Isle of the Damned - Mark Colegrove
Verfasst: Di 5. Jul 2011, 20:12
Alternativtitel: Cannibal Island Holocaust, Island of the Damned, u.a.
Land: USA
Jahr: 2008
Regie: Antonello Giallo Mark Colegrove
Darsteller: Larry Hamber, Peter Crates, Patrician Rosa, Keith Tveit Langsdorf,…
Inhalt: Wer kennt ihn nicht, Antonello Giallo, der kontroverseste Regisseur aller Zeiten der sich für solche umstrittenen Meisterwerke wie „Pleasures of the Damned“ oder den legendären „Mutantis“ zu verantworten hat. In seinem wohl berühmtesten Werk „Isle of the Damned“ geht es um den skrupellosen Schatzsucher Harold Thompson der zusammen mit dem Abenteurer Jack Steele und dessen Adoptivsohn Billy auf eine entlegene Insel fährt um einen sagenumwobenen Schatz zu finden. Doch die Insel ist nicht unbewohnt, bald schon sehen sich die Helden mit einer Horde hungriger Kannibalen konfrontiert. Des weiteren stoßen sie auf den zivilisierten Inselbewohner Alexis Kincaid, der ihnen lehrt, wer hier eigentlich die wirklichen Wilden sind…
Kritik: Was an diesem Film besonders gefällt ist nicht der Film an sich sondern viel mehr das Drumherum. Die Macher um Regisseur Mark Colegrove erfanden den umstrittenen Filmemacher Antonello Giallo (ich frag mich ob der mit Luciano Italowestern verwandt ist) und dichteten ihm neben einer bedenklichen Biographie eine Filmographie voller abstoßender Schundfilme an.
Wie viele Italienische Regiegrößen fing Giallo beim Sandelenfilm an, bevor er sich nach einigen Pornos dem aufstrebenden Genre des Horrorfilmes zuwandte in welchem er seine abartigsten Fantasien ausleben konnte.
Der angeblich 1980 entstandene „Isle of the Damned“ brachte ihm dabei sogar eine Anklage ein, da die Gerüchte auftauchten, er hätte einige seiner Darsteller wirklich ermordet. (Get it, get it? ). Wie man hier schon sehen kann, wussten die Macher dieses Streifens über das Genre das sie parodierten, bestens bescheit. So haben wir im Film selbst auch duzende von Anspielungen auf diverse Kannibalen- oder andere Horrorfilme. (Er wurde beispielsweise produziert von Dino De Lantradis, get it, get it? )
Ein Beispiel für diese Anlehnungen an tatsächliche Kannibalenfilme sind auch die Archivaufnahmen wilder Tiere, welche sie mitten in die Handlung schneiden. Hier wirkt es aber noch unpassender als sonst und die Tiere sind sichtlich nicht in ihrer natürlichen Umgebung sondern im örtlichen Zoo aufgenommen worden.
Die nachgesagten Perversionen Giallos scheinen auch mehr als häufig durch. Um nur einiges zu nennen bekommen wir die obligatorischen Ausweidungen, das Verspeisen eines Fötus (nicht schon wieder ), eine der zeigefreudigsten Kastrationen der Filmgeschichte und einen Mann welcher von einem ganzen Stamm Eingeborener nacheinander vergewaltigt wird. Bei solchen Szenen vergeht einem jedoch nie das Lachen, da man die Filme, auf die angespielt wird, im Hinterkopf hat und den Dilettantismus mit dem sie hier umgesetzt werden (obwohl die Effekte für das geringe Budget recht ansehnlich sind) vergleichsweise lustig finden kann.
Die professionell wirkende Filmmusik gemahnt deutlich an „Nackt und Zerfleischt“ sowie an „Die Rache der Cannibalen“ (besonders das fetzige Titelthema). (Nett, das bei der DVD auch eine CD mit dem Soundtrack dabei war, höre ihn schon den ganzen Abend. )
Anfangs störten mich noch Kleinigkeiten an den Kostümen. So sind Bärte sichtlich aufgeklebt, Perücken von Wischmoppqualität und der Kapitän eines neumodischen Segelbootes ist angezogen wie ein Pirat komplett mit Augenklappe. Dies alles wirkt recht verfehlt, da sich die Filmemacher sonst sehr viel Mühe gaben das Feeling eines 80er-Jahre-Filmes zu erzeugen. So kreierten sie einen für diese Zeit typischen Vorspann und ließen die Bildqualität absichtlich etwas schlechter erscheinen.
Man könnte nun argumentieren, dass man die schlechten Kostüme braucht, damit der Film nicht zu ernst wird, hierfür ist aber durch das Over-Acting der Darsteller ausreichend gesorgt. Durch dieses und natürlich durch die stark überzeichneten Charaktere, welche sich aus verschiedenen Stereotypen zusammensetzen.
Da haben wir zunächst Jack Steele, der seinem Namen alle Ehre macht; immer lässig, immer cool, stets mit Sonnenbrille zu sehen und über einen 80er-Jogibart verfügend. Im Englischen hat man ihm zusätzlich noch eine unsagbar tiefe männliche Stimme verpasst.
Als Gegenpol zu diesem Archetyp der Heterosexualität haben wir seinen sexuell stark verwirrten Adoptivsohn Billy. Billy sieht aus wie Ilja Richter, nur mit Propellermütze und Regenbogenhosenträger, verhält sich wie Ilja Richter, wenn er einen Schwulen parodieren würde und spricht wie Ilja Richter nur noch ein wenig höher.
Harold Thompson ist so ein richtig fieser Mistkerl, den wir mit Freuden hassen. Ein ekelhafter geiziger pädophilier Mörder und Vergewaltiger, welcher Figuren wie Alan Yates oder Mike Logan („Die Rache der Kannibalen“) wie rationale und vernünftige Menschen wirken lässt.
Und zu guter letzt noch meine absolute Lieblingsfigur Alexis Kincaid, welcher früher selbst ein geldgieriger Schatzsucher war, durch das Leid, das er über die anfangs friedlichen Eingeborenen gebracht hat aber geläutert wurde und nun einen Monolog nach dem anderen hält, welche alle nur längere Ausformulierungen des Schlusssatzes Monroes aus „Nackt und Zerfleischt“ sind.
Diese Figuren haben wir schon dutzendweise in anderen Filmen gesehen und eben in den Ausschlachten und Überzeichnen dieser Stereotypen liegt ein Teil des Reizes von „Isle of the Damned“.
Der restliche Reiz liegt, wie schon angedeutet, in der Liebe der Filmemacher zu ihrem Genre. Mit Raffinesse lassen sie duzende von Gags einfließen, die niemand verstehen würde, der sich nicht in der Welt des italienischen Exploitationkinos halbwegs auskennt.
Fazit: Mit einem eigens erfundenen Entstehungsmythos ausgestattete Persiflage italienischer Kannibalenfilme, die vielleicht den Grossteil der Menschheit kalt lassen würde, für Fans des Genres aber eine Freude sondergleichen ist. Daher verzichte ich auf meine übliche objektive Bewertung und vergebe rein subjektive Unterhaltungspunkte. In diesem Sinne
9/10 (wären 10/10, wenn ihr den einen Typen nicht wie einen Piraten angezogen hättet )