Frauen für die Teufelsinsel - Domenico Paolella (1962)

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Salvatore Baccaro
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Frauen für die Teufelsinsel - Domenico Paolella (1962)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

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Originaltitel: Le prigioniere dell'isola del diavolo

Produktionsland: Italien/Frankreich 1962

Regie: Domenico Paolella

Darsteller: Guy Madison, Michèle Mercier, Federica Ranchi, Paul Muller, Marisa Belli, Antonella Della Porta, Tullio Altamura

Da nimmt Domenico Paolella im Jahre 1962 doch glatt die wichtigsten Tropen des im Grunde erst in den 70ern virulent werdenden Women-in-Prison-Genres vorweg!

Warum genau Martine eigentlich ins Exil auf die Teufelsinsel geschickt wird, das erfahren wir während der gesamten Laufzeit nicht. Feststeht aber, dass die ausnahmslos weiblichen Gefangenen, denen im 18. Jahrhundert das Los erteilt wird, für bestimmte Zeit - oder auch für den Rest ihres Lebens - Zwangsarbeit irgendwo im Atlantischen Ozean leisten zu müssen, weniger Zucker schlecken, sondern ihr Brot vielmehr mit Tränen essen. Das Regiment auf dem satanischen Eiland nämlich führt Kommandant Lefèvre, ein ausgemachter Sadist, der die zum Goldschürfen verurteilten Grazien mit Vorliebe die neunschwänzige Katze spüren lässt, wenn er sie nicht zu sich ins Séparée bittet, um sie durch das Versprechen, das könne ihre Haftbedingungen immens erleichtern, zum erotischen Stelldichein zu zwingen. Immerhin erhält Martine durch ihren unfreiwilligen Ausflug nach Französisch-Guyana Gelegenheit, nach ihrem ebenfalls verdammten Schwesterherz Jeanette zu forschen, (wobei es ihrem Ansinnen, mehr über deren Verbleib zu erfahren, sicherlich nicht zugutekommt, dass sie ausgerechnet die Frauen fragt, ob sie etwas von Jeanette gehört haben, die gerade eben zusammen mit ihr auf der Teufelsinsel angelangt sind.) Aber Erlösung naht bereits durch Henri Vallière, einem Schönling, der von der festländischen Regierung abgeordert worden ist, Lefèvres triebgesteuertem Treiben ein Ende zu setzen und das Regiment über die Teufelsinsel in die Hand zu nehmen. Erleichterungen der Haftbedingungen unserer selbst in der höchsten Not noch perfekt gestylten Frauen stehen bald genauso auf der Tagesordnung wie, dass Martine sich heillos in den adretten Vallière verguckt. Ihr Herz bricht erst, als sie feststellen muss, dass es sich bei dem angeblichen Kommandanten um einen Piraten handelt, der es auf die Goldvorräte der Teufelsinsel abgesehen hat, und dessen Spießgesellen bereits unweit der Küste ihre Kanonen mit Pulver laden, um Lefévre und seine Handlanger vollends wegzuputzen…

Etwa eine halbe Stunde lang dekliniert die französisch-italienische Ko-Produktion LE PRIGIONIERE DELL’ISOLA DEL DIAVOLO das kleine Alphabet des Frauengefängnis-Films durch. Bitterböse Wärter; ein noch bitterböserer Hauptmann; Fluchtversuche; geflüsterte Konspirationspläne auf nächtlichen Pritschen; Angriffe wilder Ungetüme, die unsere Heldinnen stückweise dezimieren, in diesem Fall: Plastikkrokodile, die auf permanenter Beutesuche durchs hohe Schilf gleiten; Verrat in den eigenen Reihen; Folterszenen mit entblößten Frauenrücken; nicht zuletzt: Eine unschuldig hinter Gitter geratene Heldin, die sich gegen innere und äußere Feinde erwehren muss. Dass wirklich heftige sexuelle und sadistische Entgleisungen in einem Film mit Baujahr 1962 nicht erwartet werden dürfen, liegt freilich auf der Hand, - zumal sich Paolella nach einem Drittel Laufzeit dazu entscheidet, dann doch lieber einen handelsüblichen Kostümfilm mit Piraten, viel Schießpulver und melodramatisch schmachtenden Frauenherzen zu inszenieren. Der Orchesterscore schwelgt in Pathos; Hollywood-Import Guy Madison agiert hölzern; Paul Muller als Antagonist möchte man im Dunkeln nicht begegnen. Alles in allem hat mich LE PRIGIONIERE DELL’ISOLA DEL DIAVOLO durchaus unterhalten: Abseits von seinen beiden Nonnen-Meisterwerken LE MONACHE DI SANT’ARCANGELO und vor allem STORIA DI UNA MONACA DI CLAUSURA ist Domenico Paolella ein solider Handwerker, der nie zum Olymp der Filmkunst aufsteigt, aber auch niemals in den Hades von Langeweile und Leerlauf abgleitet. Freilich bietet dieser Streifen aber nichtsdestotrotz so manche befremdliche Plot-Volte und ein zuckersüßes Happy End, bei dem sich – was der Film extra betont! – gar ein gemischtrassiges Pärchen verbinden darf, (wobei der US-amerikanischen Drive-In-Fassung interessanterweise ausgerechnet die Szene, in der eine der Gefangenen Henris dunkelhäutigem Diener eröffnet, dass vor der Liebe alle Hautfarben gleich seien, vorenthalten wurde.) In einer Retrospektive zum WIP-Genre müsste dieser Film definitiv gezeigt werden – (gerne auf 35mm in einem Filmmuseum in Ihrer Nähe!)
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