Ologbo aiye - Sikiru Adeshina (2004)

Moderator: jogiwan

Antworten
Benutzeravatar
Salvatore Baccaro
Beiträge: 3072
Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10

Ologbo aiye - Sikiru Adeshina (2004)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Bild
Originaltitel: Ologbo aiye

Produktionsland: Nigeria 2004

Regie: Sikiru Adeshina

Darsteller: Fasasi Olabankewin, Grace Oyinadejobi, Kareem Adepoju, Lanre Hassan, Sikiru Adeshina

Im Dörfchen Olofun im südwestlichen Nigeria herrscht Feiertagsstimmung, denn die gesamte Gemeinde wird vom traditionellen Aresa-Fest auf den tanzenden Beinen gehalten. Neben rituellem Tanz und Sang stehen dem König und seinem Ältestenrat jedoch auch ernsthaftere Dinge ins Haus: Über mehreren Frauen der Gemeinschaft nämlich schwebt der Verdacht, es könne sich bei ihnen um Hexen handeln. Am Abend nach dem rauschhaften Fest werden diese dem örtlichen Schamanen vorgeführt, worauf dieser jeder der potentiellen Schwarzmagierinnen einen Zaubertrank verabreicht: Diejenigen, deren Herz ohne Fehl ist, überstehen das Schlürfen desselben ohne nennenswerte Beschwerden, während die, die sich tatsächlich auf teuflische Umtriebe eingelassen haben, zunächst von Bauchkrämpfen geschüttelt werden, und sodann ihre Zunge nicht im Zaum halten können, all ihre Schandtaten vor dem versammelten Dorf hinauszuposaunen. Eine der Damen hat beispielweise den Ehemann ihrer Tochter verhext, eine andere sich gar mehrerer Familienmitglieder auf grausame Weise entledigt. Schnell ist es ausgemachte Sache, dass die überführten Hexen am nächsten Tag per Steinigung hingerichtet werden sollen. Schon hat sich jedes Gemeindemitglied mit einem Wurfgeschoss bewaffnet, und schon sind die Frauen im Dorfzentrum zusammengetrieben worden, da erbarmt sich die dunkle Macht, mit der sie paktiert haben, ihrer, und schickt Blitze und CGI-Katzen herab, um die Dörfler in die Flucht zu schlagen. Unsere Hexen wiederum finden sich des Nachts mitten im Busch wieder, wo ihnen eine Art Oberhexe ein weiteres Miezekätzchen präsentiert: Schaut, was ich euch mitgebracht habe! Dies Tierchen wird für uns kämpfen und all unsere Feinde vernichten! Dem Dorf stehen heftige Zeiten bevor, denn fortan materialisieren sich immer wieder CGI-Miezchen inmitten der gottesfürchtigen Gemeinschaft, um Hütten mit ihren Flammenwerferaugen in Brand zu stecken, Palmöl zu vergiften, auf dass jeder, der es sich in die Suppe mischt, einen ungemütlichen Tod stirbt, oder gar dem König zu prophezeien, sein letztes Stündchen habe in exakt sieben Tagen geschlagen. Doch haben die satanischen Ränke ihre Rechnung ohne den gewieften Dorfschamanen gemacht...

Katzen und Horrorfilme sind gleich zwei meiner liebsten Steckenpferdchen, und wenn diese dann auch noch in einer Nollywood-Produktion zusammentreffen, könnte meine Vorfeldbegeisterung eigentlich kaum größer sein – zumal OLOGBO AIYE, wie innerhalb der nigerianischen Filmproduktion gewohnt, um Kosten und Mühen zu sparen, von Anfang an als Zweiteiler konzipiert worden ist, und somit knapp drei Stunden Hexen- und Katzenspaß bieten könnte. Tja, aber den Konjunktiv setze ich nicht ohne Grund, denn OLOGBO AIYE ist, seiner Thematik zum Trotz, der mit Abstand non-exploitativste Nollywood-Film, der mir bislang unter die Augen getreten ist, und gerade auf seine Laufzeit von fast drei Stunden hin gesehen eine reichlich zähe, wenn nicht gar nervenzehrende Angelegenheit. Dass ich mit den tradierten Brauchtümern des ostafrikanischen Landes im Prinzip überhaupt nicht vertraut bin, und schon gar keinen Plan über etwaige religiöse-kulturelle Hintergründe der in vorliegendem Film entfalteten Miezenmär besitze, mag sicherlich einen kaum zu unterschätzenden Teil dazu beigetragen haben, dass ich mir die Feinheiten der Handlung von OLOGBO AIYE nur bruchstückhaft, oder teilweise auch gar nicht zu erschließen vermochte. Hinzukommt aber noch, dass der komplett auf Yoruba gedrehte Film sich zwar englischsprachiger Untertitel befleißigt, diese aber alles andere als konsequent durchzieht, sprich, es kommt in einer Dialogszene schon mal vor, dass weniger als die Hälfte des gesprochenen Worts übersetzt wird, und zuweilen wirken die Fragmente, die es doch bis in die Untertitel geschafft haben, nicht zuletzt wegen des fehlenden Kontextes ziemlich rätselhaft, wenn nicht direktemang dadaistisch. Um wen es sich also bei den unterschiedlichen Göttern und Magiern handelt, die in den Dialogen bzw. Untertiteln immer wieder an- und aufgerufen werden, und was genau mir die wirre Liebesgeschichte um den Kronprinz Olofuns erzählen sollte, der in einem ploffremden Handlungsstrang mit einem Rivalen um die Gunst einer jungen Schönen buhlt, oder welche großartige Erkenntnisse einem die Auflösung präsentiert, in der, wie ich mutmaße, der Dorfschamane die Drahtzieher hinter der Katzenverschwörung offenlegt, nein, mit all diesen Informationen kann ich leider beim besten Willen nicht dienen. (Dass ich es indes eher unangenehm finde, der zwar fiktionalen Fast-Steinigung einer Gruppe von Frauen in einem Film aus einem Land beizuwohnen, in dessen ländlichen Regionen der Aberglaube noch derart auf der Tagesordnung steht, dass er für Beschuldigte tatsächlich zur Gefahr für Leib und Leben werden kann, das darf in dem Zusammenhang nicht verhehlt werden.)

Aber auch einmal völlig abgesehen von Detailfragen, ist OLOGBO AIYE gerade im Vergleich mit solchen Hyper-Surrealismen wie 666 (BEWARE THE END IS AT HAND) oder WITCHDOCTOR OF THE LIVING DEAD eine sowohl reichlich bodenständige wie auch genre-feindliche Sache. Die von mir so sehnlich erhofften Kätzchen beschränken ihre Präsenz auf einige wenige Szenen, in denen die, sagen wir, abenteuerlich animierten Vierpföter entweder aus heiterem Himmel ins Dorf plumpsen oder unheilvoll maunzend durch die Gegend streifen. Höchster Genuss ist es noch, wenn eine der Muschis die Stimme erhebt, um dem König von Olofun seinen baldigen Tod anzukündigen: Da hoben sich mir dann doch die Mundwinkel, die zu dem Zeitpunkt bereits das meiste ihres Standvermögens eingebüßt hatten angesichts von endlosen Szenen, in denen sich die Schauspieler (wohlgemerkt: nur notdürftig untertitelt) gegenseitig anschreien oder durcheinanderbrüllen, oder endlose Gespräche über Sachverhalte führen, die für mich Türen mit sieben Siegeln bleiben mussten (bspw. gibt es endlose Konversationen darüber, was wer wann und wo zum Essen vorbereiten soll usw., puh.) Ästhetisch-technisch liefert OLOGBO AIYE dabei freilich höchstens durchschnittliches Amateur-Mittelmaß, dem lediglich in der interessanten, etwa viertelstündigen Eröffnungssequenz ein gewisser dokumentarischer Anstrich eigen ist, wenn wir die Zeremonie des Aresa-Festes quasi aus einer nahezu ethnographischen Kameraperspektive geliefert bekommen: Jean Rouch auf Acid! Ansonsten muss man die Inszenierung jedoch, positiv ausgedrückt, als zweckdienlich bezeichnen, da sie sich vor allem auch auffällig der wahnwitzigen Montage-Entscheidungen oder Plot-Volten enthält, wie man sie aus Filmen wie dem bereits erwähnten 666 oder auch END OF THE WICKED kennt (und liebt). Weniger zweckdienlich, sondern schlicht nervtötend ist allerdings die musikalische Untermalung des Streifens: Insgesamt zwei Modi kennt die Tonspur von OLOGBO AIYE, nämlich einerseits monotone und ein bisschen schrillen Frauenchorgesänge, und andererseits monotones Getrommel, und beide Kompositionen ertönen nicht nur gefühlt, sondern faktisch in mindestens neunzig Prozent sämtlicher Szenen, seien es nun dokumentarische Impressionen des Dorfalltags, (wo sie am ehesten noch Sinn machen), betuchte Dialogpassagen oder Creepy-Cats-Intermezzi. Nein, schon lange hat es kein Film mehr geschafft, mir derart physisch wie psychisch allein durch seinen Soundtrack zuzusetzen wie dieser, und viel hätte nicht gefehlt, und ich hätte mich in einer Alexander-DeLarge-Performance auf meinem Stubenboden gewälzt, nur freilich ohne Ludwig Van im Ohr. Nein, OLOGBO AIYE ist wohl wirklich nur etwas für den fortgeschrittenen Erforscher nigerianischen Filmtreibens!
Benutzeravatar
jogiwan
Beiträge: 39407
Registriert: So 13. Dez 2009, 10:19
Wohnort: graz / austria

Re: Ologbo aiye - Sikiru Adeshina (2004)

Beitrag von jogiwan »

warum steht der böse Mann auf der Katze? :nixda:
it´s fun to stay at the YMCA!!!



» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
Benutzeravatar
Salvatore Baccaro
Beiträge: 3072
Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10

Re: Ologbo aiye - Sikiru Adeshina (2004)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

jogiwan hat geschrieben:warum steht der böse Mann auf der Katze?
Das ist der Dorfschamane, der dem ganzen Katzenspuk nach bald drei Stunden ein jähes und schlimmes Ende bereitet!
Antworten