Sesso Nero - Joe D'Amato (1980)
Moderator: jogiwan
- Salvatore Baccaro
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Sesso Nero - Joe D'Amato (1980)
Produktionsland: Italien
Erscheinungsjahr: 1980
Regie: Joe D'Amato
Darsteller: George Eastman, Annj Goren, Mark Shannon, Lucia Ramirez
Mark hat ein ernstes Problem: von seinem Urologe erfährt er, dass er unter einer Krankheit leidet, die von seinem Penis aus sein Leben angreift. Sollte er sich nicht innerhalb der nächsten Wochen einer operativen Kastration unterziehen, wird er seinen nächsten Geburtstag nicht feiern können. Am Boden zerstört reist er in die Dominikanische Republik, wo er einst, vor Jahren, seine große Liebe bei einem Unfall verlor, um, wen wundert's, seine verbleibende Zeit in voller Männlichkeit damit zu nutzen, sein Glied unter jedes Röckchen zu schieben, das ihm über den Weg läuft. Bald allerdings sieht er sich von befremdlichen Halluzinationen verfolgt. Seine einstige Liebe begegnet ihm auf offener Straße, scheint ihm als Gespenst nachzustellen. Auch dass seine Ehefrau ihm nachreist, um ihn zu der Operation zu überreden, gegen die er sich inzwischen entschlossen hat, trägt nicht wirklich zur Entspannung der Situation bei. Mark flüchtet in eine heruntergekommene Pension und phantasiert sich im Fieberwahn in groteske Sex-Träume...
Nach einer Insel der Leidenschaft, auf der Schwarze Magie und (vor allem!) Sex praktiziert wird und einem Porno Holocaust auf einem (angeblichen) Zombie-Eiland folgt nun also schwarze Haut, kredenzt an weißem Sandstrand. Auf den ersten Blick hat auch dieser dritte Teil der sogenannten Orgasmo-Nero-Reihe (ich habe keine Ahnung, was sich der deutsche Verleih dabei gedacht hat, ausgerechnet die drei Filme VOODOO BABY, PORNO HOLOCAUST und SESSO NERO in dieser Reihenfolge als Pseudo-Serie herauszubringen, mal abgesehen von der Möglichkeit, dass die Leute bei x-rated damit in die Annalen eingehen wollten, einige der kreativsten Filmtitel aller Zeiten auf die Menschheit losgelassen zu haben) exakt das zu bieten, was auch bereits die beiden Vorgänger auszeichnete (oder eben nicht): Mark Shannons Gesicht, verzerrt in Großaufnahme, während er sich auf Frauenhintern und -rücken ergießt, die wiederum zu Darstellerinnen gehören, die man, hat man schon ein, zwei andere Filmchen aus D'Amatos Dominikanischer Phase gesehen, ebenso bereits im wahrsten Sinne des Wortes in- und auswendig kennt. Annj Goren lässt Eingeborenen-Glieder in ihrem Mündchen verschwinden, Lucia Ramirez' Gesicht ist weiterhin darauf abonniert, exakt eine Miene zur Schau zu tragen, egal, ob sie gerade befummelt wird oder eine - hust - Charakterszene absolvieren muss, selbst George Eastman hat einen, wenn auch etwas überflüssigen, Kurzauftritt als griechischstämmiger Nachtclub-Besitzer, von den obligatorischen Subplots, die sich um Voodoo und Totenerweckungsrituale ranken, mal ganz zu schweigen, die einmal mehr nichts weiter sind als ein plakativer Aufhänger für Splatter- und Horror-Fans, der sein Versprechen, die Geschichte könnte sich irgendwann in eine etwas blutigere Richtung bewegen, nie einlöst, und, wenn man die finale Auflösung der Chose kennt, zudem reichlich debil wirken.
SESSO NERO, und das überraschte mich wohl am meisten, trennen zeitweise dann aber doch Welten von Werken wie NOTTI EROTICHE DEI MORTI VIVENTI oder PORNO HOLOCAUST. Zunächst fällt auf, dass der Film tatsächlich so etwas wie eine logische Geschichte besitzt, die aus mehr besteht als der Formel: ein paar Menschen begeben sich an einen bestimmten Ort, schlafen miteinander und werden schließlich ermordet oder bringen sich gegenseitig um. Sicher, die Prämisse, dass Mark (hat das eigentlich etwas zu bedeuten, dass Shannons Filmfigur seinen reellen Vornamen trägt?) unter einer unheilbaren Penis-Krankheit leidet, die dazu führt, dass er nach jedem Samenerguss schreiend und schauspielerisch selten überzeugend in sich zusammenbricht, ist wohl eher eine lächerliche. Gut, ich bin kein Mediziner, und falls diese ominöse Krankheit, der der Film konsequent einen Fachterminus verweigert, wirklich existieren sollte, bedauere ich aus tiefstem Herzen alle davon Betroffenen, irgendwie riecht mir das alles aber dann doch eher nach einer von D'Amatos versponnener Phantasien, mit denen er vorrangig das Ziel verfolgte, die ausgiebigen Sex-Eskapaden Shannons zu rechtfertigen, was ich dem Film jedoch zumindest lohnend anrechne, und immerhin verhindert, dass das Gerammel völlig unmotiviert, nahezu aus dem Nirwana gegriffen über den Zuschauer hereinbricht (wie in den oben genannten Werken). Akzeptiert man nun mal die Existenz von Marks Krankheit, ist der restliche Film nämlich überraschenderweise frei von allzu peinlichen und trashigen Momenten, wurde für D'Amato-Verhältnisse beinahe ernst und grimmig in Szene gesetzt, und widmet sich, von den zwischendurch aufgekochten Voodoo-Subplots abgesehen, ausgiebig der Darstellung des körperlichen und psychischen Verfalls seines Protagonisten. Klar, Mark Shannon wird nie in den Verdacht geraten, ein exzellenter Schauspieler zu sein, irgendwie überzeugt er in der Rolle eines verzweifelten Mannes dann aber doch, der einerseits einer verflossenen Liebe hinterherjagt und sich andererseits wegen des drohenden Verlustes seines Geschlechtsteils in einen Koitus nach dem andern stürzt, dabei nicht mal davor zurückschreckt, die Ehefrau eines ehemaligen Freundes zu erpressen und damit zum Oralsex zu zwingen. In dem Kontext wirken dann auch die Hardcore-Szenen kaum überflüssig und aufgesetzt, tragen den Film vielmehr narrativ. Wenn Mark über seine Gattin herfällt, um ihr in einer Semi-Vergewaltigung zu beweisen, dass es mit seiner Männlichkeit noch immer weit her ist, transportiert der Geschlechtsakt selbst eine Aussage, kommentiert der Film mit der Darstellung desselben überdeutlich die Beziehung zwischen den emotional längst voneinander entfernten Eheleuten. Auch eine längere Szene, in die Annj Goren, ein Puffmütterchen mit Hang zur Korpulenz und zwei Lustknaben involviert sind, mag mich rein ästhetisch nicht im Geringsten angesprochen haben, kann man indes, da D'Amato sich entschloss, sie eindeutig als Traum Marks zu markieren, während der im Delirium dem Gipfel seines Wahnsinns entgegenfiebert, als interessante Verbildlichung der zerrüttelten Psyche unsres Helden verstehen. Gerade wenn ich mir in der Hinsicht noch einmal VOODOO BABY vor Augen führe, wo sich ja ebenfalls eine Hardcore-Traum-Szene finden lässt, wird für mich offensichtlich, weshalb ich den einen Film als eine völlig wahllose Aneinanderreihung von leeren Bildern und den vorliegenden als eher durchdachtes, ernstes Werk empfinde. SESSO NERO hat nämlich tatsächlich so etwas wie eine Agenda, eine nicht sonderlich erbauliche Grundstimmung, die sich von der ersten bis zur letzten Szene durchzieht, und höchstens von der nach wie vor wenig beeindruckenden, tropisch angehauchten 80er-Porno-Mucke oder ein paar Stilblüten in den Dialogen kontrastiert wird. Der Sex in PORNO HOLOCAUST, sofern er nicht von dem lächerlichen Pseudo-Zombie ausging, war unverblümt, naiv und ohne weitere Konsequenzen. Der Sex in SESSO NERO steht stets im Zusammenhang mit Machtdemonstration, Verzweiflung und Wahnsinn. Eben dadurch, dass D'Amato so ziemlich jede Figur negativ konnotiert und viele der gezeigten Geschlechtsakte nicht wirklich auf Gegenseitigkeit beruhen oder als fiebrige Halluzinationen inszeniert wurden, erscheint es mir hier noch unmöglicher, dass irgendwer von ihnen sexuell stimuliert werden könnte. Vielmehr hat mich SESSO NERO teilweise an Filme aus Alberto Cavallones Porno-Phase erinnert, wenn auch ohne jemals deren subversive Kreativität, ihr künstlerisch-intellektuelles Fundament oder schlicht ihren Unterhaltungswert zu erreichen.
Nicht dass wir uns falsch verstehen: SESSO NERO bleibt ein schmieriger kleiner Porno mit Handlung, bei dem man sich wohl nicht viel dachte, außer dass man mit ihm etwas Geld verdienen wollte. Nichtsdesotrotz (oder gerade deswegen) erstaunt und fasziniert mich, wie unbequem und unangenehm, wie schmutzig und deprimierend er sich schlussendlich präsentiert. Ich jedenfalls habe mich danach erst einmal einer ausgiebigen Dusche unterzogen...
- Salvatore Baccaro
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Re: Sesso Nero - Joe D'Amato
Nachtrag:
In der bonus section der x-rated-DVD findet sich noch ein "Schmankerl" der besonderen Art. Was hat man sich nur dabei gedacht, dort einen offenbar US-amerikanischen Porno-Kurzfilm, könnte aber auch eine Episode aus einem größeren Werk sein, in einer schlecht deutsch synchronisierten Fassung unter dem Titel "Die Zuckerrohr-Puppe mit der schwarzen Donnerbüchse" zu verstecken, ein Machwerk, das man entweder zum Lachen oder zum Weinen finden kann, und mit SESSO NERO rein gar NICHTS zu tun hat. Story: Auf einer Zuckerrohrplantage verführt der weiße Herr eine naive Schwarze, während deren Liebhaber die Gattin des Plantagenbesitzers befriedigt, das alles unterlegt mit Dialogen, die man mehrmals hören muss, um sie zu glauben. Falls ich mal zu einem White-Power-Filmabend eingeladen werden sollte, weiß ich schon, welcher Beitrag mir alle Herzen öffnen wird... Unfassbar.
In der bonus section der x-rated-DVD findet sich noch ein "Schmankerl" der besonderen Art. Was hat man sich nur dabei gedacht, dort einen offenbar US-amerikanischen Porno-Kurzfilm, könnte aber auch eine Episode aus einem größeren Werk sein, in einer schlecht deutsch synchronisierten Fassung unter dem Titel "Die Zuckerrohr-Puppe mit der schwarzen Donnerbüchse" zu verstecken, ein Machwerk, das man entweder zum Lachen oder zum Weinen finden kann, und mit SESSO NERO rein gar NICHTS zu tun hat. Story: Auf einer Zuckerrohrplantage verführt der weiße Herr eine naive Schwarze, während deren Liebhaber die Gattin des Plantagenbesitzers befriedigt, das alles unterlegt mit Dialogen, die man mehrmals hören muss, um sie zu glauben. Falls ich mal zu einem White-Power-Filmabend eingeladen werden sollte, weiß ich schon, welcher Beitrag mir alle Herzen öffnen wird... Unfassbar.
- buxtebrawler
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Re: Sesso Nero - Joe D'Amato
„Umso besoffener, umso besser!“ (Die Dialoge geben eine Rezeptionsempfehlung…)
Nach „Woodoo Baby – Insel der Leidenschaft“, aber noch vor „Porno Esotic Love“, „In der Gewalt der Zombies“ und „Porno Holocaust“ im Jahre 1980 veröffentlicht, jedoch vermutlich im gleichen Zuge wie alle genannten Filme von Joe D’Amato in der Karibik gedreht, gilt „Sesso Nero“ als erster Hardcore-Porno Italiens. Wie so oft versuchte sich der berüchtigte italienische Filmemacher auch hierfür an einer kruden Mischung aus Sex und Horror, wobei das Pendel diesmal eindeutig in Richtung Sex ausschlägt.
„Es nervt mich, dass man ohne Grund lacht und tanzt.“
Mark (Mark Shannon, „Hard Sensation”) bekommt von seinem Urologen (Lanfranco Spinola, „Die weiße Göttin der Kannibalen“) eröffnet, dass er an einer Geschlechtskrankheit leide, bei der nur noch die Amputation helfe, wolle er nicht nach gut zwei Wochen das Zeitliche segnen. Daraufhin reist unser Schnauzbartproll mit Prostatadefekt auf eben jene geheimnisvolle Karibikinsel, auf der mystische Voodoo-Rituale stattfinden und wo seine Freundin Marja (Annj Goren, „Papaya - Die Liebesgöttin der Cannibalen“) vor zwölf Jahren spurlos verschwand. Und da er nur noch 15 Tage zu leben bzw. zu ficken hat, dockt er an alles an, was ihm vor die Stoßstange kommt. Dafür nimmt er auch die krampfartigen Schmerzen in Kauf, die ihn nach jedem Samenerguss übermannen. Doch als noch wesentlich beängstigender stellen sich seine Halluzinationen heraus: Immer wieder scheint er Marja zu sehen. Handelt es sich tatsächlich um Trugbilder? Oder hat der alte Voodoo-Priester recht, wenn er behauptet, Marjas Körper sei tot, ihre Seele aber werde in einer alten Flasche verwahrt und Mark sei verflucht…?
Kaum dass Mark in seiner Unterkunft angekommen ist und nackt eine Mütze Schlaf nimmt, setzt sich das Zimmermädchen (Chantal Kubel, „The Pleasure Shop on 7th Avenue“) zu ihm ans Bett und masturbiert. D’Amato hielt es für eine gute Idee, abwechselnd auf ihre Muschi und Marks schlaffen Schwanz zu zoomen. Als er erwacht, treiben sie’s miteinander. Marks Landmann Jacques hat eine Schule auf der Insel eröffnet und ist mit der einheimischen Lucia (Lucia Ramirez, „Woodoo Baby – Insel der Leidenschaft“) liiert, die Zyniker Mark in Jacques‘ Abwesenheit mit Geld fürs Schulprojekt gefügig macht und sich von ihr einen blasen lässt. Doch bald begegnet er nicht nur seinem griechischen Kumpel und Strip-Lokalbetreiber Voyakis (George Eastman, „Man-Eater“), sondern auch Marja als Geist. Eine Striptease-Einlage mit einem supertuntigen Tänzer (Fernando Arcangeli, „Black Emanuelle – Stunden wilder Lust“) ist verdammt abtörnend, doch dessen Tanzpartnerin (Ornella Picozzi, „Bettgeknister – Sexgeflüster“) verwandelt sich Plötzlich in Marja. Sämtliche „Geisterszenen“ kommen übrigens ohne jegliche Spezialeffekte aus – ohne viel Zinnober taucht Marja unvermittelt auf und sieht vollkommen normal und menschlich aus.
Als unnormal und unmenschlich dürfte es Mark jedoch empfinden, dass Marjas Geist ihn verfolgt – und, schlimmer noch: seine Ehefrau Liza (Lola Burdan, „The Pleasure Shop on 7th Avenue“) ihm nachreist. Diese zieht sich aus und… diskutiert mit ihm. Mark verspürt aber keine Lust auf Gespräche, schlägt sie nieder und begattet sie von hinten. Ob D’Amato diese Szene deshalb so mies filmte, um sie jeglicher möglicher luststeigernder Wirkung zu berauben, ist nicht überliefert, würde aber Sinn ergeben. Nach einer Rückblende, die Mark beim Sex mit Marja am Strand zeigt, sieht er sie am Meer stehen und beginnt, mit ihr zu sprechen. Sie schimpft ihn aus und verabreicht ihm eine Wunderpille, die ihn lähmt, aber tief verborgene Erinnerungen hochholt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer erfahren, dass Mark auch während seiner Zeit mit Marja bereits ein echtes Ekelpaket war – potzblitz, wer hätte das gedacht…?
Marja präsentiert Mark ihren neuen Freund, einen schwarzen Inselbewohner – offenbar haben auch Geister noch gewisse Bedürfnisse. Der Film greift nun ein Motiv aus D’Amatos „Foltergarten der Sinnlichkeit“ auf: Mark muss den beiden beim Sex zusehen (es handelt sich allerdings lediglich um Fellatio). Seine Frau will derweil nach New York zurückfliegen, wird jedoch von einem geheimnisvollen Einheimischen gebeten, noch etwas zu bleiben. Marja wiederum sieht einer dicken Schwarzen dabei zu, wie sie bei zwei Schwarzen gleichzeitig Hand anlegt, und gesellt sich schließlich dazu, um aktiv miteinzusteigen – im Rahmen des Films eine recht sexy Szene, unterlegt mit verfremdeten Gestöhne. Liza besucht Jacques, um nach ihren Mann zu suchen, wird jedoch von Jacques erpresst und muss ihm einen blasen. Lucia schaut masturbierend zu. Die Szene endet abrupt, den Samenerguss spart D’Amato aus. Mark hingegen träumt von seiner Geschlechtsorgan-OP sowie von Sex mit Lucia am Strand und sinniert über seine Erinnerungen und seine Krankheit aus dem Off. Die Inszenierung des Sextraums hätte ein Höhepunkt des Films werden können, immerhin beginnt sie sehr sinnlich und in Bezug auf Lucia ästhetisch und erotisch (über Shannons Äußeres hüllen wir besser den Mantel des Schweigens). Seltsamerweise jedoch wurde ausgerechnet diese Szene als sehr züchtiger Softcore gedreht, die Kamera fängt nicht einmal Lucias Oberweite ein. Vor dem Hintergrund, dass für „Porno Holocaust“ Hardcore-Szenen mit Shannon und Ramirez gedreht worden sind (wahrscheinlich gar im selben Take), mutet es umso unverständlicher an, dass sich D’Amato hier derart zurückhielt.
Im Anschluss scheint Mark endgültig den Verstand zu verlieren: Er erwürgt seine Zimmerwirtin. Interessanterweise können auch Liza und Jacques Marja sehen, sie scheint also kein Hirngespinst Marks zu sein – ein Aspekt, der den Film möglicherweise um ein Psychodrama-Motiv erweitert hätte. Stattdessen nimmt die Handlung eine hanebüchene Wendung hin zu einem abgekarteten Spiel, erfindet eine jüngere Schwester Marjas und einen Racheplan, um Mark um die Ecke zu bringen – welch beknackte Story! Dafür hat D’Amato gegen Ende ein Einsehen und liefert seinem Publikum, worauf es den gesamten Film über gewartet haben dürfte: Eine schöne Sexszene am malerischen Strand. Diese fällt jedoch reichlich kurz aus und lässt jeden Stellungswechsel vermissen. Die Schlusspointe „entwaffnet“ Mark, was jedoch nicht bedeutet, dass man Shannon nicht bereits in „Porno Holocaust“ wiedergesehen hätte…
Puh… Pionier-Charakter des Films hin oder her; was zu befürchten war, ist eingetreten: Mit steigendem Hardcore-Anteil sinkt die Qualität der Filme D’Amatos. Für einen reinen Porno verfügt „Sesso Nero” noch über viel zu viel Handlung, doch diese ist langweilig und lieblos inszeniert worden. „Sesso Nero“ gibt anhand seines kruden Drehbuchs vor, ein Film über Verlustschmerz und Sehnsucht sowie über krankhaften Machismo und Respektlosigkeit zugleich zu sein und bringt Marks Verhalten mit seinem Sexualtrieb in Verbindung. Dumm nur, dass beides nicht so recht zusammenpassen will, denn damit man empathisch mit ihm mitfühlen könnte, dürfte er nicht ein solches Arschloch sein. Und um genießen zu können, wie sich die Schlinge um ihn zuzieht und er die Quittung für sein Verhalten bekommt, passiert ihm viel zu lange entweder nichts oder zu viel für ihn Angenehmes, sodass immer wieder der Eindruck entsteht, er sei eigentlich dann doch der nominelle Held der Geschichte, der ein gutes Stück weit nachvollziehbar die letzten Tage seiner Sexualität auskosten will.
In Kombination mit etwas vielen Wackelkamera-Szenen und einer gegenüber manch vorausgegangenem D’Amato-Werk deutlich abfallenden musikalischen Untermalung durch Nico Fidenco vermengen Regie und Schnitt die verschiedenen Versatzstücke zu einer uninspirierten, unterdurchschnittlichen, schwer genießbaren Mischung, deren Inszenierung dem grundsätzlich bitter-sarkastischen Ton des Drehbuchs zuwiderläuft und aus dem Sexualität-als-Machtinstrument-Ansatz beschämend wenig und wenn, dann lediglich Alibihaftes, macht. Immerhin punktet er neben seinem exotischen Ambiente mit einigen hübschen, extrem freizügigen Damen, der einen oder anderen rüden Idee und viel J&B. Filmhistorisch interessant? In jedem Fall. Ein guter Film? Leider nein.
Nach „Woodoo Baby – Insel der Leidenschaft“, aber noch vor „Porno Esotic Love“, „In der Gewalt der Zombies“ und „Porno Holocaust“ im Jahre 1980 veröffentlicht, jedoch vermutlich im gleichen Zuge wie alle genannten Filme von Joe D’Amato in der Karibik gedreht, gilt „Sesso Nero“ als erster Hardcore-Porno Italiens. Wie so oft versuchte sich der berüchtigte italienische Filmemacher auch hierfür an einer kruden Mischung aus Sex und Horror, wobei das Pendel diesmal eindeutig in Richtung Sex ausschlägt.
„Es nervt mich, dass man ohne Grund lacht und tanzt.“
Mark (Mark Shannon, „Hard Sensation”) bekommt von seinem Urologen (Lanfranco Spinola, „Die weiße Göttin der Kannibalen“) eröffnet, dass er an einer Geschlechtskrankheit leide, bei der nur noch die Amputation helfe, wolle er nicht nach gut zwei Wochen das Zeitliche segnen. Daraufhin reist unser Schnauzbartproll mit Prostatadefekt auf eben jene geheimnisvolle Karibikinsel, auf der mystische Voodoo-Rituale stattfinden und wo seine Freundin Marja (Annj Goren, „Papaya - Die Liebesgöttin der Cannibalen“) vor zwölf Jahren spurlos verschwand. Und da er nur noch 15 Tage zu leben bzw. zu ficken hat, dockt er an alles an, was ihm vor die Stoßstange kommt. Dafür nimmt er auch die krampfartigen Schmerzen in Kauf, die ihn nach jedem Samenerguss übermannen. Doch als noch wesentlich beängstigender stellen sich seine Halluzinationen heraus: Immer wieder scheint er Marja zu sehen. Handelt es sich tatsächlich um Trugbilder? Oder hat der alte Voodoo-Priester recht, wenn er behauptet, Marjas Körper sei tot, ihre Seele aber werde in einer alten Flasche verwahrt und Mark sei verflucht…?
Kaum dass Mark in seiner Unterkunft angekommen ist und nackt eine Mütze Schlaf nimmt, setzt sich das Zimmermädchen (Chantal Kubel, „The Pleasure Shop on 7th Avenue“) zu ihm ans Bett und masturbiert. D’Amato hielt es für eine gute Idee, abwechselnd auf ihre Muschi und Marks schlaffen Schwanz zu zoomen. Als er erwacht, treiben sie’s miteinander. Marks Landmann Jacques hat eine Schule auf der Insel eröffnet und ist mit der einheimischen Lucia (Lucia Ramirez, „Woodoo Baby – Insel der Leidenschaft“) liiert, die Zyniker Mark in Jacques‘ Abwesenheit mit Geld fürs Schulprojekt gefügig macht und sich von ihr einen blasen lässt. Doch bald begegnet er nicht nur seinem griechischen Kumpel und Strip-Lokalbetreiber Voyakis (George Eastman, „Man-Eater“), sondern auch Marja als Geist. Eine Striptease-Einlage mit einem supertuntigen Tänzer (Fernando Arcangeli, „Black Emanuelle – Stunden wilder Lust“) ist verdammt abtörnend, doch dessen Tanzpartnerin (Ornella Picozzi, „Bettgeknister – Sexgeflüster“) verwandelt sich Plötzlich in Marja. Sämtliche „Geisterszenen“ kommen übrigens ohne jegliche Spezialeffekte aus – ohne viel Zinnober taucht Marja unvermittelt auf und sieht vollkommen normal und menschlich aus.
Als unnormal und unmenschlich dürfte es Mark jedoch empfinden, dass Marjas Geist ihn verfolgt – und, schlimmer noch: seine Ehefrau Liza (Lola Burdan, „The Pleasure Shop on 7th Avenue“) ihm nachreist. Diese zieht sich aus und… diskutiert mit ihm. Mark verspürt aber keine Lust auf Gespräche, schlägt sie nieder und begattet sie von hinten. Ob D’Amato diese Szene deshalb so mies filmte, um sie jeglicher möglicher luststeigernder Wirkung zu berauben, ist nicht überliefert, würde aber Sinn ergeben. Nach einer Rückblende, die Mark beim Sex mit Marja am Strand zeigt, sieht er sie am Meer stehen und beginnt, mit ihr zu sprechen. Sie schimpft ihn aus und verabreicht ihm eine Wunderpille, die ihn lähmt, aber tief verborgene Erinnerungen hochholt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer erfahren, dass Mark auch während seiner Zeit mit Marja bereits ein echtes Ekelpaket war – potzblitz, wer hätte das gedacht…?
Marja präsentiert Mark ihren neuen Freund, einen schwarzen Inselbewohner – offenbar haben auch Geister noch gewisse Bedürfnisse. Der Film greift nun ein Motiv aus D’Amatos „Foltergarten der Sinnlichkeit“ auf: Mark muss den beiden beim Sex zusehen (es handelt sich allerdings lediglich um Fellatio). Seine Frau will derweil nach New York zurückfliegen, wird jedoch von einem geheimnisvollen Einheimischen gebeten, noch etwas zu bleiben. Marja wiederum sieht einer dicken Schwarzen dabei zu, wie sie bei zwei Schwarzen gleichzeitig Hand anlegt, und gesellt sich schließlich dazu, um aktiv miteinzusteigen – im Rahmen des Films eine recht sexy Szene, unterlegt mit verfremdeten Gestöhne. Liza besucht Jacques, um nach ihren Mann zu suchen, wird jedoch von Jacques erpresst und muss ihm einen blasen. Lucia schaut masturbierend zu. Die Szene endet abrupt, den Samenerguss spart D’Amato aus. Mark hingegen träumt von seiner Geschlechtsorgan-OP sowie von Sex mit Lucia am Strand und sinniert über seine Erinnerungen und seine Krankheit aus dem Off. Die Inszenierung des Sextraums hätte ein Höhepunkt des Films werden können, immerhin beginnt sie sehr sinnlich und in Bezug auf Lucia ästhetisch und erotisch (über Shannons Äußeres hüllen wir besser den Mantel des Schweigens). Seltsamerweise jedoch wurde ausgerechnet diese Szene als sehr züchtiger Softcore gedreht, die Kamera fängt nicht einmal Lucias Oberweite ein. Vor dem Hintergrund, dass für „Porno Holocaust“ Hardcore-Szenen mit Shannon und Ramirez gedreht worden sind (wahrscheinlich gar im selben Take), mutet es umso unverständlicher an, dass sich D’Amato hier derart zurückhielt.
Im Anschluss scheint Mark endgültig den Verstand zu verlieren: Er erwürgt seine Zimmerwirtin. Interessanterweise können auch Liza und Jacques Marja sehen, sie scheint also kein Hirngespinst Marks zu sein – ein Aspekt, der den Film möglicherweise um ein Psychodrama-Motiv erweitert hätte. Stattdessen nimmt die Handlung eine hanebüchene Wendung hin zu einem abgekarteten Spiel, erfindet eine jüngere Schwester Marjas und einen Racheplan, um Mark um die Ecke zu bringen – welch beknackte Story! Dafür hat D’Amato gegen Ende ein Einsehen und liefert seinem Publikum, worauf es den gesamten Film über gewartet haben dürfte: Eine schöne Sexszene am malerischen Strand. Diese fällt jedoch reichlich kurz aus und lässt jeden Stellungswechsel vermissen. Die Schlusspointe „entwaffnet“ Mark, was jedoch nicht bedeutet, dass man Shannon nicht bereits in „Porno Holocaust“ wiedergesehen hätte…
Puh… Pionier-Charakter des Films hin oder her; was zu befürchten war, ist eingetreten: Mit steigendem Hardcore-Anteil sinkt die Qualität der Filme D’Amatos. Für einen reinen Porno verfügt „Sesso Nero” noch über viel zu viel Handlung, doch diese ist langweilig und lieblos inszeniert worden. „Sesso Nero“ gibt anhand seines kruden Drehbuchs vor, ein Film über Verlustschmerz und Sehnsucht sowie über krankhaften Machismo und Respektlosigkeit zugleich zu sein und bringt Marks Verhalten mit seinem Sexualtrieb in Verbindung. Dumm nur, dass beides nicht so recht zusammenpassen will, denn damit man empathisch mit ihm mitfühlen könnte, dürfte er nicht ein solches Arschloch sein. Und um genießen zu können, wie sich die Schlinge um ihn zuzieht und er die Quittung für sein Verhalten bekommt, passiert ihm viel zu lange entweder nichts oder zu viel für ihn Angenehmes, sodass immer wieder der Eindruck entsteht, er sei eigentlich dann doch der nominelle Held der Geschichte, der ein gutes Stück weit nachvollziehbar die letzten Tage seiner Sexualität auskosten will.
In Kombination mit etwas vielen Wackelkamera-Szenen und einer gegenüber manch vorausgegangenem D’Amato-Werk deutlich abfallenden musikalischen Untermalung durch Nico Fidenco vermengen Regie und Schnitt die verschiedenen Versatzstücke zu einer uninspirierten, unterdurchschnittlichen, schwer genießbaren Mischung, deren Inszenierung dem grundsätzlich bitter-sarkastischen Ton des Drehbuchs zuwiderläuft und aus dem Sexualität-als-Machtinstrument-Ansatz beschämend wenig und wenn, dann lediglich Alibihaftes, macht. Immerhin punktet er neben seinem exotischen Ambiente mit einigen hübschen, extrem freizügigen Damen, der einen oder anderen rüden Idee und viel J&B. Filmhistorisch interessant? In jedem Fall. Ein guter Film? Leider nein.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
- sid.vicious
- Beiträge: 2368
- Registriert: Sa 26. Jun 2010, 11:16
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Re: Sesso Nero - Joe D'Amato (1980)
Ein überwiegend ödes, vollkommen unerotisches Drama, mit depressiven Einschlägen und einem ganz, ganz leichten Horrortouch. D'Amato versprüht ein widerliches Karma, um den Zuschauer an der Situation des Hauptprotagonisten teilhaben zu lassen. Und das funktioniert voll.
Was für ein widerlicher, aber zugleich auch faszinierender Drecksfilm.
Was für ein widerlicher, aber zugleich auch faszinierender Drecksfilm.