Eyes of Crystal - Die Angst in deinen Augen
(Occhi di cristallo)
mit
Luigi Lo Cascio, Lucía Jiménez, José Ángel Egido, Simón Andreu, Carmelo Gómez, Eusebio Poncela, Branimir Petev Miladinov, Tzvetan Orlinov Filipov, Ernestina Chinova, Hristo Jivkov, Desislava Tenekedjieva, Plamen Prev
Regie:
Eros Puglielli
Drehbuch:
Gabriella Blasi / Luca Di Fulvio / Franco Ferrini / Eros Puglielli
Kamera:
Luca Coassin
Musik:
Francesc Gener
keine Jugendfreigabe
Großbritannien / Italien / Spanien / 2004
Einst ermordete man des Kommissaren Amaldis Freundin, weshalb der Cop heute zu rabiaten Selbstjustizakten neigt. Jetzt sucht die Studentin Giuditta Schutz in einer Stalking-Sache, und Amaldi verliebt sich erneut. Derweil treibt in der Stadt ein Serienmörder sein Unwesen, entwendet jungen Frauen mit fachkundiger Hand hier einen Fuß und dort einen Kopf, als ob er sich irgendwo eine neue Frau aus den Einzelteilen bauen wollte. Und Amaldi fürchtet zu Recht, dass sich das Schicksal wiederholen könnte.
Gerade weil die Hochzeiten des italienischen Gialli längst vorbei sind ist es umso schöner, wenn sich zumindest ab und zu ein Regisseur dazu aufrafft, das Sub-Genre mit einem neueren Beitrag wieder ein wenig aufleben zu lassen. Wenn sich das Ergebnis dann auch noch so gut-und stimmig wie in vorliegendem Fall präsentiert, lässt dies das Herz im Leibe eines jeden Fans höher schlagen. Zwar mag sich "Eyes of Crystal" für manch einen nicht in der oberen Liga der Genre-Kollegen einstufen, doch mir persönlich hat dieses Werk ausnehmend gut gefallen. Dies liegt in erster Linie an der äußerst interessanten Art, wie Regisseur Eros Puglielli seine Geschichte aufbaut, denn wird man doch zu Beginn anscheinend mit mehreren kleinen Erzählsträngen konfrontiert die wohl nichts miteinander zu tun haben, so kristallisiert sich im Laufe der Zeit immer mehr heraus, das diese anfängliche Vermutung ein einziger Trugschluss ist. So präsentiert sich dem Zuschauer dann auch ein wunderbares Puzzle aus etlichen Vermutungen-und Indizien, das mit zunehmender Laufzeit immer mehr Zusammenhänge erkennen lässt, aber erst kurz vor dem Ende ein Gesamtbild abliefert, das eigentlich keinerlei Fragen offen lassen dürfte.
So ist man dann auch durchgehend sehr konzentriert bei der Sache und begibt sich zusammen mit den Protagonisten auf die Suche nach einem offensichtlich geistesgestörten Killers, der seine Opfer auf nahezu bestialische Art und Weise um ihr Leben bringt und ihnen dabei diverse Körperteile entfernt. Die ermittelnden Beamten stehen vor einem schier unlösbaren Rätsel, sind doch die Beweggründe für die grausamen Morde und das Entfernen einzelner Körperteile nicht zu erkennen. Puglielli versteht es sehr gekonnt, den Betrachter über eine lange Zeit so gut wie völlig im Dunkeln tappen zu lassen und webt dabei ein dichtes Netz von Puzzle-Teilchen, die sich erst sehr spät zu einem großen Ganzen zusammenfügen. Dazu gehört auch der Aspekt des scheinbaren Neben-Erzählstranges, in dem sich eine Beziehung zwischen Kommissar Amaldi und dem Stalking-Opfer Giuditta anbahnt. Was zu Beginn noch wie eine eher nebensächliche Romanze beginnt, erhält im Verlauf der Ereignisse eine ungemein starke Gewichtung und wird so zu einem wesentlichen Bestandteil der gesamten Geschichte. Für mich persönlich ist es jedes Mal wieder aufs Neue ein regelrechtes Fest diesen Film anzuschauen, der in meinen Augen unglaublich gut gelungen ist und zudem auch mit der nötigen Grundstimmung versehen wurde, um durchaus einen weit überdurchschnittlichen Eindruck zu hinterlassen.
Die ganze Zeit über geben sich dabei immer wieder sehr bedrohliche Züge zu erkennen, wobei sich die vorherrschende Atmosphäre an einigen Stellen so sehr verdichtet, das bei einem selbst ein starkes Gefühl des Unwohlseins empor steigt, das äußerst beklemmende Ausmaße annimmt. Die dabei immer weiter ansteigende Spannung ist phasenweise kaum auszuhalten und man kann es kaum abwarten, bis sich am Ende dann endlich des Rätsels Lösung offenbart. Vielleicht mag das nicht jeder zu empfinden, doch mich zieht die Geschichte immer wieder in ihren geheimnisvollen Bann und sendet dabei eine Faszination aus, der ich mich beim besten Willen nicht entziehen kann. "Eyes of Crystal" ist ein unglaublich intelligenter Giallo, der in meinen Augen keine nennenswerten Logiklöcher erkennen lässt und durch das Einfügen diverser Flashbacks diverser Charaktere ein immens spannendes Puzzle präsentiert, das man nur zu gern zusammensetzen will. Zudem konnte hier eine Darsteller-Riege verpflichtet werden, die wirklich überzeugende Leistungen abliefert, wobei mich am meisten die Hauptfigur Kommissar Amaldi (Luigi Lo Cascio) beeindrucken konnte. Bekommt man es hier doch einerseits mit einem sehr intelligenten Beamten zu tun, so muss man sich andererseits auch mit seinen immer wieder auftretenden Aggressionen auseinandersetzen, die in seiner Vergangenheit begründet sind.
Insgesamt gesehen bietet "Eyes of Crystal" auf jeden Fall durchgehend ungemein spannende-und atmosphärische Giallo-Kost, die zudem auch noch von einem sehr passenden Score unterlegt wird. So ergibt sich dann schlussendlich auch ein Gesamteindruck, den im Prinzip jeder Fan dieser Filmart zumindest als gut einstufen sollte, wobei der Fall bei mir selbst noch etwas anders liegt. Zählt dieses Werk doch zu meinen absoluten Lieblingen, die ich mir in regelmäßigen Abständen immer wieder anschauen muss, um mich an der vorhandenen Qualität zu ergötzen. Denn auch wenn man die Lösung mittlerweile natürlich kennt, präsentiert sich dennoch immer wieder ein extrem stimmiges-und rundes Filmerlebnis, das man jedem nur wärmstens ans Herz legen kann, der seine Freude an einem gediegenen und sehr gut inszenierten Giallo hat.
Fazit:
Ob man diesen Spät-Giallo letztendlich mit den absoluten Größen seiner Art auf eine Stufe stellen kann bleibt natürlich jedem selbst überlassen, doch meinetwegen könnte jede Woche eine Produktion dieser Qualität an den Start gehen. "Eyes of Crystal" ist nahezu ein Paradebeispiel dafür das diese Filme auch in der heutigen Zeit immer noch bestens funktionieren. So bleibt nur zu hoffen das sich auch in Zukunft immer wieder Regisseure an diese fast schon vergessene Filmart heran trauen, so mancher Fan würde es ihnen definitiv danken.
8,5/10