Bete, Amigo - Sergio Corbucci

Helden, Halunken, staubige Dollars, Pferde & Colts

Moderator: jogiwan

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Italo-West-Fan
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Re: Bete, Amigo - Sergio Corbucci

Beitrag von Italo-West-Fan »

Freut mich des er dir nun doch gefällt :)
"Sag Aguilar, was für ein Mann bin ich ?...Ein fairer Mann!"
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DrDjangoMD
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Re: Bete, Amigo - Sergio Corbucci

Beitrag von DrDjangoMD »

Handlung:
Zu Zeiten der Mexikanischen Revolution soll der Priester Don Albino Moncalieri (Paolo Villaggio) von Soldaten hingerichtet werden. Auf dem Weg zum Erschießungskommando lässt er die Ereignisse, die dazu geführt haben, Revue passieren und die Schilderung der turbulenten Reise von ihm und dem Schauspieler Guido Guidi (Vittorio Gassman) durch die Wirren der Revolution beginnt…

Kritik:
Ich kann nur meinen Hut vor Sergio Corbucci ziehen. Nach „Mercenario“ und „Lasst uns töten, Companeros“ präsentiert er mit „Bete, Amigo“ schon seine dritte Tragikomödie über die mexikanische Revolution und diese weist nicht nur eine unüberschaubare Fülle von neuen Einfällen auf, ihre Mischung aus Tragik und Komik ist noch immer so perfekt wie in den oben genannten Filmen, wenn nicht sogar noch genialer abgestimmt.
Wenn der Streifen lustig sein will, dann ist er unbeschreiblich lustig. Obwohl er selten allzu sehr in Klamauk abdriftet (zumindest im Vergleich zu einigen anderen Spaßwestern) gibt es unzählige Stellen bei denen man lauthals auflachen muss. Und wenn der Film ernst sein will, dann gelingt ihm auch das. Corbucci ist seriös genug, dass er weiß, über welche Situationen er sich lustig machen darf und mit welchen er wie ein Erwachsener verfahren muss. Wenn sich die beiden Helden mit Grauen konfrontiert sehen, dann setzen sie sich keine Sonnenbrillen auf und tänzeln mit ihren Pferden herum, während das Thema von einem Barboni-Film spielt, nein, in Szenen die Pietät verlangen, zeigt die Regie Pietät. Erschießungen der Revolutionäre oder das alte Ehepaar, das sich selbst umgebracht hat, sind dadurch bewegende Szenen, die der revolutionsspezifischen Botschaft, die Corbucci anstrebt, äußerst dienlich sind. Nun gibt es aber davor und danach immer so viel zu lachen und die Helden sind so liebenswerte Gesellen, dass man trotz all des ernsten Zeugs nie den Spaß am Film verliert.
Obwohl der Film etwas über anderthalb Stunden andauert, ist das Tempo, welches er anstrebt, enorm. Alle paar Minuten kommen Albino und Guido in irgendein neues verrücktes Abenteuer, mal flüchten sie vor den Revolutionären, mal vor den Soldaten, mal tun sie dies zu Fuß, mal im Auto, mal im Motorrad und (zwei)mal im Flugzeug. Da sie ständig zwischen den Fronten stehen, müssen sie ununterbrochen ihre Kostümierung wechseln, um sich mal mit der einen mal mit der anderen Seite freundschaftlich zu stellen und am Ende setzen sie sich doch immer wieder in die Nesseln. Gewürzt wird dies noch von einer unzähligen Menge an schenkelklopfenden Dialogen der beiden Hauptpersonen. Der englische Titel (der vermutlich näher an den Originaltitel herankommt) „What am I doing in the Middle of the Revolution“ trifft den Ton des Filmes da sehr genau, da das historische Ereignis aus der Sicht von zwei (italienischen) Außenstehenden geschildert wird. Untermalt wird der ganze Spaß übrigens von einem netten angenehme pfeifenden Thema aus der Feder Ennio Morricones und dem Direktionsstab Bruno Nicolais.
Sowohl Paolo Villaggio als auch Vittorio Gassman spielen ihre ulkigen Rollen hervorragend, besonders Gassmans übertrieben theatralisches Gehabe weiß häufig zu gefallen. Die Chemie zwischen den beiden stimmt auch und wir nehmen ihnen vollkommen die beiden Streithähne ab, die sich zwar stets in die Haare geraten, aber sich in Wahrheit doch von ganzem Herzen gerne haben. Derweil erleben wir unter den Nebenrollen die üblichen bekannten Verdächtigen des Italowesterns, reichend von Riccardo Garrone und Leo Anchoriz über José Canalejas und Simon Arriaga bis hin zu Victor Israel und ganz besonders dem großen Eduardo Fajardo!
Fajardo ist in diesem Film wie immer absolut prächtig. Erneut dürfen wir ihn in seiner Paraderolle als sadistischer Anführer der Armee erleben, außer „Django“ habe ich ihn aber glaube ich noch nie so böse gesehen. Der Typ ist nicht nur durch und durch diabolisch, er liebt es auch noch innig diabolisch zu sein. Keinen Skrupel hat er seine eigenen Leute in den Tod zu schicken und die Erschießung von Revolutionären verfolgt er mit dem größten Vergnügen. Hier und da geht seine Performance fast schon in einen cartoonhaften Superbösewicht über, komplett mit Klischees wie seiner Liebe zur Oper, seinem hintertriebenen Schnurrbart und der Tatsache, dass er ständig von schönen Frauen umgeben ist. OK, zugegeben, ich persönlich vermute, dass der letzte Punkt nicht Teil des Filmes war, meine Theorie besagt, dass Fajardo an diesem Punkt seiner Karriere einfach schon so beliebt war, dass ihm sein privater Harem überallhin folgte, auch vor die Kamera. Was? Ihr glaubt mir nicht, dass Fajardo einer der coolsten und gefragtesten Schauspieler aller Zeiten ist? Wie erklärt ihr euch dann, dass der Spanier Eduardo „Eddie“ Fajardo der einzige Italowestern-Star ist, dem 80er-Ikone Laura Branighan einen ganzen Song gewidmet hat?
[BBvideo 425,350][/BBvideo] :pfeif:
Anyway, das Fazit: Sergio Corbucci vermittelt in „Bete, Amigo“ seine durchaus ernste Revolutions-Botschaft mit so viel Humor und unterhaltsamen Abenteuern, wie nur möglich. Ein absolut großartiger Spaß zum drüber nachdenken, mit zwei hervorragenden Hauptdarstellern und einem wie immer sehenswerten Eduardo Fajardo.
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Italo-West-Fan
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Re: Bete, Amigo - Sergio Corbucci

Beitrag von Italo-West-Fan »

Es freut mich sehr, das dieser wirklich hervorragende Film immer wieder einen neuen Fan gewinnt !
Viel zu unterschätzt, das gute Filmchen ! Und bei genauer betrachtung einer dern "traurigsten" Corbucci Western !
Herrlicher Film !
"Sag Aguilar, was für ein Mann bin ich ?...Ein fairer Mann!"
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