Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
Moderator: jogiwan
Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
Andere Frage: ist Fritz Honka eigentlich popkulturell irgendwie im Mainstream bzw. im allgemeinen Bewußtsein der deutschen Bevölkerung irgendwie verankert oder hat erst das Buch die Erinnerung an den Serienmörder erst wieder aufleben lassen? Serienkiller sind ja normalerweise wie Popstars, aber von Fritz Honka hätte ich bislang noch nicht viel gehört. Vielleicht taugt das Alkoholiker-Milieu und die ganze Geschichte aber nicht so wirklich für etwaige "Glorifizierungen"? Dazu ist das wohl alles zu abgefuckt...
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Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
Honkas Verhaftung stopfte das damalige mediale Sommerloch, inbesondere Springers "Bild"-Revolverblatt malte Honka und seine Taten in den grellsten Tönen aus. Damals dürfte er omnipräsent gewesen sein. Das von mir gepostete Lied z.B. war durchaus für den Mainstream-Markt gedacht. Mit den Jahrzehnten geriet er etwas in Vergessenheit, wenngleich man sich in Hamburg noch am ehesten an ihn erinnerte, er wurde Teil der Kiez-Folklore. Jüngere Generationen dürften aber kaum Notiz von ihm genommen haben. Durch Strunks Roman und Akins Film ist er nun wieder allgegenwärtig. Deutschland/Europa hat's aber glaube ich ohnehin nicht unbedingt damit, seine Serienmörder zu Popstars zu verklären - das scheint mir eher ein US-Ding zu sein [Edit: "Jack the Ripper" mal ausgenommen]. Ok, über Haarmann gibt es das alte Kinderlied, aber da musste meines Wissens auch erst mal der George-Film her, damit er wieder ins Kollektivbewusstsein eingebrannt wurde. Und Jürgen Bartsch wiederum wurde teils unter Namensnennung in alten Böhse-Onkelz-Songs verarbeitet, die Band schien das Thema nachhaltig beeindruckt zu haben. Diese Songs wiederum stiegen in der Popularität, je populärer die Band wurde. Ansonsten ist mir über Bartsch auch nichts weiter bekannt.jogiwan hat geschrieben:Andere Frage: ist Fritz Honka eigentlich popkulturell irgendwie im Mainstream bzw. im allgemeinen Bewußtsein der deutschen Bevölkerung irgendwie verankert oder hat erst das Buch die Erinnerung an den Serienmörder erst wieder aufleben lassen? Serienkiller sind ja normalerweise wie Popstars, aber von Fritz Honka hätte ich bislang noch nicht viel gehört. Vielleicht taugt das Alkoholiker-Milieu und die ganze Geschichte aber nicht so wirklich für etwaige "Glorifizierungen"? Dazu ist das wohl alles zu abgefuckt...
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
buxtebrawler hat geschrieben:Dieses Lied über Honka darf in diesem Thema natürlich nicht fehlen:
Harry Horror - Gern hab' ich die Frau'n gesägt
WTF!?!?!? Wenn das Stück von '75 ist, müsste das ja dann noch während des laufenden Prozesses erschienen sein; krass.
jogiwan hat geschrieben:Andere Frage: ist Fritz Honka eigentlich popkulturell irgendwie im Mainstream bzw. im allgemeinen Bewußtsein der deutschen Bevölkerung irgendwie verankert oder hat erst das Buch die Erinnerung an den Serienmörder erst wieder aufleben lassen?
Ich hatte von dem guten Mann ebenfalls zuvor kein Sterbenswörtchen gehört - und das obwohl ich jetzt nicht unbedingt jemand bin, der vor den eher dunkleren Seiten der menschlichen Geschichte und Psyche zurückschreckt. Gestern hatten wir nach dem Film in kleiner Runde eine ähnliche Diskussion: Fritz Haarmann, Peter Kürten, das sind Namen, die man durchaus zumindest mal im Ohr hatte, aber Honka kannte vor dem Roman oder teilweise auch vor dem Film gestern niemand von uns.
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Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
Der Trailer schreckte mich eher ab, ich bin ein Fan von dem Buch. Buxtes und Salvis Kritiken hab ich noch nicht gelesen, aber beim Rüberscrollen, dass sie intensiv drüber diskutieren. Was den Film, neben der Regie von Akin und Teile der Besetzung, wieder interessant macht. Akins Hamburgdinger mag ich ja.
Die unglamorösen deutschen Serienmörder sind ja meist nur regional bekanntberüchtigt, wie der Oma-Mörder von Bremerhaven. Außer Kürten und Haarmann. Und jetzt vielleicht Högel.
Honka in der Popkultur: Immerhin gab es noch eine Punkband mit Max Müller, dem spätere Sänger der tollen Band Mutter, namens Die Honkas. Und ihrer 5-Song EP Für Fritz
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Die unglamorösen deutschen Serienmörder sind ja meist nur regional bekanntberüchtigt, wie der Oma-Mörder von Bremerhaven. Außer Kürten und Haarmann. Und jetzt vielleicht Högel.
Honka in der Popkultur: Immerhin gab es noch eine Punkband mit Max Müller, dem spätere Sänger der tollen Band Mutter, namens Die Honkas. Und ihrer 5-Song EP Für Fritz
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jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
jogiwan hat geschrieben:Andere Frage: ist Fritz Honka eigentlich popkulturell irgendwie im Mainstream bzw. im allgemeinen Bewußtsein der deutschen Bevölkerung irgendwie verankert oder hat erst das Buch die Erinnerung an den Serienmörder erst wieder aufleben lassen?
Mir war Honka tatsächlich schon vor dem Roman bekannt, eben als Kiez-Folklore. Als ich noch häufig am Wochenende auf St. Pauli unterwegs war, sind wir oft am Goldenen Handschuh vorbeigekommen und da wurden mir dann die Geschichten vom Honka erzählt. Ich meine, der "Handschuh" heißt im Volksmund auch "Honka Stube", oder? Details waren mir aber in der Tat vor dem Buch nicht wirklich bekannt. nur dass der Honka da "die Frauen raus geholt hat", um sie dann umzubringen.buxtebrawler hat geschrieben:Mit den Jahrzehnten geriet er etwas in Vergessenheit, wenngleich man sich in Hamburg noch am ehesten an ihn erinnerte, er wurde Teil der Kiez-Folklore. Jüngere Generationen dürften aber kaum Notiz von ihm genommen haben. (...) Ok, über Haarmann gibt es das alte Kinderlied, aber da musste meines Wissens auch erst mal der George-Film her, damit er wieder ins Kollektivbewusstsein eingebrannt wurde. Und Jürgen Bartsch wiederum wurde teils unter Namensnennung in alten Böhse-Onkelz-Songs verarbeitet,
Haarmann ist mir eigentlich seit meiner Kindheit gegenwärtig. Einerseits durch das Lied (Warte, warte nur ein Weilchen.." welches ich damals oft gehört habe und welches auch in meiner Familie wohl bekannt war. Zum anderen aus einem "Detektiv-Lexikon" für Kinder/Jugendliche in dem seine Geschichte stand und auch ein Bild von ihm abgebildet war. Bartsch kannte ich jetzt nicht von einem Song, sondern habe in der Vergangenheit viel über den Fall gelesen - das war ja immer wieder mal Thema in der Presse. Jetzt nicht der Fall aktuell, sondern eher die Nachwehen und die Frage, ob er nun nicht vielleicht doch umgebracht wurde und der generelle Umgang mit solchen psychisch kranken Straftätern.
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Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
Genau, und die Kneipe hat auch eigens ein Schild über Tür mit dieser Bezeichnung angebracht. Ich weiß allerdings nicht, ob das im Zuge der Veröffentlichung des Strunk-Romans geschah oder dort schon länger hängt.Arkadin hat geschrieben:Ich meine, der "Handschuh" heißt im Volksmund auch "Honka Stube", oder?
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Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
Erscheint voraussichtlich am 22.08.2019 bei Warner auf Blu-ray und DVD:
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Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
Hier wie vor einiger Zeit angekündigt ein paar Worte mehr zum „Goldenen Handschuh“. Ich hatte ja etwas Angst, dass der Akin den verreißt. „Gegen die Wand“ mag ich in seinen rauen Hamburg-Szenen ja sehr gerne und „Soul Kitchen“ hat mich hervorragend und sympathisch unterhalten. Trotzdem hatte ich die Befürchtung, dass er die Verfilmung von Strunks Roman, den ich sehr stark fand, verwässern und auf ein Publikum anpassen würde, dass sich so ein wenig gruseln möchte, aber bloß nicht zu viel wahres Elend sehen. Die am Ende aus dem Kino kommen und sagen: Jaaaaa, das ist ja alles soooooo schlimm! Darauf erst einmal einen Prosecco. So „Slumdog Millionaire“-mäßig. Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Dankenswerterweise war diese Befürchtung aber verfrüht. Akin geht schon dahin, wo es weh tut. Zeigt den Dreck, den Schorf und die Vergammelten. Dass er in den unerträglichsten Momenten wegblendet ist okay, da er so das Kopfkino weiterlaufen lässt. Auch die Kürzungen und Änderungen gegenüber der Vorlage sind nachvollziehbar und stimmig. Die Geschichte mit der Reederfamilie und Honkas Jugend hätte den Film zu sehr in die Länge gezogen, zerfasert und – will man im 2-Stunden-Rahmen bleiben – hätten Honkas Geschichte an den Rand gedrückt. Die Konzentration auf ihn und die Umschreibung des jungen Mädchens zu seiner im wahrsten Sinne des Wortes „Traumfrau“ fand ich sehr gelungen. Auch die Schauspieler sind gut gewählt, allen voran die Frauen, die – wie der grandiose Hauptdarsteller – wirklich alles geben und sich für nichts zu schade sind. Das hätte ich z.B. von Strimbergs Erika nicht erwartet, was sie da über sich ergehen lässt. Die Kamera fand ich zunächst etwas TV-mäßig. Allerdings ist dieses unspektakuläre Bebildern durchaus dem Säuferelend angemessen – und wenn Honka dann in medias res geht, findet Akin intensive, aber niemals aufdringliche, selbstgefällig Bilder. Spannend fand ich, dass man von Honka wirklich abgestoßen ist. Da ist nichts mit Serienkiller-Romantik. Der Mann ist echt hinüber und hat sich jeglichen Verstand und Anstand weg gesoffen. Aber wenn er dann seinen Job und seine Uniform bekommt, so stolz ist und tatsächlich diese kleine Chance auf ein normales Leben besteht, da freut man sich dann doch für ihn. Umso trauriger, wie dann alles den Bach runtergeht. Die Szene mit der versuchten Vergewaltigung, dem keuchenden „Ich liebe Dich!“ und der Gewalt fand ich dann extrem.. ja... schockierend. Wie überhaupt bei der Gewalt nichts geschönt oder stilisiert wurde. Ein wirklich guter, aber wahrlich nicht schöner Film.
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Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
Auf den Streifen bin ich mehr als gespannt, nach dem was ich hier lesen durfte, erst recht....
Re: Der goldene Handschuh - Fatih Akin (2019)
In den Siebzigern lebt Fritz Honka in der Nähe der Reeperbahn und verkehrt im „Goldenen Handschuh“ einer Kiez-Kneipe, in der sich Alkoholiker, Obdachlose und sonstige Menschen treffen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden. Doch Fritz ist ein Sadist und Mörder und macht es sich zum Vorteil, dass die weibliche Kundschaft der Kneipe nicht vermisst wird. Mit der Aussicht auf Gratis-Schnaps lockt er die Frauen in seine Dachgeschoßwohnung, wo er sie vergewaltigt, misshandelt und ermordet. Als er dem Alkohol abschwört und eine neue Stelle als Nachtwächter bekommt, scheint Fritz dem Ausstieg aus dem Milieu geglückt zu sein, doch der Rückfall lässt ebenfalls nicht lange auf sich warten…
Fatih Akins „Der goldene Handschuh“ geht ja in Richtung körperliche Erfahrung und führt den Zuschauer geradewegs an den Rand der Gesellschaft bzw. die Reeperbahn der Siebziger, in der Fritz Honka unbemerkt obdachlose Frauen ermorden und deren Teile unterm Dach verstauen konnte. Der Film wirkt dabei relativ nüchtern und versucht auch nicht Sympathie für seine Hauptfigur zu entwickeln. Persönliches erfährt man nur wenig und so beschränkt sich der Film auf das Aufzeigen der Ereignisse, die sich hier natürlich alles andere als schön präsentieren. Hervorzuheben sind dabei vor allem die weiblichen Figuren, die hier mit viel Mut zur Hässlichkeit agieren und die Settings, die das versiffte Feeling geradewegs in die eigenen vier Wände holen. Dazu tönen Schlager von Heintje, Daliah Lavi und den Flippers aus der Jukebox und fertig ist das deutsche Henry-Serial-Killer-Movie, dass man sich so eigentlich nicht erwartet hätte. In seiner ganzen Hoffnungslosigkeit schon ein ziemlicher Schlag in die Magengrube, den man auch erst einmal verdauen muss.
Fatih Akins „Der goldene Handschuh“ geht ja in Richtung körperliche Erfahrung und führt den Zuschauer geradewegs an den Rand der Gesellschaft bzw. die Reeperbahn der Siebziger, in der Fritz Honka unbemerkt obdachlose Frauen ermorden und deren Teile unterm Dach verstauen konnte. Der Film wirkt dabei relativ nüchtern und versucht auch nicht Sympathie für seine Hauptfigur zu entwickeln. Persönliches erfährt man nur wenig und so beschränkt sich der Film auf das Aufzeigen der Ereignisse, die sich hier natürlich alles andere als schön präsentieren. Hervorzuheben sind dabei vor allem die weiblichen Figuren, die hier mit viel Mut zur Hässlichkeit agieren und die Settings, die das versiffte Feeling geradewegs in die eigenen vier Wände holen. Dazu tönen Schlager von Heintje, Daliah Lavi und den Flippers aus der Jukebox und fertig ist das deutsche Henry-Serial-Killer-Movie, dass man sich so eigentlich nicht erwartet hätte. In seiner ganzen Hoffnungslosigkeit schon ein ziemlicher Schlag in die Magengrube, den man auch erst einmal verdauen muss.
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