Barbie - Greta Gerwig (2023)

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Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von buxtebrawler »

Barbie.jpg
Barbie.jpg (78.28 KiB) 411 mal betrachtet

Originaltitel: Barbie

Herstellungsland: USA / Großbritannien

Regie: Greta Gerwig

Darsteller(innen): Margot Robbie, Issa Rae, Kate McKinnon, Alexandra Shipp, Emma Mackey, Hari Nef, Sharon Rooney, Ana Cruz Kayne, Ritu Arya, Dua Lipa, Nicola Coughlan, Emerald Fennell, Ryan Gosling, Simu Liu, Kingsley Ben-Adir, Ncuti Gatwa, Scott Evans u. A.
In Barbieland ist alles wundervoll. Doch bei einer der allabendlichen Feiern fragt sich Barbie (Margot Robbie), ob nicht auch die anderen manchmal an den Tod denken. Damit nicht genug, am nächsten Morgen will Barbie nichts so recht gelingen. Stimmt etwas nicht mit ihr? Barbie erfährt, dass sie sich an Komische Barbie (Kate McKinnon) wenden soll, diese könnte ihr helfen. Beim Besuch bei jener erfährt Barbie, dass sie sich in die reale Welt begeben muss, zu ihrer Besitzerin. Wenn sie mit dieser wieder in Einklang kommt, werden ihre Probleme verschwinden. So begibt sich Barbie auf die Reise - und hat unverhofft auch Ken (Ryan Gosling) als Begleiter dabei. Aber werden die beiden in der realen Welt die Lösung ihrer Probleme finden oder sogar gänzlich neue entstehen?
Quelle: www.ofdb.de



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Re: Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von buxtebrawler »

Aus der Produktionshölle ins Barbieland

“I'm not pretty anymore!“

Spielzeugverfilmungen stehen seit geraumer Zeit hoch im Kurs, ob Lego, Transformers oder Super Mario Bros. US-Spielzeughersteller Mattel wollte da mitmischen und sein Barbie-Franchise um einen Realfilm erweitern – wohl auch, um das ramponierte Image seines Produkts, dieses magersüchtigen Püppchens in unmenschlichen Proportionen, aufzuwerten. Aus dem bereits seit 2009 geplanten Projekt wurde jedoch lange Jahre nichts, sämtliche Ansätze verliefen im Sande. Ab 2019 aber wurde es interessant: Margot Robbie („Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn“) sollte die Hauptrolle spielen, die feministische Indie-Regisseurin Greta Gerwig („Lady Bird“) zusammen mit Ihrem Lebensgefährten Noah Baumbach („Frances Ha“) das Drehbuch verfassen und schließlich sogar die Regie des Films übernehmen, der letztlich von Robbies Produktionsfirma LuckyChap Entertainment produziert wurde – in Koproduktion mit Mattel und HeyDay Films. Gerwig und Barbie – wie sollte das zusammenpassen? Gerwig und Robbie – klingt das nicht nach einem Dreamteam für ein feministischem Kino offen gegenüberstehenden Publikum? Diese Entwicklung machte neugierig und mündete in eine komödiantische Satire, die im Sommer 2023 mit viel Marketing-Tamtam in die Kinos kam und zu einem Kassenknüller wurde.

Barbie: “I do not have a vagina and he does not have a penis. We have no genitals.” / Ken: ”I have all the genitals!”

Im Barbieland heißen alle Girls Barbie: Die stereotype Barbie (Margot Robbie) ebenso wie all die anderen Barbies (u.a. Issa Rae, Hari Nef, Alexandra Shipp) in ihren hochdotierten Berufen, und jeder Tag hält den identischen Ablauf für seine Bewohnerinnen bereit. Alles ist kunterbunt bei dominierenden rosafarbenen Pastelltönen, aus der Dusche braucht ebenso wenig Wasser zu kommen – schließlich gibt es hier keinen Schmutz – wie Kaffee aus der Tasse – hier braucht niemand Koffein. Es herrscht die totale Harmonie, Konflikte sind ein Fremdwort und jeder Tag endet mit einer Feier in Barbies Traumhaus. Zu diesem haben weder Beach-Ken (Ryan Gosling, „Blade Runner 2049“) noch die anderen Kens (u.a. Kingsley Ben-Adir, Simu Liu, John Cena) zutritt, sie sind lediglich schmückendes Beiwerk für die Barbies, die sich selbst genug sind. Sexualität und Liebe? Fehlanzeige. Eines seltsamen Tages ändert sich jedoch alles für die stereotype Barbie: Sie wird von Todesgedanken geplagt und, viel schlimmer noch: ihre Fersen berühren den Boden, sobald sie ihre Stöckelschuhe auszieht! Etwas derart Abnormes kennt man hier nicht. Um in Erfahrung zu bringen, was mit ihr nicht stimmt, sucht sie die „komische Barbie“ (Kate McKinnon, „Bombshell – Das Ende des Schweigens“) auf. Diese erklärt ihr, dass die psychische Verfassung einer ihrer Besitzerinnen in der Menschenwelt einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum verursacht habe, durch das sie zu eben jener reisen müsse, um die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Dumm nur, dass Ken dies zum Anlass nimmt, seinen Strand zu verlassen und sich in Barbies Cabrio zu verstecken, um bei ihr sein zu können – und dass die Realität kein harmoniefaschistisches Matriarchat wie Barbieland ist, sondern vielmehr vom Patriarchat bestimmt wird, dessen Konzept bei Ken auf fruchtbaren Boden fällt, während Barbie den Mattel-Chef (Will Ferrell, „Buddy – Der Weihnachtself“) aufsucht…

Ken: „Hi, Barbie!“ / Barbie: „Hi, Ken!“ / Barbie: „Hi, Barbie!“ / Barbie: „Hi, Barbie!“ / Barbie: „Hi, Barbie!“ / Barbie: „Hi, Barbie!“ / Barbie: „Hi, Barbie!“ / Ken: „Hi, Barbie!“ / Barbie: „Hi, Ken!“ / Ken: „Hi, Ken.“

Der Prolog bemüht Kubricks legendäre Eröffnungssequenz aus „2001: A Space Odyssee“, nur eben mit, nun ja, Puppen, und vermittelt, Barbie sei die erste Nichtbabypuppe gewesen – anscheinend war sie zumindest die erste in den USA massenproduzierte, damals, 1959, interessanterweise nach einem deutschen Vorbild. Im herrlich überkitschten, realen Playsets und Spielzeugfiguren nachempfundenen Barbieland wird die absurde Naivität der Barbie-Welt lebendig und sehr anschaulich vorgeführt, mit all ihren einfältigen Barbies und Sonnyboy-Karikaturen namens Ken sowie dem kommerziellen Stumpfsinn, etliche Figuren gleichen Namens in einer unübersichtlichen Zahl an Variationen herauszubringen. Bei einem jüngeren, noch auf die heile Barbie-Welt-Fantasie hereinzufallen oder sie zu idealisieren drohenden Publikum dürfte damit bereits der Groschen fallen, dass es sich bei dieser oberflächlichen, gekünstelten Plastikwelt um etwas keinesfalls Erstrebenswertes handelt. Eine entlarvende, urkomische Dekonstruktion.

“I'm just Ken and I'm enough, and I'm great at doing stuff!”

Doch vermittelt man auch, dass es diejenigen, die mit den Puppen spielen, in der Hand haben, was aus ihnen – den Puppen – wird. Daraus resultiert die „komische Barbie“, deren Normalzustand der Spagat ist und die eine punkige Frisur sowie Gesichtsbemalung trägt, seit ein Kind eine Barbie-Puppe in der realen Welt so hergerichtet hat. Ausgerechnet diese aus der Art schlagende Außenseiterin ist die weiseste in Barbieland. Die Botschaft: Es ist deine ganz persönliche, eigene Fantasie, die du auf die Puppen projizierst – und diese muss keinesfalls sexistischen Klischees entsprechen. Du kannst ganze Welten erschaffen und die Macht liegt bei dir, nicht beim Hersteller.

“Humans have only one ending. Ideas live forever.”

In der realen Welt bedient der Film eine Mischung aus Culture-Clash- und Fish-out-of-Water-Humor, wenn Barbie nicht nur mit der Realität konfrontiert wird, sondern sich von der Heranwachsenden Sasha (Ariana Greenblatt, „Mittendrin und kein Entkommen“) auch noch als Faschistin beschimpfen lassen muss. Dabei glaubt sie, gerade diese Schülerin aufsuchen zu müssen, um den Riss im Raum-Zeit-Kontinuum zu kitten. Als sie Sashas Mutter Gloria (America Ferrera, „Echte Frauen haben Kurven“), eine Mattel-Angestellte, kennenlernt, dämmert es ihr, dass sie es ist, die dafür die Verantwortung trägt. Daraus entwickelt sich ein für Greta Gerwig typischer, sich durch den Film ziehender Handlungsstrang um einen Mutter-Tochter-Konflikt, u.a. aufgeheitert durch Werbespots für Glorias Puppenentwürfe wie die „Depressionsbarbie“. Zu dritt rauft man sich irgendwie zusammen und tritt fortan als Team auf.

Ken: “I thought I might stay over tonight.” / Barbie: “Why?” / Ken: “Because we're girlfriend and boyfriend.” / Barbie: “To do what?” / Ken: “I'm actually not sure…”

Der phallusartig in die Wolken reichende Mattel-Unternehmenssitz ist in seiner Monotonie und faschistoiden Strenge die Antithese zu Barbieland, die Chefetage ausschließlich maskulin besetzt. Der Aufenthalt in der realen Welt wird genutzt, um den Sexismus hinter weiblichen Stereotypen wie jenem durch die Barbies verkörperten und sich gegen Geschlechterungerechtigkeit wendenden Feminismus zu diskutieren, indem man sie direkt aufeinanderprallen lässt. Zu einer Karikatur auf Männlichkeitsklischees gerät Kens Etablierung des Patriarchats in Barbieland, das Barbie zusammen mit menschlicher Unterstützung sowie derjenigen des Macho-immunen Allan (Michael Cera, „Juno“) – als einziger nur einmal in Barbieland vertreten – nun zu bekämpfen versucht. In diesem Zuge wird sie sich irgendwann fragen, ob ein alle Kens ausgrenzendes Barbiearchat tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist.

Der Humor wird bei alldem stets beibehalten, um hitverdächtige Musical-Einlagen angereichert und die Plakativität der Barbie- und Ken-Puppenvorbilder genutzt, um eigentlich heillos überzogene Persiflagen und satirische Spitzen innerhalb dieses Sujets funktionieren zu lassen. Möglicherweise Lizenz- und Geldgeber Mattel ist es geschuldet, dass Barbie-Erfinderin Ruth Handler (Rhea Perlman, „Cheers“) sich erklären darf. Anscheinend wollte diese nämlich nicht die Emanzipation der Frau torpedieren, sondern eine Projektionsfläche für ihre Fantasien schaffen – verdeutlich allein schon durch den eklatanten Unterschied zwischen ihrer und Barbies körperlicher Statur. Weshalb eine utopische Fantasie ein unmöglich zu erreichendes und dadurch falsches körperliches Ideal umfasst, wird jedoch nicht mehr diskutiert. Indem Barbie zu einem Fantasieprodukt erklärt wird, glaubt man vermutlich, dies nicht mehr tun zu müssen.

Möglicherweise braucht man dies auch tatsächlich nicht, wenn es gelingt, eine gleichberechtigte, aufgeklärte Gesellschaft zu gestalten, in der Mädchen wie Jungen und alle außerhalb und dazwischen frei und frohgemut aufwachsen können und sich nicht vom äußeren Erscheinungsbild lebloser Plastikpuppen verunsichern lassen. Auch dies scheint der Film vermitteln zu wollen, der die Selbstironie um eine besondere Art von Fan-Service ergänzt, nämlich wenn man exemplarisch drei kurz nach ihrer Produktion wieder eingestellte, besonders absurde Puppen-Varianten auflaufen lässt (nach denen vermutlich durch diesen Film verstärkt in den Auktionshäusern des World Wide Web gesucht werden wird). Der Abspann implementiert sodann auch zahlreiche Bilder der echten Spielzeugpuppen. Damit dürfte tatsächlich das Kunststück gelungen sein, einen Film für Barbie-Fans und -Hasser zu erschaffen – Respekt vor diesem Spagat.

Sicher, die Mattel-Chefetage wird in ihrem Slapstick etwas zu albern dargestellt, die Mutter-Kind-Szenen zwischen Sasha und Gloria sind mitunter etwas arg gefällig ausgefallen und vor allem das Ende ist reichlich dick aufgetragen, das hätte es in seiner (hier nicht verratenen) Form nicht unbedingt gebraucht. Wie bewusst sich Gerwig und Co. eigener Widersprüche und Klischees waren, bringt eine Szene zum Ausdruck, in der eine Off-Sprecherin einen Kommentar zu Robbies zu großer Attraktivität für eine bestimmte Szene fallenlässt. Als Hauptaussage des Films dürfte aber Glorias Monolog zur Erwartungshaltung der Gesellschaft an die Frauen hängenbleiben. Und als Haupteindruck vermutlich die innerhalb kariesverursachender Kulissen feildrehenden Margot Robbie und Ryan Gosling.

Diese „Barbie“-Verfilmung konterkariert das weltfremde und kindliche Image der Puppen mit einem ganz der Realität verpflichteten inhaltlichen Füllhorn aus Gesellschaftsanalyse, Feminismus-, Sexismus und Patriarchatsdiskussion, zwischenmenschlichen Beziehungen und dem Umgang miteinander, Erwachsenwerden und -sein, Individualität, schönem Schein und Fantasiewelten versus ernüchternder Wirklichkeit innerhalb einer einen quietschvergnügten Wohlfühlfilm antäuschenden, verdammt witzigen Produktion, die trotz allem der Barbiepuppe auch ein Stück weit ihre Unschuld zurückgibt, sie gewissermaßen als Aufhänger nimmt, um den Fokus der anhand ihrer entbrannten Diskussionen auf eigentlich wesentlich relevantere Phänomene zu lenken. Möglich, dass das Mattels Ansinnen und Bedingung war. Aber, ganz ehrlich: Wenn Pink-, Regenbogen- oder Diversity-Washing (oder wie auch immer man dieses Phänomen bezeichnen will), dann gern so!
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Re: Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von Arkadin »

Aus dem "zuletzt gesehen-Faden": Ich frage mich ja echt, wie die damit durchgekommen sind. Statt einem pink-buntes Feelgood-Movie ala (das brillante) "The Lego Movie" gab es ein in den Mainstream geschmuggelten Indie-Film mit merkwürdig großem Budget, Botschaft und vielen philosophischen Monologen. Kinder dürften sich teilweise arg langweilen (wobei mich interessieren würde, ob dem wirklich so ist), da hier sehr erwachsene Themen wie Feminismus, Patriachat, Machismo, Ausgrenzung (die Kens am Anfang!), Coming-Of-Age, Midlifecrisis, Existenzialismus, Konsumkritik, Bodyshaming und vieles, vieles mehr verhandelt wird. Dies aber nicht als Thesis-Film, sondern schwer unterhaltsam, perfekt besetzt und sehr intelligent. Dabei wird auch die Balance zwischen Humor und Nachdenklichkeit perfekt gehalten wird. Ein sehr merkwürdiger Film, der etwas anderes verspricht als er hält und anders herum. Obwohl man ab und zu das Gefühl hat, die gute Greta Gerwig hätte vielleicht zwei-drei Themen zu viel reinstopft, eine dickte Empfehlung.

Nachtrag von heute: Obwohl ich Will Farell mag und die ganzen Mattel-CEOs lustig fand, so passt das "Brazil"-artige Gebäude mit den durchgeknallten, Monty-Pytonesquen Geschäftsleuten nicht wirklich in die "reale Welt".
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Re: Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von Dick Cockboner »

Ich hatte von der ersten bis zur letzten Minute meinen Spaß! Sehr unterhaltsam, sehr gut!
Der Film ist definitiv empfehlenswert. Ich musste ja schon sehr viele animierte Barbie-Filme im TV über mich ergehen lassen (Tochter! :evil: ) aber hiermit wurde ich wieder ein Stück versöhnt.
Arkadin hat geschrieben: Sa 29. Jul 2023, 16:39 Nachtrag von heute: Obwohl ich Will Farell mag und die ganzen Mattel-CEOs lustig fand, so passt das "Brazil"-artige Gebäude mit den durchgeknallten, Monty-Pytonesquen Geschäftsleuten nicht wirklich in die "reale Welt".
Will Ferrell mag jeder, alles Andere wäre ja völlig verrückt :D
Genau dieses "nicht reale" hat mir aber sehr gut gefallen!
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Re: Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von Reinifilm »

Habe den Streifen im Kino gesehen und gut gelacht. Bloß die in der Vorstellung anwesenden Kinder konnten mit dem Film so gar nichts anfangen. :kicher:
Für mich 'ne klare 08/10.
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karlAbundzu
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Re: Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von karlAbundzu »

OmU im Kino.
Barbie lebt in Barbie-Land, alles ist gut, bis sie eines Tages aufwacht, ihre Fersen den Boden berühren und sie Hilfe bei weird Barbie sucht. In der realen Welt erfindet eine Frau ein paar untypische Barbies für sich und schafft so ein Riss zwischen den beiden Welten. Barbie und Beach Ken machen sich auf, alles wieder in Ordnung zu bringen.
Wunderbarer Wohlfühlfilm. Barbie-Land ist perfekt ausgestattet, ebenso die Kostüme, der Mattel Konzern wie eine Zwischenwelt. Die beiden Hauptdarsteller brillant, dazu freudiges Wiedersehen mit Rhea Perlman und Will Ferrell. Die Story hat viel Humor und haut die wichtigsten Themen rein (obwohl einzig Women Empowerment vertieft besprochen werden), und vor den vielen Unlogeleien lenken die grellen Farben, die schnelle Inszenierung, die sehr guten Musical Nummern und popkulturellen Anspielungen ab.
Außer den Musical Nummern fällt die Musik ein wenig ab: die ausgesuchten Titel allzu vorhersehbar und der Score nichts sagend.
Aber er tut auch nirgendwo weh: wenn der Lösungsvorschlag ist, allen zu sagen, wo sie wie unterdrückt wird, dann ist alles ad hoc ok, blendet halt völlig sämtliche Lebensumstände aus.
Mattel macht das natürlich gut: Barbie ist das, was wir auf sie projezieren und vermittelt die Mär des unschuldigen Produzenten, der die Macht beim Konsumenten sieht. Der alte Trick: Widersprüche aufnehmen, verwässern und integrieren, um ihnen die Gefahr zu nehmen.
Interessanterweise wird sogar das im Film beschrieben: Ken in der realen Welt: Ach, dann ist das gar kein Patriachat mehr? Nebenfigur: Doch, wir können es nur besser verstecken.
Insgesamt fehlt dem Film jegliche Kritik am Kapitalismus und an der Heteronormativität.
Die ich in einem Hollywood-Film auch nicht erwartet habe, zeigt mir halt nur (ähnlich wie Black Panther und Wonder Woman), inwieweit wir in unserer gesellschaftlichen Debatte wieder mindestens 40 Jahre zurück sind.
Zwei Szenen schienen den Macherinnen wichtig: Gloria, wie sie ausgiebigst das Paradoxe im Leben einer Frau bezeichnet, und die wirklich im Stil, Sound und Handlung heraus fallende sehr kurze Szene auf der Bank mit Barbie und der alten Frau. Alleine dafür darf ich dem Film dankbar sein.
Und natürlich für zwei Wohlfühlstunden am Mittag.

PS: im Original ist die wunderbare Stimme von Helen Mirren die Erzählerin, falls ihr die Möglichkeit habt.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von Arkadin »

karlAbundzu hat geschrieben: Mo 31. Jul 2023, 15:51 und die wirklich im Stil, Sound und Handlung heraus fallende sehr kurze Szene auf der Bank mit Barbie und der alten Frau.

Oh ja, die Szene ist wirklich ganz, ganz wundervoll. :knutsch:
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Re: Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von buxtebrawler »

karlAbundzu hat geschrieben: Mo 31. Jul 2023, 15:51 Insgesamt fehlt dem Film jegliche Kritik am Kapitalismus und an der Heteronormativität.
Einspruch: Wenn ich micht recht entsinne, ist Allan eine Art nichtheteronormative Figur, zudem eine positiv konnotierte. Und auch ohne, dass explizit als solche bezeichnete Homo- oder Transsexuelle Teil der Handlung würden, sind doch große Teile des Films total camp und wirken queer - allein schon die Musical-Einlagen der Kens...
karlAbundzu hat geschrieben: Mo 31. Jul 2023, 15:51Die ich in einem Hollywood-Film auch nicht erwartet habe, zeigt mir halt nur (ähnlich wie Black Panther und Wonder Woman), inwieweit wir in unserer gesellschaftlichen Debatte wieder mindestens 40 Jahre zurück sind.
Du meinst, wir sind diesbzgl. schlechter dran als vor 40 Jahren, als Homosexualität vielen noch als Krankheit galt und mit Feminismus in erster Linie maskuline Kampflesben und lustfeindliches ungeficktes Dörrobst assoziiert wurde? :-?
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Re: Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von karlAbundzu »

buxtebrawler hat geschrieben: Di 1. Aug 2023, 09:40 meinst, wir sind diesbzgl. schlechter dran als vor 40 Jahren, als Homosexualität vielen noch als Krankheit galt und mit Feminismus in erster Linie maskuline Kampflesben und lustfeindliches ungeficktes Dörrobst assoziiert wurde?
Da ist immer ein Problem: in der Gesetzgebung sind wir tatsächlich weiter, keine Frage. Und das in Irland mal Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehen möglich sind, hätten wir Mitte der 80er auch nicht gedacht. Allerdings sind das genau die Ergebnisse eines langen gesellschaftlichen Diskurses, der Mitte der 80er schon mindestens auf dem Level war. Das die allgemeine Diskussion sich wertemässig nach rechtskonservativ verschiebt, ist doch allzu offensichtlich.
Vielleicht lag es an meinem Umfeld zu der Zeit (allerdings auch Arbeiter und Kleinbürgertum), aber zu sagen, dass man Feminist ist, bedurfte keine weitere Erklärung. Heute kommt die Rückfrage: Aber du bist doch ein Mann. Das evangelische Priester, wie jüngst in Bremen, sich öffentlich trauen, Homosexuelle als grundsätzlich Kriminell und krank zu bezeichnen, hätte es zumindest in Bremen nicht gegeben.
Nein, Feministinnen waren eine größere Bandbreite. Homosexuelle waren in der Mitte angekommen und konnten so die Rechte für sich durchsetzen.
Den ersten Werte Rückschlag gab es tatsächlich nach der Wiedervereinigung und dem Niedergang der SU ( keine Ahnung, ob es da einen Zusammenhang gibt), der aber überwunden schien. Jetzt, also circa seit 10 Jahren , habe ich zumindest den Eindruck, dass über den erreichten Status Quo ( wir leben in der besten aller möglichen Gesellschaften) nicht mehr hinaus gedacht wird.
M.E.n ist die tolle Rede, die Gloria hält, der zentrale Monolog vielleicht für us-amerikanische Verhältnisse aufsehenerregend, aber eigentlich auch schon Stand der allgemeinen Kenntnisse hier, ich bleibe dabei, seit circa 40 Jahren.
Interessant wären da mal vergleiche repräsentativer Umfragen 1985, 1995, usw zu den Fragen.
buxtebrawler hat geschrieben: Di 1. Aug 2023, 09:40 Einspruch: Wenn ich micht recht entsinne, ist Allan eine Art nichtheteronormative Figur, zudem eine positiv konnotierte. Und auch ohne, dass explizit als solche bezeichnete Homo- oder Transsexuelle Teil der Handlung würden, sind doch große Teile des Films total camp und wirken queer - allein schon die Musical-Einlagen der Kens...
Klar, der Film ist Camp auf eine Weise, auch wenn ich Alan tatsächlich nicht als queer , sondern als irgendeine Puppe, die es mal gab aber nicht erfolgreich war, ansah. Kenne mich da nicht aus, und habe eben erst gegoogelt, war erst die Kumpelfigur von Ken, dann der Freund der schwangeren midget. Insofern Fanservice, und in der Handlungslogik das einzige Individuum in Barbie-Land bzw Kendom, das folgerichtig da weg will.
Die Musical Nummern erschienen mir so queer wie jede Boygroup.
Das alles ist dann insgesamt eher heten -queer, ich weiß nicht, wie der Film in der entsprechenden queeren Szene ankommt.
Noch eins dazu: das in einer Gesellschaft ohne Sex sich trotzdem alles, auch nach einer Revolution, sich in reinen 2er hetero Beziehungen organisiert, sagt einiges aus.
Das die überflüssig gewordene stereotypische Barbie am Ende sich dagegen entscheidet, aber damit aus eben diesem Reich auszieht, auch.

Das gute am Film: das so etwas dann auch mal wieder ausformuliert werden muss.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Re: Barbie - Greta Gerwig (2023)

Beitrag von karlAbundzu »

Was ich noch sehr gut fand, da es mich und mein Umfeld schön trifft: das überhebliche Männlichkeit eben nicht nur nur Jungs, die auf Pferde, Trucks und Bierdosen stehen, betrifft, sondern auch die, die glauben, die Wahrheit über die Besonderheit der tollsten Indie - Band oder über Der Pate, zu kennen.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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