The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
Moderator: jogiwan
Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
UK-DVD ab 23.06.2014 erhältlich (lt. Seite der BBFC ungekürzt)
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Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
"The Strange Colour of Your Body's Tears" gehört zum Programm des Fantasy Filmfest 2014!
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http://www.reinifilm.blogspot.com / https://bfilmbasterds.de/
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Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
Ich bin ja bekanntermaßen kein großer Freund von „Amer“, der zwar hübsch aussieht, aber imho lediglich kopierte Szenen aus großartigen Filmen lediglich neu zu einem etwas verkopften Film zusammensetzt. „The Strange Colour of Your Body’s Tear“ ist der Kunstanspruch zwar immer noch mindestens genauso hoch und die Musik noch immer aus Siebzigerjahre-Filmen, aber der Inhalt ist ein einziger verstörender, fiebriger, halluzinogener und vor allem ziemlich einzigartiger Trip in dunkle Korridore und Seelenwelten. Das mysteriöse Verschwinden einer Frau während einer Geschäftsreise in einem mehr alten Jugendstil-Haus ist der Aufhänger für einen rasanten Trip auf einer gigantischen Bilderflut-Welle, das auch mit optischen Spielerein nicht spart und vom Zuschauer wohl wahlweise faszinierend oder anstrengend empfunden wird. Ich gehörte da eindeutig zur ersten Fraktion und war zeitweise ziemlich geplättet, auch wenn der Film wirklich nicht einfach zu konsumieren ist, keine Rücksicht auf Mainstream-Konsumenten nimmt und das Verstehen der vertrackt erzählten Geschichte, die fortlaufend vertrackter, konfuser und bizarrer wird, sicherlich hier nicht an erster Stelle steht. Die Location ist schlichtweg der Hammer, die Musik sehr passend gewählt und auch sonst kann sich der Zuschauer mit farbintensiven und Kaleidoskop-artigen Bildern, Splitscreen-Technik und einem enervierenden Sounddesign und jeder Menge rotem Lebenssaft nach Lust und Laune für knapp 95 Minuten auf die denkbar schönste Weise herausfordern und verstören lassen.
PS: die englische DVD bietet ein schönes Bild, jedoch englische Mini-Untertitel zum dreisprachigen Originalfassung, die noch dazu auch eher sehr kurz eingeblendet werden. Dafür gibts die mittlerweile schon recht günstig und auf Deutsch soll der wohl von den Köchen kommen.
PS: die englische DVD bietet ein schönes Bild, jedoch englische Mini-Untertitel zum dreisprachigen Originalfassung, die noch dazu auch eher sehr kurz eingeblendet werden. Dafür gibts die mittlerweile schon recht günstig und auf Deutsch soll der wohl von den Köchen kommen.
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Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
hui! Das klingt ja ganz großartigjogiwan hat geschrieben:Ich bin ja bekanntermaßen kein großer Freund von „Amer“, der zwar hübsch aussieht, aber imho lediglich kopierte Szenen aus großartigen Filmen lediglich neu zu einem etwas verkopften Film zusammensetzt. „The Strange Colour of Your Body’s Tear“ ist der Kunstanspruch zwar immer noch mindestens genauso hoch und die Musik noch immer aus Siebzigerjahre-Filmen, aber der Inhalt ist ein einziger verstörender, fiebriger, halluzinogener und vor allem ziemlich einzigartiger Trip in dunkle Korridore und Seelenwelten. Das mysteriöse Verschwinden einer Frau während einer Geschäftsreise in einem mehr alten Jugendstil-Haus ist der Aufhänger für einen rasanten Trip auf einer gigantischen Bilderflut-Welle, das auch mit optischen Spielerein nicht spart und vom Zuschauer wohl wahlweise faszinierend oder anstrengend empfunden wird. Ich gehörte da eindeutig zur ersten Fraktion und war zeitweise ziemlich geplättet, auch wenn der Film wirklich nicht einfach zu konsumieren ist, keine Rücksicht auf Mainstream-Konsumenten nimmt und das Verstehen der vertrackt erzählten Geschichte, die fortlaufend vertrackter, konfuser und bizarrer wird, sicherlich hier nicht an erster Stelle steht. Die Location ist schlichtweg der Hammer, die Musik sehr passend gewählt und auch sonst kann sich der Zuschauer mit farbintensiven und Kaleidoskop-artigen Bildern, Splitscreen-Technik und einem enervierenden Sounddesign und jeder Menge rotem Lebenssaft nach Lust und Laune für knapp 95 Minuten auf die denkbar schönste Weise herausfordern und verstören lassen.
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
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Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
Jepp, soll er. Ich bin gespannt drauf, genau wie auf "Amer", da ich beide noch nicht gesehen habe. Klingt jedenfalls gut, danke fürs Review.jogiwan hat geschrieben:PS: die englische DVD bietet ein schönes Bild, jedoch englische Mini-Untertitel zum dreisprachigen Originalfassung, die noch dazu auch eher sehr kurz eingeblendet werden. Dafür gibts die mittlerweile schon recht günstig und auf Deutsch soll der wohl von den Köchen kommen.
- Nello Pazzafini
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Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
Hm, ich weiss nicht ich weiss nicht. Irgendwie ist der film zwiespältig, einerseits bildgewaltig mit einer grandiosen location und einer Unmenge an Giallo Verbeugungen, Handschuhe & blitzende Meser noch & nöcher, Nahaufnahmen von Augen und Münder, attraktiven Frauen, beeindruckender Schnitt (mir fast ein bisserl zuviel) sowie unterlegt von einem Italo Komponisten Best of (Ortolani, Nicolai, Morricone, Fidenco, De Angelis) also alles da und eine moderne Verbeugung vor den grossen italienischen Meisterwerken.
Ehrlich gesagt hackt es für mich aber an der Erzählung der Geschichte - nicht nur das sie dürftig ist, sie ist auch äusserst kompliziert dargebracht, sicher auch mit Absicht. Nicht das ich einer bin der nur gute und sinnige Geschichten akzeptiert und auch schlüssige Enden finde ich überbewertet, aber nach einer gewissen Laufdauer war mir das einfach zu aufgesetzt und auch langwierig.
Hier hat sich wer exzessiv ausgelebt ohne Rücksicht auf Verluste was ich an und für sich gut finde aber irgendwie etwas zuviel oder auch zu lang. Da muss man in der Stimmung sein sonst wird man "überfordert" oder nach bestimmter Laufdauer auch gelangweilt.
Obwohl die wunderbaren scores perfekt eingesetzt wurden finde ich es nicht gut sein eigenes werk aufzupeppen und "besser" zu machen mit vorhandenen Klassiker - die sollen dort bleiben wo sie hingehören und das stört mich auch bei Tarantino (bei dem stört mich mehr). Da lobe ich mir Berberian Soundstudio - moderner Künstler mit einem score der aus den 70ern sein könnte.
Gucken sollten man das werk, im Kino oder unabgelenkt zu Hause und sich einlassen darauf, auf eine Giallo Bildonanie sondergleichen.
Ehrlich gesagt hackt es für mich aber an der Erzählung der Geschichte - nicht nur das sie dürftig ist, sie ist auch äusserst kompliziert dargebracht, sicher auch mit Absicht. Nicht das ich einer bin der nur gute und sinnige Geschichten akzeptiert und auch schlüssige Enden finde ich überbewertet, aber nach einer gewissen Laufdauer war mir das einfach zu aufgesetzt und auch langwierig.
Hier hat sich wer exzessiv ausgelebt ohne Rücksicht auf Verluste was ich an und für sich gut finde aber irgendwie etwas zuviel oder auch zu lang. Da muss man in der Stimmung sein sonst wird man "überfordert" oder nach bestimmter Laufdauer auch gelangweilt.
Obwohl die wunderbaren scores perfekt eingesetzt wurden finde ich es nicht gut sein eigenes werk aufzupeppen und "besser" zu machen mit vorhandenen Klassiker - die sollen dort bleiben wo sie hingehören und das stört mich auch bei Tarantino (bei dem stört mich mehr). Da lobe ich mir Berberian Soundstudio - moderner Künstler mit einem score der aus den 70ern sein könnte.
Gucken sollten man das werk, im Kino oder unabgelenkt zu Hause und sich einlassen darauf, auf eine Giallo Bildonanie sondergleichen.
- buxtebrawler
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Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
Erscheint voraussichtlich am 29.01.2015 als "Der Tod weint rote Tränen" bei Koch Media auf Blu-ray und DVD:
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
Als erstes muss ich sagen ich finde den Film auch um Längen besser als AMER dem ich nicht viel abgewinnen konnte.
Ich kann sowohl Jogis als auch Nellos Sichtweise verstehen, kommt wohl auf die Stimmung an in der man gerade ist.
Gestern hat er mich wohl in der gerade richtigen erwischt.
Ich war stellenweise echt richtig geflasht von dieser absolut atemberaubenden Optik, was ein Rausch, stellenweise hatte es schwer was von Lynch.
Die Lokation war der absolute Traum, hat zufällig jemand Ahnung wo das gedreht wurde?
Wie dem auch sei, am Ende stand für mich jedenfalls die Frage, was wollte uns der Regisseur jetzt eigentlich damit sagen...?
Ich hätte mir eine Auflösung gewünscht, trotzdem hat der Streifen was Gewaltiges, was in einer anderen Stimmung auch to much sein kann und dann anstrengend wird.
7/10
Ich kann sowohl Jogis als auch Nellos Sichtweise verstehen, kommt wohl auf die Stimmung an in der man gerade ist.
Gestern hat er mich wohl in der gerade richtigen erwischt.
Ich war stellenweise echt richtig geflasht von dieser absolut atemberaubenden Optik, was ein Rausch, stellenweise hatte es schwer was von Lynch.
Die Lokation war der absolute Traum, hat zufällig jemand Ahnung wo das gedreht wurde?
Wie dem auch sei, am Ende stand für mich jedenfalls die Frage, was wollte uns der Regisseur jetzt eigentlich damit sagen...?
Ich hätte mir eine Auflösung gewünscht, trotzdem hat der Streifen was Gewaltiges, was in einer anderen Stimmung auch to much sein kann und dann anstrengend wird.
7/10
- Salvatore Baccaro
- Beiträge: 3070
- Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10
Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
Die seltsame Farbe Deines Körpers Tränen. Damit meinen Hélène Cattet und Bruno Forzani in ihrem zweiten Spielfilm natürlich nichts anderes als das Blut, das ihren Protagonisten in den erdenklichsten und unerdenklichsten Szenarien auf die vorstellbarste und unvorstellbarste Art und Weise abgezapft wird. Zugleich weist der, je nach Standpunkt, sperrige und/oder poetische Titel auf das filmische Verfahren hin, das schon ihr Langfilmdebut AMER dominiert hat. Ganz in surrealistischem Sinne werden Dinge, Menschen, Versatzstücke von was auch immer in einer Weise neu miteinander kombiniert, die vor allem hübsch anzuschauen ist und, falls überhaupt, erst auf den zweiten – oder dritten – Blick vom Zuschauer verlangt, dass er irgendeine klar verständliche Botschaft oder kohärente Geschichte aus ihr extrahiert. Seltsame Farben. Dein Körper. Seine Tränen. Das sind drei Schlagworte, die einander nicht unbedingt bedingen, und zusammenmontiert doch ihren (sprachlichen) Reiz haben. Im Chor klingen sie besser als das schnöde Substantiv Blut. Cattet und Forzani codieren, verschlüsseln bis zu dem Punkt, wo Code und Schlüssel wichtiger werden als das, wozu sie ursprünglich einen Zugang hatten schaffen sollen.
Dabei scheint L’ÉTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS einer narrativen Struktur zunächst wesentlich stärker verpflichtet zu sein als das bei AMER der Fall gewesen ist. Letzterer reihte, wie man weiß, kaleidoskopartig drei Episoden aus dem Leben der Protagonisten Anna aneinander. Ein traumhaftes Erlebnis in ihrer Kindheit, das mit dem Tod ihres Großvaters, einer mysteriösen Uhr und ihrer Erstmenstruation zusammenhängt. Ein sonnendurchflutetes Erlebnis in ihrer Teenagerzeit, bei dem sie von ihrer Mutter recht brüsk in die Schranken ihrer Sexualität verwiesen wird. Ein gewalttätiges Erlebnis ihres Erwachsenendaseins, als sie ihr inzwischen leerstehendes Geburtshaus wiedersieht und mitten hinein in ein gialloeskes Blutbad stolpert. Dass AMER keine normale Geschichte erzählen, sondern vielmehr die Geschichte von Annas Sexualität in genrekonforme Bilder packen möchte, dürfte spätestens dann klar sein, wenn die erste Episode und die zweite sich nicht zwangsläufig aufeinander aufbauen, sondern eher wie zwei eigenständige Kurzfilme wirken, die mehr oder minder zufällig ineinander übergehen. AMER braucht jedoch nicht nur, weil seine Bilder so stark sind, gar keine Geschichte, um zu funktionieren. Das, was Anna begegnet, dürfte so ziemlich jedem Betrachter vertraut sein. Jeder hatte irgendwann seine erste Monatsblutung respektive seinen ersten nächtlichen Samenerguss. Jeder hat irgendwann einmal mit seiner Sexualität und mit seinen Eltern gehadert. Sicher, die wenigsten von uns dürften jemals von einem schwarzbehandschuhten Killer gehetzt worden sein, doch sollte man AMERs Szenarien sowieso nicht allzu wörtlich nehmen. Der Killer selbst ist ebenfalls nur wieder ein Symbol – sei es nun für die unterdrückte dunkle Seite von Annas Sexualität oder die in die Außenwelt projizierten negativen Gefühle, die ihr ihre Mutter einpflanzte -, für was auch immer. AMER ist prädestiniert dafür, auf der Couch eines Psychoanalytikers Platz zu nehmen. Freud und Lacan hätten ihre wahre Freude an ihm gehabt.
L’ÈTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS setzt demgegenüber auf weniger Archetypisches. Wie gesagt, zunächst wirkt es, als ob Frau Cattet und Herr Forzani uns etwas erzählen wollen. Ein Mann, Michael, kehrt von einer langen Reise zurück. Von seiner Liebsten, Edwige, fehlt in der gemeinsamen Wohnung jede Spur. Er begibt sich auf die Suche nach ihr, und zwar innerhalb der Grenzen seines Wohnhauses. Dieses gleicht einem wahren Labyrinth. Hinter jeder Wohnungstür wartet eine andere bizarre Episode darauf, betrachtet zu werden. Spätestens nach einer Viertelstunde ist klar: auch Cattets und Forzanis Zweitling ist ein Film für die Augen, nicht für den Verstand. L’ÈTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS sieht erwartungsgemäß phänomenal aus. Er wirkt wie ein Kompendium all der kreativen Einfälle, die das Regie-Duo in den letzten Jahren bereits in AMER oder ihren zahlreichen Kurzfilmen verarbeitet haben, und ergänzt diese durch neue. Kaum eine Szene gehorcht einer vertrauten Konvention. Das, was Regisseure wie Dario Argento, Mario Bava, Lucio Fulci im italienischen Genrekino bereits verwirklichten, wird hier bis zur Spitze und weit darüber hinaus getrieben. Beides, das rauschhafte Feiern des Styles über die Substanz, sowie die einen zuweilen nahezu erschlagende Überdosis an farbenfroher, tollwütiger Ästhetik ist sowohl Segen als auch Fluch des Films.
Was AMER schon mehr als zaghaft angedeutet hat, wird in L’ÈTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS, je nach Rezipient, zur Geduldsprobe oder zum ultimativen Trip ohne Drogenzusatz. Während AMER gerne und häufig durch seine inflationären Detailaufnahmen und bewusst ungewöhnliche Schnitt- und Montagetechniken Verwirrung stiftet, hat er doch durch die Konzentration auf Hauptfigur Anna sowas wie einen roten Faden, den man so gut wie nie aus den Augen verliert. Dieser fehlt Cattets und Forzanis Körpertränenfarbenstudie. Obwohl Michael auch so etwas wie eine Hauptfigur ist, geht sein Identifikationspotential schnell in den hoch und höher schlagenden visuellen Wellen unter. Cattet und Forzani schießen sich erneut ein auf endlose Großaufnahmen, zusätzlich bringen sie die Chronologie der Ereignisse durcheinander, wechseln, meine ich, zwischen mehreren Traum- bzw. Realitätsebenen, verwischen Grenzen von Zeit, Raum und manchmal sogar Personen. Zugegeben: ich habe ab etwa der zwanzigsten Minuten kaum noch verstanden, worum es hier eigentlich gehen soll. Haben Cattet und Forzani somit vorgehabt, mir irgendetwas verständlich zu machen, sind sie gnadenlos gescheitert. Wollten sie mir einfach nur ihr Können darin beweisen, ein optisches Feuerwerk nach dem andern abzufackeln, hätten sie erfolgreicher nicht sein können.
L’ÈTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS funktioniert als Experimentalkino, das nur zeigen, nichts sagen möchte. Wohl kaum eine cineastische Verfremdungsmöglichkeit bleibt unangetastet in ihm. Man kann ihn fasziniert anstarren, sich berauschen oder entführen lassen in Bewusstseinsregionen, die man normalerweise nicht über eine Leinwand betritt. L’ÉTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS funktioniert definitiv nicht als Spielfilm, der unterhalten soll, der einen inhaltlich fesselt, der einem irgendwelche Aufschlüsse über die eigene bekannte sogenannte Realität gibt. Er wirkt wie eine Zusammenführung verschiedener Kurzfilme, die letztlich bloß eint, dass sie allesamt dem gleichen durchgeknallten Konzept folgen, und kann deshalb, über eine Laufzeit von weit über eineinhalb Stunden hinweg, sein Publikum, in der falschen Stimmung erwischt, wohl schneller ermüden als ihm lieb ist.
Dabei scheint L’ÉTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS einer narrativen Struktur zunächst wesentlich stärker verpflichtet zu sein als das bei AMER der Fall gewesen ist. Letzterer reihte, wie man weiß, kaleidoskopartig drei Episoden aus dem Leben der Protagonisten Anna aneinander. Ein traumhaftes Erlebnis in ihrer Kindheit, das mit dem Tod ihres Großvaters, einer mysteriösen Uhr und ihrer Erstmenstruation zusammenhängt. Ein sonnendurchflutetes Erlebnis in ihrer Teenagerzeit, bei dem sie von ihrer Mutter recht brüsk in die Schranken ihrer Sexualität verwiesen wird. Ein gewalttätiges Erlebnis ihres Erwachsenendaseins, als sie ihr inzwischen leerstehendes Geburtshaus wiedersieht und mitten hinein in ein gialloeskes Blutbad stolpert. Dass AMER keine normale Geschichte erzählen, sondern vielmehr die Geschichte von Annas Sexualität in genrekonforme Bilder packen möchte, dürfte spätestens dann klar sein, wenn die erste Episode und die zweite sich nicht zwangsläufig aufeinander aufbauen, sondern eher wie zwei eigenständige Kurzfilme wirken, die mehr oder minder zufällig ineinander übergehen. AMER braucht jedoch nicht nur, weil seine Bilder so stark sind, gar keine Geschichte, um zu funktionieren. Das, was Anna begegnet, dürfte so ziemlich jedem Betrachter vertraut sein. Jeder hatte irgendwann seine erste Monatsblutung respektive seinen ersten nächtlichen Samenerguss. Jeder hat irgendwann einmal mit seiner Sexualität und mit seinen Eltern gehadert. Sicher, die wenigsten von uns dürften jemals von einem schwarzbehandschuhten Killer gehetzt worden sein, doch sollte man AMERs Szenarien sowieso nicht allzu wörtlich nehmen. Der Killer selbst ist ebenfalls nur wieder ein Symbol – sei es nun für die unterdrückte dunkle Seite von Annas Sexualität oder die in die Außenwelt projizierten negativen Gefühle, die ihr ihre Mutter einpflanzte -, für was auch immer. AMER ist prädestiniert dafür, auf der Couch eines Psychoanalytikers Platz zu nehmen. Freud und Lacan hätten ihre wahre Freude an ihm gehabt.
L’ÈTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS setzt demgegenüber auf weniger Archetypisches. Wie gesagt, zunächst wirkt es, als ob Frau Cattet und Herr Forzani uns etwas erzählen wollen. Ein Mann, Michael, kehrt von einer langen Reise zurück. Von seiner Liebsten, Edwige, fehlt in der gemeinsamen Wohnung jede Spur. Er begibt sich auf die Suche nach ihr, und zwar innerhalb der Grenzen seines Wohnhauses. Dieses gleicht einem wahren Labyrinth. Hinter jeder Wohnungstür wartet eine andere bizarre Episode darauf, betrachtet zu werden. Spätestens nach einer Viertelstunde ist klar: auch Cattets und Forzanis Zweitling ist ein Film für die Augen, nicht für den Verstand. L’ÈTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS sieht erwartungsgemäß phänomenal aus. Er wirkt wie ein Kompendium all der kreativen Einfälle, die das Regie-Duo in den letzten Jahren bereits in AMER oder ihren zahlreichen Kurzfilmen verarbeitet haben, und ergänzt diese durch neue. Kaum eine Szene gehorcht einer vertrauten Konvention. Das, was Regisseure wie Dario Argento, Mario Bava, Lucio Fulci im italienischen Genrekino bereits verwirklichten, wird hier bis zur Spitze und weit darüber hinaus getrieben. Beides, das rauschhafte Feiern des Styles über die Substanz, sowie die einen zuweilen nahezu erschlagende Überdosis an farbenfroher, tollwütiger Ästhetik ist sowohl Segen als auch Fluch des Films.
Was AMER schon mehr als zaghaft angedeutet hat, wird in L’ÈTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS, je nach Rezipient, zur Geduldsprobe oder zum ultimativen Trip ohne Drogenzusatz. Während AMER gerne und häufig durch seine inflationären Detailaufnahmen und bewusst ungewöhnliche Schnitt- und Montagetechniken Verwirrung stiftet, hat er doch durch die Konzentration auf Hauptfigur Anna sowas wie einen roten Faden, den man so gut wie nie aus den Augen verliert. Dieser fehlt Cattets und Forzanis Körpertränenfarbenstudie. Obwohl Michael auch so etwas wie eine Hauptfigur ist, geht sein Identifikationspotential schnell in den hoch und höher schlagenden visuellen Wellen unter. Cattet und Forzani schießen sich erneut ein auf endlose Großaufnahmen, zusätzlich bringen sie die Chronologie der Ereignisse durcheinander, wechseln, meine ich, zwischen mehreren Traum- bzw. Realitätsebenen, verwischen Grenzen von Zeit, Raum und manchmal sogar Personen. Zugegeben: ich habe ab etwa der zwanzigsten Minuten kaum noch verstanden, worum es hier eigentlich gehen soll. Haben Cattet und Forzani somit vorgehabt, mir irgendetwas verständlich zu machen, sind sie gnadenlos gescheitert. Wollten sie mir einfach nur ihr Können darin beweisen, ein optisches Feuerwerk nach dem andern abzufackeln, hätten sie erfolgreicher nicht sein können.
L’ÈTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS funktioniert als Experimentalkino, das nur zeigen, nichts sagen möchte. Wohl kaum eine cineastische Verfremdungsmöglichkeit bleibt unangetastet in ihm. Man kann ihn fasziniert anstarren, sich berauschen oder entführen lassen in Bewusstseinsregionen, die man normalerweise nicht über eine Leinwand betritt. L’ÉTRANGE COULEUR DES LARMES DE TON CORPS funktioniert definitiv nicht als Spielfilm, der unterhalten soll, der einen inhaltlich fesselt, der einem irgendwelche Aufschlüsse über die eigene bekannte sogenannte Realität gibt. Er wirkt wie eine Zusammenführung verschiedener Kurzfilme, die letztlich bloß eint, dass sie allesamt dem gleichen durchgeknallten Konzept folgen, und kann deshalb, über eine Laufzeit von weit über eineinhalb Stunden hinweg, sein Publikum, in der falschen Stimmung erwischt, wohl schneller ermüden als ihm lieb ist.
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Re: The Strange Colour Of Your Body's Tears - Cattet, Forzani
Freitag, den 11. bei weird xperience im Lagerhaus Etage 3
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jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.