der die Saturnier die Erde friedlich kolonisieren wollen, doch kommunikative Missverständnisse mit Kneipengästen zur Eskalation führen. Humorig. Die Saturnier haben in ihren Sprechblasen eine eigene Sprache, die jeweilige Übersetzung ist anbei. Um die Erdlinge kennenzulernen, sehen sie sich übrigens einen Clark-Gable-Film an; einen entsprechenden Screenshot hat Liberatore in seine Zeichnung eingebettet.
Wir bleiben in der schwarzweißen Science-Fiction: „Folly Bololy“ handelt von einer dystopischen Diktatur, in der die Menschen zunehmend mit implementieren Schnittstellen zu elektrischen Geräten herumlaufen und schließlich ein Diktator gestürzt wird. „E.M.P.S.“ ist eine abermals unkolorierte sozialistische Dystopie um eine Psychiatrie, in der ein Kerl mit Superman fickt... Eine köstlich respektlose Persiflage mit zensierten Sprechblasen als Stilelement.
In Farbe präsentiert sich „Real Vision“ um eine sadistische Geiselnahme, deren Ausgang ich nicht verstanden habe. „Bitte keine Fotos“ entpuppt sich als farbiger Mystery-Thriller um ein Fotomodell, das seine Fotografen um sich versammelt und einen nach dem anderen umbringt – mit überraschender Begründung. Leider kommt die Story mit der Zählweise durcheinander. Das Album schließt mit einem
Onepager um eine überraschende Geschlechtsverschleierung bei Raub und Vergewaltigung.
Der Titel irritiert mich, denn der Bezug zur Videotechnologie wird mir (abgesehen vom Clark-Gable-Film) nicht klar. Davon unabhängig handelt es sich um eine interessante, provokante Zusammenstellung für eine erwachsene Leserschaft, für die sich Liberatore unterschiedlicher Erzähl- und an den Realismus angelehnter Zeichenstile bedient und sich für Panelstruktur etc. jede Freiheit herausnimmt, die er dafür benötigt.