Francesca - Luciano Onetti (2015)
Moderator: jogiwan
- sergio petroni
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Francesca - Luciano Onetti (2015)
FRANCESCA
Originaltitel: Francesca
Herstellungsland-/jahr: ARG/ITA 2015
Regie: Luciano Onetti
Darsteller: Gustavo Dalessanro, Raul Gederlini, Evangelina Goitia, Silvina Grippaldi
Luis Emilio Rodriguez, Idiel Idiaquez, Fernanda Cerrudo, Juan María Onetti, Florencia Ollé,
Juan Bautista Massolo, ...
Story: Vor 15 Jahren ereignete sich eine spektakuläre Entführung, bei der ein junges Mädchen von einem maskierten Einbrecher verschleppt wurde. Bis heute konnte das Verbrechen von der Polizei nicht aufgeklärt werden und Francesca gilt noch immer als vermisst. Erst als eine grausame Mordserie die Stadt in Atem hält, wird der alte Entführungsfall wieder aufgerollt, da Inspector Bruno Moretti und Detective Benito Succo einen direkten Zusammenhang zwischen dem mysteriösen Verschwinden von Francesca und den aktuellen Morden sehen. Doch die beiden Polizeibeamten geraten allmählich unter Druck, da der psychopathische Killer scheinbar unaufhaltsam weiter mordet.
(Quelle: ofdb.de)
Originaltitel: Francesca
Herstellungsland-/jahr: ARG/ITA 2015
Regie: Luciano Onetti
Darsteller: Gustavo Dalessanro, Raul Gederlini, Evangelina Goitia, Silvina Grippaldi
Luis Emilio Rodriguez, Idiel Idiaquez, Fernanda Cerrudo, Juan María Onetti, Florencia Ollé,
Juan Bautista Massolo, ...
Story: Vor 15 Jahren ereignete sich eine spektakuläre Entführung, bei der ein junges Mädchen von einem maskierten Einbrecher verschleppt wurde. Bis heute konnte das Verbrechen von der Polizei nicht aufgeklärt werden und Francesca gilt noch immer als vermisst. Erst als eine grausame Mordserie die Stadt in Atem hält, wird der alte Entführungsfall wieder aufgerollt, da Inspector Bruno Moretti und Detective Benito Succo einen direkten Zusammenhang zwischen dem mysteriösen Verschwinden von Francesca und den aktuellen Morden sehen. Doch die beiden Polizeibeamten geraten allmählich unter Druck, da der psychopathische Killer scheinbar unaufhaltsam weiter mordet.
(Quelle: ofdb.de)
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
- sergio petroni
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Re: Francesca - Luciano Onetti (2015)
Hmm. Ich werde einfach nicht warm mit diesen Neo-Gialli.
Daß Onetti seine Vorbilder in- und auswendig kennt ist ganz offensichtlich.
Ein Verbrechen aus ferner Vergangenheit beeinflußt einen psychopathischen
Mörder, der im Hier und Jetzt sein Unwesen treibt. Und dies tut er ganz gialloesk
mit schwarzen Handschuhen und Stichwaffen. Aber leider bleibt die Stringenz der
Story auf der Strecke, und dies kann auch nicht durch schöne Bilder und unzählige
Referenzverweise kaschiert werden. Was den Altmeistern oftmals noch gelang,
ist für Onetti doch eine Nummer zu groß.
Vielleicht hat er seine Lektion doch nicht ganz so perfekt gelernt!
Denn kann sich jemand erinnern, daß bei Werken aus den Siebzigern jemals
der J&B leer wurde? Bei "Francesca" schon!
4/10
Daß Onetti seine Vorbilder in- und auswendig kennt ist ganz offensichtlich.
Ein Verbrechen aus ferner Vergangenheit beeinflußt einen psychopathischen
Mörder, der im Hier und Jetzt sein Unwesen treibt. Und dies tut er ganz gialloesk
mit schwarzen Handschuhen und Stichwaffen. Aber leider bleibt die Stringenz der
Story auf der Strecke, und dies kann auch nicht durch schöne Bilder und unzählige
Referenzverweise kaschiert werden. Was den Altmeistern oftmals noch gelang,
ist für Onetti doch eine Nummer zu groß.
Vielleicht hat er seine Lektion doch nicht ganz so perfekt gelernt!
Denn kann sich jemand erinnern, daß bei Werken aus den Siebzigern jemals
der J&B leer wurde? Bei "Francesca" schon!
4/10
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
Re: Francesca - Luciano Onetti (2015)
Ein brutaler Serienkiller hält eine ganze Stadt in Atem. Seine Opfer haben irgendwie Dreck am Stecken und scheinen für ihre Sünden bestraft zu werden. Stets werden den Opfern auch zwei Münzen auf die Augen gelegt. Die Polizeibeamten Moretti (Luis Emilio Rodriguez) und Succo (Gustavo Dalessanro) werden bei ihren Ermittlungen auf den seltsamen Fall des Mädchens Francesca aufmerksam, die vor 15 Jahren spurlos verschwand. Offenbar hängen die beiden Fälle zusammen…
In den letzten Jahren entdeckten zahlreiche Genre-Fans den Giallo wieder. Eigentlich war er nie weg, denn die Fans dieses ur-italienischen Thrillergenres war schon immer zahlreich vorhanden. Nur hatten bisher die wenigstens selber zur Kamera gegriffen und den Versuch unternommen, dieses seit Mitte der 80er ziemlich brach liegende Terrain wiederzubeleben. Doch in letzter Zeit tut eine junge Generation genau dies. Dabei gibt es zwei Fraktionen: Diejenigen, die sich typische Stilelemente borgen, um daraus etwas Neues zu erschaffen, wie das Ehepaar Hélène Cattet und Bruno Forzani aus Belgien, die gerade bei ihrem zweiten Werk „Der Tod weint rote Tränen“ gezeigt haben, wie man aus fremden Puzzlestücken ein faszinierendes, neues Bild erschaffen kann. Und dann gibt es diejenigen, die sklavisch die großen Vorbilder nacherzählen, ohne dabei neue oder zumindest eigenständige Komponenten einzubringen. Hier wird allenfalls am Sex und Gewalt-Level geschraubt, was den Filmen selten gut tun. Das Brüderpaar Luciano und Nicolás Onetti gehört eher zur zweiten Gruppe. Im Gegensatz zu ihren Kollegen, die den Giallo nur als Vorwand nehmen, kräftig Gore und die nackte Haut unterzubringen, muss man ihnen aber bescheinigen, das Genre aufrichtig zu lieben.
Luciano Onetti, der hier als Regisseur und zusammen mit seinem Bruder Nicolás auch als Co-Drehbuchautor fungiert, gibt sich alle Mühe, den Eindruck zu vermitteln, „Francesca“ würde tatsächlich aus den 70ern stammen. Der Zeit, in welcher der Giallo seine größten Triumphe feierte. Mit einem guten Blick für Kleinigkeiten und einem stark bearbeitetem, digitalem Bild, welches kräftig auf „benutzter 35-Millimeter-Look“ getrimmt wurde, gelingt es ihm ab und an, diese Illusion tatsächlich aufrecht zu erhalten. Auch beim stampfenden Synthie-Soundtrack gibt er sich Mühe, auch wenn dieser mehr nach 80er als nach 70er klingt. Ausstattung und Settings machen ebenfalls einen authentischen Eindruck. Und auch die kleinen Details, wie der Font, der für die Titelsequenz benutzt wurde, oder die ins Bild geschobenen J&B-Flaschen stimmen. Leider muss man aber festhalten, dass Luciano Onetti so viel Wert auf eben dieses Drumherum gelegt hat, dass ihm der Blick für das große Ganze abhanden gekommen ist. Nun zeichneten sich die Original-Gialli auch nicht gerade durch großartig kniffelige und intelligente Drehbücher aus, aber etwas mehr hätte es hier schon sein dürfen. So hängt der Film dann auch ein ums andere Mal durch und wirkt trotz seiner knackigen Laufzeit von nur 70 Minuten deutlich länger.
Noch mehr ins Gewicht fällt da die Unentschlossenheit mit der Luciano Onetti zu Werke geht. Während der erste Mord noch recht blutig und vor allem filmisch ausgefallen ist, sind die restlichen Taten deutlich mit angezogener Handbremse inszeniert. So, als wolle Onetti niemanden zu sehr auf den Fuß steigen. Bei einem Film, der seine Morde als kleine Kabinettstückchen in den Vordergrund stellt, führt diese „Wasch-mich-aber-mach-mich-nicht-nass“-Vorgehensweise natürlich dazu, dass das Konstrukt immer wieder in sich zusammenfällt. Der mangelnde Erotik-Faktor (Obwohl Erotik bei den Originalen aus den 70ern immer eine große Rolle spielte) und vor allem die hölzerne Schauspielerei der Darsteller enttäuschen ebenfalls. Die unbekannten Darsteller wirken wie aus dem Freundeskreis und der Nachbarschaft gecastet (was wahrscheinlich auch der Fall ist). Sie dann auch noch ohne große Not (von dem Authentizität-Fetisch abgesehen) in italienischer Sprache zu synchronisieren, hilft nicht wirklich. Da kann sich die Kamera in einigen Fällen noch so um einen agilen Eindruck bemühen, es sieht einfach wie eine Amateur-Produktion aus. Mit Liebe gemacht, aber leider ohne Fantasie.
Luciano Onetti rekreiert fast schon sklavisch seine großen Giallo-Vorbilder der 70er Jahre. Dies gelingt ihn bis hinein in kleinen Details auch sehr gut. Leider vergisst Onetti dabei, eine Geschichte zu erzählen oder originäre, phantasievolle Bilder zu finden.
Screenshots & DVD-Details: http://www.filmforum-bremen.de/2016/03/ ... francesca/
In den letzten Jahren entdeckten zahlreiche Genre-Fans den Giallo wieder. Eigentlich war er nie weg, denn die Fans dieses ur-italienischen Thrillergenres war schon immer zahlreich vorhanden. Nur hatten bisher die wenigstens selber zur Kamera gegriffen und den Versuch unternommen, dieses seit Mitte der 80er ziemlich brach liegende Terrain wiederzubeleben. Doch in letzter Zeit tut eine junge Generation genau dies. Dabei gibt es zwei Fraktionen: Diejenigen, die sich typische Stilelemente borgen, um daraus etwas Neues zu erschaffen, wie das Ehepaar Hélène Cattet und Bruno Forzani aus Belgien, die gerade bei ihrem zweiten Werk „Der Tod weint rote Tränen“ gezeigt haben, wie man aus fremden Puzzlestücken ein faszinierendes, neues Bild erschaffen kann. Und dann gibt es diejenigen, die sklavisch die großen Vorbilder nacherzählen, ohne dabei neue oder zumindest eigenständige Komponenten einzubringen. Hier wird allenfalls am Sex und Gewalt-Level geschraubt, was den Filmen selten gut tun. Das Brüderpaar Luciano und Nicolás Onetti gehört eher zur zweiten Gruppe. Im Gegensatz zu ihren Kollegen, die den Giallo nur als Vorwand nehmen, kräftig Gore und die nackte Haut unterzubringen, muss man ihnen aber bescheinigen, das Genre aufrichtig zu lieben.
Luciano Onetti, der hier als Regisseur und zusammen mit seinem Bruder Nicolás auch als Co-Drehbuchautor fungiert, gibt sich alle Mühe, den Eindruck zu vermitteln, „Francesca“ würde tatsächlich aus den 70ern stammen. Der Zeit, in welcher der Giallo seine größten Triumphe feierte. Mit einem guten Blick für Kleinigkeiten und einem stark bearbeitetem, digitalem Bild, welches kräftig auf „benutzter 35-Millimeter-Look“ getrimmt wurde, gelingt es ihm ab und an, diese Illusion tatsächlich aufrecht zu erhalten. Auch beim stampfenden Synthie-Soundtrack gibt er sich Mühe, auch wenn dieser mehr nach 80er als nach 70er klingt. Ausstattung und Settings machen ebenfalls einen authentischen Eindruck. Und auch die kleinen Details, wie der Font, der für die Titelsequenz benutzt wurde, oder die ins Bild geschobenen J&B-Flaschen stimmen. Leider muss man aber festhalten, dass Luciano Onetti so viel Wert auf eben dieses Drumherum gelegt hat, dass ihm der Blick für das große Ganze abhanden gekommen ist. Nun zeichneten sich die Original-Gialli auch nicht gerade durch großartig kniffelige und intelligente Drehbücher aus, aber etwas mehr hätte es hier schon sein dürfen. So hängt der Film dann auch ein ums andere Mal durch und wirkt trotz seiner knackigen Laufzeit von nur 70 Minuten deutlich länger.
Noch mehr ins Gewicht fällt da die Unentschlossenheit mit der Luciano Onetti zu Werke geht. Während der erste Mord noch recht blutig und vor allem filmisch ausgefallen ist, sind die restlichen Taten deutlich mit angezogener Handbremse inszeniert. So, als wolle Onetti niemanden zu sehr auf den Fuß steigen. Bei einem Film, der seine Morde als kleine Kabinettstückchen in den Vordergrund stellt, führt diese „Wasch-mich-aber-mach-mich-nicht-nass“-Vorgehensweise natürlich dazu, dass das Konstrukt immer wieder in sich zusammenfällt. Der mangelnde Erotik-Faktor (Obwohl Erotik bei den Originalen aus den 70ern immer eine große Rolle spielte) und vor allem die hölzerne Schauspielerei der Darsteller enttäuschen ebenfalls. Die unbekannten Darsteller wirken wie aus dem Freundeskreis und der Nachbarschaft gecastet (was wahrscheinlich auch der Fall ist). Sie dann auch noch ohne große Not (von dem Authentizität-Fetisch abgesehen) in italienischer Sprache zu synchronisieren, hilft nicht wirklich. Da kann sich die Kamera in einigen Fällen noch so um einen agilen Eindruck bemühen, es sieht einfach wie eine Amateur-Produktion aus. Mit Liebe gemacht, aber leider ohne Fantasie.
Luciano Onetti rekreiert fast schon sklavisch seine großen Giallo-Vorbilder der 70er Jahre. Dies gelingt ihn bis hinein in kleinen Details auch sehr gut. Leider vergisst Onetti dabei, eine Geschichte zu erzählen oder originäre, phantasievolle Bilder zu finden.
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Früher war mehr Lametta
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Re: Francesca - Luciano Onetti (2015)
Ein Film wie Flasche leer?sergio petroni hat geschrieben:Denn kann sich jemand erinnern, daß bei Werken aus den Siebzigern jemals
der J&B leer wurde? Bei "Francesca" schon!
Sind Fliesenmuster Teil der Make-up-Arbeiten...?
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!
Re: Francesca - Luciano Onetti (2015)
Ich fand ja den Vorgänger "Sono Profondo" schon nicht sonderlich gelungen. Hübsche Bilder, aber inhaltlich eine ganz schmale Nummer und "Giallo" bedeutet imho ja auch etwas mehr als eine vergilbte Retro-Optik auf den Schirm zu zaubern... "Francesca" liegt zwar auch bereit, aber der hat Zeit...
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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- FarfallaInsanguinata
- Beiträge: 2487
- Registriert: Mi 20. Nov 2013, 22:57
Re: Francesca - Luciano Onetti (2015)
Farfalla schaut auch (relativ) aktuelle Filme, wer hätte das gedacht ?!
Hier sollte die Klassifizierung "aktuell" aber bereits wieder relativiert werden, denn der Film tut alles um antiquiert zu wirken. Das schafft er tatsächlich mit Bravour und tritt damit Blockbustern wie etwa "Super 8", die mit jeder Faser gefaket und unecht ausschauen, kräftig in den Arsch. Selten sah man bisher einen Retro-Film, der so authentisch bis in Details von Technik, Ausstattung, Stil und Optik nach dem Wunschjahr 1971 rüberkam. Lediglich zwei kleine automobile Makel fallen auf. Der als Polizeifahrzeug ausgegebene Winzling, wenn ich richtig entsinne eine südamerikanische Adaption des italienischen Modells 850, ist natürlich kein adäquater Dienstwagen, da hätte eine viertürige Limousine vom Typ 124 oder Giulia her gemusst. Und auf dem Unfallfoto sind die Reste eines Fiat Panda, ein typischer achtziger Jahre Kleinwagen, der Anfang der Siebziger mit Sicherheit noch nicht einmal als Idee existierte, als böser Schnitzer zu erkennen.
Davon abgesehen zieht "Francesca" aber den Zuschauer durchaus in seinen Bann, man fühlt sich wirklich wie vor fünfunddreißig Jahren mit einer Kassette aus der Videothek. Die Faktoren, die die Höchstnote verhindern, sind allerdings ähnlich wie bei vielen der damals gesehenen Originale. Zu wenig Graphik bei den Mordsequenzen und eine verworrene, in sich nicht schlüssige und nicht nachvollziehbare, Handlung.
Von daher viel Sympathie für die Idee, jedoch unterm Strich in der Addition der Faktoren optischer Stil (= 9) und Drehbuch (= 4) quasi ein "typischer Argento" , ergo
6,5/10
Hier sollte die Klassifizierung "aktuell" aber bereits wieder relativiert werden, denn der Film tut alles um antiquiert zu wirken. Das schafft er tatsächlich mit Bravour und tritt damit Blockbustern wie etwa "Super 8", die mit jeder Faser gefaket und unecht ausschauen, kräftig in den Arsch. Selten sah man bisher einen Retro-Film, der so authentisch bis in Details von Technik, Ausstattung, Stil und Optik nach dem Wunschjahr 1971 rüberkam. Lediglich zwei kleine automobile Makel fallen auf. Der als Polizeifahrzeug ausgegebene Winzling, wenn ich richtig entsinne eine südamerikanische Adaption des italienischen Modells 850, ist natürlich kein adäquater Dienstwagen, da hätte eine viertürige Limousine vom Typ 124 oder Giulia her gemusst. Und auf dem Unfallfoto sind die Reste eines Fiat Panda, ein typischer achtziger Jahre Kleinwagen, der Anfang der Siebziger mit Sicherheit noch nicht einmal als Idee existierte, als böser Schnitzer zu erkennen.
Davon abgesehen zieht "Francesca" aber den Zuschauer durchaus in seinen Bann, man fühlt sich wirklich wie vor fünfunddreißig Jahren mit einer Kassette aus der Videothek. Die Faktoren, die die Höchstnote verhindern, sind allerdings ähnlich wie bei vielen der damals gesehenen Originale. Zu wenig Graphik bei den Mordsequenzen und eine verworrene, in sich nicht schlüssige und nicht nachvollziehbare, Handlung.
Von daher viel Sympathie für die Idee, jedoch unterm Strich in der Addition der Faktoren optischer Stil (= 9) und Drehbuch (= 4) quasi ein "typischer Argento" , ergo
6,5/10
Diktatur der Toleranz
Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
Re: Francesca - Luciano Onetti (2015)
Wegen diesem Anachronismus fällt das ganze Kartenhaus zusammen. Einen zweiten Nicolai, Cipriani oder Morricone ist heutzutage schwer zufinden. Luciano Onetti sah bei all den Ambitionen den Giallo nicht mehr.Arkadin hat geschrieben:Auch beim stampfenden Synthie-Soundtrack gibt er sich Mühe, auch wenn dieser mehr nach 80er als nach 70er klingt.
Re: Francesca - Luciano Onetti (2015)
FRANCESCA ist wirklich sehr sehr nett anzusehen. Und das meine ich mit größter Hochachtung & Freude.
Nur leider ist der Film ein wenig Dialogarm, da hätte ich mir persönlich ein wenig geplappere anghört/angesehen. Aber was soll ich meckern, der ähnliche AMER hatte ja auch kaum "was zu sagen" und den Fand ich ja damals ganz toll. der hatte aber wenigsten einen tollen (schon altbekannten, aber tollen) Soundtrack. Die uninspirierte Elektro-Synthie Geräuschkulisse macht dann doch schon etwas kaputt, wenn schon nicht viel geschnackt wird, dann will ich es doch gerne aus den Boxen rocken hören! Gerne auch mal was aktuelles von SOSPETTO oder einmal durch den Fleischwolf gedrehtes von ORGASMO SONORE dürfte eine derartige Produktion sehr gut tun.
Ich bleibe aber weiter gespannt, Filmfreund & Regisseur Luciano Onetti noch erarbeiten wird
Nur leider ist der Film ein wenig Dialogarm, da hätte ich mir persönlich ein wenig geplappere anghört/angesehen. Aber was soll ich meckern, der ähnliche AMER hatte ja auch kaum "was zu sagen" und den Fand ich ja damals ganz toll. der hatte aber wenigsten einen tollen (schon altbekannten, aber tollen) Soundtrack. Die uninspirierte Elektro-Synthie Geräuschkulisse macht dann doch schon etwas kaputt, wenn schon nicht viel geschnackt wird, dann will ich es doch gerne aus den Boxen rocken hören! Gerne auch mal was aktuelles von SOSPETTO oder einmal durch den Fleischwolf gedrehtes von ORGASMO SONORE dürfte eine derartige Produktion sehr gut tun.
Ich bleibe aber weiter gespannt, Filmfreund & Regisseur Luciano Onetti noch erarbeiten wird
- Salvatore Baccaro
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- Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10
Re: Francesca - Luciano Onetti (2015)
Drei Dinge, die mich an Luciano und Nicolás Onettis FRANCESCA erheblich gestört haben:
1. Kennt ihr das, wenn ihr euch verschiedenes Gemüse, verschiedene Gewürze gekauft habt, und steht vor eurem Kochtopf oder eurer Bratpfanne, und ahnt schon: Das wird nie und nimmer zusammenpassen, und selbst wenn ich das jetzt alles da hineingebe und es herumrühre, kommt vielleicht irgendwas etwas dabei heraus, eine harmonische Einheit aber bestimmt nicht? Am Ende ist es dann genauso: Die Aubergine verträgt sich nicht mit der Schokosauce, die Avocado beißt sich mit dem Ingwer. Jede Zutat steht isoliert für sich, und das schmeckt man deutlich. Genauso ungefähr verläuft FRANCESCA für mich. Es ist wie im frühen Jahrmarktskino, wie bei einer Nummernrevue: Was da aufeinander folgt, ist im Einzelnen durchaus spannend, unterhaltsam, staunenswert – manchmal aber auch schlicht langweilig -, wirklich im Dienste eines transzendenten Überbaus steht das nicht. Es ist, als würde man einzelnen Ideen dabei zusehen wie sie jemandem, der mittels Gialli vor allem der 70er und 80er sozialisiert worden ist, durch den Kopf purzeln. Eine junge Frau wird in einem Beichtstuhl mit einem spitzen Gegenstand konfrontiert, der sich ihr statt des Priesterworts ins Gehör wühlt. Ein unheimlicher Mann im Rollstuhl sitzt allein und verlassen im Park seines weitläufigen Grundstücks und schaut bedeutungsschwanger in die Ferne. Eine rotbehandschuhte Hand reißt Seiten aus einer Buchausgabe von Dantes DIVINA COMMEDIA. Das obligatorische Kindheitstrauma darf ebenso nicht fehlen wie vorzügliche Zeitlupenaufnahmen einer sich in die Luft schwingenden Stadttaube, einem pulsierenden Goblin-Referenz-Score sowie so viele J&B-Flaschen wie sie nicht mal die Tanke meines Vertrauens auf Lager hat. Unterm Strich fügen sich all diese vertrauten, teilweise in traumhafter Optik dargebotenen Elemente aber nicht nur schwerlich zusammen, sondern letztlich überhaupt nicht. Wir zappen gewissermaßen mit den Filmemachern durch ein erstes Brainstorming unter dem Motto: „Aus welchen Komponenten könnten wir eine Hommage an unsere liebsten Filme zusammenzimmern?“ Über diese erste Stufe ist FRANCESCA rein strukturell kein Stück hinausgekommen – was den Film oftmals ermüdend wirken lässt, schleppend. Es fehlt das, was mich bei Argento, Bava, Martino, Lenzi, Bido, Avati in ihren Giallo-Großtaten an den Korbstuhl fesselt: Ein Gespür nicht nur dafür, wie man bei den Schauwerten, Tondesign, Kameraarbeit, Beleuchtung usw. quasi en nuce einsetzt, um Ästhetik und Gewalt einen teuflischen Pakt eingehen zu lassen, sondern den Zuschauer auch über diese Partikel hinaus bei der Stange zu halten, sprich: irgendeinen Mehrwert zu generieren: Der Konnex zwischen Kunst und Tod bei Argento. Die zynischen Gesellschaftsanalysen bei Bava. Die laszive Fenech-Erotik bei Martino.
2. FRANCESCA, diese Fragmenten-Sammlung aus den Fanarchiven des italienischen Kriminalthrillers, macht in narrativer Hinsicht aber auch weitgehend falsch, was man falsch machen kann, wenn/falls man neben optischer Opulenz noch eine Geschichte erzählen möchte: Die Story ist verworren bzw. schlicht nicht existent. (Obwohl ich dem Film, glaube ich, recht aufmerksam gefolgt bin, habe ich persönlich nicht begriffen, weshalb einer der beiden ermittelnden Kommissaren einen Zusammenhang herstellt zwischen dem Verschwinden Francesca Viscontis vor fünfzehn Jahren und der Mordserie, die die italienische Kleinstadt, in der unser Film spielt, gerade erschüttert: nur weil sich die Entführung Francescas ausgerechnet in dieser Zeit zum fünfzehnten Mal jährt? Auch vollkommen schleierhaft bleibt mir trotz oder gerade wegen des abrupten Endes, was ich nun mit dem Dante-Faible des Killers anfangen soll, und vielleicht am wenigsten geht mir in den Kopf, was genau denn nun seine Motivation bei den Mordtaten gewesen ist. Ich kann mir das ungefähr so hindrehen, dass Dante bei seiner Reise in die Unterwelt ja Station für Station berühmte oder weniger berühmte Verbrecher kennenlernt, die dort für ihre Taten auf Erden sühnen, und dass es auch der Killer im Film vorrangig auf eher subversive Elemente der Gesellschaft abgesehen hat, das ist aber, wie gesagt, nur eine vorsichtig geflüsterte These, die ich dem Film quasi gewaltsam überstülpen muss, und die für mich trotzdem irgendwie noch keinen rechten Sinn ergibt.) Es fehlt dem Film an Identifikationsfiguren. (Die beiden Kommissare, die noch am ehesten den Verdacht erwecken, für diese herhalten zu können, erfüllen den Zweck letztendlich überhaupt nicht. Wo Argento beispielweise kunstvoll oft den Zuschauer selbst ins Geschehen reißt, indem er, wie sein Lehrmeister Hitchcock, einen Menschen wie Du und Ich in den Fokus seiner überbordenden, oftmals genauso verworrenen, verzettelten, verklausulierten Krimi-Plots stellt, der mit einem Verbrechen konfrontiert wird, und nun auf eigene Faust, quasi als Projektion des Betrachters, dieses seiner Auflösung entgegenbringen möchte, haben wir in FRANCESCA neben gerade mal zwei kauzigen Figuren, die als Täter in Frage kommen, und einer Vielzahl gesichtsloser Opfer eben nur die beiden Beamten, deren Ermittlungen auch nicht das Gelbe vom Ei sind, und an den entscheidenden Stellen von Meister Zufall kräftig in den Hintern getreten bekommen. Wo sind nur die skurrilen Ermittler-Charaktere, die pausenlos Eier verspeisen oder Kreuzworträtsel lösen, wenn man sie braucht?) Es fehlt überhaupt irgendeine Grunddramaturgie, ein Pulsschlag, der die einzelnen Versatzstücke vielleicht nicht sinnvoll, aber zumindest zielgereicht auf einen Kulminationspunkt hinbewegen würde. (Auch auf die Gefahr hin, nun mindestens als misogyn oder blutlüstern zu gelten: Etwas Sleaze, der in den Filmen, auf die die Onettis sich vollmundig berufen, immerhin einen kaum zu leugnenden Stellenwert einnimmt, sowie etwas sadistische Kreativität bei der Ausgestaltung der Mordszenen hätte dem Film wohl mehr gutgetan als geschadet – bis auf den allerersten, dann doch recht harten – und treffend an die musikalische Untermalung gekoppelten - Mord sehe ich die deutsche FSK 18 eigentlich nirgendwo gerechtfertigt.)
3. Was FRANCESCA aber für mich letztlich das Genick bricht, das ist die enervierende Post-Synchronisation bzw. die Versuche der Onettis, notdürftig zu kaschieren, dass die Lippenbewegungen ihrer Darsteller selten mit den nachträglich hinzuaddierten italienischen Stimmen auf der Tonspur übereinstimmen. Was tut man, wenn man offenbar seine Schauspieler erstmal hat vor der Kamera agieren zu lassen, und sie danach erst mit Lautäußerungen versieht? Am besten dafür sorgen, dass ich ihre Lippen nie so genau zu Gesicht bekommen. Ein schönes (oder grässliches) Beispiel für die Praktik, mit der die Onettis ihren eigenen Film rupfen wie ein Suppenhuhn, ist eine der einschläfernden und wenig Erkenntnisgewinn beinhaltenden Dialogszenen zwischen den beiden Kommissaren. Diesmal haben sie sich zum Billard getroffen. Unmotiviert fährt die Kamera die Tische entlang, zoomt sich auf die Kugeln ein. Genauso unmotiviert verdeckt einer der Darsteller die Kauleiste des andern, und deplatziert wirken zumindest für meine Ohren auch die Stimmen an sich, die man den offenkundigen Laien in die Münder gestopft hat. Wenn FRANCESCA in seinen Alptraumsequenzen, seinen surrealen Farbspielereien, seinen Gewaltexzessen mit angezogener Handbremse nicht selten imstande ist, sein niedriges Budget phantasievoll zu übertünchen, wirkt der Film auf mich immer dann, wenn zwei seiner Charaktere sich in Form von mehr als zwei Sätzen miteinander unterhalten, beinahe schon wie eine bessere Amateurproduktion. (Dass ich die deutsche Synchronfassung nicht kenne, ist in der Hinsicht wahrscheinlich ein Segen für mich.) Zumal das, was die Figuren einander zu sagen haben, nun wirklich nicht von Relevanz ist, und gerade die andauernden Dante-Querverweise mir sauer aufstoßen. Ich erwarte von einem Film dieses Genres nun beileibe keine literaturwissenschaftlichen Abhandlungen auf Hochschulniveau, doch wie offensichtlich es ist, dass man einfach mal ein paar Hochkultur-Referenzen um ihrer selbst willen ins fade Spiel wirft, ohne scheinbar selbst genau zu wissen, was mit ihr anzustellen, das ist schon ein starkes Stück von einem Film, der seine Vorbilder eben nicht etwa reflektiert, nicht mit ihnen jongliert, sie schon gar nicht dekonstruiert oder sie auch nur so dreht, dass das Licht in einer Weise auf sie fällt, die ihnen neue Seiten abgewinnt, sondern sie sklavisch nachbetet wie ich abends meinen Katechismus.
Eigentlich mag ich aber gar nicht allzu hart mit diesem Film von Fans für Fans ins Gericht gehen. Ich weiß, dass die Onettis rund um Buenos Aires für eine Handvoll Pesos ein Retro-Italien der 70er errichtet haben, und das al-lein empfinde ich schon als eine Leistung, der ich Respekt zolle. Der Anfang ist außerdem Gott! – diese Musik, und wie der Laptop-Schirm sich regelrecht vor mir eröffnet, und dann dieses Panorama schwankender Bäume vorm Nachthimmel -, nur wird mit zunehmender Laufzeit aus diesem Gott ein recht langweiliger, schwerfälliger Götze, der immer ausgesprochen adrett ausschaut, unter seiner Maskerade aber vor allem klaffende Leere versteckt. Würde den Onettis mal jemand ein intelligentes Drehbuch schreiben, oder würden die Onettis den Weg von Cattet-Forzani in die absolute Abstraktion einschlagen, dann wäre bestimmt meine Tasse Tee. Im Moment schmeckt vorliegendes Werk für mich wie Auberginen im Schokomantel und Avocados, die auf Kriegsfuß mit Ingwer stehen.
1. Kennt ihr das, wenn ihr euch verschiedenes Gemüse, verschiedene Gewürze gekauft habt, und steht vor eurem Kochtopf oder eurer Bratpfanne, und ahnt schon: Das wird nie und nimmer zusammenpassen, und selbst wenn ich das jetzt alles da hineingebe und es herumrühre, kommt vielleicht irgendwas etwas dabei heraus, eine harmonische Einheit aber bestimmt nicht? Am Ende ist es dann genauso: Die Aubergine verträgt sich nicht mit der Schokosauce, die Avocado beißt sich mit dem Ingwer. Jede Zutat steht isoliert für sich, und das schmeckt man deutlich. Genauso ungefähr verläuft FRANCESCA für mich. Es ist wie im frühen Jahrmarktskino, wie bei einer Nummernrevue: Was da aufeinander folgt, ist im Einzelnen durchaus spannend, unterhaltsam, staunenswert – manchmal aber auch schlicht langweilig -, wirklich im Dienste eines transzendenten Überbaus steht das nicht. Es ist, als würde man einzelnen Ideen dabei zusehen wie sie jemandem, der mittels Gialli vor allem der 70er und 80er sozialisiert worden ist, durch den Kopf purzeln. Eine junge Frau wird in einem Beichtstuhl mit einem spitzen Gegenstand konfrontiert, der sich ihr statt des Priesterworts ins Gehör wühlt. Ein unheimlicher Mann im Rollstuhl sitzt allein und verlassen im Park seines weitläufigen Grundstücks und schaut bedeutungsschwanger in die Ferne. Eine rotbehandschuhte Hand reißt Seiten aus einer Buchausgabe von Dantes DIVINA COMMEDIA. Das obligatorische Kindheitstrauma darf ebenso nicht fehlen wie vorzügliche Zeitlupenaufnahmen einer sich in die Luft schwingenden Stadttaube, einem pulsierenden Goblin-Referenz-Score sowie so viele J&B-Flaschen wie sie nicht mal die Tanke meines Vertrauens auf Lager hat. Unterm Strich fügen sich all diese vertrauten, teilweise in traumhafter Optik dargebotenen Elemente aber nicht nur schwerlich zusammen, sondern letztlich überhaupt nicht. Wir zappen gewissermaßen mit den Filmemachern durch ein erstes Brainstorming unter dem Motto: „Aus welchen Komponenten könnten wir eine Hommage an unsere liebsten Filme zusammenzimmern?“ Über diese erste Stufe ist FRANCESCA rein strukturell kein Stück hinausgekommen – was den Film oftmals ermüdend wirken lässt, schleppend. Es fehlt das, was mich bei Argento, Bava, Martino, Lenzi, Bido, Avati in ihren Giallo-Großtaten an den Korbstuhl fesselt: Ein Gespür nicht nur dafür, wie man bei den Schauwerten, Tondesign, Kameraarbeit, Beleuchtung usw. quasi en nuce einsetzt, um Ästhetik und Gewalt einen teuflischen Pakt eingehen zu lassen, sondern den Zuschauer auch über diese Partikel hinaus bei der Stange zu halten, sprich: irgendeinen Mehrwert zu generieren: Der Konnex zwischen Kunst und Tod bei Argento. Die zynischen Gesellschaftsanalysen bei Bava. Die laszive Fenech-Erotik bei Martino.
2. FRANCESCA, diese Fragmenten-Sammlung aus den Fanarchiven des italienischen Kriminalthrillers, macht in narrativer Hinsicht aber auch weitgehend falsch, was man falsch machen kann, wenn/falls man neben optischer Opulenz noch eine Geschichte erzählen möchte: Die Story ist verworren bzw. schlicht nicht existent. (Obwohl ich dem Film, glaube ich, recht aufmerksam gefolgt bin, habe ich persönlich nicht begriffen, weshalb einer der beiden ermittelnden Kommissaren einen Zusammenhang herstellt zwischen dem Verschwinden Francesca Viscontis vor fünfzehn Jahren und der Mordserie, die die italienische Kleinstadt, in der unser Film spielt, gerade erschüttert: nur weil sich die Entführung Francescas ausgerechnet in dieser Zeit zum fünfzehnten Mal jährt? Auch vollkommen schleierhaft bleibt mir trotz oder gerade wegen des abrupten Endes, was ich nun mit dem Dante-Faible des Killers anfangen soll, und vielleicht am wenigsten geht mir in den Kopf, was genau denn nun seine Motivation bei den Mordtaten gewesen ist. Ich kann mir das ungefähr so hindrehen, dass Dante bei seiner Reise in die Unterwelt ja Station für Station berühmte oder weniger berühmte Verbrecher kennenlernt, die dort für ihre Taten auf Erden sühnen, und dass es auch der Killer im Film vorrangig auf eher subversive Elemente der Gesellschaft abgesehen hat, das ist aber, wie gesagt, nur eine vorsichtig geflüsterte These, die ich dem Film quasi gewaltsam überstülpen muss, und die für mich trotzdem irgendwie noch keinen rechten Sinn ergibt.) Es fehlt dem Film an Identifikationsfiguren. (Die beiden Kommissare, die noch am ehesten den Verdacht erwecken, für diese herhalten zu können, erfüllen den Zweck letztendlich überhaupt nicht. Wo Argento beispielweise kunstvoll oft den Zuschauer selbst ins Geschehen reißt, indem er, wie sein Lehrmeister Hitchcock, einen Menschen wie Du und Ich in den Fokus seiner überbordenden, oftmals genauso verworrenen, verzettelten, verklausulierten Krimi-Plots stellt, der mit einem Verbrechen konfrontiert wird, und nun auf eigene Faust, quasi als Projektion des Betrachters, dieses seiner Auflösung entgegenbringen möchte, haben wir in FRANCESCA neben gerade mal zwei kauzigen Figuren, die als Täter in Frage kommen, und einer Vielzahl gesichtsloser Opfer eben nur die beiden Beamten, deren Ermittlungen auch nicht das Gelbe vom Ei sind, und an den entscheidenden Stellen von Meister Zufall kräftig in den Hintern getreten bekommen. Wo sind nur die skurrilen Ermittler-Charaktere, die pausenlos Eier verspeisen oder Kreuzworträtsel lösen, wenn man sie braucht?) Es fehlt überhaupt irgendeine Grunddramaturgie, ein Pulsschlag, der die einzelnen Versatzstücke vielleicht nicht sinnvoll, aber zumindest zielgereicht auf einen Kulminationspunkt hinbewegen würde. (Auch auf die Gefahr hin, nun mindestens als misogyn oder blutlüstern zu gelten: Etwas Sleaze, der in den Filmen, auf die die Onettis sich vollmundig berufen, immerhin einen kaum zu leugnenden Stellenwert einnimmt, sowie etwas sadistische Kreativität bei der Ausgestaltung der Mordszenen hätte dem Film wohl mehr gutgetan als geschadet – bis auf den allerersten, dann doch recht harten – und treffend an die musikalische Untermalung gekoppelten - Mord sehe ich die deutsche FSK 18 eigentlich nirgendwo gerechtfertigt.)
3. Was FRANCESCA aber für mich letztlich das Genick bricht, das ist die enervierende Post-Synchronisation bzw. die Versuche der Onettis, notdürftig zu kaschieren, dass die Lippenbewegungen ihrer Darsteller selten mit den nachträglich hinzuaddierten italienischen Stimmen auf der Tonspur übereinstimmen. Was tut man, wenn man offenbar seine Schauspieler erstmal hat vor der Kamera agieren zu lassen, und sie danach erst mit Lautäußerungen versieht? Am besten dafür sorgen, dass ich ihre Lippen nie so genau zu Gesicht bekommen. Ein schönes (oder grässliches) Beispiel für die Praktik, mit der die Onettis ihren eigenen Film rupfen wie ein Suppenhuhn, ist eine der einschläfernden und wenig Erkenntnisgewinn beinhaltenden Dialogszenen zwischen den beiden Kommissaren. Diesmal haben sie sich zum Billard getroffen. Unmotiviert fährt die Kamera die Tische entlang, zoomt sich auf die Kugeln ein. Genauso unmotiviert verdeckt einer der Darsteller die Kauleiste des andern, und deplatziert wirken zumindest für meine Ohren auch die Stimmen an sich, die man den offenkundigen Laien in die Münder gestopft hat. Wenn FRANCESCA in seinen Alptraumsequenzen, seinen surrealen Farbspielereien, seinen Gewaltexzessen mit angezogener Handbremse nicht selten imstande ist, sein niedriges Budget phantasievoll zu übertünchen, wirkt der Film auf mich immer dann, wenn zwei seiner Charaktere sich in Form von mehr als zwei Sätzen miteinander unterhalten, beinahe schon wie eine bessere Amateurproduktion. (Dass ich die deutsche Synchronfassung nicht kenne, ist in der Hinsicht wahrscheinlich ein Segen für mich.) Zumal das, was die Figuren einander zu sagen haben, nun wirklich nicht von Relevanz ist, und gerade die andauernden Dante-Querverweise mir sauer aufstoßen. Ich erwarte von einem Film dieses Genres nun beileibe keine literaturwissenschaftlichen Abhandlungen auf Hochschulniveau, doch wie offensichtlich es ist, dass man einfach mal ein paar Hochkultur-Referenzen um ihrer selbst willen ins fade Spiel wirft, ohne scheinbar selbst genau zu wissen, was mit ihr anzustellen, das ist schon ein starkes Stück von einem Film, der seine Vorbilder eben nicht etwa reflektiert, nicht mit ihnen jongliert, sie schon gar nicht dekonstruiert oder sie auch nur so dreht, dass das Licht in einer Weise auf sie fällt, die ihnen neue Seiten abgewinnt, sondern sie sklavisch nachbetet wie ich abends meinen Katechismus.
Eigentlich mag ich aber gar nicht allzu hart mit diesem Film von Fans für Fans ins Gericht gehen. Ich weiß, dass die Onettis rund um Buenos Aires für eine Handvoll Pesos ein Retro-Italien der 70er errichtet haben, und das al-lein empfinde ich schon als eine Leistung, der ich Respekt zolle. Der Anfang ist außerdem Gott! – diese Musik, und wie der Laptop-Schirm sich regelrecht vor mir eröffnet, und dann dieses Panorama schwankender Bäume vorm Nachthimmel -, nur wird mit zunehmender Laufzeit aus diesem Gott ein recht langweiliger, schwerfälliger Götze, der immer ausgesprochen adrett ausschaut, unter seiner Maskerade aber vor allem klaffende Leere versteckt. Würde den Onettis mal jemand ein intelligentes Drehbuch schreiben, oder würden die Onettis den Weg von Cattet-Forzani in die absolute Abstraktion einschlagen, dann wäre bestimmt meine Tasse Tee. Im Moment schmeckt vorliegendes Werk für mich wie Auberginen im Schokomantel und Avocados, die auf Kriegsfuß mit Ingwer stehen.
- Ringo aka Angelface
- Beiträge: 291
- Registriert: Mi 23. Dez 2009, 17:44
Re: Francesca - Luciano Onetti (2015)
So, jetzt habe ich auch dieses Werk betrachten dürfen.
Onetti hat viel Gespür für Einstellungen und Settings, hier eifert er seinen Vorbildern sehr gut nach. Die Bibliothek und das Herrenhaus sind recht imposant gefilmt. Die Atmosphäre stimmt für eine Amateurproduktion und die Macher haben sich sichtlich viel Mühe gegeben.
Leider ist das Drehbuch wohl auf einem A5 Blatt geschrieben worden und völlig konfus. Das schlimmst aber ist die schwache Leistung der Darsteller! Die Kommissare schlurfen durch die Handlung wie teilnahmslose Zombies oder sitzen herum und starren in die Gegend.
Das Finale hat wenigstens eine Überraschung und wer den Abspann bis zum Schluss sieht kennt sich gar nicht mehr aus.
Mein Fazit: Viel Ambition verpufft leider – der Teufel liegt nun mal im Detail....
Onetti hat viel Gespür für Einstellungen und Settings, hier eifert er seinen Vorbildern sehr gut nach. Die Bibliothek und das Herrenhaus sind recht imposant gefilmt. Die Atmosphäre stimmt für eine Amateurproduktion und die Macher haben sich sichtlich viel Mühe gegeben.
Leider ist das Drehbuch wohl auf einem A5 Blatt geschrieben worden und völlig konfus. Das schlimmst aber ist die schwache Leistung der Darsteller! Die Kommissare schlurfen durch die Handlung wie teilnahmslose Zombies oder sitzen herum und starren in die Gegend.
Das Finale hat wenigstens eine Überraschung und wer den Abspann bis zum Schluss sieht kennt sich gar nicht mehr aus.
Mein Fazit: Viel Ambition verpufft leider – der Teufel liegt nun mal im Detail....