Originaltitel: Witches
Produktionsland: Nigeria 1998
Regie: Fred Amata, Sunny Collinsis
Darsteller: Liz Benson, Patrick Doyle, Zack Orji, Bukky Ajayi, Tony Muonagor
Nachdem ich kürzlich endlich einmal einige Zeilen über den für mich nach wie vor schlicht unfassbaren nigerianischen Horrorfilm END OF THE WICKED verfasst habe, dachte ich mir, auch gleich noch kurz ein Werk namens WITCHES zu besprechen, das ich mir bei einem etwaigen Double-Feature zu westafrikanischen Hexenfilmen besonders gut als Partner von END OF THE WICKED vorstellen könnte. Helen Ukpabio, die evangelikale Predigerin und selbsternannte Hexenjägerin, unter deren Ägide END OF THE WICKED im Jahre 1999 entstehen wird, ist bei WITCHES von 1998 zwar offenbar nicht aktiv involviert, personelle und thematische Überschneidungen gibt es zwischen den beiden Filmen trotzdem. Zum einen nennt der Vorspann Teco Benson als Drehbuchautoren, der ebenfalls schon für END OF THE WICKED das Skript verfasst und außerdem auf dem Regiestuhl Platz genommen hat. Des Weiteren wirkt die Geschichte, die WITCHES erzählt, im Grunde wie die abgespeckte, geradlinigere, leichtbekömmlichere Variante von der, mit der sich END OF THE WICKED ein Jahr später in meinen persönlichen Kanon der ungewöhnlichsten Filme aller Zeiten einschreiben wird.
Irgendwo im westafrikanischen Dschungel hat eine Hexengemeinschaft ihre Heimstatt aufgeschlagen. Sie scheinen geradewegs aus der Hölle zu stammen, mit ihren langen Teufelskrallen und den Eberzähnen in ihren verzerrten Mäulern, und haben folgerichtig nichts weniger im Sinn als armen, frommen Menschen in den umliegenden Städten Unheil und Unbehagen frei Haus zu liefern. Princess, Tochter einer einstmaligen Hexe, die vor Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, führt indes eine Doppelexistenz. Während sie tagsüber eine Boutique leitet, sitzt sie nachts mit ihren verhexten Brüdern und Schwestern um ein Lagerfeuer herum und lauscht andächtig den Befehlen und Predigten der bitterbösen Oberhexe. Dann aber lernt sie Desmonde kennen, einen adretten Mann, der ihr lange den Hof macht und sie dann mit einem Heiratsantrag regelrecht überfällt. Gerne würde sie sofort in den lang ersehnten Bund fürs Leben einschlagen, doch zuerst muss sie die Hexenzirkelanführerin dafür um Erlaubnis bitten. Dass diese ihr die verweigert, überrascht wenig, umso mehr aber, dass in Princess eine Rebellin erwacht, die ihr rät, Desmonde trotzdem zu ehelichen, auf den Hexenzirkel zu pfeifen und fortan ein anständiges, gutbürgerliches Leben wie ein normaler Mensch zu führen. Das kränkt die Oberhexe und ihre verworfene Brut stark in ihrer Ehre und sie schmieden Ränke, um Princess die Zukunft zu vergällen. Was liegt näher, als ein Baby aus schlechter Energie zu schaffen, dieses auf einer Müllhalde materialisieren, von Passanten finden und ins örtliche Kinderheim bringen zu lassen, von wo es dann Desmonde und Princess, die zwei Jahre lang vergeblich versucht haben, auf natürlichem Wege Kinder zu bekommen, vom Fleck weg adoptieren, ohne im Geringsten zu ahnen, dass sie sich das Böse, von dem sie sich eigentlich losgesagt haben, ins eigene Schlafzimmer holen?…
Da meine Inhaltsangabe zu WITCHES einen dann doch recht kohärenten, in sich schlüssigen Film erwarten lässt, sollte ich wohl sofort Entwarnung blasen. WITCHES mag, verglichen mit END OF THE WICKED, zwar über mehr Struktur, mehr nachvollziehbare Handlungen, mehr eindeutig fassbare Figuren verfügen, viel heißt das indes nicht, da verglichen mit END OF THE WICKED wohl sogar die benommensten und deliriendsten Filme eines Renato Polselli oder Wenzel Storch aussehen, als hätten an ihnen zehn Drehbuchautoren herumgedoktert, um ja keinen blinden Fleck an fehlendem Sinn oder zerschossener Logik zurückzulassen. Irritierend ist beispielweise weiterhin für mich, dass der Film ständig zwischen der Welt der Geister und der Welt der Menschen munter hin und her wechselt, und dabei offenbar Querverbindungen zieht, denen ich, der ich, wie gesagt, mit den in Westafrika vorherrschenden religiösen Überzeugungen nicht wirklich vertraut bin, nur mit äußerster Mühe folgen kann. Ebenso seltsam erscheint für jemanden, der mit vor allem europäischem Kino sozialisiert worden ist, dass sich der Film immer wieder gerne in Nebenhandlungen und Subplots verliert, die scheinbar in überhaupt keinem Zusammenhang zu der Hauptgeschichte um Princess, Desmonde und ihren Dämonensäugling stehen. So tritt eine Figur namens George, offenbar ein erfolgreicher Geschäftsmann, quasi aus dem Nichts heraus in den Film, ohne dass sein Charakter in irgendeiner Weise eingeführt werden würde, und verschwindet später, nachdem er von einem Dämon, der ihm als Geschäftspartner erscheint, dazu verflucht worden ist, finanziell nur noch Misserfolge zu erleiden, und der örtliche Priester ihn von besagtem Fluch erlöst hat, ebenso plötzlich wieder aus dem Geschehen. Eine weitere Episode, die höchstens assoziativ mit dem restlichen Film verbunden ist, rankt sich um einen Bus voller Gläubiger, die minutenlang unter Führung eines überfröhlich in die Hände klatschenden Predigers Jesus ein Ständchen nach dem andern bringen, um dann von einer Horde Dämonen in Gestalt der süßesten Kätzchen attackiert und geradewegs auf die Schnellstraße in Richtung Hölle gelotst werden.
Daneben sind einige Szenen deshalb für mich bemerkenswert gewesen, weil ich durch sie, sozusagen über die Hintertür, doch ein bisschen etwas von den Lebensumständen, gesellschaftlichen Bedingtheiten und kulturellen Parametern Nigerias erfahren habe. Erwähnenswert finde ich zum Beispiel, dass im nigerianischen Kino die für uns selbstverständlichen Grenzen zwischen denjenigen vor und denjenigen hinter der Kamera nicht allzu strikt gezogen sind. Wie im Stummfilmkino unserer Hemisphären scheint es eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass ein und dieselbe Person bei einer Produktion als Schauspieler auftritt, bei der nächsten als Regisseur, bei einer dritten als Drehbuchschreiberling. Fred Amata, einer der beiden Regisseure von WITCHES, ist einer von diesen zahlreichen Filmschaffenden, die, je nach Erfordernissen, scheinbar problemlos sowohl die künstlerische Leitung eines Films übernehmen, aber auch in eine Rolle schlüpfen und sich in den Dienst der Geschichte stellen können. Eine Szene, in der ein Mann von den Waldhexen heimgesucht wird und so etwas wie einen akuten Anfall von over-acting erleidet, bei dem er sich überall am Körper kratzt, sich schließlich entkleidet, in sich zusammensackt und sich in ein Hühnchen verwandelt, ist deshalb für mich interessant, weil der Schauspieler sich ohne falsche Scham mehrmals vor laufender Kamera sichtbar und fest in den Schritt fasst. Was in einem dezidiert christlichen Film der westlichen Welt wenn nicht undenkbar, so doch zumindest eine Naserümpfen verursachende Obszönität wäre, wird in WITCHES nicht mal als Schockeffekt präsentiert, sondern als die ganz normale, ganz natürliche Geste, die das nun mal ist, wenn eine Hand nach einem Penis greift. Außerdem hat es mich lächeln lassen zu sehen, dass man in Nigeria, was angesichts des dortigen Klimas eigentlich naheliegt, offenbar ohne Bettdecken schläft. Die Protagonisten in WITCHES liegen in ihren Schlafanzügen auf Matratzen, die zwar mit einem etwas dickeren Laken überzogen sind, richtige Bettdecken wie wir sie kennen, habe ich im ganzen Film keinmal gesehen.
Andere Szenen wiederum haben sich mir ins Gedächtnis gebrannt, weil sie dort meinem Verstand am nächsten sind, um heftig an ihm zu kratzen. Der Autounfall, bei dem Princess‘ Mutter im zwanzig Jahre früher angesiedelten Prolog ihr Leben lassen muss, ist eine dieser Szenen, die ich nicht mal zu beschreiben wage, so sehr entzieht sie sich einem logischen System wie der menschlichen Sprache. Leichter fällt es mir bei meiner liebsten Szene des gesamten Films, obwohl man die ebenfalls gesehen haben sollte, um ihre volle Wirkung zu erfassen. Das Baby, das Princess und Desmonde adoptiert haben, wird jede Nacht zu einem in unterschiedlichen Gestalten auftretenden Dämon, der aus dem Ehebett, wo der Säugling mit den Eltern schlafen darf, entwischt, um sich in den Wald zu seinen teuflischen Geschwistern zu schleichen und schlimme Rituale zu feiern. Beim Morgengrauen indes liegt die Bestie stets wieder bei unseren Helden im Bett, die lange Zeit nichts ahnen von den mitternächtlichen Ausflügen ihres Nachwuchses. Einmal wird Desmonde dann aber doch wach und muss mitansehen wie das Baby zu einer Ratte zusammenschrumpft. Sofort weckt er Princess und gemeinsam verschanzen sie sich im Nebenraum, wo sie auf die Wiederkehr ihres Säuglings warten. Die Zeit verstreicht, was der Film mit der Großaufnahmen einer Wanduhr untermalt, Princess stellt immer wieder die gleiche Frage, was das alles zu bedeuten habe und wo ihr Baby sei, und Desmonde wiederholt immer wieder, sie solle ruhigbleiben, sie solle abwarten, er wolle ihr etwas Wichtiges zeigen. Das Wichtige ist dann gegen Morgen die Ratte, die zurück ins Bett klettert und sich zurück in das Baby verwandelt. Klar ist nun: ein Fachmann muss her, ein Priester mit Hitlerbärtchen, dessen exorzistisches Talent das Baby wiederum Metamorphosen in verschiedene Tiergattungen und verschiedene an Hässlichkeit kaum zu überbietende Dämonen unterwirft bevor es in Schall und Rauch verschwindet und Desmonde und Princess zwar kinderlos, aber mit zur Ehre Christi gefalteten Büßerhänden zurücklässt. So amüsant das alles klingt und in vorliegendem Film auch tatsächlich aussieht, so sehr lässt mich die Vorstellung frösteln, dass westafrikanische Eltern, deren Köpfe von Predigern wie Helen Ukpabio oder Patrick Doyle mit den wundersamsten Ängsten vollgestopft worden sind, in der Realität außerhalb solcher schrägen Filmproduktionen wie END OF THE WICKED oder WITCHES wirklich ihre Kinder verstoßen, dem örtlichen Priester zum Fraß vorwerfen oder gar selbst Hand an sie legen, weil sie felsenfest glauben, sie seien von Teufeln besessen.
Letztlich kann ich WITCHES jedem aufgeschlossenen Filmfreund aber doch empfehlen – vielleicht mehr noch als END OF THE WICKED, der einen bei der Erstsichtung spielerisch an die physische und psychische Belastbarkeitsgrenze zu führen vermag -, obwohl WITCHES mit seiner Laufzeit von fast zwei Stunden und seinem überaus monotonen und überaus fordernden Flötensoundtrack sicherlich auch genügend Potential hat, seine unvorbereiteten Zuschauer im Innersten zu verstören.
Irgendwo im westafrikanischen Dschungel hat eine Hexengemeinschaft ihre Heimstatt aufgeschlagen. Sie scheinen geradewegs aus der Hölle zu stammen, mit ihren langen Teufelskrallen und den Eberzähnen in ihren verzerrten Mäulern, und haben folgerichtig nichts weniger im Sinn als armen, frommen Menschen in den umliegenden Städten Unheil und Unbehagen frei Haus zu liefern. Princess, Tochter einer einstmaligen Hexe, die vor Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, führt indes eine Doppelexistenz. Während sie tagsüber eine Boutique leitet, sitzt sie nachts mit ihren verhexten Brüdern und Schwestern um ein Lagerfeuer herum und lauscht andächtig den Befehlen und Predigten der bitterbösen Oberhexe. Dann aber lernt sie Desmonde kennen, einen adretten Mann, der ihr lange den Hof macht und sie dann mit einem Heiratsantrag regelrecht überfällt. Gerne würde sie sofort in den lang ersehnten Bund fürs Leben einschlagen, doch zuerst muss sie die Hexenzirkelanführerin dafür um Erlaubnis bitten. Dass diese ihr die verweigert, überrascht wenig, umso mehr aber, dass in Princess eine Rebellin erwacht, die ihr rät, Desmonde trotzdem zu ehelichen, auf den Hexenzirkel zu pfeifen und fortan ein anständiges, gutbürgerliches Leben wie ein normaler Mensch zu führen. Das kränkt die Oberhexe und ihre verworfene Brut stark in ihrer Ehre und sie schmieden Ränke, um Princess die Zukunft zu vergällen. Was liegt näher, als ein Baby aus schlechter Energie zu schaffen, dieses auf einer Müllhalde materialisieren, von Passanten finden und ins örtliche Kinderheim bringen zu lassen, von wo es dann Desmonde und Princess, die zwei Jahre lang vergeblich versucht haben, auf natürlichem Wege Kinder zu bekommen, vom Fleck weg adoptieren, ohne im Geringsten zu ahnen, dass sie sich das Böse, von dem sie sich eigentlich losgesagt haben, ins eigene Schlafzimmer holen?…
Da meine Inhaltsangabe zu WITCHES einen dann doch recht kohärenten, in sich schlüssigen Film erwarten lässt, sollte ich wohl sofort Entwarnung blasen. WITCHES mag, verglichen mit END OF THE WICKED, zwar über mehr Struktur, mehr nachvollziehbare Handlungen, mehr eindeutig fassbare Figuren verfügen, viel heißt das indes nicht, da verglichen mit END OF THE WICKED wohl sogar die benommensten und deliriendsten Filme eines Renato Polselli oder Wenzel Storch aussehen, als hätten an ihnen zehn Drehbuchautoren herumgedoktert, um ja keinen blinden Fleck an fehlendem Sinn oder zerschossener Logik zurückzulassen. Irritierend ist beispielweise weiterhin für mich, dass der Film ständig zwischen der Welt der Geister und der Welt der Menschen munter hin und her wechselt, und dabei offenbar Querverbindungen zieht, denen ich, der ich, wie gesagt, mit den in Westafrika vorherrschenden religiösen Überzeugungen nicht wirklich vertraut bin, nur mit äußerster Mühe folgen kann. Ebenso seltsam erscheint für jemanden, der mit vor allem europäischem Kino sozialisiert worden ist, dass sich der Film immer wieder gerne in Nebenhandlungen und Subplots verliert, die scheinbar in überhaupt keinem Zusammenhang zu der Hauptgeschichte um Princess, Desmonde und ihren Dämonensäugling stehen. So tritt eine Figur namens George, offenbar ein erfolgreicher Geschäftsmann, quasi aus dem Nichts heraus in den Film, ohne dass sein Charakter in irgendeiner Weise eingeführt werden würde, und verschwindet später, nachdem er von einem Dämon, der ihm als Geschäftspartner erscheint, dazu verflucht worden ist, finanziell nur noch Misserfolge zu erleiden, und der örtliche Priester ihn von besagtem Fluch erlöst hat, ebenso plötzlich wieder aus dem Geschehen. Eine weitere Episode, die höchstens assoziativ mit dem restlichen Film verbunden ist, rankt sich um einen Bus voller Gläubiger, die minutenlang unter Führung eines überfröhlich in die Hände klatschenden Predigers Jesus ein Ständchen nach dem andern bringen, um dann von einer Horde Dämonen in Gestalt der süßesten Kätzchen attackiert und geradewegs auf die Schnellstraße in Richtung Hölle gelotst werden.
Daneben sind einige Szenen deshalb für mich bemerkenswert gewesen, weil ich durch sie, sozusagen über die Hintertür, doch ein bisschen etwas von den Lebensumständen, gesellschaftlichen Bedingtheiten und kulturellen Parametern Nigerias erfahren habe. Erwähnenswert finde ich zum Beispiel, dass im nigerianischen Kino die für uns selbstverständlichen Grenzen zwischen denjenigen vor und denjenigen hinter der Kamera nicht allzu strikt gezogen sind. Wie im Stummfilmkino unserer Hemisphären scheint es eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass ein und dieselbe Person bei einer Produktion als Schauspieler auftritt, bei der nächsten als Regisseur, bei einer dritten als Drehbuchschreiberling. Fred Amata, einer der beiden Regisseure von WITCHES, ist einer von diesen zahlreichen Filmschaffenden, die, je nach Erfordernissen, scheinbar problemlos sowohl die künstlerische Leitung eines Films übernehmen, aber auch in eine Rolle schlüpfen und sich in den Dienst der Geschichte stellen können. Eine Szene, in der ein Mann von den Waldhexen heimgesucht wird und so etwas wie einen akuten Anfall von over-acting erleidet, bei dem er sich überall am Körper kratzt, sich schließlich entkleidet, in sich zusammensackt und sich in ein Hühnchen verwandelt, ist deshalb für mich interessant, weil der Schauspieler sich ohne falsche Scham mehrmals vor laufender Kamera sichtbar und fest in den Schritt fasst. Was in einem dezidiert christlichen Film der westlichen Welt wenn nicht undenkbar, so doch zumindest eine Naserümpfen verursachende Obszönität wäre, wird in WITCHES nicht mal als Schockeffekt präsentiert, sondern als die ganz normale, ganz natürliche Geste, die das nun mal ist, wenn eine Hand nach einem Penis greift. Außerdem hat es mich lächeln lassen zu sehen, dass man in Nigeria, was angesichts des dortigen Klimas eigentlich naheliegt, offenbar ohne Bettdecken schläft. Die Protagonisten in WITCHES liegen in ihren Schlafanzügen auf Matratzen, die zwar mit einem etwas dickeren Laken überzogen sind, richtige Bettdecken wie wir sie kennen, habe ich im ganzen Film keinmal gesehen.
Andere Szenen wiederum haben sich mir ins Gedächtnis gebrannt, weil sie dort meinem Verstand am nächsten sind, um heftig an ihm zu kratzen. Der Autounfall, bei dem Princess‘ Mutter im zwanzig Jahre früher angesiedelten Prolog ihr Leben lassen muss, ist eine dieser Szenen, die ich nicht mal zu beschreiben wage, so sehr entzieht sie sich einem logischen System wie der menschlichen Sprache. Leichter fällt es mir bei meiner liebsten Szene des gesamten Films, obwohl man die ebenfalls gesehen haben sollte, um ihre volle Wirkung zu erfassen. Das Baby, das Princess und Desmonde adoptiert haben, wird jede Nacht zu einem in unterschiedlichen Gestalten auftretenden Dämon, der aus dem Ehebett, wo der Säugling mit den Eltern schlafen darf, entwischt, um sich in den Wald zu seinen teuflischen Geschwistern zu schleichen und schlimme Rituale zu feiern. Beim Morgengrauen indes liegt die Bestie stets wieder bei unseren Helden im Bett, die lange Zeit nichts ahnen von den mitternächtlichen Ausflügen ihres Nachwuchses. Einmal wird Desmonde dann aber doch wach und muss mitansehen wie das Baby zu einer Ratte zusammenschrumpft. Sofort weckt er Princess und gemeinsam verschanzen sie sich im Nebenraum, wo sie auf die Wiederkehr ihres Säuglings warten. Die Zeit verstreicht, was der Film mit der Großaufnahmen einer Wanduhr untermalt, Princess stellt immer wieder die gleiche Frage, was das alles zu bedeuten habe und wo ihr Baby sei, und Desmonde wiederholt immer wieder, sie solle ruhigbleiben, sie solle abwarten, er wolle ihr etwas Wichtiges zeigen. Das Wichtige ist dann gegen Morgen die Ratte, die zurück ins Bett klettert und sich zurück in das Baby verwandelt. Klar ist nun: ein Fachmann muss her, ein Priester mit Hitlerbärtchen, dessen exorzistisches Talent das Baby wiederum Metamorphosen in verschiedene Tiergattungen und verschiedene an Hässlichkeit kaum zu überbietende Dämonen unterwirft bevor es in Schall und Rauch verschwindet und Desmonde und Princess zwar kinderlos, aber mit zur Ehre Christi gefalteten Büßerhänden zurücklässt. So amüsant das alles klingt und in vorliegendem Film auch tatsächlich aussieht, so sehr lässt mich die Vorstellung frösteln, dass westafrikanische Eltern, deren Köpfe von Predigern wie Helen Ukpabio oder Patrick Doyle mit den wundersamsten Ängsten vollgestopft worden sind, in der Realität außerhalb solcher schrägen Filmproduktionen wie END OF THE WICKED oder WITCHES wirklich ihre Kinder verstoßen, dem örtlichen Priester zum Fraß vorwerfen oder gar selbst Hand an sie legen, weil sie felsenfest glauben, sie seien von Teufeln besessen.
Letztlich kann ich WITCHES jedem aufgeschlossenen Filmfreund aber doch empfehlen – vielleicht mehr noch als END OF THE WICKED, der einen bei der Erstsichtung spielerisch an die physische und psychische Belastbarkeitsgrenze zu führen vermag -, obwohl WITCHES mit seiner Laufzeit von fast zwei Stunden und seinem überaus monotonen und überaus fordernden Flötensoundtrack sicherlich auch genügend Potential hat, seine unvorbereiteten Zuschauer im Innersten zu verstören.