Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
Titel: a serbian film - Srpski film
Produktionsland: Serbien (2010)
Regie: Srdjan Spasojević
Story:
Milos, ein legendärer, serbischer Pornostar im Ruhestand bekommt keine Rente und hat ernsthafte Schwierigkeiten seine Familie zu ernähren, die aufkeimende Sexualität seines Sohnes zu erklären und seine höchst attraktive Frau zu bespaßen. Da bekommt er ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann und wird prompt Hauptdarsteller in einem Arthouse-Hardcore-Porno der ganz besonderen Art. Mehr sagt ihm dummerweise niemand und darum erschließt sich ihm das volle Ausmaß und die mehr als bittere Wahrheit erst nachdem Milos aus einem heftigen Drogenrausch erwacht und zusammen mit dem Rezipienten dieses serbischen Films die Bruchstücke, Erinnerungen und Aufnahmen zu einem geschlossenen Bild zusammen setzt.
Mein Senf:
So ziemlich jeder, der von dem Film gehört hat, hat offenbar Schwierigkeiten damit. Ich auch! Meine erste große Schwierigkeit ist nämlich eine geeignete Genre-Bezeichnung zu finden, die dem Film gerecht wird. Und was soll ich sagen, ich scheitere daran. Es ist kein Horror-/ Splatter-/Gorefilm trotz heftiger Splatterszenen. Es ist kein Krimi oder Thriller obwohl viele Elemente dafür sprechen würden, bis auf die notwendige Spannung. Es ist kein Porno obwohl die Genre-Stereotypen und Klischees hervorragend zitiert und bedient werden. Es ist auch keine Shockumentary - denn es ist ein Film. Genauer: ein serbischer Film. Und dieser weiß offenbar nicht so richtig was er sein will oder wollte. Oder ich weiß es nur nicht – schwer zu sagen. Kategorisierungen sind hier schwierig. Aber man bedenke folgendes: bei Erstlingswerken, Independentfilmen und Arthousestreifen ist das oftmals so! Ambitionierte, neuartige Werke aus dem kreativen Untergrund jenseits des Mainstream sind häufiger schwer zu Kategorisieren. Nur das Filme dieser Art, besonders die unter dem Begriff „Erstlingswerk“, selten bis niemals eine derartige globale Aufmerksamkeit erfahren, wie sie diesem Film zuteil wurde. Am problematischsten ist nun nämlich, dass eine Vielzahl von Menschen glauben, eine Meinung zu einem Film äußern und publik machen zu müssen, die wiederum nur auf Meinungen, Äußerungen und Andeutungen Anderer basieren – soll heißen: wie viele der Kritiker des Streifens haben ihn denn tatsächlich gesehen?
Ich führe als Beispiel für die von mir angedeutete Problematik des „Stille-Post-Prinzips“ mal gleich zu Beginn die wohl berühmteste aller - von kaum jemandem gesehenen - Szenen an, die die Gemüter wohl heftigst erhitzt: Diese Szene, die bereits durch den Film selbst als „Newborn-Porn“ tituliert wird ist selbstredend drastisch und unangenehm intensiv. Distanz wird kaum zugelassen. Einzig die deutlich sichtbare Künstlichkeit, die lediglich filmische Realität (hervorragend stigmatisiert als Film im Film) ermöglicht den permanenten Rückruf des Gedankens „Nicht Real, nur ein Film – Nicht Real, nur ein Film!“ Schock, Erschrecken und Entsetzen heruntergeschluckt und einmal kurz darüber nachgedacht entpuppt sich diese Sequenz nämlich aufgrund des heftig surrealen Charakters als längst nicht so verstörend (und schon gar nicht mit so langer Nachwirkung) wie es zum Beispiel die Schildkrötenszene in Deodatos „Cannibal Holocaust“ tat.
Es kommt einem vor, als würde diese Sequenz in ausführlicher Deutlichkeit zelebrieren, was geschieht, als würde die Kamera (eigentlich wie bei einem Porno) jedes Detail ausleuchten und darstellen, keine Schnitte – voll drauf – Friss oder stirb! Dies ist aber nicht der Fall. Detailaufnahmen, Andeutungen und glaubwürdige Akustik erzeugen diesen Eindruck, wirklich auf der Leinwand zu sehen ist es aber kaum. Das soll natürlich nicht die abartige Drastik dieser Basisidee schmählern – ganz gewiss nicht. Aber was im Netz dieser Szene nachgesagt wurde ist so nicht vorhanden gewesen. Als Hauptursache für die hohen Wellen, die diese Szene in der Netzkultur schlug, sehe ich zum einen das – durchaus berechtigte – Entsetzen über die Idee per se und das diese tatsächlich in einem Spielfilm realisiert wurde, zum anderen sehe ich aber auch als wichtigeren Punkt das Entsetzen vieler über die Drastik ihres eigenen Kopfkinos. Unter diesem Gesichtspunkt hätte die Sequenz plötzlich einen künstlerischen Wert (Spiegel vorhalten und so, ihr versteht) den ich ihr aber gern wieder absprechen würde. Denn Fakt bleibt für mich: Der Dramaturgie der Geschichte und dem Vorankommen innerhalb der Erzählung etc. hilft dieser Teil des Films kein bisschen! Völlig überflüssig und unnötig! Folglich wäre diese Sequenz als Quotenbringer, als kostenlose und vor allem globale Werbung und natürlich als das ekelhafteste, was den Filmmachern hätte einfallen können entblößt.
Aber mal etwas genauer zum Film an sich: Er zieht sich ganz schön in die Länge! Anfänglich wird man noch durch (mehr oder weniger) hübsche Brüste und lange Beine bei Laune gehalten, aber diese Laune schwindet bald mangels Spannung. Nach über 30Min. Laufzeit beginnt allmählich eine Art operante Konditionierung für Milos (er muss während eines Blowjobs auf Bildschirmen jungen Mädchen beim Schminken und Eis essen zusehen). Er wird also allmählich vorbereitet und seine Toleranz- und Hemmschwelle wird den Dingen, die noch folgen sollen, angeglichen. Zur Konditionierung kommt bald auch Zwang, Gegenwehr ist nicht allzu lang spürbar. Eine Kollegin von Milos, welcher noch höchst wiederwertiges wiederfahren wird, versichert, dass es nicht so schlimm wird wie Sodomie. „Aha“ denke ich beiläufig bei mir. Man kann also nach „schlimm“ und „weniger schlimm“ sortieren. Ja gut – hilft mir jetzt auch nicht weiter. Was folgt ist in meinen Augen nämlich schon eher „schlimm“. Der Begriff „misogyn“ schießt mir ergänzend in den Kopf, wird aber schnell durch „Misanthropie“ ersetzt. „Surreal“ – noch so ein Wort das sich mit fortlaufender Spielzeit immer öfter durch die Gedanken zieht. Eigentlich ist die sich zuspitzende Exzesse, die sich auf der Leinwand abspielt kaum fassbar. Diese Exzesse mündet zum Finale hin in sexualisierte Gewalt jenseits jeder Moral – die aber trauriger Weise irgendwie vorhersehbar war. Noch erschwerend hinzu kommt, dass es sich zwar bei der filmischen Umsetzung der Teilakte des Finales um etwas Neues handeln könnte, aber eigentlich nichts wirklich Neues und Innovatives geschieht. Hat jemand mal „American Psycho“ von Bret Easton Ellis gelesen? Wenn ja: you know what I mean!
- Ja, Ernüchterung machte sich breit als das Finale durch war. Es gab zwar noch einen hübschen WTF-Moment, wieder maximal grenzwertig und weit weg von Dingen, die wir als Moral umreißen könnten, aber eine wirkliche Wirkung kann das alles nicht mehr erzeugen. Man ist vollkommen übersättigt von heftigster Gewalt. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat der Regisseur eben diese Übersättigung zu kritisieren versucht?! Da ist er aber offensichtlich in seinen eigenen Fettnapf gelatscht. Auch den Erklärungs- und Deutungsversuchen des Regisseurs bzgl. der jüngsten Vergangenheit seines Landes kann man nur bedingt zustimmen. Wird zwar hier und da angedeutet aber wirkt auch sehr aufgesetzt. Man kann sich an keiner Stelle gegen das Gefühl wehren, dass der Film in seinem Kern doch nur eine Aneinanderreihung drastischer Gewaltexzesse ist, die noch mit höchst misogynen pornographischen Elementen garniert wurde. Andererseits hat der Film aber ein breites, öffentliches Gehör gefunden und ist auch qualitativ weit entfernt von Underground-Ekel-Gülle wie Fred Vogels „August Underground“-Reihe oder diesem Vomit-Gore-Quark von Lucifer Valentine - die letzteren stehen definitiv auf meiner No-Go-Liste. „A serbian film“ hat etwas, was die anderen nicht haben. Er ist handwerklich stark. Er hat durchaus künstlerische Elemente, interessante Einstellungen und eine Erzählstruktur die ihren Reiz hat – mal abgesehen davon, dass es eine Geschichte gibt. Auch sollte der starke Score von Sky Wikluh nicht unerwähnt bleiben. Wie eine fies finstere Gewitterfront am Horizont thront die bedrückende Musik über Szenerie!
Am Ende bleibt zu sagen, dass der serbische Streifen nur ein Film ist und zu keinem Zeitpunkt mehr zu sein versucht. Und als eben solcher sollte er auch gesehen werden. Und da plötzlich, schält man das Ganze Fragwürdige vom Kern, bleibt eine Geschichte, die hübsch inszeniert aber nur durchschnittlich spannend ist. Ein Film, der nichts Halbes und nichts Ganzes ist, nicht Fisch – nicht Fleisch. Ein ambitioniertes Erstlingswerk mit Schockpotenzial und globaler Gratis-Werbung –ein serbischer Film. 5-6/10
Produktionsland: Serbien (2010)
Regie: Srdjan Spasojević
Story:
Milos, ein legendärer, serbischer Pornostar im Ruhestand bekommt keine Rente und hat ernsthafte Schwierigkeiten seine Familie zu ernähren, die aufkeimende Sexualität seines Sohnes zu erklären und seine höchst attraktive Frau zu bespaßen. Da bekommt er ein Angebot, dass er nicht ablehnen kann und wird prompt Hauptdarsteller in einem Arthouse-Hardcore-Porno der ganz besonderen Art. Mehr sagt ihm dummerweise niemand und darum erschließt sich ihm das volle Ausmaß und die mehr als bittere Wahrheit erst nachdem Milos aus einem heftigen Drogenrausch erwacht und zusammen mit dem Rezipienten dieses serbischen Films die Bruchstücke, Erinnerungen und Aufnahmen zu einem geschlossenen Bild zusammen setzt.
Mein Senf:
So ziemlich jeder, der von dem Film gehört hat, hat offenbar Schwierigkeiten damit. Ich auch! Meine erste große Schwierigkeit ist nämlich eine geeignete Genre-Bezeichnung zu finden, die dem Film gerecht wird. Und was soll ich sagen, ich scheitere daran. Es ist kein Horror-/ Splatter-/Gorefilm trotz heftiger Splatterszenen. Es ist kein Krimi oder Thriller obwohl viele Elemente dafür sprechen würden, bis auf die notwendige Spannung. Es ist kein Porno obwohl die Genre-Stereotypen und Klischees hervorragend zitiert und bedient werden. Es ist auch keine Shockumentary - denn es ist ein Film. Genauer: ein serbischer Film. Und dieser weiß offenbar nicht so richtig was er sein will oder wollte. Oder ich weiß es nur nicht – schwer zu sagen. Kategorisierungen sind hier schwierig. Aber man bedenke folgendes: bei Erstlingswerken, Independentfilmen und Arthousestreifen ist das oftmals so! Ambitionierte, neuartige Werke aus dem kreativen Untergrund jenseits des Mainstream sind häufiger schwer zu Kategorisieren. Nur das Filme dieser Art, besonders die unter dem Begriff „Erstlingswerk“, selten bis niemals eine derartige globale Aufmerksamkeit erfahren, wie sie diesem Film zuteil wurde. Am problematischsten ist nun nämlich, dass eine Vielzahl von Menschen glauben, eine Meinung zu einem Film äußern und publik machen zu müssen, die wiederum nur auf Meinungen, Äußerungen und Andeutungen Anderer basieren – soll heißen: wie viele der Kritiker des Streifens haben ihn denn tatsächlich gesehen?
Ich führe als Beispiel für die von mir angedeutete Problematik des „Stille-Post-Prinzips“ mal gleich zu Beginn die wohl berühmteste aller - von kaum jemandem gesehenen - Szenen an, die die Gemüter wohl heftigst erhitzt: Diese Szene, die bereits durch den Film selbst als „Newborn-Porn“ tituliert wird ist selbstredend drastisch und unangenehm intensiv. Distanz wird kaum zugelassen. Einzig die deutlich sichtbare Künstlichkeit, die lediglich filmische Realität (hervorragend stigmatisiert als Film im Film) ermöglicht den permanenten Rückruf des Gedankens „Nicht Real, nur ein Film – Nicht Real, nur ein Film!“ Schock, Erschrecken und Entsetzen heruntergeschluckt und einmal kurz darüber nachgedacht entpuppt sich diese Sequenz nämlich aufgrund des heftig surrealen Charakters als längst nicht so verstörend (und schon gar nicht mit so langer Nachwirkung) wie es zum Beispiel die Schildkrötenszene in Deodatos „Cannibal Holocaust“ tat.
Es kommt einem vor, als würde diese Sequenz in ausführlicher Deutlichkeit zelebrieren, was geschieht, als würde die Kamera (eigentlich wie bei einem Porno) jedes Detail ausleuchten und darstellen, keine Schnitte – voll drauf – Friss oder stirb! Dies ist aber nicht der Fall. Detailaufnahmen, Andeutungen und glaubwürdige Akustik erzeugen diesen Eindruck, wirklich auf der Leinwand zu sehen ist es aber kaum. Das soll natürlich nicht die abartige Drastik dieser Basisidee schmählern – ganz gewiss nicht. Aber was im Netz dieser Szene nachgesagt wurde ist so nicht vorhanden gewesen. Als Hauptursache für die hohen Wellen, die diese Szene in der Netzkultur schlug, sehe ich zum einen das – durchaus berechtigte – Entsetzen über die Idee per se und das diese tatsächlich in einem Spielfilm realisiert wurde, zum anderen sehe ich aber auch als wichtigeren Punkt das Entsetzen vieler über die Drastik ihres eigenen Kopfkinos. Unter diesem Gesichtspunkt hätte die Sequenz plötzlich einen künstlerischen Wert (Spiegel vorhalten und so, ihr versteht) den ich ihr aber gern wieder absprechen würde. Denn Fakt bleibt für mich: Der Dramaturgie der Geschichte und dem Vorankommen innerhalb der Erzählung etc. hilft dieser Teil des Films kein bisschen! Völlig überflüssig und unnötig! Folglich wäre diese Sequenz als Quotenbringer, als kostenlose und vor allem globale Werbung und natürlich als das ekelhafteste, was den Filmmachern hätte einfallen können entblößt.
Aber mal etwas genauer zum Film an sich: Er zieht sich ganz schön in die Länge! Anfänglich wird man noch durch (mehr oder weniger) hübsche Brüste und lange Beine bei Laune gehalten, aber diese Laune schwindet bald mangels Spannung. Nach über 30Min. Laufzeit beginnt allmählich eine Art operante Konditionierung für Milos (er muss während eines Blowjobs auf Bildschirmen jungen Mädchen beim Schminken und Eis essen zusehen). Er wird also allmählich vorbereitet und seine Toleranz- und Hemmschwelle wird den Dingen, die noch folgen sollen, angeglichen. Zur Konditionierung kommt bald auch Zwang, Gegenwehr ist nicht allzu lang spürbar. Eine Kollegin von Milos, welcher noch höchst wiederwertiges wiederfahren wird, versichert, dass es nicht so schlimm wird wie Sodomie. „Aha“ denke ich beiläufig bei mir. Man kann also nach „schlimm“ und „weniger schlimm“ sortieren. Ja gut – hilft mir jetzt auch nicht weiter. Was folgt ist in meinen Augen nämlich schon eher „schlimm“. Der Begriff „misogyn“ schießt mir ergänzend in den Kopf, wird aber schnell durch „Misanthropie“ ersetzt. „Surreal“ – noch so ein Wort das sich mit fortlaufender Spielzeit immer öfter durch die Gedanken zieht. Eigentlich ist die sich zuspitzende Exzesse, die sich auf der Leinwand abspielt kaum fassbar. Diese Exzesse mündet zum Finale hin in sexualisierte Gewalt jenseits jeder Moral – die aber trauriger Weise irgendwie vorhersehbar war. Noch erschwerend hinzu kommt, dass es sich zwar bei der filmischen Umsetzung der Teilakte des Finales um etwas Neues handeln könnte, aber eigentlich nichts wirklich Neues und Innovatives geschieht. Hat jemand mal „American Psycho“ von Bret Easton Ellis gelesen? Wenn ja: you know what I mean!
- Ja, Ernüchterung machte sich breit als das Finale durch war. Es gab zwar noch einen hübschen WTF-Moment, wieder maximal grenzwertig und weit weg von Dingen, die wir als Moral umreißen könnten, aber eine wirkliche Wirkung kann das alles nicht mehr erzeugen. Man ist vollkommen übersättigt von heftigster Gewalt. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat der Regisseur eben diese Übersättigung zu kritisieren versucht?! Da ist er aber offensichtlich in seinen eigenen Fettnapf gelatscht. Auch den Erklärungs- und Deutungsversuchen des Regisseurs bzgl. der jüngsten Vergangenheit seines Landes kann man nur bedingt zustimmen. Wird zwar hier und da angedeutet aber wirkt auch sehr aufgesetzt. Man kann sich an keiner Stelle gegen das Gefühl wehren, dass der Film in seinem Kern doch nur eine Aneinanderreihung drastischer Gewaltexzesse ist, die noch mit höchst misogynen pornographischen Elementen garniert wurde. Andererseits hat der Film aber ein breites, öffentliches Gehör gefunden und ist auch qualitativ weit entfernt von Underground-Ekel-Gülle wie Fred Vogels „August Underground“-Reihe oder diesem Vomit-Gore-Quark von Lucifer Valentine - die letzteren stehen definitiv auf meiner No-Go-Liste. „A serbian film“ hat etwas, was die anderen nicht haben. Er ist handwerklich stark. Er hat durchaus künstlerische Elemente, interessante Einstellungen und eine Erzählstruktur die ihren Reiz hat – mal abgesehen davon, dass es eine Geschichte gibt. Auch sollte der starke Score von Sky Wikluh nicht unerwähnt bleiben. Wie eine fies finstere Gewitterfront am Horizont thront die bedrückende Musik über Szenerie!
Am Ende bleibt zu sagen, dass der serbische Streifen nur ein Film ist und zu keinem Zeitpunkt mehr zu sein versucht. Und als eben solcher sollte er auch gesehen werden. Und da plötzlich, schält man das Ganze Fragwürdige vom Kern, bleibt eine Geschichte, die hübsch inszeniert aber nur durchschnittlich spannend ist. Ein Film, der nichts Halbes und nichts Ganzes ist, nicht Fisch – nicht Fleisch. Ein ambitioniertes Erstlingswerk mit Schockpotenzial und globaler Gratis-Werbung –ein serbischer Film. 5-6/10
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
Noch ein Gedanke mehr zum serbischen Film:
Weil man es mittlerweile immer öfter liest, dass „a serbian film“ mit der jüngeren Vergangenheit des Landes in Verbindung gebracht wird und angeblich ohne entsprechendes Hintergrundwissen in seinem Kern nicht verständlich ist, musste ich mir noch ein wenig den Kopf darüber zerbrechen. Fazit: den Gedankengang kann ich so nicht mitgehen! Wäre der Film ohne vorhergehende Beschäftigung mit Land und Leuten nicht in seiner Essenz verständlich, würde er eine Art Intellektuellenfilm sein – auf dieser Stufe kann er aber unmöglich stehen, da er sich zu sehr auf seine Schauwerte verlässt. Ich glaube eher, dass hier von zu vielen ein zu großer Arthouse-Maßstab angelegt wird, dem der Streifen unmöglich gerecht werden kann! Soviel zu meinem Senf
Weil man es mittlerweile immer öfter liest, dass „a serbian film“ mit der jüngeren Vergangenheit des Landes in Verbindung gebracht wird und angeblich ohne entsprechendes Hintergrundwissen in seinem Kern nicht verständlich ist, musste ich mir noch ein wenig den Kopf darüber zerbrechen. Fazit: den Gedankengang kann ich so nicht mitgehen! Wäre der Film ohne vorhergehende Beschäftigung mit Land und Leuten nicht in seiner Essenz verständlich, würde er eine Art Intellektuellenfilm sein – auf dieser Stufe kann er aber unmöglich stehen, da er sich zu sehr auf seine Schauwerte verlässt. Ich glaube eher, dass hier von zu vielen ein zu großer Arthouse-Maßstab angelegt wird, dem der Streifen unmöglich gerecht werden kann! Soviel zu meinem Senf
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
Für mich ist die Aussage schlüssig und ich hab das auch so empfunden. Vielleicht liegt das aber auch daran, da das Thema durch den 10-Tages-Krieg und die darauffolgende Unabhänigikeit von Slowenien im Jahre 1991 hier auch etwas präsenter ist. Der Streifen "Leben und Tod einer Pornobande" behandelt das Thema Serbien und seine zerbrochene Gesellschaft nach dem Krieg (in diesem Fall die konservativen Mächte, die auf alles Fremde mit Hass und Gewalt reagieren) ja auf eine ähnliche Weise und hat auch sonst inhaltliche Parallelen, die für diese Sichtweise sprechen.purgatorio hat geschrieben:Weil man es mittlerweile immer öfter liest, dass „a serbian film“ mit der jüngeren Vergangenheit des Landes in Verbindung gebracht wird und angeblich ohne entsprechendes Hintergrundwissen in seinem Kern nicht verständlich ist, musste ich mir noch ein wenig den Kopf darüber zerbrechen.
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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- Salvatore Baccaro
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
Kurze Notiz zur berüchtigsten Szene in SPRSKI FILM:
1. Assoziation: Ruggero Deodato - Cannibal Holocaust (1980):
Die "Newborn-Porn"-Sequenz ist ein Film im Film. Unvermittelt möchte Regisseur Vukmir seinem Star Milos vor Augen führen, wohin seine künstlerischen Ambitionen tendieren. In Deodatos CANNIBAL HOLOCAUST ist die Situation eine ähnliche. Fast alle transgressiven Szenen werden nicht ungefiltert auf das Publikum losgelassen. Professor Monroe und Mitglieder einer New Yorker Fernsehanstalt sichten das Material der verspeisten Mondo-Filmer in einem Privatkino. Ständig schneidet Deodato zwischen den bewusst amateurhaft inszenierten Gräueln und den schockierten Gesichtern im Auditorium hin und her, womit er es per se unmöglich macht, dass der Betrachter mit den Grausamkeiten auch nur ansatzweise sympathisiert und sie, in zurückgelehnter Sicherheit, im Kontext eines reinen Trash-Exploitation-Splatter-Movies goutiert. Es ist sicher kein Zufall, dass Herr Spasojevic exakt diese Masche auch anwendet, wenn er seinen größten Tabubruch serviert. Von Deodato unterscheidet ihn indes, dass er nie wirklich "draufhält". Das, was wir zu sehen glauben, ist Ergebnis einer raffinierten Montage. Explizite Einblicke fehlen gänzlich. Gefilmt werden nur "harmlose" Details. Was zählt, ist das Kopfkino. Das ist überraschend, wenn man bedenkt, dass der Film im Film ein Porno sein soll. Seit wann bekommt man in Pornos das Entscheidende nur angedeutet, hier den Rücken des Vergewaltigers und ansatzweise die (gar nicht mal so überzeugende) Säuglingspuppe? In gewisser Weise entlarvt sich Herr Spasojevic mit dieser, der internen Filmlogik völlig widersprechenden, Inszenierungsart als moralischer und ängstlicher als erwartet. Weit entfernt ist das nicht von der thematisch ebenfalls verwandten Szene in Joel Schumachers 8MM, wenn wir das, was die Leinwand zeigt, nur über Umwege im verstörten Gesicht Nicholas Cages zu sehen kriegen. Gerade in dieser Szene beweist SPRSKI FILM eine Zurückhaltung, die ihm sonst über weite Strecken fehlt, und hält sich an die sonst vehement von ihm torpedierte Devise, dass weniger oft mehr ist.
2. Assoziation: Michael Haneke - Funny Games (1997)
Weniger ist nicht nur oft mehr, es kommt auch auf die Akzente an. Natürlich kann man wie Joe D'Amato in MAN EATER in aller Deutlichkeit dokumentieren, wie ein griechischer Kannibale einer Schwangeren den Fötus aus dem Leibe reißt und genüsslich verschlingt, dennoch wirkt eine solche Szene für einen heutigen Betrachter höchstens wegen seiner eigenen Vorstellungskraft schockierend, wegen dem, was sie anregt, und nicht unbedingt aufgrund des Bildmaterials selbst, das zum größten Teil aus George Eastmans Over-Acting und einem gehäuteten Kaninchen besteht. Die "Newborn-Porn"-Szene in SPRKSI FILM spricht da eine andere Sprache. Obwohl der Film stellenweise ganz nahe bei derartigen Italo-Horror-Exzessen ist (die Szene am Ende, in der Milos einen Unhold dadurch tötet, dass er ihm seinen erigierten Penis ins Augenloch rammt, gehört für mich definitiv in einen reinen Exploitation-Trash-Kontext: das ist nun wirklich too much, und reizt eher zum Lachen...), verlagert er seinen Schrecken hier v.a. auf die Tonspur, etwas, das auch Michael Haneke schon wusste, wenn er in FUNNY GAMES alle Explizitäten umgeht, und es dabei bewenden lässt, seine Schauspieler in Schreiorgien verfallen zu lassen, die einen im Innersten erschüttern: da braucht man gar keine reißerischen Bilder mehr. So verfolgt einen auch das angebliche Säuglingsgebrüll wahrscheinlich mehr als die Puppe, die, betrachtet man sie sich mal genauer, schon mehr mit D'Amatos Kaninchen zu tun hat.
3. Assoziation: Juraj Jakubisko - Vtackovia, siroty a blazni (1969):
Jakubiskos Helden haben sich in einer verrohten Welt dazu entschlossen, die Verrückten zu spielen, da das für sie den einzigen Weg darstellt, dem Grauen um sie herum etwas Positives entgegenzusetzen. In einer der Schlüsselszenen des Films tanzen sie um einen Berg aus Filmrollen, der wie von selbst in Flammen aufgeht, wobei sie schreien, dass das die Neue Welle sei. Offensichtlich meinen sie damit sich selbst, ihre Art und Weise, eine Idealgesellschaft zu entwerfen, die der, der sie zu entkommen suchen, demonstrativ den Rücken zukehrt, gleichzeitig verweist Jakubisko eindeutig auf die sog. Tschechische Neue Welle, jene Künstlerbewegung der 60er Jahre, die nach Verklingen des Prager Frühlings ein jähes Ende fand: im wahrsten Sinne des Wortes ging die revoltierende Kunst in Flammen auf, Jakubisko selbst befand sich 1969 schon mit einem Bein auf dem Scheiterhaufen, drehte VTACKOVIA, SIROTY A BLAZNI im Untergrund, finanziert von frz. Geldern, und kann seinen Film natürlich nicht anders enden lassen als in einem bitteren Einbruch der unausweichlichen Realität in das märchenhafte Königreich seiner Helden. In SPRSKI FILM ruft Regisseur Vukmir, sozusagen eine Karikatur des Klischees des leidenschaftlich-wahnsinnigen Filmemachers, auf seine Art durchaus gleichzusetzen mit den Mondo-Filmern Deodatos, die ja ihrerseits nach historischen Vorbildern geschnitzt worden sind, nachdem Milos entsetzt den Vorführraum verlassen hat, voller Euphorie, dass das, was er da eben gesehen habe, Newborn Porn sei, und wiederholt das erste Wort noch einmal: Newborn, mit mehreren Ausrufezeichen. Neben dem geschmacklosen Wortwitz, der offensichtlich ist, verbirgt sich in dieser Äußerung noch mehr: das Porno-Genre erlebe dadurch seine Wiedergeburt, es bekommt frische Energie und Atem zugeblasen, das auf der Leinwand sei nicht nur ein Porno mit Neugeborenen, sondern vielmehr die neuste Manifestation, das, wonach das Publikum verlange, eine weitere Steigerung auf dem Weg zum Absoluten, ganz nach der Devise, dass es immer härter und echter werden müsse (eine Entwicklung, die man dem Porno-Grene ja tatsächlich konstatieren muss), ironisch dadurch, dass SPRSKI FILM ebenfalls diesen Regeln folgt (was ihn einmal mehr mit CANNIBAL HOLOCAUST verbrüdert), der sich als Spielfilm ja ebenso weit aus dem Fenster lehnt, wenn er eine solche Szene in dieser Form präsentiert, und sich, obwohl formal Ankläger, selbst auf die Bank der Angeklagten setzt. Die Frage ist, ob Herr Spasojevic damit einen bewusst ironischen Kommentar in den Raum stellen wollte, der darauf abzielt, den Betrachter seines Films, der kurz davor ist, sich angewidert abzuwenden, mit der Frage zu konfrontieren, weshalb er sich SPRSKI FILM überhaupt gerade ansieht: wegen der Mundpropaganda, dass das Werk eines der derbsten der letzten Jahre sei, oder wirklich in der Hoffnung, einen ernsthaften, seriösen Beitrag zur politischen Lagebestimmung Serbiens geliefert zu bekommen?
4. Assoziation: Marquis de Sade - Justine (1797):
In der finalen Fassung seines Romans JUSTINE beschreibt de Sade u.a. einen Libertin, der ein Schloss voller Frauen unterhält, die er allesamt der Reihe nach schwängert. Stehen sie kurz vor der Geburt, fungiert er selbst als Hebamme. Besonders gerne vollführt er an seinen Opfern den Kaiserschnitt, gerne wird der Säugling auch noch im Mutterleib zerschnitten. Das Schicksal der Kinder ist, sofern sie unbeschadet zur Welt kommen, immer dasselbe: nach einer gewissen Zeit ertränkt der Unhold sie in einem nahen See. Für de Sade stellt dies einen der ultmativen Angriffe auf eine dem Menschen gleichgültig gegenüberstehende Natur dar. Ganz anders als Rousseau, dessen Ansichten er in seinen literarischen Mikrokosmen quasi um 180 Grad dreht, haben de Sades "Helden" keine Ehrbezeugungen für Mutter Natur übrig, sondern gehen mit allen Mitteln gegen sie vor, indem sie ungeborenes Leben dahinschlachten, ihre eigenen leiblichen Mütter angehen oder gleich die Natur selbst zum Orgasmus bringen, indem sie Menschen, archaischen Riten gleich, in die offenen Flammen des Vesuv werden. Die Natur entlädt sich, der Vulkan explodiert, während de Sades Protagonisten sich vor Geilheit zuckend in Orgasmen winden. Eine ausgeklügelte Philosophie wie de Sade kann SPRSKI FILM freilich nicht aufweisen, immerhin scheint er nicht wenig von diesem frz. Schriftsteller inspiriert worden zu sein. Die Metapher ist klar und deutlich: sobald wir das Licht der Welt erblicken, sobald wir den Schoß der Mutter verlassen haben (den einzigen Schutzraum, der uns bleibt), tut die Natur oder besser: die nach einem Naturgesetz handelnde Menschheit uns das Schlimmste an. Unter diesem Gesichtpunkt kann man die "Newborn-Porn"-Szene als poetisches Bild in dem Sinne verstehen, dass es eine vom Regisseur vorausgesetzte These (freilich keine neue) mittels einer Zusammenführung zweier entgegengesetzer Elemente in sich vereint (Poesie ist laut Lautreamont immerhin die zufällige Begegnung einer Nähmaschine und eines Regenschirms auf einem Seziertisch) - was könnte einerseits enger miteinander verbunden sein und doch weiter auseinanderliegen als ein männlicher Penis und ein Neugeborenes. (Auch typisch de Sade: die Mutter ist hier nicht etwa Opfer, sondern scheint sich lüstern am Leid ihres Kindes zu erfreuen - Parallele: Sades Juliette, die am Ende des gleichnamigen Romans im Taumel der Lust ihre eigene Tochter ins Kaminfeuer schleudert).
1. Assoziation: Ruggero Deodato - Cannibal Holocaust (1980):
Die "Newborn-Porn"-Sequenz ist ein Film im Film. Unvermittelt möchte Regisseur Vukmir seinem Star Milos vor Augen führen, wohin seine künstlerischen Ambitionen tendieren. In Deodatos CANNIBAL HOLOCAUST ist die Situation eine ähnliche. Fast alle transgressiven Szenen werden nicht ungefiltert auf das Publikum losgelassen. Professor Monroe und Mitglieder einer New Yorker Fernsehanstalt sichten das Material der verspeisten Mondo-Filmer in einem Privatkino. Ständig schneidet Deodato zwischen den bewusst amateurhaft inszenierten Gräueln und den schockierten Gesichtern im Auditorium hin und her, womit er es per se unmöglich macht, dass der Betrachter mit den Grausamkeiten auch nur ansatzweise sympathisiert und sie, in zurückgelehnter Sicherheit, im Kontext eines reinen Trash-Exploitation-Splatter-Movies goutiert. Es ist sicher kein Zufall, dass Herr Spasojevic exakt diese Masche auch anwendet, wenn er seinen größten Tabubruch serviert. Von Deodato unterscheidet ihn indes, dass er nie wirklich "draufhält". Das, was wir zu sehen glauben, ist Ergebnis einer raffinierten Montage. Explizite Einblicke fehlen gänzlich. Gefilmt werden nur "harmlose" Details. Was zählt, ist das Kopfkino. Das ist überraschend, wenn man bedenkt, dass der Film im Film ein Porno sein soll. Seit wann bekommt man in Pornos das Entscheidende nur angedeutet, hier den Rücken des Vergewaltigers und ansatzweise die (gar nicht mal so überzeugende) Säuglingspuppe? In gewisser Weise entlarvt sich Herr Spasojevic mit dieser, der internen Filmlogik völlig widersprechenden, Inszenierungsart als moralischer und ängstlicher als erwartet. Weit entfernt ist das nicht von der thematisch ebenfalls verwandten Szene in Joel Schumachers 8MM, wenn wir das, was die Leinwand zeigt, nur über Umwege im verstörten Gesicht Nicholas Cages zu sehen kriegen. Gerade in dieser Szene beweist SPRSKI FILM eine Zurückhaltung, die ihm sonst über weite Strecken fehlt, und hält sich an die sonst vehement von ihm torpedierte Devise, dass weniger oft mehr ist.
2. Assoziation: Michael Haneke - Funny Games (1997)
Weniger ist nicht nur oft mehr, es kommt auch auf die Akzente an. Natürlich kann man wie Joe D'Amato in MAN EATER in aller Deutlichkeit dokumentieren, wie ein griechischer Kannibale einer Schwangeren den Fötus aus dem Leibe reißt und genüsslich verschlingt, dennoch wirkt eine solche Szene für einen heutigen Betrachter höchstens wegen seiner eigenen Vorstellungskraft schockierend, wegen dem, was sie anregt, und nicht unbedingt aufgrund des Bildmaterials selbst, das zum größten Teil aus George Eastmans Over-Acting und einem gehäuteten Kaninchen besteht. Die "Newborn-Porn"-Szene in SPRKSI FILM spricht da eine andere Sprache. Obwohl der Film stellenweise ganz nahe bei derartigen Italo-Horror-Exzessen ist (die Szene am Ende, in der Milos einen Unhold dadurch tötet, dass er ihm seinen erigierten Penis ins Augenloch rammt, gehört für mich definitiv in einen reinen Exploitation-Trash-Kontext: das ist nun wirklich too much, und reizt eher zum Lachen...), verlagert er seinen Schrecken hier v.a. auf die Tonspur, etwas, das auch Michael Haneke schon wusste, wenn er in FUNNY GAMES alle Explizitäten umgeht, und es dabei bewenden lässt, seine Schauspieler in Schreiorgien verfallen zu lassen, die einen im Innersten erschüttern: da braucht man gar keine reißerischen Bilder mehr. So verfolgt einen auch das angebliche Säuglingsgebrüll wahrscheinlich mehr als die Puppe, die, betrachtet man sie sich mal genauer, schon mehr mit D'Amatos Kaninchen zu tun hat.
3. Assoziation: Juraj Jakubisko - Vtackovia, siroty a blazni (1969):
Jakubiskos Helden haben sich in einer verrohten Welt dazu entschlossen, die Verrückten zu spielen, da das für sie den einzigen Weg darstellt, dem Grauen um sie herum etwas Positives entgegenzusetzen. In einer der Schlüsselszenen des Films tanzen sie um einen Berg aus Filmrollen, der wie von selbst in Flammen aufgeht, wobei sie schreien, dass das die Neue Welle sei. Offensichtlich meinen sie damit sich selbst, ihre Art und Weise, eine Idealgesellschaft zu entwerfen, die der, der sie zu entkommen suchen, demonstrativ den Rücken zukehrt, gleichzeitig verweist Jakubisko eindeutig auf die sog. Tschechische Neue Welle, jene Künstlerbewegung der 60er Jahre, die nach Verklingen des Prager Frühlings ein jähes Ende fand: im wahrsten Sinne des Wortes ging die revoltierende Kunst in Flammen auf, Jakubisko selbst befand sich 1969 schon mit einem Bein auf dem Scheiterhaufen, drehte VTACKOVIA, SIROTY A BLAZNI im Untergrund, finanziert von frz. Geldern, und kann seinen Film natürlich nicht anders enden lassen als in einem bitteren Einbruch der unausweichlichen Realität in das märchenhafte Königreich seiner Helden. In SPRSKI FILM ruft Regisseur Vukmir, sozusagen eine Karikatur des Klischees des leidenschaftlich-wahnsinnigen Filmemachers, auf seine Art durchaus gleichzusetzen mit den Mondo-Filmern Deodatos, die ja ihrerseits nach historischen Vorbildern geschnitzt worden sind, nachdem Milos entsetzt den Vorführraum verlassen hat, voller Euphorie, dass das, was er da eben gesehen habe, Newborn Porn sei, und wiederholt das erste Wort noch einmal: Newborn, mit mehreren Ausrufezeichen. Neben dem geschmacklosen Wortwitz, der offensichtlich ist, verbirgt sich in dieser Äußerung noch mehr: das Porno-Genre erlebe dadurch seine Wiedergeburt, es bekommt frische Energie und Atem zugeblasen, das auf der Leinwand sei nicht nur ein Porno mit Neugeborenen, sondern vielmehr die neuste Manifestation, das, wonach das Publikum verlange, eine weitere Steigerung auf dem Weg zum Absoluten, ganz nach der Devise, dass es immer härter und echter werden müsse (eine Entwicklung, die man dem Porno-Grene ja tatsächlich konstatieren muss), ironisch dadurch, dass SPRSKI FILM ebenfalls diesen Regeln folgt (was ihn einmal mehr mit CANNIBAL HOLOCAUST verbrüdert), der sich als Spielfilm ja ebenso weit aus dem Fenster lehnt, wenn er eine solche Szene in dieser Form präsentiert, und sich, obwohl formal Ankläger, selbst auf die Bank der Angeklagten setzt. Die Frage ist, ob Herr Spasojevic damit einen bewusst ironischen Kommentar in den Raum stellen wollte, der darauf abzielt, den Betrachter seines Films, der kurz davor ist, sich angewidert abzuwenden, mit der Frage zu konfrontieren, weshalb er sich SPRSKI FILM überhaupt gerade ansieht: wegen der Mundpropaganda, dass das Werk eines der derbsten der letzten Jahre sei, oder wirklich in der Hoffnung, einen ernsthaften, seriösen Beitrag zur politischen Lagebestimmung Serbiens geliefert zu bekommen?
4. Assoziation: Marquis de Sade - Justine (1797):
In der finalen Fassung seines Romans JUSTINE beschreibt de Sade u.a. einen Libertin, der ein Schloss voller Frauen unterhält, die er allesamt der Reihe nach schwängert. Stehen sie kurz vor der Geburt, fungiert er selbst als Hebamme. Besonders gerne vollführt er an seinen Opfern den Kaiserschnitt, gerne wird der Säugling auch noch im Mutterleib zerschnitten. Das Schicksal der Kinder ist, sofern sie unbeschadet zur Welt kommen, immer dasselbe: nach einer gewissen Zeit ertränkt der Unhold sie in einem nahen See. Für de Sade stellt dies einen der ultmativen Angriffe auf eine dem Menschen gleichgültig gegenüberstehende Natur dar. Ganz anders als Rousseau, dessen Ansichten er in seinen literarischen Mikrokosmen quasi um 180 Grad dreht, haben de Sades "Helden" keine Ehrbezeugungen für Mutter Natur übrig, sondern gehen mit allen Mitteln gegen sie vor, indem sie ungeborenes Leben dahinschlachten, ihre eigenen leiblichen Mütter angehen oder gleich die Natur selbst zum Orgasmus bringen, indem sie Menschen, archaischen Riten gleich, in die offenen Flammen des Vesuv werden. Die Natur entlädt sich, der Vulkan explodiert, während de Sades Protagonisten sich vor Geilheit zuckend in Orgasmen winden. Eine ausgeklügelte Philosophie wie de Sade kann SPRSKI FILM freilich nicht aufweisen, immerhin scheint er nicht wenig von diesem frz. Schriftsteller inspiriert worden zu sein. Die Metapher ist klar und deutlich: sobald wir das Licht der Welt erblicken, sobald wir den Schoß der Mutter verlassen haben (den einzigen Schutzraum, der uns bleibt), tut die Natur oder besser: die nach einem Naturgesetz handelnde Menschheit uns das Schlimmste an. Unter diesem Gesichtpunkt kann man die "Newborn-Porn"-Szene als poetisches Bild in dem Sinne verstehen, dass es eine vom Regisseur vorausgesetzte These (freilich keine neue) mittels einer Zusammenführung zweier entgegengesetzer Elemente in sich vereint (Poesie ist laut Lautreamont immerhin die zufällige Begegnung einer Nähmaschine und eines Regenschirms auf einem Seziertisch) - was könnte einerseits enger miteinander verbunden sein und doch weiter auseinanderliegen als ein männlicher Penis und ein Neugeborenes. (Auch typisch de Sade: die Mutter ist hier nicht etwa Opfer, sondern scheint sich lüstern am Leid ihres Kindes zu erfreuen - Parallele: Sades Juliette, die am Ende des gleichnamigen Romans im Taumel der Lust ihre eigene Tochter ins Kaminfeuer schleudert).
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
WOW
Du verstehst es echt, zu interpretieren
Und wie ausführlich
Klasse, vielen Dank
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
Starker Text, Salvatore! Soviel entdeckter Anspruch in dieser Szene hebelt mein Fazit (vgl. oben) völlig aus:
Mein Fazit war vor allem, dass diese Szene, wenn man sein persönliches Erschrecken darüber hinuntergewürgt hat und sich einige Gedanken gemacht hat, bei weitem nicht mehr so schlimm ist, wie sie überall gemacht wird. Und vor allem dann nicht, wenn der - meines Erachtens nach - schlimmste Querschläger in Richtung absolut misogyner Misanthropie folgt, nämlich die Exekution durch Ersticken per Blowjob mit vorangegangenem Zähneziehen!
Da würde mich nun natürlich deine Bewertung des gesamten Films und speziell dieser Szene im Kontext des Gesamtwerks interessieren.Denn Fakt bleibt für mich: Der Dramaturgie der Geschichte und dem Vorankommen innerhalb der Erzählung etc. hilft dieser Teil des Films kein bisschen! Völlig überflüssig und unnötig!
Mein Fazit war vor allem, dass diese Szene, wenn man sein persönliches Erschrecken darüber hinuntergewürgt hat und sich einige Gedanken gemacht hat, bei weitem nicht mehr so schlimm ist, wie sie überall gemacht wird. Und vor allem dann nicht, wenn der - meines Erachtens nach - schlimmste Querschläger in Richtung absolut misogyner Misanthropie folgt, nämlich die Exekution durch Ersticken per Blowjob mit vorangegangenem Zähneziehen!
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
Nun, meine generelle Beurteilung:
Da ich ziemlich vorurteilsfrei an SPRKSI FILM herangegangen bin, überraschte mich das Werk dann doch eher positiv. Meiner Meinung nach ist das natürlich NICHT der schockierendste Film der letzten Dekade (aus dem Bauch heraus würde ich da eher zu IRREVERSIBLE tendieren, der mich rein emotional schlicht mehr berührte als SPRSKI FILM - gerade was die Zerstörung einer idyllischen Familie betrifft, kann man auch da bei FUNNY GAMES nachschlagen, wie das effektiver, weil minimalistischer und ohne derbe Schauwerte umgesetzt wird - auch mit Milos, sozusagen Aronfoskys WRESTLER als Ex-Porno-Star, fieberte ich nie so sehr mit, dass mein Herz daranhing, zumal der Film, nachdem der Gute außer Gefecht gesetzt wird, im Grunde nur noch aus einer Aneinanderreihung von Indizen [Milos findet einen Hinweis] und Erinnerungsfetzen besteht, was auf die Dauer eher zur Monotonie beiträgt, wenn das Ganze auch, das kann man kaum anders sagen, optisch ansprechend umgesetzt wurde...)
Neben all den schockierenden Szenen (die, ich hoffe, ich klinge da nun jetzt nicht zu abgebrüht, eigentlich allesamt dann doch nie so krass umgesetzt wurden, wie es sich wohl einige abseitige Geschmäcker erhofften) konnte ich in SPRSKI FILM vor allem eine Prise Schwarzen Humor und eine (bewusst oder unbewusste?) Überzogenheit entdecken. Allein wie der Regisseur dargestellt wurde, manisch, fieberhaft, sich selbst für einen Künstler haltend, mit seinen tollen Vergleichen, dass Milos für ihn so wie der Ziegenbock für die Mönche sei, die er in einer seiner abstrusesten Metaphern anführt. Selbst sein Ruf "Newborn Porn" brachte trotz der vorangegangen Szene ein ungläubiges Lachen aus mir heraus, so, als wolle Herr Spasojevic seinen Tabubruch mit einem Augenzwinkern konstrastieren (ähnlich wie in HOSTEL 2, der allerdings schon mehr Richtung Genre-Kino zeigt, wo die finale Penis-Amputation damit endet, dass einer der Wächter erschrocken darüber ist, dass sein Hund das abgeschnittene beste Stück gierig verschlingt), oder die schlicht witzige Szene, in der Milos aus dem Fenster springt, und der Regisseur entsetzt darüber ist, dass sein Film sich gerade davonmacht - auf der andern Seite aber auch die nun wirklich vollkommen überzogene, beinahe lächerliche Szene, in der Milos tatsächlich eine männliche Augenhöhle penetriert.
Interessant finde ich, dass ich die Szenen, in denen man nur eine ungute Vorahnung hat, was da noch alles auf einen zukommt, mit am schwersten ertrug. Milos wird per Knopf im Ohr zu einem Waisenhaus dirigiert. Kameramänner folgen ihm, halten jede seiner Bewegungen fest. Seltsames geschieht vor seinen Augen. Da werden Kinder geschlagen, mysteriöse Frauen tauchen auf und verschwinden. Einmal blickt die Kamera des Films im Film direkt in die Kamera Spasojevics, ein Blickkontakt findet statt, der Zuschauer wird selbst zum Objekt, was eine Sicherheitsbarriere überwindet, die man eigentlich gerne gewahrt wissen möchte, v.a. bei Filmen wie diesem. Großartig war das Ende für mich, die letzten Szenen in der zerstörten Familie, die leisen Anflüge von Zärtlichkeit zwischen Mutter und apathischem Kind, die Selbstmordszene, in der der Film schon wieder eine enorme, taktvolle Zurückhaltung an den Tag legt, und sogleich das bitterböse Schlussbild, das dadurch, dass es wirklich nur eine Minute dauert, eine Tugend beweist, die vielen Gräulen des Films abgeht: es wird sich aufs Wesentliche konzentriert und die Schockwirkung nicht dadurch zerrieben, dass man den Schock endlos ausspielt und ausdehnt.
Da ich ziemlich vorurteilsfrei an SPRKSI FILM herangegangen bin, überraschte mich das Werk dann doch eher positiv. Meiner Meinung nach ist das natürlich NICHT der schockierendste Film der letzten Dekade (aus dem Bauch heraus würde ich da eher zu IRREVERSIBLE tendieren, der mich rein emotional schlicht mehr berührte als SPRSKI FILM - gerade was die Zerstörung einer idyllischen Familie betrifft, kann man auch da bei FUNNY GAMES nachschlagen, wie das effektiver, weil minimalistischer und ohne derbe Schauwerte umgesetzt wird - auch mit Milos, sozusagen Aronfoskys WRESTLER als Ex-Porno-Star, fieberte ich nie so sehr mit, dass mein Herz daranhing, zumal der Film, nachdem der Gute außer Gefecht gesetzt wird, im Grunde nur noch aus einer Aneinanderreihung von Indizen [Milos findet einen Hinweis] und Erinnerungsfetzen besteht, was auf die Dauer eher zur Monotonie beiträgt, wenn das Ganze auch, das kann man kaum anders sagen, optisch ansprechend umgesetzt wurde...)
Neben all den schockierenden Szenen (die, ich hoffe, ich klinge da nun jetzt nicht zu abgebrüht, eigentlich allesamt dann doch nie so krass umgesetzt wurden, wie es sich wohl einige abseitige Geschmäcker erhofften) konnte ich in SPRSKI FILM vor allem eine Prise Schwarzen Humor und eine (bewusst oder unbewusste?) Überzogenheit entdecken. Allein wie der Regisseur dargestellt wurde, manisch, fieberhaft, sich selbst für einen Künstler haltend, mit seinen tollen Vergleichen, dass Milos für ihn so wie der Ziegenbock für die Mönche sei, die er in einer seiner abstrusesten Metaphern anführt. Selbst sein Ruf "Newborn Porn" brachte trotz der vorangegangen Szene ein ungläubiges Lachen aus mir heraus, so, als wolle Herr Spasojevic seinen Tabubruch mit einem Augenzwinkern konstrastieren (ähnlich wie in HOSTEL 2, der allerdings schon mehr Richtung Genre-Kino zeigt, wo die finale Penis-Amputation damit endet, dass einer der Wächter erschrocken darüber ist, dass sein Hund das abgeschnittene beste Stück gierig verschlingt), oder die schlicht witzige Szene, in der Milos aus dem Fenster springt, und der Regisseur entsetzt darüber ist, dass sein Film sich gerade davonmacht - auf der andern Seite aber auch die nun wirklich vollkommen überzogene, beinahe lächerliche Szene, in der Milos tatsächlich eine männliche Augenhöhle penetriert.
Interessant finde ich, dass ich die Szenen, in denen man nur eine ungute Vorahnung hat, was da noch alles auf einen zukommt, mit am schwersten ertrug. Milos wird per Knopf im Ohr zu einem Waisenhaus dirigiert. Kameramänner folgen ihm, halten jede seiner Bewegungen fest. Seltsames geschieht vor seinen Augen. Da werden Kinder geschlagen, mysteriöse Frauen tauchen auf und verschwinden. Einmal blickt die Kamera des Films im Film direkt in die Kamera Spasojevics, ein Blickkontakt findet statt, der Zuschauer wird selbst zum Objekt, was eine Sicherheitsbarriere überwindet, die man eigentlich gerne gewahrt wissen möchte, v.a. bei Filmen wie diesem. Großartig war das Ende für mich, die letzten Szenen in der zerstörten Familie, die leisen Anflüge von Zärtlichkeit zwischen Mutter und apathischem Kind, die Selbstmordszene, in der der Film schon wieder eine enorme, taktvolle Zurückhaltung an den Tag legt, und sogleich das bitterböse Schlussbild, das dadurch, dass es wirklich nur eine Minute dauert, eine Tugend beweist, die vielen Gräulen des Films abgeht: es wird sich aufs Wesentliche konzentriert und die Schockwirkung nicht dadurch zerrieben, dass man den Schock endlos ausspielt und ausdehnt.
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
kann man so unterschreiben! Deine Ausführungen zum Ende des Films sind am stärksten und überzeugendsten! Sie sollten aber eventuell auch als Spoiler gekennzeichnet werden
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
A Serbian Film
(Srpski Film)
mit Srdjan Todorovic, Sergej Trifunovic, Jelena Gavrilovic, Slobodan Bestic, Katarina Zutic, Luka Mijatovic, Ana Sakic, Lena Bogdanovic, Miodrag Krcmarik, Nenad Herakovic, Carni Deric, Andela Nenadovic,
Regie: Srdjan Spasojevic
Drehbuch: Aleksandar Radivojevic / Srdjan Spasojevic
Kamera: Nemanja Jovanov
Musik: Sky Wikluh
Ungeprüft
Serbien / 2010
Milos ist eigentlich glücklich mit Frau und Tochter, doch plötzlich holt seine Vergangenheit als Pornostar ihn wieder ein. Er steckt in Geldnöten und nimmt den Auftrag als Akteur für einen vermeintlich künstlerischen Pornofilm an. Schon bald nach Drehbeginn wird es immer skurriler, der Regisseur scheint skrupellos und wahnsinnig zu sein. Selbst sein Bruder bei der Polizei kann Milos nicht helfen aus dem Projekt auszusteigen. Seine schlimmsten Alpträume beginnen Realität zu werden und er verfängt sich in einem zerstörerischen Sumpf aus Sex und Gewalt.
Um einen Film wie diesen auf den Weg zu bringen muss man entweder eine extrem kranke Fantasie haben, oder in seinem Leben äusserst traumatische Erlebnisse gehabt haben, die man in dieser Geschichte verarbeiten möchte. Regisseur Srdjan Spasojevic hat mit "A Serbian Film" ein Werk kreiert, das wohl ohne Übertreibung zu den schockierendsten-und kontroversesten zu zählen ist, die man je gesehen hat. Ich persönlich kann mich jedenfalls nicht erinnern, schon einmal einen ähnlich brutalen-und verstörenden Film gesehen zu haben, der ein so beklemmendes Gefühl beim Zuschauer auslöst, das man streckenweise kaum richtig atmen kann. Dabei sind es nicht die expliziten Gewaltdarstellungen allein, die wie ein Tornado über einen herfallen, es ist die Mischung aus visueller Brutalität und der durch die Thematik freigesetzte Härte im Kopf des Betrachters, die einem hier wirklich zu schaffen macht. Dabei ist es Spasojevic vortrefflich gelungen, ein extrem realistisch anmutendes Szenario zu erschaffen, das man sich auch durchaus in der Realität vorstellen kann.
Das Geschehen führt den Zuschauer größtenteils wirklich an die Grenzen der seelischen Belastbarkeit, denn aus einem zu Beginn anscheinend ganz normalem Pornofilm-Dreh entwickelt sich ziemlich schnell ein Szenario des absoluten Grauens, in das die Hauptfigur Milos unter falschen Vorraussetzungen hineingezogen wird. Will er doch eigentlich nur einen letzten Film drehen, um seine Familie finanziell abzusichern und ein sorgenfreies Leben zu führen, so nehmen die Ereígnisse für ihn einen Lauf, der ihn letztendlich nicht nur körperlich, sondern vor allem seelisch total zerstört. Auf die einzelnen Passagen des Filmes möchte ich hier nicht näher eingehen, denn man muss die Bilder selber gesehen haben, um tief in die seelischen Abgründe schauen zu können, die sich hier offenbaren. Dabei wird man selbst an die Grenzen der seelischen Belastbarkeit geführt, denn die Wirkung dieses Filmes löst die unterschiedlichsten Gefühle in einem aus. Von Mitleid, Ekel und einer grausamen Faszination der Ereignisse berieselt, weigert sich der eigene Verstand teilweise, das Gesehene zu akzeptieren. Bei aller vorhandenen Härte ist es insbesondere eine "Baby-Szene", die einem ganz besonders zu schaffen macht und an Widerwärtigkeit nicht zu toppen ist.
Zwar wimmelt es hier förmlich von ähnlichen Szenen, doch diese sprengt jedes Fassungsvermögen und treibt dem Zuschauer dabei sogar die Tränen in die Augen. "A Serbian Film" kann man sicherlich in keine Schublade stecken und den Film auch nicht einfach als gut oder schlecht beurteilen. Bei diesem Szenario muss man sich wirklich öffnen und bereit dazu sein, die eigenen Grenzen der Belastbarkeit eventuell zu überschreiten. Die große Stärke dieses kontroversen-und aufwühlenden Werkes liegt sicherlich in der authentischen Umsetzung der grausamen Thematik, der dabei gewährte Einblick in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele lässt einen unwillkürlich erschaudern. Hinzu kommen die extrem glaubwürdig agierenden Darsteller, die allesamt herausragende leistungen abliefern, was die Intensität der Geschehnisse noch zusätzlich verstärkt. Es ist ein bitterer, aber gleichzeitig grausam-faszinierender Film den man hier geboten bekommt und der eklige Nachgeschmack wird nicht so schnell wieder von einem ablassen. Zu sehr brennt sich das Geschehen in den eigenen Kopf ein, die verstörenden Bilder wollen ganz einfach nicht wieder verschwinden. Das Schlimmste jedoch ist die während der Geschichte vorhandene Hilflosigkeit, mit der man vor dem Bildschirm sitzt und das unsagbare Leid miterlebt, das Milos und seiner Familie widerfährt. In einem fast ohnmächtigen Zustand lässt man das Gesehen über sich ergehen und fühlt sich dabei in einer Art Schockzustand der einfach nicht von einem abfallen will.
Und als wenn das noch nicht genug wäre, konfrontiert einen Spasojevic mit einem finalen Showdown, der tragischer nicht sein könnte. Bei dem hier gewählten Ende kommt die ganze Tragik der Geschichte noch einmal richtig durch und trifft den Betrachter wie ein Dampfhammer in die Eingeweide. Dennoch handelt es sich hierbei um den einzig logischen-und auch nachvollziehbaren Schluß, den man wohl auch für sich selbst gewählt hätte. Wer den Film gesehen hat wird verstehen was ich meine, denn die seelischen Verletzungen der Familie sind ganz einfach nicht mehr heilbar. Und so wird man dann sehr nachdenklich und vollkommen geschockt aus einem Film entlassen, der noch lange nachhaltig wirken wird. Grausamer als "A Serbian Film" kann ein Werk kaum sein und es verwundert mich doch sehr, das es immer noch viele Leute gibt, die dieses Werk als nicht hart genug empfinden. Wenn hier nicht die Grenzen des Ertragbaren phasenweise überschritten werden, dann weiß ich auch nicht weiter, wie abgestumpft muss ein Mensch denn schon sein, um nicht die grausame Brutalität dieses Filmes zu erkennen?
Fazit:
Für mich persönlich ist dieser Film das Verstörendste, was ich bisher gesehen habe, was in erster Linie an der realistischen Umsetzung einer an Brutalität nicht zu überbietenden Thematik liegt. Herausragende Darsteller verleihen dem Ganzen eine Intensität, die ihresgleichen sucht. Wer nach der Sichtung dieser Story immer noch der Meinung ist das nicht genügend Härte vorhanden ist, hat den Film entweder nicht verstanden oder sollte sich dringend in ärztliche Begandlung begeben, denn irgendetwas kann dann nicht stimmen. Zartbesaitete Gemüter sollten jedenfalls die Hände von diesem erschütternden Werj lassen, das im Normalfall selbst die hartgesottenen Film-Freaks nicht kalt lassen dürfte.
10/10
(Srpski Film)
mit Srdjan Todorovic, Sergej Trifunovic, Jelena Gavrilovic, Slobodan Bestic, Katarina Zutic, Luka Mijatovic, Ana Sakic, Lena Bogdanovic, Miodrag Krcmarik, Nenad Herakovic, Carni Deric, Andela Nenadovic,
Regie: Srdjan Spasojevic
Drehbuch: Aleksandar Radivojevic / Srdjan Spasojevic
Kamera: Nemanja Jovanov
Musik: Sky Wikluh
Ungeprüft
Serbien / 2010
Milos ist eigentlich glücklich mit Frau und Tochter, doch plötzlich holt seine Vergangenheit als Pornostar ihn wieder ein. Er steckt in Geldnöten und nimmt den Auftrag als Akteur für einen vermeintlich künstlerischen Pornofilm an. Schon bald nach Drehbeginn wird es immer skurriler, der Regisseur scheint skrupellos und wahnsinnig zu sein. Selbst sein Bruder bei der Polizei kann Milos nicht helfen aus dem Projekt auszusteigen. Seine schlimmsten Alpträume beginnen Realität zu werden und er verfängt sich in einem zerstörerischen Sumpf aus Sex und Gewalt.
Um einen Film wie diesen auf den Weg zu bringen muss man entweder eine extrem kranke Fantasie haben, oder in seinem Leben äusserst traumatische Erlebnisse gehabt haben, die man in dieser Geschichte verarbeiten möchte. Regisseur Srdjan Spasojevic hat mit "A Serbian Film" ein Werk kreiert, das wohl ohne Übertreibung zu den schockierendsten-und kontroversesten zu zählen ist, die man je gesehen hat. Ich persönlich kann mich jedenfalls nicht erinnern, schon einmal einen ähnlich brutalen-und verstörenden Film gesehen zu haben, der ein so beklemmendes Gefühl beim Zuschauer auslöst, das man streckenweise kaum richtig atmen kann. Dabei sind es nicht die expliziten Gewaltdarstellungen allein, die wie ein Tornado über einen herfallen, es ist die Mischung aus visueller Brutalität und der durch die Thematik freigesetzte Härte im Kopf des Betrachters, die einem hier wirklich zu schaffen macht. Dabei ist es Spasojevic vortrefflich gelungen, ein extrem realistisch anmutendes Szenario zu erschaffen, das man sich auch durchaus in der Realität vorstellen kann.
Das Geschehen führt den Zuschauer größtenteils wirklich an die Grenzen der seelischen Belastbarkeit, denn aus einem zu Beginn anscheinend ganz normalem Pornofilm-Dreh entwickelt sich ziemlich schnell ein Szenario des absoluten Grauens, in das die Hauptfigur Milos unter falschen Vorraussetzungen hineingezogen wird. Will er doch eigentlich nur einen letzten Film drehen, um seine Familie finanziell abzusichern und ein sorgenfreies Leben zu führen, so nehmen die Ereígnisse für ihn einen Lauf, der ihn letztendlich nicht nur körperlich, sondern vor allem seelisch total zerstört. Auf die einzelnen Passagen des Filmes möchte ich hier nicht näher eingehen, denn man muss die Bilder selber gesehen haben, um tief in die seelischen Abgründe schauen zu können, die sich hier offenbaren. Dabei wird man selbst an die Grenzen der seelischen Belastbarkeit geführt, denn die Wirkung dieses Filmes löst die unterschiedlichsten Gefühle in einem aus. Von Mitleid, Ekel und einer grausamen Faszination der Ereignisse berieselt, weigert sich der eigene Verstand teilweise, das Gesehene zu akzeptieren. Bei aller vorhandenen Härte ist es insbesondere eine "Baby-Szene", die einem ganz besonders zu schaffen macht und an Widerwärtigkeit nicht zu toppen ist.
Zwar wimmelt es hier förmlich von ähnlichen Szenen, doch diese sprengt jedes Fassungsvermögen und treibt dem Zuschauer dabei sogar die Tränen in die Augen. "A Serbian Film" kann man sicherlich in keine Schublade stecken und den Film auch nicht einfach als gut oder schlecht beurteilen. Bei diesem Szenario muss man sich wirklich öffnen und bereit dazu sein, die eigenen Grenzen der Belastbarkeit eventuell zu überschreiten. Die große Stärke dieses kontroversen-und aufwühlenden Werkes liegt sicherlich in der authentischen Umsetzung der grausamen Thematik, der dabei gewährte Einblick in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele lässt einen unwillkürlich erschaudern. Hinzu kommen die extrem glaubwürdig agierenden Darsteller, die allesamt herausragende leistungen abliefern, was die Intensität der Geschehnisse noch zusätzlich verstärkt. Es ist ein bitterer, aber gleichzeitig grausam-faszinierender Film den man hier geboten bekommt und der eklige Nachgeschmack wird nicht so schnell wieder von einem ablassen. Zu sehr brennt sich das Geschehen in den eigenen Kopf ein, die verstörenden Bilder wollen ganz einfach nicht wieder verschwinden. Das Schlimmste jedoch ist die während der Geschichte vorhandene Hilflosigkeit, mit der man vor dem Bildschirm sitzt und das unsagbare Leid miterlebt, das Milos und seiner Familie widerfährt. In einem fast ohnmächtigen Zustand lässt man das Gesehen über sich ergehen und fühlt sich dabei in einer Art Schockzustand der einfach nicht von einem abfallen will.
Und als wenn das noch nicht genug wäre, konfrontiert einen Spasojevic mit einem finalen Showdown, der tragischer nicht sein könnte. Bei dem hier gewählten Ende kommt die ganze Tragik der Geschichte noch einmal richtig durch und trifft den Betrachter wie ein Dampfhammer in die Eingeweide. Dennoch handelt es sich hierbei um den einzig logischen-und auch nachvollziehbaren Schluß, den man wohl auch für sich selbst gewählt hätte. Wer den Film gesehen hat wird verstehen was ich meine, denn die seelischen Verletzungen der Familie sind ganz einfach nicht mehr heilbar. Und so wird man dann sehr nachdenklich und vollkommen geschockt aus einem Film entlassen, der noch lange nachhaltig wirken wird. Grausamer als "A Serbian Film" kann ein Werk kaum sein und es verwundert mich doch sehr, das es immer noch viele Leute gibt, die dieses Werk als nicht hart genug empfinden. Wenn hier nicht die Grenzen des Ertragbaren phasenweise überschritten werden, dann weiß ich auch nicht weiter, wie abgestumpft muss ein Mensch denn schon sein, um nicht die grausame Brutalität dieses Filmes zu erkennen?
Fazit:
Für mich persönlich ist dieser Film das Verstörendste, was ich bisher gesehen habe, was in erster Linie an der realistischen Umsetzung einer an Brutalität nicht zu überbietenden Thematik liegt. Herausragende Darsteller verleihen dem Ganzen eine Intensität, die ihresgleichen sucht. Wer nach der Sichtung dieser Story immer noch der Meinung ist das nicht genügend Härte vorhanden ist, hat den Film entweder nicht verstanden oder sollte sich dringend in ärztliche Begandlung begeben, denn irgendetwas kann dann nicht stimmen. Zartbesaitete Gemüter sollten jedenfalls die Hände von diesem erschütternden Werj lassen, das im Normalfall selbst die hartgesottenen Film-Freaks nicht kalt lassen dürfte.
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Re: Serbian Film / Sprski Film - Srdjan Spasojevic (2009)
also "find ich übelst geil" und "einer meiner Lieblingsfilme, kann man immer wieder gucken" hab ich bei Schnittberichte.com in den Comments schon öfter lesen müssen, was mich regelmäßig am Gemütszustand der Verfasser zweifeln ließ, denn der Film ist gewiss alles, nur nicht "geil" und für "öfter mal gucken". Aber wenn die Forderung nach mehr Härte laut wird, sind doch Vermutungen über das Alter des Autors nicht vorschnell geschossen, oder? Jemand, der mit der Filmwelt der 80er und 90er aufgewachsen ist (oder noch früher, Herr Doktor?) wird doch von einem Film nicht nur Blow-Job-Exekutionen, 3D- und HD-Hau-Drauf-Brutalität und splitternde Knochen an vergewaltigten Kindern erwarten - möchte ich behaupten Man kann auch durch subtilen Horror geschockt werden... oder "konnte"... früher einmalhorror1966 hat geschrieben:Grausamer als "A Serbian Film" kann ein Werk kaum sein und es verwundert mich doch sehr, das es immer noch viele Leute gibt, die dieses Werk als nicht hart genug empfinden.
Wo liest man denn diese "mehr Härte"-Forderung? Bei ofdb? Bei Schnittberichte?
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