Es ist schwer, ein Gott zu sein - Aleksei German (2013)

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Es ist schwer, ein Gott zu sein - Aleksei German (2013)

Beitrag von jogiwan »

Es ist schwer, ein Gott zu sein

Bild

Originaltitel: Trudno byt bogom

Herstellungsland: Russland / 2013

Regie: Aleksei German

Darsteller: Leonid Yarmolnik, Dmitriy Vladimirov, Laura Lauri, Aleksandr Ilin

Story:

Eine Gruppe Historiker wurde auf einen fremden Planeten entsandt, der der Erde in seiner Entwicklung um 800 Jahre hinterher ist. In der Hoffnung, in dieser mittelalterlichen Zivilisation die Geburt einer Renaissance hautnah miterleben zu können, mischen sich die Forscher unbemerkt als adlige Nachkommen lokaler Gottheiten unters Volk, um die dortigen Ereignisse aufzuzeichnen und zur Erde zu übertragen. Ihre oberste Direktive dabei lautet: Bleibe unerkannt und neutral, greife niemals in das Geschehen ein und töte unter keinen Umständen einen Planetenbewohner. So weit, so gut. Doch als in der Stadt Arkanar graue Truppen plötzlich ein blutiges Pogrom gegen Gelehrte und Bücherfreunde starten, nimmt die Geschichte mit einem Mal einen völlig unerwarteten Verlauf. Don Rumata, der vor Ort das Treiben hautnah miterlebt, fällt es dabei zunehmend schwerer, dem brutalen Gemetzel einfach nur tatenlos zuzusehen. Doch was tun als ein Gott, dem die Hände gebunden sind? (quelle: http://www.schwergottzusein.de)
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jogiwan
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Re: Es ist schwer, ein Gott zu sein - Aleksei German (2013)

Beitrag von jogiwan »

Läuft ja ab morgen in ausgewählten, deutschen Kinos und Bildstörung wird ja auch nicht müde zu betonen, wie toll, bahnbrechend, kompromißlos und verstörend das Werk des kürzlich verstorbenen Regisseurs sein soll. Schön auch, dass ein derartes Werk auch den Weg in die Kinos bzw auf die große Leinwand findet.
hat geschrieben: Wir laden euch ein, mit uns die Geburtsstunde eines Meisterwerks zu erleben, dessen ganze filmgeschichtliche Bedeutung, wie manche bereits munkeln, man wohl erst in 20 oder 30 Jahren abschätzen können dürfte.
Termine gibts ja hier: http://www.schwergottzusein.de/
hat geschrieben: Spieltermine
Zusammen mit Drop Out Cinema bringen wir „Es ist schwer, ein Gott zu sein“ ab dem 3.9. ins Kino!

Die aktuellen Kinotermine:
ab 03.09.2015 Kiel – Kino in der Pumpe (3.9. bis 6.9.)
ab 03.09.2015 Berlin – Brotfabrik (täglich 3.9 bis 16.9.)
ab 03.09.2015 Köln – Filmhauskino (3.9/5.9./7.9./8.9.)
ab 03.09.2015 Essen – Galerie Cinema (3.9.bis 9.9.)
ab 03.09.2015 Dresden – KIF (3.9./6.9./7.9/8.9.)
ab 03.09.2015 Magdeburg – Moritzhof (3.9./4.9./14.9.)
ab 03.09.2015 Karlsruhe – Kinemathek (3.9./4.9./6.9.)
ab 04.09.2015 Mainz – Palatin (4.9./6.9./8.9.)
ab 04.09.2015 Rostock – Lichtspieltheater Wundervoll (4.9./5.9./12.9.)
ab 04.09.2015 Berlin – B-Ware Ladenkino (4.9/5.9.)
ab 06.09.2015 Aachen – Apollo (6.9. bis 7.9.)
ab 07.09.2015 Frankfurt – Orfeos Erben (7.9. bis 9.9.)
ab 07.09.2015 Berlin – FilmRauschPalast (7.9. bis 9.9.)
ab 08.09.2015 Berlin – Z-inema (nur am 8.9.)
ab 10.09.2015 Berlin – Kino Zukunft am Ostkreuz
ab 10.09.2015 Mönchengladbach – Comet Cine Center
ab 10.09.2015 Nürnberg – Casablanca
ab 11.09.2015 Leipzig – Schaubühne (11.9. bis 13.9.)
ab 12.09.2015 Hamburg – 3001 Kino (12.9./13.9./16.9.)
ab 16.09.2015 Stuttgart – EM2 der Innenstadtkinos (nur am 16.9.)
ab 16.09.2015 Regensburg – Andreasstadel (16.8.-18.9.)
ab 17.09.2015 Berlin – Kino Krokodil
ab 17.09.2015 Saarbrücken – Filmhaus (17.9 bis 23.9.)
ab 19.09.2015 Weiterstadt – Kommunales Kino (nur am 19.9.)
ab 24.09.2015 Mannheim – Cinema Quadrat (24.9. + 25.9.)
ab 24.09.2015 Bamberg – Lichtspiel (24.9. bis 26.9. + 30.9)
ab 27.09.2015 Pforzheim – Kommunales Kino (nur am 27.9.)
am 25.10.2015 Potsdam – Thalia

demnächst Dortmund – Roxy Kino
demnächst Hannover – Kino im Künstlerhaus
demnächst Krefeld – Casablanca

Wir hoffen das noch mehr Kinos den Mut haben den Film zu zeigen.
Die aktuellsten Daten dazu finden sich bei Drop Out Cinema:
http://www.dropoutcinema.org/archive/mo ... t-zu-sein/
Leider hab ich bisland nur verhaltene oder eher negative Kritiken zu lesen und da ist es auch wenig tröstlich, dass man den Kultcharakter dieses Werks wohl erst in einigen Jahrzehnten zu schätzen wissen wird...
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MMeXX
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Re: Es ist schwer, ein Gott zu sein - Aleksei German (2013)

Beitrag von MMeXX »

Ich hatte ihn Anfang des Monats gesehen:

Kinoerlebnis des Jahres. Und vielleicht auch überhaupt. Kino für die Sinne, so viel Gestank hat die Leinwand wohl selten verströmt.

Im Idealfall geht man bei strömendem Regen durch eine große Schlammpfütze zum Kino, um diesen Film zu sehen.

Die Sets, die Masken, die Kostüme sind wahrlich wie von einem anderen Stern. Die Handlung ...gibt es auch irgendwie. Wer die Vorlage der Strugatzkis gelesen hat, kann sich ein paar der Figuren besser zurechtrücken und einordnen.

Wer sich bei anderen Filmen manchmal wünscht, er würde gerne mehr von der gezeigten Welt erfahren/mehr Zeit dort verbringen, für den könnte dieser Film das Paradies sein (oder die Hölle).

Bei uns ist gerade ein schöner Herbststurm. Ich muss jetzt raus und in eine moddrige Baugrube hüpfen.
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buxtebrawler
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Re: Es ist schwer, ein Gott zu sein - Aleksei German (2013)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 27.11.2015 bei Bildstörung auf Blu-ray:

Bild

Extras:
Umfangreiches Booklet und Bonus-DVD - Inhalt:
- Mehrere Interviews (u.a. mit Aleksei German Jr., dem Sohn des Regisseurs)
- Mehrere Dokumentarfilme (u.a. "Jenseits der Kamera")
- "Die Geschichte des Arkanar-Massakers"

Quelle: http://www.ofdb.de/view.php?page=fassun ... &vid=66703
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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Re: Es ist schwer, ein Gott zu sein - Aleksei German (2013)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 01.12.2017 bei Bildstörung noch einmal auf Blu-ray und DVD:

Bild Bild
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
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Arkadin
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Re: Es ist schwer, ein Gott zu sein - Aleksei German (2013)

Beitrag von Arkadin »

Der Planet Arkanar ähnelt der Erde in der Zeit vor 800 Jahren. In der Erwartung, hier die Geburt einer Renaissance mitzuerleben, wird von der Erde eine Gruppe Wissenschaftler nach Arkanar geschickt. Sie geben sich als adlige Nachkommen lokaler Gottheiten aus und leben unerkannt unter den Einwohnern Arkanars. Ihre Aufgabe ist es, die dortige Entwicklung aufzuzeichnen und ihre Berichte zur Erde zu übertragen. Dabei dürfen sie aber niemals in das Geschehen eingreifen, sondern müssen unter allen Umständen passive Beobachter bleiben. Doch es kommt anders als gedacht. Die Mitglieder der Universität werden ermordet, die Renaissance findet nicht statt. Stattdessen werden die Bücherfreunde und Intellektuellen von den grauen Truppen verfolgt und niedergemetzelt. Dem als Don Rumata getarnten Wissenschaftler Anton (Leonid Yarmolnik) fällt es unter diesen Umständen immer schwerer, seine Neutralität zu wahren…

„Es ist schwer ein Gott zu sein“ gehört zu jenen Filmen, die einen erst einmal sprachlos, ja sprach-unfähig machen. Was soll man schreiben, wenn der Kopf noch vollgestopft ist mit Bildern, sich der Körper gerädert anfühlt und man nicht sagen kann, ob das Grummeln im Bauch nun die Begeisterung und das Unwohlsein ist. Aleksei German hat mit seinem letzten Film ein Monster geschaffen und wenn man prosaisch sein möchte – und sich ein wenig die Tatsachen zurechtbiegt – könnte man behaupten, es wäre ein Monster, welches ihn schließlich umgebracht hat. Seit dem Ende der 60er Jahre hatte German vor, die Geschichte der beiden russischen Science-Fiction-Autoren Arkadi und Boris Strugatzki zu verfilmen. Er hat dann in den 70ern und 80ern immer wieder neue Anläufe genommen, und immer wieder schien das Projekt kurz vor dem Beginn zu stehen, bis dann das Schicksal oder die Weltpolitik zuschlugen und die Pläne zunichte machten. Einmal war er sogar drauf und dran, Peter Fleischmann bei dessen Version der Geschichte abzulösen. Dann war es endlich soweit und wider allen Erwartungen konnte German mit der Verfilmung beginnen. Am Ende sollte es 7 lange Jahre dauern, bis die Arbeiten an dem Film abgeschlossen waren. German selber erlebte die Fertigstellung seines Filmes, die dann sein Ehefrau Svetlana Karmalita und sein Sohn Aleksei German Jr., übernahmen, nicht mehr. Er starb am 21. Februar 2013, nur knapp neun Monate vor der Weltpremiere seines Film auf dem Filmfestival in Rom.

Für den Zuschauer ist „Es ist schwer ein Gott zu sein“ kein einfacher Film, aber ein intensives Erlebnis. Drei stunden lang wartet man durch Dreck, Schleim, Blut und Scheiße. German hat eine Welt entworfen, die einerseits natürlich an das Mittelalter und die Darstellungen eines Pieter Breugel, dem Jüngeren oder Hieronymus Bosch erinnern, andererseits dem modernen Menschen so fremd erscheint, als wäre er tatsächlich auf einem fernen Planeten. Die Akribie mit der German zu Werke geht, seinen Film bis ins kleinste Detail kontrolliert und dabei eine ebenso realistische, wie abstoßende Welt kreiert, ist bewundernswert. Schön ist es nicht, was wir sehen. Gleich in der ersten Szene streckt uns jemand den nackten Arsch entgegen und entleert seinen Darm. Es wird gerotzt, gekotzt, geschissen, geblutet. Eingeweide kullern zu Boden, schleimiges Blut wird sich ins Gesicht geschmiert, hab verdautes ausgespien. Man fragt sich unwillkürlich was gewesen wäre, hätte German seinen Film nicht in betörendem schwarz-weiß, sondern in Farbe gedreht. Hätte man das ausgehalten? Oder sind es gerade die wunderbaren monochromen Bilder, die einem den Boden unter den Füssen wegziehen?

Die Menschen sind hässlich, voller Defekte. Man riecht den Gestank dieser Welt förmlich, als ob er aus dem Bildschirm kriechen würde. Das Gewusel der Menschen macht einen schwindelig. Immer wieder schauen Gesichter direkt in die Kamera, als würde sie überrascht und skeptisch auf den Zuschauer ins einem gemütlichen Heim blicken. Dies hat einen merkwürdigen, unangenehmen Effekt. Man fühlt sich nicht sicher, hat den Verdacht, die Menschen auf der anderen Seite des Bildschirmes könnten einen sehen, wollten mit einem interagieren. Etwas, was man im Angesicht der hier gezeigten Greuel unter keinen Umständen möchte. German schenkt uns nichts. Diese Welt ist grausam. Hinter der nächsten Ecke könnte schon der tödlich Axthieb oder die einen durchbohrenden Pfeile lauern. Zwischen den Figuren gibt es keine positiven Gefühle. Allein unser „Held“ Don Rumata scheint so etwas wie Zuneigung empfinden zu können. Doch es ist für ihn keine Erleichterung, sondern eine Qual.

Man liest überall, dass German keine Geschichte erzählen würde. Tatsächlich ist es extrem schwer, der Handlung zu folgen und zu verstehen, was vor sich geht. Obwohl scheinbar Fans der Autoren Strugatzki dem Film attestieren, die Handlung des Romans gut – wenn oftmals auch nur durch die Kenntnis der Vorlage erkennbar – wiederzugeben. Es spielt aber auch keine Rolle, ob man eine klar strukturierte, einfach zu verstehende Geschichte hat oder nicht. So ist Germans Film auch gar nicht konzipiert. Er wirft ein gerade dadurch, dass man nicht auf Anhieb alles versteht in die Rolle, die die Besucher von der Erde einnehmen. Man ist hier fremd, man versteht nicht was vorgeht. Man ist verwirrt, versucht an dem Wenigen, was man hat, Halt zu finden. Man torkelt mehr durch den Film, als dass man schreitet. Man fühlt, schmeckt, riecht ihn. Germans Film wird häufig mit denen Andrei Tarkovskys, speziell „Andrej Rubljow“ verglichen. Dieser Vergleich ist nicht ganz von der Hand zu weisen, doch viel mehr noch erinnert er an den großen Ungarn Bela Tarr, der mit seinen Filmen ebenfalls eine merkwürdige, bekannte – aber doch auch verstörend andere Realität erschuf. Der sich ebenfalls viel Zeit nimmt, den Zuschauer in diese Welt zu ziehen. Der, ebenso wie German, seine Film in schwarz-weiß und mit vielen sehr langen Plansequenzen erschafft. Wie bei Tarr ist man in „Es ist schwer ein Gott zu sein“ ganz, ganz nah dran an den Figuren, den Gesichtern. Den Leibern und der Bewegung.

German hat seinen Film als Gleichnis auf die heutigen Verhältnisse in Russland gesehen. Tatsächlich ist er eine Allegorie auf die heutigen Verhältnisse überall auf der Welt. Auf Missstände, die die Menschen schon seit Jahrhunderten begleiten. Und die Ohnmacht derer, die unter den Verhältnissen leiden und doch nichts ändern können. Obwohl sie vielleicht die Mittel dazu hätten – doch sie wissen, dass ein Übel immer nur wieder von einem andern abgelöst wird.

German hat seinen Film als Gleichnis auf die heutigen Verhältnisse in Russland gesehen. Tatsächlich ist er eine Allegorie auf die heutigen Verhältnisse überall auf der Welt. Auf Missstände, die die Menschen schon seit Jahrhunderten begleiten. Und die Ohnmacht derer, die unter den Verhältnissen leiden und doch nichts ändern können. Obwohl sie vielleicht die Mittel dazu hätten – doch sie wissen, dass ein Übel immer nur wieder von einem andern abgelöst wird.
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