Regisseur: Primo Zeglio
Kamera: Carlo Carlini, Marco Scarpelli
Musik: Carlo Rustichelli
Drehbuch: Gino De Santis, Agenore Incrocci, Furio Scarpelli, Primo Zeglio
Die Italiener waren stets flink bei der Sache, wenn es um das Aufgreifen aktueller Trends ging, was sich beispielshalber mit den Endzeit- wie dem Barbarenfilmen belegen lässt. Einige Jahrzehnte zuvor versuchten sie sich mal mehr, mal minder erfolgreich an einem Genre, dass bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erste Gehübungen praktizierte, sich aber erst in den 1930ern zu einem festen Genre entwickelte und in Italien innert der 1950er und 1960er seine Hochblüte, u. a. als Koproduktionen mit Frankreich, Spanien wie auch der Bundesrepublik, erreichte: Der Piratenfilm.
Fragt man mich nach Regisseuren, die sich im italienischen Piraten- wie Freibeuterkino in den Vordergrund spielten und vornehmlich solcherlei Vehikel inszenierten, so kommen mir umgehend die Namen Domenico Paolella und Primo Zeglio in den Sinn. Da ich Zeglios Filmografie auswendig kenne, kann ich behaupten, dass der gebürtige Buronzoner fünf Vehikel inszenierte, die sich dem Genre zuordnen lassen. Wobei zu beachten ist, dass DIE VERGELTUNG DES ROTEN KORSAREN vorwiegend als Mantel- und Degenfilm unterwegs ist. 1951 lieferte Zeglio mit DIE RACHE DES KORSAREN (dessen deutsche TV-Ausstrahlung ich bisher nicht auftreiben konnte) seinen Genreeinstand und ließ etwa zwei Jahre später DER KORSAR DES KÖNIGS folgen.
Fesche Credits werden mittels einer dramatischen Musik eindringlich betont. Eine energisch wirkende Klangkonstruktion, welche in ein Motiv mündet, das an Reisen in orientalische Länder erinnert. Ganz so weit hinaus - so ganz weit weg von Spanien, geht es zwar nicht, aber wir reisen unter Primo Zeglios Leitung freilich auf die hohe See (die Szenen auf den Schiffen wurden im Studio kreiert), um dort einem Freibeutervehikel, beizuwohnen, das mir viel Freude bereitete.
Die Handlung spielt im Jahre 1808, das Jahr in dem napoleonische Truppen strategisch wichtige Standpunkte respektive die einschlägigen Ortschaften in Spanien besetzten. In diesem Kontext sowie vor diesem historischen Hintergrund treffen sich einige spanische Offiziere im Kloster von St. Johannes, um über eine erfolgreiche Kampfstrategie zu beraten, die das spanische Volk von der Willkür der Franzosen befreien und im Besonderen den spanischen Frauen einen ruhigen Schlaf in Aussicht zu stellen könnte. Während der von Herzblut angeheizten Diskussionen wird einem der Wortführer (Miguel de Cabanier) mitgeteilt, dass sein Vater ein Verräter ist, was Miguel mit seiner Verbannung aus dem Heer des Königs bezahlen muss. Fortan lautet die Intension des stolzen Spaniers, die Unschuld seines Vaters zu beweisen. Die Realisierung dieses Ziels führt über Don Inigo, der Miguels Vater des angeblichen Verrats überführte und nun dessen Position eingenommen hat. Die Mission ist demgemäß dito schnell definiert wie das klassische Spiel zwischen Gut und Böse. Dazu gesellen sich im weiteren Filmverlauf das love interest sowie die genreüblichen Degenkämpfe.
In der Regel wurden Filme, jedenfalls bis es zum digitalen Umbruch kam, mit 24 Bildern pro Sekunde aufgenommen und dito aufgeführt. Um einem Actiontreiben allerdings mehr Turbulenz zuzuführen, hatte man die entsprechenden Szenen einfach unterdreht. Schauen Sie sich die kostengünstigen und in Masse produzierten amerikanischen Western aus den 1930ern an, so werden Sie feststellen, dass die Verfolgungsjagden über die Maßen rasant wirken, da sie mit 18 Bildern pro Sekunde fotografiert wurden. Bei Degengefechten setzte man gewöhnlich auf 20 Bilder pro Sekunde, sodass ein außergewöhnliches Tempo vorgetäuscht wurde, was Sie aus Miguels erstem Zweikampf im Kloster von St. Johannes simpel lesen können.
Mit dem Begriff Piratenfilm müssen wird im Kontext von DER KORSAR DES KÖNIGS behutsam jonglieren, da wir es nicht mit Piraten zu tun bekommen. Wir können stattdessen von einem Freibeuterfilm sprechen, weil Don Inigo im Dienste der Majestäten segelt. Und mit dem Segen, der ihm aus Madrid zugesprochen wurde, sind ihm halt freie Handlungsweisen, welche auch seeräuberische Aktivitäten inkludieren, gestattet. Die Piraterie ist somit legalisiert und wird zur Freibeuterei.
Sein Gegenspieler, Miguel de Cabanil (der Held), ist ebenfalls alles andere als ein Pirat. Es besteht darüber hinaus auch niemals die Gefahr, dass er der Verlockung eines Piratenlebens erliegen könnte. Piraten sind Außenseiter, für die einie Rückkehr in ein bürgerliches Leben keine Option darstellt. Miguel ist zwar ein Ausgestoßener, aber er will so schnell wie möglich seine Rehabilitation erwirken, um in die Gesellschaft zurückzukehren.
Der gebürtige Amerikaner Frank Latimore hat mir in der Rolle des Miguel de Cabanil, einem niemals unüberlegt agierenden Verratenen, der stets seine Liebe zu Spanien beteuert, sehr gut gefallen. Latimores Filmografie sieht übrigens blendend aus, leider hat es ein Groß seiner Mantel- und Degen- wie Seeräuberfilme, obwohl sie in den bundesrepublikanischen Lichtspielhäusern liefen, bisher nicht ins Heimkino geschafft.
Wie in solchen Filmen üblich, wird die Filmschönheit (Consuela de Mayo y Sol, sie kennt Miguel vom spanischen Hofe, was die Brisanz additional befruchtet) nicht nur vom Helden, sondern auch vom Bösewicht umworben oder besser gesagt: Begehrt. Don Inigo will sie - Miguel schützt sie. Dieser von dem Iren Maxwell Reed verkörperte Charakter (der bereits mehrfach erwähnte Inigo da Costa) zeichnet sich durch seine schier mephistophelische Aura aus. Zudem leidet Da Costa unter einer Erkrankung, die mittels ihrer unvorhersehbaren Ausbrüche ex abrupto derbe Schmerzen hervorruft und Don Inigo zu diabolischen Schmerzensschreien anstachelt. Im Verlauf dieser Szenen ist Da Costa erwartungsgemäß - da ein Horrorfilmflair aufkeimt - in eine tiefschwarze Schale gehüllt, was seinem militärischen Rang freilich nicht entspricht. Ungeachtet dieser Momente ist der teuflische Admiral natürlich der Mode, jener im Film thematisierten historischen Epoche, verpflichtet und tritt bei offiziellen Anlässen in einem schicken Empire-Gewand in Erscheinung. Überhaupt haben sich die Kostümbildner sehr viel Mühe gegeben und die modischen Kleider der ersten zwei Dekaden des 19. Jahrhunderts vorbildlich geschneidert.
Die Präsentation des Schiffsmodells kann diese handwerkliche Geschicklichkeit respektive Fingerfertigkeit allerdings nicht reflektieren. Denn wenn uns die Einstellungsgrößen Weit und Totale auf die hohe See entführen, dann lässt sich die Assuncion, das Schiff auf dem der Löwenanteil der Handlung spielt, simpel als Miniaturschiff (Schiffsmodel), das friedlich im Stadtparkteich oder Studiotümpel liegt, identifizieren. Das erhöht zwar den Knuffigkeitsfaktor, kann aber meinen positiven Filmeindruck nicht im Geringsten trüben wie schmälern. Schließlich besteht hier keine Absicht, die dümmsten Bauern von der Größe ökologisch angebauter Kartoffeln zu überzeugen, sondern den Zuschauer mit einer unkomplizierten Story um Tapferkeit, Vaterlandstreue, Ideale, Verrat und etwas Liebelei zum Film (DER KORSAR DES KÖNIGS) zu verführen, was den Verantwortlichen nach meinem Dafürhalten vollumfänglich gelungen ist.
So steht unter dem Strich deutlich mehr als der obligatorische Kaffee und Kuchen-Film für den verregneten Sonntagnachmittag, denn Primo Zeglio beweist erneut (s)ein Händchen für seeräuberischen respektive freibeuterischen Filmstoff. Und wo Primo Zeglio draufsteht, ist erfahrungsgemäß Primo Zeglio drin - und eben dieses gewisse Etwas kann sich immer wieder sehen lassen.