Weihnachtsgeschichten - Christa Mühl (1986)

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Weihnachtsgeschichten - Christa Mühl (1986)

Beitrag von buxtebrawler »

Weihnachtsgeschichten.jpg
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Originaltitel: Weihnachtsgeschichten

Herstellungsland: DDR / 1986

Regie: Christa Mühl

Darsteller(innen): Christine Schorn, Jürgen Zartmann, Ute Lubosch, Henry Hübchen, Inge Keller, Kurt Böwe, Lisa Macheiner, Walfriede Schmitt, Klaus-Peter Thiele, Horst Hiemer, Ursula Karusseit, Dieter Wien u. A.
Episodenfilm um einen Heiligabend in der DDR. Ein Junge wird aus dem Krankenhaus entlassen, doch seine getrennt lebenden Eltern streiten sich, bei wem das Kind Weihnachten verbringen wird. Eine Krankenschwester hat eine ungewöhnliche Begegnung in einem Imbiss, zwei Reisende treffen in einem Hotel aufeinander, ein Weinkäufer will mit seiner Ex-Frau noch einmal Weihnachten verbringen und zwei alternde Diven verbringen einen erst ruhigen, dann turbulenten Weihnachtsabend. Danach machen sich zwei Studenten noch ein paar teure Geschenke und ein zaudernder Mann vertritt einen erkrankten Freund als Familienweihnachtsmann, gerät dabei aber an die falsche Familie. Durch alle Geschichten zieht sich ein Schokoladenweihnachtsmann, der durch viele Hände geht...
Quelle: www.ofdb.de
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Weihnachtsgeschichten - Christa Mühl (1986)

Beitrag von buxtebrawler »

„Die machen ihr Weihnachtsprogramm in Adlershof ja nicht umsonst…“

Der DDR-Episodenweihnachtsfilm „Weihnachtsgeschichten“ aus dem Jahre 1986 wurde von der DEFA fürs Fernsehen produziert; die Regie führte Christa Mühl („Paulines zweites Leben“), die auch zusammen mit Hans Heinrich das Drehbuch verfasste. Vornehmlich bewegt man sich im komödiantischen Bereich, mit dem einen oder anderen Ausflug ins Dramatische. Die Anthologie umfasst sieben miteinander verwobene Episoden, deren Titel jeweils eingeblendet werden:

In „Das schönste Geschenk“ soll der sechsjährige Matthias aus dem Krankenhaus entlassen werden, besteht jedoch darauf, dass seine voneinander getrenntlebenden Eltern mit ihm zusammen das Weihnachtsfest feiern. In „Verwirrung“ kommt es für Frau Dr. Becker (Ursula Karusseit, „Märkische Chronik“) zu einer peinlichen Tischverwechslung in einem Stehimbiss. „Zwei unter einen Hut“ bringt die Episode, in der Günter (Henry Hübchen, „Alles auf Zucker“) schon zu Beginn seiner Reise ins Erzgebirge in einen Verkehrsunfall verwickelt wird und Rose (Ute Lubosch, „Glück im Hinterhaus“), die eigentlich nach Hiddensee wollte, erst im Krankenhaus und schließlich bei Günter landet. „Blumen für Ilse“ wird Herr Höflich (Horst Hiemer, „Bockshorn“) erst spät los: Ilse ist seine Ex-Frau, die er diesmal nicht antrifft und stattdessen eine Kneipenbekanntschaft (Annemone Haase, „Lotte in Weimar“) kennenlernt, die ihm gegenüber darüber schwadroniert, dass der Wirt neu geheiratet habe – nämlich eine Frau, die vorher mit einem echten Tunichtgut liiert gewesen sei… „Zwei Divas in aller Stille“ sind Höflichs Schwester Lydia (Lisa Macheiner, „Orpheus in der Unterwelt“) und deren Freundin Sibille (Inge Keller, „Ärztinnen“), zwei bekannte Theaterschauspielerinnen, die sich alljährlich zu Weihnachten treffen, wobei es diesmal überraschenderweise dann doch nicht ganz so still zugeht. „Liebesgaben“ überreichen sich die beiden Schauspieler Romeo (Uwe Teufer, „Merkwürdiges Beispiel einer weiblichen Rache“) und Julia (Annette Richter, „Wahnfried“), obwohl sie sich eigentlich nichts schenken wollten, und lernen dabei Erich Kern (Kurz Böwe, „Polizeiruf 110“) kennen, der den (letzte Episode:) „Ersatz-(weihnachts)mann“ für Familie Wuttke spielen soll, weil sein Kumpel Willy, der diese Aufgabe in der Vergangenheit liebend gern übernommen hat, leider im Krankenhaus liegt. Dabei kommt es zu mehreren Verwechslungen…

Zugegeben, die Auftaktepisode lässt mit ihrer kitschigen Ausrichtung zunächst einmal nicht allzu viel Gutes erwarten und unterhält eher unfreiwillig mit Kopfschmuck, bei dem man sich nicht sicher ist, ob es sich noch um Frisur oder schon um Mütze handelt. Doch sobald der Schokoweihnachtsmann wie ein Staffelstab übergeben wird und die nächste Episode einleitet, erobert „Weihnachtsgeschichten“ mein Herz. Zu köstlich ist Frau Dr. Beckers Mimenspiel, wenn sie dem dunkelhäutigen jungen Mann (Pierre Sanoussi-Blisss, „Der Snob“) ein Essen wegisst, weil sie glaubt, er habe sich über ihre Mahlzeit hergemacht. Dieser nimmt’s mit Humor, wie auch die ganze Episode sehr witzig ausgefallen ist, und gibt damit die vergnügliche und zugleich herzliche Marschrichtung vor, die der in Ost-Berlin an Heiligabend zu Mitte der 1980er spielende Film im weiteren Verlauf nicht verlassen wird. Der Schokoweihnachtsmann wird wie eine Art Wanderpokal von Episode zu Episode weitergereicht und verbindet sie und ihre Figuren so sehr gekonnt miteinander.

So ist dann auch der Unfall in „Zwei unter einen Hut“ nach der ersten Aufregung kein Weltuntergang, sondern dazu geeignet, zwei Menschen auf eine Weise zueinander zu bringen, dass beide davon profitieren. Hier in seinem Beruf als Arzt zu sehen: der dunkelhäutige junge Mann aus der vorausgegangenen Episode. Ernas Kodderschnauze in „Blumen für Ilse“ bricht die melancholische Ausrichtung der Episode humorig auf, ihre Pointe sieht man irgendwann kommen und wird bestätigt. „Zwei Divas in alter Stille“ ist eine wundervolle Ehrerbietung an alternde Schauspieldiven mit parodistischen Zügen, die voller spitzzüngiger Dialoge steckt und auf eine gelungene Überraschung zusteuert, während „Liebesgaben“, inspiriert von O. Henrys Kurzgeschichte „Das Geschenk der Weisen“, in der S-Bahn spielt, es schafft, die besondere Stimmung, am Heiligabend mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein, einfängt, und neben einer gelungenen Pointe den Protagonisten der finalen Episode einführt: Mit dem Schokoweihnachtsmann in der Hand platzt er bei der falschen Familie rein, lernt dort aber eine neue Freundin (Walfriede Schmitt, „Eine sonderbare Liebe“) kennen.

Im Stile einer Verwechslungskomödie, bei der auch ein „doppeltes Lottchen“ eine Rolle spielt, macht auch diese Episode Spaß, an deren Ende der Charité-Pförtner seinen Schokoweihnachtsmann zurückerhält – er besaß ihn als Erster – und endlich genüsslich hineinbeißt. Dieter Mann („Levins Mühle“) spielt nicht nur diese Rolle, sondern hat versteckte Auftritte in allen sieben Episoden – genaues Hinsehen lohnt sich! Dies gilt auch für das ‘80er-DDR-Zeitkolorit in Bezug auf Mode, Interieur – und Weihnachtsgeschenke: die Amiga-Pressung der „Thriller“-LP Michael Jacksons!

„Weihnachtsgeschichten“ ist ein liebevoll gestalteter Fernsehfilm mit viel Herz und sympathischem, leiserem Humor, der sich prima eignet, um in Weihnachtsstimmung zu kommen – und in einen Ost-Berliner Heiligabend zu DDR-Zeiten hineinzuschnuppern…
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