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buxtebrawler hat geschrieben:In der Tat ein Must-Hear-and-See, wobei die Serie zumindest in Deutschland weitestgehend in Vergessenheit geraten zu sein scheint. Mir sagte sie ehrlich gesagt auch nichts, der Titel las sich für mich wie ein Stück bayrische Mundart und ich musste erst die OFDb bemühen.
Hm, mit Bayern habe ich es zwar nie per se in Verbindung gebracht, aber es soll eine deutsche Version der Gruppe Krügers Nationalpark geben (der deutsche Serienanfang wahrscheinlich?). Ich hab sie nur noch nicht gesucht (da ich Angst habe, sie zu finden).
Dass es eine Band namens "Krügers Nationalpark" gab, hätte ich ja ins Reich der Fabel verwiesen, aaaber in der Röhre gibt es tatsächlich von denen die deutsche Version von "Girls, girls, girls", und die kenne ich tatsächlich aus früher Kindheit!
Platz 7 Diverses: „Goodbye My Friend“ (Guido und Maurizio de Angelis, Sybil & Guy) aus „Ein Mann schlägt zurück”
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Als ich für den diesjährigen Countdown nochmal durch Enzo G. Castellaris „Ein Mann schlägt zurück“ spulte, war ich überrascht, wie oft der Song „Goodbye My Friend“ verwendet wird. In meiner Erinnerung ist er lediglich am Schluss zum Einsatz gekommen, tatsächlich wird er aber auch als Titel-Song über den Vorspann gelegt und während des Filmes hört man ihn mehrmals als Vokal-, Instrumental- und Piano-Version. Meine mentale Negation dieses breiten Verwendungsspektrums hat jedoch keineswegs zur Ursache, dass das Lied an diesen anderen Stellen unpassend wäre, ganz im Gegenteil: Durch die markanten Änderungen, die der Ton des Songs erfährt, passen Teile von ihm hervorragend zu ruhigen Dialog-Stellen, während andere Passagen actionreiche Momente wunderbar untermalen. Ich habe all dieses jedoch in meiner Erinnerung ignoriert, weil er einfach so unsagbar gut zum Filmende passte!
Der Film endet damit,
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dass Franco Nero und Giancarlo Prete eine Spoilerwarnung lesen und sich danach drei Verbrechern – unter ihnen Massimo Vanni! – zum Showdown in einer Lagerhalle stellen. Die Übeltäter segnen im folgenden Kampf allesamt das Zeitliche, allerdings wird auch Giancarlo Prete tödlich verwundet. Franco Nero spielt mit ihm die Stelle aus Bruno Matteis „Cobra Force“, in der Reb Brown dem sterbenden Kind von Disneyland erzählt, nach (nur mit dem erwachsenen Äquivalent von Disneyland: AUTOWERKSTÄTTEN!) Noch ganz von dieser dramatischen Einstellung mitgenommen, folgt die finale Szene, in der Nero auf dem Polizeirevier erfahren muss, dass Verbrechen immer noch existiert und sich die Exekutive nicht gerade sonderlich enthusiastisch zeigt, etwas dagegen zu machen.
Alles furchtbar deprimierend, aber der hartgesottene Zuseher verkneift sich noch die Tränen, bis plötzlich „Goodbye My Friend“ in all seiner Glorie ertönt.
Schon die ersten Töne des Songs sind der reinste Trauermarsch. Die Melodie bleibt ruhig und getragen; durch zusätzliche Instrumente kommt allerdings eine gewisse Steigerung hinzu, bis das Lied nach ungefähr einer Minute völlig ausbricht und mit heftig, lauten Elektrotönen aufwartet.
Damit spiegelt die musikalische Ebene geradezu die trauernden Gefühle des Protagonisten wieder: Angefangen von leichten, deprimierenden Klängen über die wachsende Verzweiflung bis hin zu einem regelrechten Ausruf des Schmerzes. Nie zuvor und niemals mehr ist himmelsschreiender Schmerz so erfolgreich in Noten gefasst worden (und das soll ein Kompliment sein!).
Und das Beste an allem: Der Gesang von Sybil und Guy macht das ganze diesmal noch ergreifender. Ich hoffe, all die verärgerten „Keoma“-Fans werden versöhnlich gestimmt, wenn ich zugebe, dass – obwohl ich das Keoma-Thema als Instrumentalversion liebe und als Vokalversion dulde – erst die Stimmen der beiden Sänger „Goodbye My Friend“ großartig machen.
Sybil hält sich diesmal eher im Hintergrund. Ohne sonderlich mit ihrer Stimme herumzualbern beschränkt sie sich den Refrain zu singen, ja wird fast zu einer Background-Sängerin degradiert. Allerdings macht sie das sehr gut und ihre angenehme Stimme bietet diesmal einen willkommenen Kontrast zu Guy. Dieser hängt sich vollkommen rein, allerdings ohne – meiner Meinung nach – die Grenzen zur Albernheit zu überschreiten. Während der ruhigeren Passagen klingt seine Stimme trauernd, klagend; kaum steigern sich die Instrumente legt er auch mehr Gewicht auf seine Stimme und brüllt geradezu seinen Schmerz heraus. Ähnlich wie der Sänger von „Texas Goodbye“ doch wesentlich ungezwungener, hemmungsloser und damit mitreißender.
Platz 7 Western: „Walk by my Side“ (Francesco De Masi, Raoul) aus „Django – Ein Sarg voll Blut” uns „Django – Tag der Abrechnung“
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„Walk by my Side“ genießt nicht die Popularität eines „A Man Alone“ oder „Texas Goodbye“, dabei kommt es in doppelt so vielen Filmen vor (allerdings nicht in so vielen Filmen, wie das „Django“-Thema)! Nachdem es für den Film „Django – Ein Sarg voll Blut“ aufgenommen worden war (komponiert von Francesco de Masi, gesungen von dem Sänger des „Arizona Colt“-Themas Raoul), wurde es ein Jahr später für „Django – Tag der Abrechnung“ nochmal ausgegraben, weil Exploitation. Die nicht vorhandene Popularität des Songs merkt man auch, wenn man den Titel in Youtube eingibt: Während „A Man Alone“ nach einer Handvoll Videos des gleichnamigen Frank-Sinatra-Songs kommt, lässt sich „Walk by my Side“ ohne Zusätze wie „Francesco De Masi“ gar nicht in dem unübersehbaren Haufen gleichnamiger christlicher Songs finden.
Ich will nichts per se gegen christlichen Kuschelrock sagen – ich hab in eines der „Walk by my Side“s mal reingehört und der ruhige Gesang mit der akustischen Gitarre hat durchaus was Peter-paul-und-mary-ges oder Simon-and-Garfunkel-iges – allerdings kommt die religiöse Musik nicht an die Coolness des Western Themas ran. Der Gesang trifft eine ähnlich melancholische Note, wie die beiden Songs von letzter Woche, nur verfügt das Lied über eine ziemlich tolle Steigerung, die nach den ersten Takten einsetzt und langsam aber sicher in einem glorreichen Höhepunkt (zirka bei Minute 1:00) gipfelt.
Der Gesang selbst hat etwas Tröstendes, Behütenden, auch wenn der Sänger manchmal ein kleinwenig zu selbstsicher scheint, dass seine „Seite“ die allerbeste ist. Nur passt er leider nicht sonderlich gut zu „Django – Ein Sarg voll Blut“. Das Lied ist eindeutig ein Liebeslied und Liebe ist nicht wirklich ein Thema in besagten Film. Wir haben zwar die beiden Protagonisten – George Hilton und Walter Barnes – die während des Vorspanns putzig an der Seite des anderen reiten, aber mehr als Freundschaft ist zwischen den beiden nicht.
Das macht der unterschätzte Western „Django – Tag der Abrechnung“ schon besser; da sehen wir, während der Vorspann untermalt mit „Walk by my Side“ läuft, wie eine junge Frau ihrem Verlobten entgegen rennt – und das passt damit schon ein bisschen besser zu den Lyrics als die beiden Buddys George und Walter.
Nächste Woche melden sich Guido und Maurizio wieder mit einem Komödien-Lied und bei den Western gebe ich nur ein Stichwort: Argento...
Ab heute bin ich stolzer Besitzer einer Fahrkarte nach Düsseldorf! Die ohnehin schon enorme Vorfreude wird dadurch selbstredend gleich nochmal gesteigert. Daher sei es voll Freude verkündet:
NUR NOCH 6 WOCHEN BIS ZUM FORENTREFFEN!!!
Platz 6 Diverses: „Bulldozer“ (Guido und Maurizio de Angelis) aus „Sie nannten ihn Mücke”
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In meinen Augen gibt es kaum einen Song der perfekter die Essenz eines Bud-Spencer-Filmes einfängt, als Guido und Maurizios „Bulldozer“. Der Gitarren-lastige Instrumentalteil ist vielleicht nicht sonderlich abwechslungsreich und kann repetitiv wirken, ist aber flott und macht Laune. Außerdem meldet sich Maurizio immer wieder mit einem ziemlich coolen Riff. Es waren allerdings vor allem die Lyrics, die mich hier beeindrucken konnten.
Bevor wir diese chronologisch analysieren, möchte ich vorab auf eine bestimmte Textzeile hinweisen: „It’s quite clear why his name is just Bulldozer.“ Für jeden ist das klar… außer für den gesamten deutschen Sprachraum! Wir Deutschsprachige haben „Lo chiamavano Bulldozer“ mit „Sie nannten ihn Mücke“ übersetzt (bzw. wie es der beim Forentreffen gezeigte Trailer formulierte „Sie nannten ihn… Mücke!“) und das fasziniert mich einfach. Mir fällt kein anderes Beispiel ein, wo man einen witzigen Titel durch die Veränderung eines Wortes in sein Gegenteil bei der Übersetzung einen völlig neuen Witz gegeben hat. Dass der große breite Bud „Bulldozer“ genannt wird ist witzig, die verdrehte Alice-im-Wunderland-Logik ihn „Mücke“ zu taufen einfach genial. Und den Deutschen gefälltʼs, wie man aus diesem Ausschnitt aus „Am laufenden Band“ sehen kann: https://www.youtube.com/watch?v=9nNt6XTSOG8
„Rudi Carrell: Wie heißt der neue Film, der bald rauskommt?
Bud Spencer: Der neue Film kommt im Oktober in Deutschland und der Titel ist „Sie nannten ihn Mücke“.
Rudi: „Sie nannten ihn Mücke“?
Bud: „Mücke“! Und ich bin die Mücke.
Publikum: [Schallendes Gelächter und Geklatsche].“
Wie dem auch sei, zurück zum Liedtext. Die ersten Zeilen geben der Titelfigur ein spannendes Intro: „You can see a mountain here comes Bulldozer/ you can see a cloud of fists and dust.“ Die Mücke, Bud Spencer, wird hier einleitend weniger als Person und mehr als Naturgewalt geschildert. Diese beeindruckende Charakterisierung wird in der nächsten Strophe noch mystifiziert: „Where’s he coming from? No one knows and nobody would ask such a thing.“
Die beiden Strophen werden leicht variiert wiederholt, bevor der Bulldozer-Figur eine weitere Nuance hinzugefügt wird: „But for a man he’s just a good boy/ just a good boy with a heart of gold/ who likes to go his own way/ stay far away from the world.” Die geheimnisumwitterte Naturkraft bekommt damit eine menschliche Komponente, ihr Charakter wird als gutherziger Außenseiter beschrieben. Zusammengenommen zeichnet das Lied damit ein gutes Bild der typischen Bud-Spencer-Figur, das gleichzeitig die Neugier des Hörers zu wecken vermag.
Kurz noch zu dem oben geposteten Auftritt von Guido und Maurizio bei Disco. Maurizio zeigt sich wieder cool mit Schnurrbart, während Guido diesmal eher zurückhaltend ist. Sicher, er schneidet mehr Grimassen als sein Bruder, aber im Vergleich zu beispielsweise „Orzowei“ ist seine Performance hier recht salonfähig. Erst bei Minute 2:45 merkt er, dass die Kameras eingeschaltet sind und lässt augenblicklich den Guido, wie wir ihn lieben, mit einem energiegeladenen Freudensprung freien Lauf.
Platz 6 Diverses: „Silver Saddle“ (Franco Bixio, Fabio Frizzi, Vince Tempera, Ken Tobias) aus „Silbersattel”
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Über den „Keoma“-Soundtrack wird immer wieder gesagt, dass er den Stil von Bob Dylan aus „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ imitieren wollte. Über den Titelsong des zwei Jahre später erschienen „Silbersattel“ von Lucio Fulci wird diese Aussage seltener getroffen, wobei meiner Meinung nach gerade dieser Song wesentlich dylanischerdyletantischeridyll(an)ischer dylan-hafter klingt. Alleine schon den Sänger, der Kanadier Ken Tobias, klingt so ähnlich wie Dylan, wenn dieser seine Wörter etwas mehr artikulieren und weniger durch die Nase singen würde. Und wir bekommen sogar eine Mundharmonika! Da rollen die Steine.
Geschrieben wurde der Song von dem Trio Bixio/Frizzi/Tempera, wobei laut dem auf der DVD von Koch enthaltenem Interview mit Frizzi (nebenbei bemerkt ein sehr sympathischer Geselle) der Hauptimput von ihm ausging. Für den Gesang landeten sie mit Ken Tobias einen Glücksgriff. Der Kanadier hat eine sehr angenehme Stimme, die nicht so tief ist wie bei vielen anderen für Western-Songs herangezogenen Künstlern. Als Singer/Songwriter war Tobias übrigens ziemlich fleißig und es lohnt auch in seine anderen Werke hinein zu hören. Alles sehr schöne Songs, vielleicht nicht so rebellisch wie Bob Dylan oder melancholisch wie Simon und Garfunkel aber noch nicht ganz so schmalzig wie die Carpenters. Er hat vielleicht nichts, was den größten Hits der eben genannten nahekommt, aber soweit ich durch seine Disokraphie geklickt habe, scheint alles sehr hörbar zu sein. Nach seiner Wikipedia-Seite zu schließen ist sein größter Erfolg, dass er den Song „Stay Awhile“ geschrieben hat, den „The Bells“ zu einem Hit machten. Allerdings war ich davon nicht sonderlich begeistert… der Song ist ziemlich eindeutig über Sex und wird von einem Duett gesungen zwischen einer Sängerin, die etwas minderjährig klingt und einem Sänger der das nicht tut und dazu noch Zeilen wie „Into my room he creeps“ … vielleicht mögen das andere anders empfinden, ich bevorzuge jedoch die Version, die Tobias interpretiert hat.
Aber zurück zu „Silver Saddle“: Der Song hat eine herrlich ruhige Melodie mit einer besonders von der Mundharmonika erzeugten stark melancholischen Note. Kens Gesang passt sich dem an, bleibt immer leicht traurig, wird jedoch in seinem Schmerz nie so ausbrechend wie bsp. der Titelsong von „Django, der Rächer“, wodurch der Eindruck vermittelt wird, dass der Protagonist des Filmes zwar etwas Tragisches erlebt hat, davon gezeichnet wurde, das aber schon eine Weile zurückliegt; was ja sehr gut zu der Handlung des Filmes passt.
Ab dem Refrain nimmt der Song ziemlich an Fahrt auf und wird zu einem richtigen Ohrwurm. Wir bekommen sogar einen Chor, und ich schätze Chöre immer sehr. In diesem hat sogar Fabio Frizzi himself mitgesungen, herrlich! Wirklich ein tolles Filmlied, vielleicht nicht mein liebster Song aus einem Giuliano-Gemma-Film, vielleicht auch nicht mein liebster Song aus einem Fulci-Film, aber sicherlich mein liebster Song aus einem Fulci-Film mit Giuliano Gemma!
Nächste Woche gehen wir auf die Suche nach unseren Schatten, während der gute Ennio uns seine musikalischen Untermalungen von Revolutionen präsentiert…
Platz 5 Diverses: „My Shadow in the Dark“ (Luis Enriquez Bacalov, New Trolls) aus „Der Todesengel”
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„My Shadow in the Dark“ gehört zu den kürzeren Songs dieser Liste und auch Text hat er jetzt nicht sooo viel. Aber das, was er hat, ist einfach fantastisch: Zunächst liebe ich mal das literarische Bild, das dem Song den Titel gegeben hat. Hierzu die ersten Textzeilen: „Always searching, never finding, your shadow in the dark/ always dreaming, always searching, my shadow in the night. In die wunderschöne Metaphorik einer Schattensuche im Dunkeln kann man einfach so viel hineininterpretieren: Erkennen wir bei all den Reizen der modernen Konsumgesellschaft unsere eigene Individualität nicht mehr? Treten wir mit so vielen Menschen in Verbindung, dass wir unsren einen Seelenpartner nicht mehr finden? Oder hat sich Mr. Schreiber nichts dabei gedacht und fand einfach, die Phrase klingt cool? Wer weiß, fest steht nur, dass der Einstieg wunderschön klingt.
Weiter geht es dann mit: „Wishing you to be so near to me/ finding only my loneliness/ waiting for the sun to shine again/ finding that it’s gone too far away“ Oh, das ist so unglaublich melancholisch, ich liebe es! Und kaum zu glauben, aber es wird noch besser: „To die, to sleep, maybe to dream,…“ Wo hab ich die Phrase bloß schon mal gehört? Es hatte irgendwas mit Dänemark zu tun…
William Shakespeare hat geschrieben:Sein oder Nichtsein; das ist hier die Frage,
ob’s edler im Gemüt, die Pfeil und Schleudern
des wütenden Geschicks erdulden oder,
sich wappnend gegen eine See von Plagen,
durch Widerstand sie enden? […] Sterben – schlafen –
Schlafen! Vielleicht auch träumen! Ja, da liegt’s,
was in dem Schlaf für Träume kommen mögen,
wenn wir die irdische Verstrickung lösten,
das zwingt uns stillzustehn.
Na bitte, wie könnte ich einen Song, der Willy zitiert nicht unter die Top 5 geben! Das ganze Arrangement passt sich auch hervorragend an die traurig-philosophische Stimmung der Lyrics an. Die Instrumente sind minimalistisch – wenn ich recht gehört habe beschränken sie sich sogar auf ein Tasteninstrument – und die Gesangsstimme – nach allem was ich rausgefunden habe gehört sie Hauptdarsteller Tomas Milian selbst – ist geradezu der Inbegriff einer geplagten Künstlerseele. Das alles gibt dem Ton des Filmes, der durch den venezianischen Handlungsort ohnehin schon bittersüß ist, gleich noch einen stärkeren melodramatischen Touch. Und zum Glück wird das Lied auch oft eingespielt. Wir bekommen es im Vorspann, im Abspann und mehrmals dazwischen, teilweise sogar von einer Hippy-Band innerhalb der Filmdiegese gesungen.
Die Band, welche den Song für den Film interpretierte, The New Trolls, hat übrigens eine neue Version aufgenommen, die sie als Jimy Hendrix Tribute angelegt haben: https://www.youtube.com/watch?v=au9ASe3ZEBY. Leider muss ich sagen, dass ich mich bei aller Liebe für Hendrix einfach nicht mit dieser Version anfreunden kann. Ich hätte es ja ertragen können, dass sie den Intrumentalteil aufgeblasen haben und auf die schön-melancholischen akustik-Klänge verzichten, aber die unpassenden „Yeah!“-Rufe und der furchtbare zweistimmige Gesang machen den schönen Song für mich hier kaputt. Der Hendrix-Stil ist großartig, aber für diesen Song passt er einfach nicht, das wäre ungefähr so, wie wenn man versuchen würde aus der wundervollen Metaphorik einen 80er-New-Wave-Song zu machen… Moment… Sagt bloß es gibt einen 80er-New-Wave-Song über Schatten im Dunkeln? https://www.youtube.com/watch?v=I1ApOYfCJHI
Wow, das ist irgendwie so dumm und gleichzeitig so großartig! Da dieses Meisterwerk von einem Musikvideo im NDR gelaufen ist, handelt es sich dabei vielleicht sogar um eine deutsche Band. Ich hab keine Ahnung wer Kay Franzes ist, aber ich habe ab heute die Ambition, das zu ändern!
Ich werde gleich mal nach anderen Videos von der Gruppe suchen, aber davor: Hammer Time!
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Platz 5 Western: Gleichstand: Die Titelsongs von „Mercenario – Der Gefürchtete” und „Lasst uns töten, Companeros“ (Beide Ennio Morricone)
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Mit dem Revolutionswestern haben wir ein Subgenre des Italowesterns, dem sich die meisten namhaften Regisseure annahmen, so auch der König Midas des Western-Genres, Sergio Corbucci. Seine drei Beiträge zu dieser Kategorie sind nicht nur für sich allein stehend äußerst gelungen, die beiden ersten verfügen als i-Tüpfelchen noch über ganz große Vorspannsongs mit Melodien von Ennio Morricone.
Für „Il Mercenario“ schrieb Morrione den Inbegriff eines mexikanischen Revolutionsliedes. Es ist laut, flott, kräftig und hoffnungsvoll fröhlich. Die Trompeten hören sich für mich wie das aufmarschierende Volk selbst an – nicht umbedingt harmonisch aber enthusiastisch. Ein patriotischer Chor und Lyrics aus denen selbst nicht der spanischen Sprache mächtige Zuhörer Wörter wie „La libertad“ und „Revolucion“ heraushören können, runden das ganze ab.
Wer es weniger revolutionärer aber mehr dem Ohre wohlgefallen mag, kann auch auf die französische Fassung zurückgreifen: https://www.youtube.com/watch?v=YCqzVZkH6Gk Hier wirken die „Hey“-Rufe am Anfang zwar etwas armseliger als in der Originalversion aber das entschädigt die wunderschöne Stimme der Sängerin mehr als ausreichend. Ich bin auch der Meinung, dass die Originalversion besser in den folgenden Film einführen kann; für das vom bewegten Bild getrennte Hörvergnügen, bevorzuge ich persönlich allerdings die französische Version. Apropos, von dem Track „Arena“ aus demselben Film gibt es auch eine: https://www.youtube.com/watch?v=KniGGxnxgD8. Viva la France!
Corbuccis nächster Revolutionswestern „Lasst uns töten, Companeros“ setzt sich immer noch mit der mexikanischen Unabhängigkeitsbewegung auseinander, allerdings wird der Fokus diesmal ein wenig mehr auf pure Unterhaltung und Albernheiten gelegt als in „Mercenario“. Morricones Titelthema passt sich dem meisterhaft an. Anstelle im Lied eine allmähliche Steigerung des Rhythmus einzubauen beginnt Morricone gleich am Höhepunkt. Rasche Klänge und Gesang setzen gleich nach dem einführenden Nebelhorn-Geräusch (welches Instrument das auch immer ist) ein. Erst nach einer Minute wird es wieder etwas ruhiger und der Gesang setzt aus, was Morricone Gelegenheit gibt, Raum für alle seine Markenzeichen von Mundharmoniker, über Schreie bis hin zu Gepfeife einzubringen.
Die Lyrics, angeblich von Corbucci selbst verfasst, verlaufen nach einem einfachen aber gleichsam amüsanten Muster. Wir bekommen viele kurze Strophen aus jeweils zwei Zeilen: Die erste ist jeweils ein kurzer Satz, der mit einem Wort mit „-eros“-Endung abschließt, die zweite ist der Originaltitel des Filmes „Vamous a matar, Companeros“. Durch die stereotypen Mexiko-Wörter wie "Sombreros" und "Pistoleros" war ich mir nicht sicher, ob die Lyrics überhaupt einen Sinn machen, aber nachdem ich mir eine Übersetzung durchgelesen habe weiß ich, dass Corbucci in jedem Satz praktisch eine Aufforderung zur Revolution beschreibt.
Nächste Woche begleiten wir Lucio Fulci in eine Disco während es die de Angelisse bei den Western zur Abwechslung mal ruhig angehen…
Ich bin irgendwie jetzt schon traurig, dass wir in sechs Wochen auf Doc2 wunderbaren Ausführungen wieder fast ein Jahr -10 Wochen warten müssen...
Spitze, wie immer Doc2!
Früher war mehr Lametta
*************************************************************************************** Filmforum Bremen Weird Xperience
Arkadin hat geschrieben:Ich bin irgendwie jetzt schon traurig, dass wir in sechs Wochen auf Doc2 wunderbaren Ausführungen wieder fast ein Jahr -10 Wochen warten müssen...
Spitze, wie immer Doc2!
Danke vielmals
Da gäbe es zwei Möglichkeiten: Entweder ich schaffe es nicht mehr so stäflich inaktiv zu sein und auch innerhalb des Jahres öfter zu Kritiken zu kommen, oder wir machen einfach mehr als ein offizielles Forentreffen pro Jahr... oder beides... ...
Kaum zu glauben aber es sind NUR NOCH 4 WOCHEN BIS ZUM FORENTREFFEN!!!
Platz 4 Diverses: „You are not the same“ (Fabio Frizzi, Cricket) aus „Das Syndikat des Grauens”
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Wenn man meine Filmwissenschafts-Studenten-Kollegen fragt, ob man italienische Genre-Filme in deutscher Synchronisationsfassung oder im italienischen Original ansehen sollte, wird man einstimmig die Erklärung bekommen, dass nur die italienische Fassung akzeptabel ist, weil das die ist, welche der Regisseur intendierte. Obwohl es eine Handvoll Filme gibt, die ich lieber im Original sehe, konnte ich mich nie dieser Meinung und schon gar nicht dem Argument der Regie-Intention anschließen (erstens ist die Sprachauswahl meistens Landesbedingt und keine künstlerische Entscheidung, zweitens hat der Regisseur sicher nicht intendiert, dass man statt den Film zu sehen Untertitel liest und drittens hat der Regisseur auch ein Publikum aus Italienern des vorigen Jahrhunderts intendiert, und trotzdem weigern sich selbst die versnobtesten Filmwissenschaftler die italienische Staatsbürgerschaft anzunehmen und eine Zeitmaschine zu bauen…). ABER! Selbst ich mit all meinem Zynismus muss zugeben: Lucio Fulcis „Das Syndikat des Grauens“ (nebenbei bemerkt mein persönlicher Favorit unter seinen Filmen) ist in der italienischen Fassung wesentlich besser als in der deutschen. Der Grund: „You are not the same“.
Dabei finde ich den Song für sich alleingenommen nicht mal so überragend; eine fröhliche up-beat Tanzmusik, nicht mehr und nicht weniger. Für mich klingt es ungefähr so, als ob Bucks Fizz beschlossen hätten, ihre Lyrics nicht mehr deutlich zu artikulieren. Das ist zwar nichts Schlechtes aber auch nichts Weltbewegendes. Meine Liebe zu „You are not the same“ rührt vielmehr von dem Kontext, durch den ich auf ihn gestoßen bin:
Ich sah vor einigen Jahren Fulcis Meisterwerk „Das Syndikat des Grauens“ und nachdem ich am nächsten Tag aus dem Schlaf, in den ich mich geweint hatte, erwachte, musste ich mir eingestehen, dass mir die Szenen, die nicht grenzenlos unangenehm waren, mir echt gut gefallen haben. Der Film entwickelte sich schnell zu einem Favoriten, der noch öfters in dem Player landete. Natürlich hat auch der fetzige Poliziesco-Soundtrack das Fabio Frizzi besonders gefallen. Ich wollte mal schauen, ob der auf Youtube zu finden ist und nachdem ich „Luca il contrabbandiere soundtrack“ eingegeben hatte, stieß ich sofort auf den Song „You are not the same“.
Komischerweise erinnerte ich mich zwar nicht, den im Film gehört zu haben, schob das aber auf mein schlechtes Gedächtnis. Davon abgesehen war ich einfach nur begeistert, dass ein Song mit einer so fröhlichen Melodie seinen Platz in einem so düsteren und brutalen Film finden kann. Das hatte auf mich einen ähnlichen Effekt wie das „Cannibal Holocaust“ Thema nur mit weniger berührend schöner Violine und mehr unbeschwert fröhlicher Disco. Die Aussagen waren allerdings mehr oder weniger dieselben: Selbst in einer furchtbaren Welt kann es noch Schönheit/Fröhlichkeit geben.
Bei meiner nächsten Sichtung von „Das Syndikat des Grauens“ achtete ich selbstredend ganz besonders auf den Song und… er kam einfach nicht vor! Erst viel später hatte ich eine Idee: Nach zirka einer Viertelstunde beteiligt sich der Film an der in den 80ern weit verbreiteten Verschwörung, alle Epileptiker umzubringen und zeigt eine Szene in einer Disco (genauer genommen einer italienischen 80er-Disco, also einer, wo die Männer Anzug und Krawatte tragen und die Frauen nichts). Dazu hört man irgendeinen langweiligen 08/15-Song, den ich sofort nach dem Hören wieder vergessen habe. Nun schaltete ich aber – meiner Eingebung folgend – die Sprachauswahl von Deutsch auf Englisch und da war er! Im Italienischen und Englischen hört man während der Disco-Szene „You are not the same“, allein die Deutsche Synchronisationsfassung hat das aus einem mir unverständlichen Grund geändert.
Ich war selig, als ich das herausgefunden hatte. Nur schade, dass der Song an keiner prominenteren Stelle eingesetzt wird. So wie er im Film verwendet wird, würde man ihn sicherlich nur als Untermalung der einen Szene auffassen. Nur dadurch, dass ich ihn nachträglich mit dem Film in seiner Gesamtheit in Verbindung hören konnte, hatte er die Wirkung auf mich. Man hätte ihn vielleicht als Schluss-Song einsetzen sollen… Immerhin endet der Film mit der Aussage: „Wir haben die Sonne, die Drogen brauchen wir nicht!“ – Ein up-beat Disco-Song ist dagegen geradezu subtil zu nennen.
Platz 4 Western: „Don’t Lose Control“ (Guido und Maurizio de Angelis) aus „Verflucht, verdammt und Halleluja“
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„Don’t Lose Control“ ist wahrscheinlich der entspannteste Song, den die de Angelis Brüder je geschrieben haben. Mit der überschaubaren Anzahl an Instrumenten, die eine ruhige Melodie klimpern, und der weichen Stimme des Patrizio Sandrelli (hier unter dem Pseudonym Gene Roman) hat das Lied etwas sehr Beruhigendes. Durch die Steigerungen, die immer wieder eingefügt werden, kommt auch etwas Abwechslung hinein. Da diese allerdings permanent wieder in das ruhige Anfangstempo zurückfallen, wird die relaxende Wirkung nicht gefährdet.
Obwohl der Sänger ein Italiener ist, klingt sein Englisch sicher und verständlich. Ich war richtiggehend überrascht zum ersten darüber, dass kein Amerikaner – wie z.B. in „Silbersattel“ – für den Gesang zuständig war und zum zweiten darüber, dass der gute Patrizio sonst eigentlich hauptsächlich italienische Songs in seiner Diskographie hat. Die Lieder von ihm, in die ich reingehört habe, sind allesamt solide, wenn auch nichts Weltbewegendes. Für „Don’t Lose Control“ hätte man aber keinen besseren Sänger finden können.
Und das Faszinierendste ist: Obwohl der Song so ziemlich das komplette Gegenteil von dem ist, was man sich unter einem Spencer/Hill-Film vorstellt, passt er hervorragend zu der Terence-Hill-Komödie „Verflucht, verdammt und Halleluja“. Der Film thematisiert auf humoristische Weise die Vertreibung des alten Wilden Westens durch den industrialisierten neuen. Der Vorspann zeigt das Symbol dieser Industrialisierung schlechthin, eine Eisenbahn. Während wir sehen, wie sich diese langsam durch die Landschaft schlängelt erklingt der Titelsong, dessen Lyrics von Veränderungen singen. Trotzdem bleibt der Songtext hoffnungsvoll und geht trotz seiner Wehmut nie komplett ins Deprimierende. Der komödiantische Ton des Filmes wird deswegen nicht negiert.
Damit schufen Guido und Maurizio ein Lied, das zum einen den Filmvorspann wunderbar untermalt, zum anderen der bloßen Komödie eine tiefsinnigere Note verleiht und zum dritten auch vom Filmbild getrennt eine entspannte und beruhigende Hörerfahrung bietet.
Nächste Woche bin ich ein paar Tage in Norditalien, um die Muschel-Szene aus „Giallo a Venezia“ nachzuspielen. Daher werde ich je nachdem, wann ich dazukomme, den nächsten Platz verfrüht am Dienstag oder verspätet am Sonntag posten. Auf dem Programm steht unter Diverses ein Giallo, der etwas mit dem Rialto zu tun hat, aber trotzdem nicht „Giallo a Venezia“ ist und beim Western hören wir uns an, wie zwei Körperteile Satans klingen.
NUR NOCH 3 WOCHEN BIS ZUM FORENTREFFEN!!! Noch 3 ½ Wochen bis zum Forentreffen…
Platz 3 Diverses: „A doppia faccia“ (Nora Orlandi) aus „Das Gesicht im Dunkeln”
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Die Edgar-Wallace-Reihe von Rialto hat dank Martin Böttcher und besonders dem unvergleichlichen Peter Thomas so ziemlich die besten Filmmusiken der deutschen Kinogeschichte. Als der Co-Produktions-Wahnsinn der Italiener auf die Serie übergriff versuchten diese nicht Thomasʼ unnachahmlichen Stil nachzuahmen, sondern warteten stattdessen mit dem Besten, was ihr Land zu bieten hatte, auf. Die italienischen Rialto-Wallaces (ist das die Mehrzahl von "Wallace"?) werden musikalisch untermalt von Ennio Morricone, Riz Ortolani und der wunderbaren Nora Orlandi (werden uns die ersten beiden in den noch ausstehenden Platzierungen begegnen? Wer weiß… ).
Für „Das Gesicht im Dunkeln“ schrieb Orlandi einige beeindruckende Stücke, insbesondere das gesungene Thema. Im Vorspann wird es allerdings nicht verwendet. Da bekommen wir ein ähnliches Instrumentallied, das mit harten, hohen Klavierklängen eine unheimliche und gespannte Atmosphäre aufbaut. Durch das Beispiel von „Das Syndikat des Grauens“ letzte Woche misstrauisch geworden, habe ich sicherheitshalber auch in die italienische Fassung geschaut, wo auch nur die Instrumentalversion zu hören ist.
[Nebenbei bemerkt: Die beiden Schnittfassungen der Vorspänne spiegeln schön die Ästhetik des jeweiligen Landes wieder: Beide zeigen ein Auto, das von einem Zug überrollt wird. In der italienischen Fassung bekommen wir nach dem Unfall etwas ungeschickt wirkende „italienische“ Zooms und Schwenks und danach einen pseudotiefsinnigen Satz aus dem Munde Klaus Kinskis. In der deutschen hören wir die altbekannten Gewehrtöne, sehen die Blutstropfen auf dem Bildschirm, gefolgt von dem markanten „Hallo! Hier spricht Edgar Wallace“. Woraufhin das ganze Bild plötzlich zu grellem Himmelblau wird, weil… weil wenn man die Technik dazu hat, muss man das halt auch nutzen. ]
Auf die Vokalversion müssen wir danach aber nicht mehr lange warten. In der folgenden Szene erspäht Klaus Kinski Margaret Lee und Annabella Incontrera halbnackt im Badezimmer. Aus dem Radio erklingt der Song und zwischen den beiden Frauen kommt es zu folgendem Gespräch:
Annabella Incontrera: „Ach, was für ein dummer Schlager, Helen, ich weiß nicht, warum er dir gefällt.“
Margaret Lee: „Weil ich ihn schön finde…“
(Wodurch natürlich sogleich die Sympathien des Publikums voll und ganz auf Margarets Seite stehen) Es folgen in der Szene lesbische Spielchen zwischen den beiden, was für mich aber ein großes Plothole darstellt. Ich finde es nämlich höchst unlogisch, dass die Figur von Margaret Lee sich ohne Protest von einem Monstrum berühren lässt, das dieses Lied nicht zu schätzen weiß…
Die Melodie, die in einem längeren Intro voll und ganz genossen werden kann, hat etwas sehr Mysteriöses, Spannendes und funktioniert daher einfach perfekt als Untermalung eines Krimis. Dann setzt der Gesang ein, der von niemand anderem stammt, als von der Komponistin herself Nora Orlandi (obwohl sie sowohl für die Komposition als auch für den Gesang verschiedene Synonyme verwendete – warum sie nicht unter ihrem eigenen Namen mit „Der Kinskerich geht durch die Gegend The Movie“ assoziiert werden wollte, weiß ich auch nicht). Vor einiger Zeit fragte ich mal einen italienisch-sprachigen Freund von mir, ob er mir den Text des so oft gehörten Liedes übersetzen könnte. Laut ihm singt Nora irgendwelche bedeutungslosen Phrasen nach der Marke „Folge dem Weg“, „Durchschreite die Dunkelheit“, etc. Allerdings kommt es weniger drauf an, was sie singt, sondern wie sie es singt.
In ihre wunderschöne Stimme legt sie eine gewaltige Portion Wehmut und gibt der Krimi-Melodie damit eine anspruchsvollere, tiefsinnigere Note. Kurz nach Orlandi melden sich sogar einige Background-Summerinnen und ab da bin ich vollkommen selig. Ich bewundere das Lied sehr dafür, dass es so gut zum Film passt, habe es aber wahrscheinlich 10.000 mal öfter gehört als den Film gesehen (und das sagt einiges, da ich den Film wie jeden Rialto-Wallace sehr oft gesehen habe).
Als ich Nora Orlandi bei einer Konferenz in Rom zu „Der Killer von Wien“ getroffen habe, musste es natürlich meine „Das Gesicht im Dunkeln“-DVD sein, die ich ihr für ein Autogramm reiche. So sehr ich ihre Musik zu „Der Killer von Wien“ oder „Der schöne Körper der Deborah“ auch schätze, ihr Lied aus „Das Gesicht im Dunkeln“ bleibt mein liebstes Stück aus ihrem Werk. Als Nora versuchte, den Titel der DVD zu identifizieren, sagte ich ihr erklärend „A doppia faccia“. Daraufhin begann die nette alte Dame ganz begeistert auf das Cover zu deuten und „Oh, ah, Klaus Kinski!!!“ zu rufen. Dann hat sie mir ein Smiley draufgemalt…
Platz 3 Western: „Lo Chiamavano Trinità“ (Franco Micalizzi) aus „Die rechte und die linke Hand des Teufels”
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Es ist irgendwie bizarr, dass das Filmlied, das den reinen Comedy-Beginn des Duos Spencer-Hill einleitete (die Colizzi-Filme waren was den Ton betrifft ja noch sehr gemischt und „Hannibal“ ist nur in den Augen geldgieriger Marketing-Menschen ein Spencer/Hill-Film) nicht von den für die beiden so ikonischen De Angelis Brüder stammt, sondern von Mr. Poliziesco Franco Micalizzi. In seinem Titelsong von „Die rechte und die linke Hand des Teufels“ bewies der gute Franco allerdings Wandlungsfähigkeit und schuf ein Stück, das sich markant von seinen berühmten späteren Polizeifilm-Soundtracks unterscheidet und perfekt als Einleitung des großartigen Spaßwesterns von Enzo Barboni fungiert. [Ich fände es schön, wenn das Lied eigentlich für einen verschollenen Umberto-Lenzi-Polizeifilm komponiert worden wäre, der damit beginnt, dass sich Maurizio Merli als der müde Commissario auf einer selbstgebauten Liege von einem Polizeiauto durch die belebten Straßen Roms ziehen lässt. Das ganze würde den Titel „Lo chiamavano citta violenta“ tragen und auf Deutsch „Der rechte und der linke Arm des Gesetzes“ heißen... ]
Das Lied wird eingeleitet von einer Rassel, die ich immer als das Klappern einer Klapperschlange interpretiert habe. Das ist schon mal eine feine Sache, erstens reiht sich das Lied damit in die morriconi’sche Tradition ein, die Western-Soundtracks mit typischen Western-Geräuschen zu veredeln; zum anderen wurde aber eine Geräuschquelle gewählt, die zumindest ich eher mit komödiantischen Genrevertretern à la Lucky Luke assoziiert hätte.
Auf die Rassel folgt ein instrumentales Intro, bei dem die Melodie nur von wenigen Instrumenten und vor allem einem Pfeifen begleitet wird. Das ruhige Tempo, in dem dieser Einstieg gehalten wird, gibt der Stelle sowohl etwas Cooles, als auch etwas Träges, womit das Lied die beiden markantesten Eigenschaften der italienischen Titelfigur (bzw. 50% der deutschen Titelfiguren) einleitet.
Zeitgleich mit dem Einsatz des Gesangs nimmt der Rhythmus auch an Fahrt auf. Spätestens ab hier wird dem Zuseher mitgeteilt, dass er nicht nur einen lässigen Protagonisten bekommt, sondern auch einen temporeichen, unterhaltsamen und kurzweiligen Film. Die Lyrics selbst sind allerdings ein etwas zweischneidiges Schwert: Es wird praktisch über nichts anderes gesungen, als darüber, wie großartig unser Protagonist ist. So eine Selbstbeweihräucherung kann in einer Komödie funktionieren. Wir kennen das Genre und wissen, dass wir den Egoismus des Titelliedes nicht ganz ernst zu nehmen haben. Und tatsächlich passt der Text auch hervorragend in „Die rechte und die linke Hand des Teufels“. Das Problem ist allerdings: In einem ernsten Film würde der Song mit diesen Lyrics vollkommen nach hinten losgehen.
Speaking of: Ich will nicht schon wieder über „Jamie: Unfoxxed“ lästern, wenn ich eigentlich über einen anderen Film schreibe, aber der – nach meiner Meinung – vollkommene Unverstand mit dem in diesem Produkt Micalizzis Song eingesetzt wurde, zeigt gut, unter welchen Kriterien er funktioniert. Wenn in einem lächerlichen Film die übertriebene Coolness des Protagonisten besungen wird, ist das lustig. Wenn aber über die übertriebene Coolness des Protagonisten gesungen wird, nachdem dieser einige Unbewaffnete niedergemeuchelt hat, ist das so hirnverbrannt, dass es für mich den feinen Unterschied ausmachte zwischen einem recht guten Film mit miesem letzten Drittel und einem recht guten Film mit miesem letzten Drittel, der mich absolut zur Weißglut treibt! Sorry an alle Fans, bevor sie mich lynchen sollen sie zwei Wochen warten, denn Quentin hat auch auf ein Filmlied zurückgegriffen, das er nicht vollkommen verdorben hat.
Auf Youtube findet sich sogar eine Live-Aufnahme des Songs: https://www.youtube.com/watch?v=FyR2dKCpxC4. Leider weiß ich nicht genau, zu welchem Anlass die Performance gegeben wurde, vermute aber entweder anlässlich eines Treffens der italienischen Kommunistenpartei (der Ikonographie mit roter Farbe und ausgestreckten Fäusten im Hintergrund nach zu schließen) oder einer Hundeschau (aufgrund der Dalmatiner-Kostüme der Moderatoren). Ich finde es immer sehr interessant, von oft gehörten Filmmusiken die einzelnen Instrumente zu sehen, mit denen sie erzeugt werden. Außerdem freut es immer, den Komponisten beim dirigieren beobachten zu können. Ich hatte jedenfalls meine Freude an dem Video – ein Hoch auf alle kommunistischen Dalmatiner Italiens!
Bevor ich für heute schließe, wollte ich noch eine Überlegung mitteilen, auf die ich erst heute gekommen bin: Als deutschsprachige Übersetzer den Filmtitel „Lo Chiamavano Trinità“ in ihre Landessprache übertrugen, was war da das erste, mit dem sie die heilige Dreifaltigkeit assoziierten? Der Teufel!!! Ich bin zwar nicht sehr katholisch und es ist schon eine Zeit her, dass ich eine Messe besucht habe, aber trotzdem finde ich das irgendwie verstörend. Es gibt so viele alberne Verschwörungstheorien auf der Welt, aber die Möglichkeit, dass alle deutschen Filmübersetzer der 60er und 70er einer geheimen Sekte von Satanisten angehörten, welche mit Luzifer propagierenden Filmtiteln das Publikum einer Gehirnwäsche unterziehen wollten, ist irgendwie noch nie ausformuliert worden...
In einer Woche (und ein paar Tagen ) hören wir nicht nur meinen liebsten Song der de Angelis Brüder sondern auch mein liebstes mit Gesang unterlegtes Musikstück des großen Ennio Morricone!