Im Glaskäfig
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Im Glaskäfig
Im Glaskäfig
(Tras el cristal)
mit Günter Meisner, David Sust, Marisa Paredes, Gisele Echevarria, Imma Coloma, Josue Gurasch, David Cuspinera, Ricardo Carcelero, Alberto Manzano
Regie: Agusti Villaronga
Drehbuch: Agusti Villaronga
Kamera: Jaume Peracaula
Musik: Javier Navarrete
Keine Jugendfreigabe
Spanien / 1986
Ein ehemaliger KZ-Arzt, der in einem Konzentrationslager schreckliche Versuche an Kindern durchgeführt hat, taucht nach Ende des Krieges mit seiner Familie in Spanien unter. Als seine dunklen Triebe ihn einholen und er auch dort beginnt, kleine Jungen zu missbrauchen und zu töten, stürzt er sich aus Verzweiflung von einem Dach. Völlig gelähmt und nur noch von einer eisernen Lunge am Leben gehalten lebt Klaus seitdem zu Hause und wird von seiner Frau Griselda und der gemeinsamen Tochter Rena gepflegt. Eines Tages verschafft sich ein junger Mann völlig überraschend Zutritt zu Klaus' Zimmer und bietet ihm seine Dienste als Krankenpfleger an. Obwohl Griselda strikt dagegen ist besteht Klaus seltsamerweise auf seine Anstellung. Kurz darauf beginnt Angelo ein perfides Spiel mit seinem Patienten, geprägt von Demütigungen aber auch von Zuneigung. Immer mehr dominiert der Junge das Geschehen im Haus. Getrieben von einer Mischung aus Faszination und Abscheu wird seine Beziehung zu Klaus bald zur Besessenheit. Als Klaus erkennt, wie es um Angelo steht, ist es bereits zu spät. Er kann nur noch hilflos mit ansehen, wie Angelo zunehmen die Kontrolle verliert...
Nach diversen Kurzfilmen war "Im Glaskäfig" die erste Regiearbeit in Spielfilmlänge von Regisseur Agusti Villaronga, der damit auch gleichzeitig ein äusserst umstrittenes Werk geschaffen hat, das nach seinem Erscheinen im Jahre 1986 viele Jahre von der Zensur verfolgt wurde. Durch das Independent-Label Bildstörung gibt es diesen sehr verstörenden, aber gleichzeitig auch beeindruckenden Film endlich auch auf DVD, so das sich nun alle ein Bild von diesem Film-Drama machen können, das ganz tief in die Abgründe der menschlichen Seele hinabtaucht und dabei Seiten eines Menschen offenbart, die eine sehr schockierende und abstossende Wirkung auf den Betrachter haben.
Diese Wirkung der Geschichte entsteht allerdings nicht durch visuelle Härte und Brutalität, denn diese Dinge werden immer nur angedeutet. Es ist vielmehr die im Kopf des Zuschauers entstehende Gewalt, die durch das stattfindende Geschehen ausgelöst wird und der man sich beim besten Willen nicht entziehen kann. Denn im Prinzip wird man hier mit einer eher ruhigen Erzählweise der Ereignisse konfrontiert, die dabei aber ein so hohes Maß an Intensität entwickelt, das es einem phasenweise kalte Schauer über den Rücken laufen lässt. Ausgelöst wird dies durch die entstehende Beziehung zwischen dem ehemaligen KZ-Arzt Klaus und seinem Peiniger Angelo, der in seine Fußstapfen tritt und ihn mit seinen eigenen Greueltaten konfrontiert, die dieser damals an Kindern begangen hat.
Dabei entsteht ein Großteil der schockierenden Wirkung durch die optische Ausstrahlung von Angelo, denn wirkt er doch viel eher wie ein großer Junge und seine weichen, fast femininen Gesichtszüge lassen einen noch nicht einmal ansatzweise erahnen, zu welchen Taten er fähig ist. Hinzu kommt seine am Anfang doch eher ruhuge und in sich gekehrte Art, die sich allerdings im Laufe der Zeit drastisch ändern soll. Immer mehr tritt seine dunkle Seite aus ihm heraus und er mutiert zu dem gleichen menschlichen Monster, das Klaus einst selbst gewesen ist. Angelo konfrontiert den hilflosen Mann mit seinen eigenen Taten, die er den Aufzeichnungen aus dessen KZ-Tagebuch entnimmt. Dieses hat er nach dem misslungenen Selbstmordversuch von Klaus in einer Ruine gefunden, was in der Eröffnungs-Sequenz des Films ersichtlich wird.
Allein schon die Passagen des Films, in denen Angelo lediglich Auszüge aus dem Tagebuch vorliest, sorgen für ein extrem beklemmendes Gefühl beim Zuschauer, da sie an Grausamkeit kaum zu überbieten sind. Die Experimente an Kindern, die hier geschildert werden, sind so furchtbar und schockierend, das man es kaum in Worte fassen kann. Der dabei entstehende Härtegrad, der sich lediglich in der Vorstellung des Betrachters entfaltet, könnte kaum höher und intensiver sein und hat zur Folge, das man sich sichtlich unwohl in seiner Haut fühlt. Und gerade dieses beklemmende und unbehagliche Gefühl, das einem hier vermittelt wird, ist die ganz große Stärke dieses Werkes, herrscht es doch im Prinzip von der ersten bis zur letzten Minute vor und legt sich fast wie eine zentnerschwere Last auf die eigene Seele, unter dessen Gewicht man das Gefühl hat, erdrückt zu werden.
Neben der erstklassig inszenierten Geschichte lebt "Im Glaskäfig" insbesondere von seinen erstklassigen Darstellern, wobei das Hauptaugenmerk ganz sicher auf die beiden Hauptdarsteller Günter Meisner (Klaus) und David Sust (Angelo) liegt, deren Schauspiel äusserst authentisch und vor allem sehr ausdrucksstark erscheint. Insbesondere David Sust versteht es absolut meisterlich, die Gegensätze im Charakter des Angelo sichtbar zu machen, sieht man ihn doch einerseits in einigen Phasen sehr gefühlsbetont und bekommt dann andererseits eine Seite von ihm präsentiert, die ihn eiskalt und scheinbar vollkommen emotionslos erscheinen lässt. Als bestes Beispiel für die extremen Gegensätze sollen lediglich zwei Szenen dienen, die kaum kontroverser sein könnten, sieht man ihn doch einmal beim zitieren aus dem Tagebuch weinen, wobei man den Schmerz in seiner Seele fast körperlich spüren kann. Stellt man dann im Gegensatz dazu eine Passage, in der er selbst einen von ihm gefangenen Jungen tötet, indem er ihm mit einer Spritze Benzin injiziert, so könnten die Unterschiede nicht größer sein.
So ist dieser Film ganz generell mit Gegensätzen überhäuft, ein Täter wird zu einem hilflosen Opfer und ein Opfer (denn nichts anderes ist Angelo) wird zum Täter. Das hier entstehende und extrem perfide "Spiel" setzt eine äusserst verstörende und schockierende Wirkung frei, die durch den hammermäßigen Score und die brillante Location einer vollkommen kalt wirkenden alten Villa noch zusätzlich unterstüzt wird. So kann sich die hohe Intensität des Szenarios voll entfalten und springt fast zwangsläufig auch auf den Zuschauer über, der sich gegen die schockierenden Eindrücke nicht erwehren kann, die hier auf ihn einprasseln. Im Endeffekt ist es dann auch eher logisch, das die hier erzählte Geschichte nicht ganz spurlos an einem vorbeigeht, sondern einen sehr nachhaltigen Eindruck hinterlässt.
Auch hier, wie bei eigentlich allen Veröffentlichungen des Labels Bildstörung, hat man sich wieder besonders viel mühe gegebn, die DVD erscheint in einem Schuber und enthält ein Booklet mit Liner Notes. Als weitere interessante Extras gibt es zusätzlich noch einen Audiokommentar und ein Interview mit dem Regisseur Agusti Villaronga und eine kommentierte Bildergalerie. Insgesamt gesehen bekommt der Käufer also ein rundum lohnenswertes Gesamtpaket geboten, das sich kein echter Film-Fan entgehen lassen sollte.
Fazit:
"Im Glaskäfig" ist ein äusserst schockierendes und beeindruckendes Drama, das aufgrund seiner hohen Intensität auch nachhaltig beeindrucken kann. Trotz einer teils eher sehr ruhigen und bedächtigen Erzählweise entfaltet der Film eine extrem verstörende und harte Wirkung auf den Betrachter, der sich ganzzeitig fast einer Ohnmacht nahe sieht und eine gewisse Zeit braucht, um das Gesehene zu verarbeiten. Hervorragende Darsteller, ein toller Score und eine perfekt ausgewählte Location sorgen hier für ein Film-Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.
Die DVD:
Vertrieb: Bildstörung
Sprache / Ton: Spanische Originalfassung DD 2.0
Untertitel: Deutsch
Bild: 1:1,85 (16:9)
Laufzeit: 107 Minuten
Extras: Audiokommentar & Interview mit Agusti Villaronga, kommentierte Bildergalerie, Booklet mit Liner Notes
9/10
Big Brother is watching you
- buxtebrawler
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Re: Im Glaskäfig
Der spanische Regisseur Agustí Villaronga entführt den unbedarften Zuschauer in seinem 1987er Spielfilmlängen-Debüt „Im Glaskäfig“ auf einen abgründigen Ritt, den selbiger nicht so schnell vergessen wird - es sei denn, er schafft es, ihn erfolgreich zu verdrängen. Was zunächst möglicherweise wie ein „Rape’n’Revenge“-Thriller im Edelgewand anmutet, entpuppt sich bald als perfides Psychodrama, das gleich mehrere Tabuthemen anpackt: Kranke Nazi-KZ-Ärzte, die im Exil ihre widerwärtigen Tätigkeiten unbehelligt fortsetzen, Kindesmisshandlung, sexuelle Perversion etc., ohne dabei in schmuddelige Naziploitation o.ä. abzugleiten. In kalten Blautönen gehalten, ist „Im Glaskäfig“ ein unheimlich intensives, nachhaltig verstörendes, skandalträchtiges und provokantes Filmerlebnis, das aber ohne einen einzigen Anflug von Selbstzweckhaftigkeit auskommt. Der junge Angelo, der zunächst – passend zum Namen – den Part des Racheengels einzunehmen scheint, tauscht irgendwann auf erschreckende Art die Rollen zwischen Täter und Opfer, als er ein schwer zu ertragendes, von Faszination geprägtes Verhältnis zum an die „eiserne Lunge“ gefesselten Altnazi Klaus eingeht. Auf drastischste Weise widmet sich „Im Glaskäfig“ der Teufelskreisthematik, wie ehemalige Opfer selbst zu Tätern werden, deren eigene Opfer nicht selten eine ähnliche Entwicklung erfahren. Auf Blut und Gekröse wird dabei quasi vollständig verzichtet, die Psychoschraube aber bis zum Anschlag und darüber hinaus gedreht. Die Klangkulisse mit den permanenten Pumpgeräuschen des „Glaskäfigs“ und die Konzentration des Films auf einen einzigen Schauplatz sorgen für eine überaus klaustrophobische, eiskalte, schaurige Atmosphäre. Die Schauspieler fallen zu keinem Zeitpunkt negativ auf. Selbst Davis Sust, dem Darsteller des Angelo, merkt man seine Unerfahrenheit (es war sein erster und einer von insgesamt nur drei Spielfilmen) nicht an. Unnachgiebig verfolgt „Im Glaskäfig“ in bedächtigem Erzähltempo seinen Plan von Wahnsinn und Pein, der mit seiner Schlussszene in einem echten Gänsehautmoment gipfelt und einen ausgelaugten Zuschauer zurücklässt, dessen Hausaufgabe darin besteht, das Gesehen zu verarbeiten. Ein ganz fieser Magenschwinger von einem Film auf verdammt hohem Niveau.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: Im Glaskäfig
Im Glaskäfig ist wirklich ein beeindruckendes Kammerspiel, das an die Nieren geht!
Freunde des anspruchsvollen Kinos sollten diesen Film auf jeden Fall gesehen haben!
Ganz große Klasse!
9/10
Freunde des anspruchsvollen Kinos sollten diesen Film auf jeden Fall gesehen haben!
Ganz große Klasse!
9/10
- CamperVan.Helsing
- Beiträge: 10884
- Registriert: Sa 26. Dez 2009, 12:40
Re: Im Glaskäfig
Besser kann man es eigentlich nicht ausdrücken.buxtebrawler hat geschrieben: Ein ganz fieser Magenschwinger von einem Film auf verdammt hohem Niveau.
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