Forentreffen Countdown '16

Alles, was nichts oder nur am Rande mit Film zu tun hat

Moderator: jogiwan

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DrDjangoMD
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Re: Forentreffen Countdown '16

Beitrag von DrDjangoMD »

NUR NOCH 14 WOCHEN (plus ein paar Stunden – ich hoffe, dass ich im Oktober nicht so früh aufzustehen habe! :( ) BIS ZUM FORENTREFFEN!!!

Platz 14 Diverses: „Winner takes all“ (Barry Lang, Simon May, Guido und Maurizio de Angelis) aus „Piranha II – Die Rache der Killerfische”

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Wir nähern uns recht vorsichtig an den unausweichlichen de-Angelis-Marathon an und zwar mit einem Song, für den sie sich die Verantwortung mit einigen anderen Persönlichkeiten teilen, „Winner takes all“ aus Antonio Margheritis „Piranha II – Die Rache der Killerfische“. Während der Vorspann nur zurückhaltend mitteilt, dass die Musik von den beiden de Angelis Brüdern stammt (unter ihren richtigen Namen), weiß der Abspann über den Song zu berichten, dass an seiner Komposition neben Guido und Maurizio auch die Herren Barry Lang und Simon May beteiligt waren.
Über Barry Lang ließ sich recht wenig herausfinden. Alles, was ich in Erfahrung bringen konnte war, dass er in den 80ern und 90ern Presenter bei einem irischen Radiosender war, bevor er die Musikbranche verließ, um Pilot zu werden (Hätte er statt bei „Winner takes all“ bei „Flying through the air“ mit Guido und Maurizio kollaboriert hätte ich mich über die Ironie gefreut… :? ). Simon May hingegen scheint in der britischen Musikbranche als Komponist recht etabliert zu sein. Die beiden britischen Songschreiber gesellten sich wohl aufgrund des Co-Produktions-Status von "Piranha II" zu Guido und Maurizio.
In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Lyrics, welche die beiden Italiener selbst dichten, häufig durch eine sympathische Einfachheit und Reime, die nicht zwangsläufig über einen Sinn verfügen, auszeichnen, würde ich vermuten, dass für den heutigen Songtext einer der beiden Briten zuständig war. Bei den Reimen hält er sich stark zurück, aber als Ausgleich bekommen wir ein paar schöne Formulierungen wie „the loneliness we feel in a crowded room of strangers“, die mir sehr gefallen.
Instrumental könnten Guido und Maurizio dafür mit Simon May zusammengearbeitet haben. Das flotte Intro mit der kreischenden E-Gitarre erinnerte mich ein wenig an die de Angelisse, während die Geigen, die später einsetzen, eher nicht zu ihren bevorzugten Instrumenten gehören. So bekommen wir ein Lied, das sich einerseits ohne weiteres in ihre Diskographie einordnen lässt, aber doch auch einige abwechslungsreiche Besonderheiten beinhaltet (ich mag Geigen).
Was der Seriosität des Liedes ohne Zweifel zu Gute kommt ist, dass die beiden Italiener diesmal auf das Singen – zugunsten der soulvollen Stimme von Amii Stewart – verzichteten. Mit Amii hatte Margharitis obskures „Piranha“-Rip-Off einen ziemlichen Star der damaligen Disco-Szene mit an Bord. 1979 – dem Erscheinungsjahr von „Piranhas II“ – hat sie mit „Knock on Wood“ die Charts ziemlich regiert. Co-Produzent dieses Songs war übrigens niemand anderes als unser alter Freund Simon May, was der Grund für ihre Beteiligung sein könnte. Obwohl der Song nicht ganz nach meinem Geschmack ist (Ich hatte eigentlich gehofft, dass es sich um ein Cover von dem hier handelt: https://www.youtube.com/watch?v=0ZWCSEoBpCw, war leider nicht der Fall), amüsiert es mich zumindest, dass Amii „Light my fire“ gecovert hat: https://www.youtube.com/watch?v=xzmTDaLXbe0
Anyway, ihre Stimme macht „Winner takes all“ zu einem ziemlich coolen Song. Fast schon ein wenig zu cool. Wenn ich ihn höre erwarte ich jedenfalls alles andere, als einen exploitativen italienischen Horrorfilm über Killer-Piranhas. Ich war immer der Meinung, dass sich das Lied im Vorspann eines James Bond Filmes viel wohler gefühlt hätte. Das war immer meine Meinung und bei meiner Recherche zu dem Lied bin ich draufgekommen, dass ich mit dieser Meinung wohl nicht mal allein stehe. Wenn man „Winner takes all Amii Stewart“ in Youtube eingibt findet man dieses Video, wo jemand das Lied über Bilder von 007 gelegt hat: https://www.youtube.com/watch?v=hcidVWP7wkc
Um jedoch fair zu bleiben: So unpassend das Lied für die Thematik des ganzen Filmes scheinen mag, den Vorspann hätte es nicht perfekter untermalen können: Während diesem wird die Flucht einer Gruppe Einbrecher gezeigt, deren spektakulären Coup wir in der vorigen Szene gesehen haben. Da ihr Auftraggeber zur selben Zeit um Geld spielt, passt die ganze Glückspiel Metaphorik des Songs („winner takes all“) natürlich wunderbar. Leider hat das Sound Design das Volumen des Titelsongs nur immer in Dialog-Passagen während des Vorspanns runter und danach wieder rauf gedreht. Das wirkt etwas störend, aber zum Trost bleibt ja noch der Abspann, in dem wir das Lied in seiner ganzen tönenden Glorie genießen können.


Platz 14 Western: „Maybe one, maybe nine“ (Berto Pisano, Fred Bongusto) aus „Von Django mit den besten Empfehlungen“

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„Maybe one, maybe nine“ ist einer der am unfreiwillig komischsten Songs, die ich kenne. Ich bin jedes Mal aufs Neue fasziniert, wie die Qualität der Lyrics von Zeile zu Zeile kontinuierlich absinkt. Es beginnt mit einem ziemlich tollen Bild: „When the light of the rainbow is gleaming down.“ – Großartig! Nach so einem tollen Einstieg erwartet man sich gleich einen atemberaubenden Song voll philosophischer Metaphern und lyrischer Ästhetik!
Dass man diesen wohl doch nicht bekommen wird, lässt sich dann leider schon in den nächsten Zeilen erahnen: „There’s a man, who is waitin‘ for a man [Wortwiederholung]; but reason, you don’t know, he wants to kill a man [nicht grammatikalisch korrekt – Auf einer russischen Internetseite, welche die englischen Lyrics des Songs enthält, lautet die Stelle zwar fehlerfreier „The reason you don’t know,…“ Allerdings hat sich der Sänger eindeutig nicht an besagte russische Seite gehalten.].
Die Frage, ob der Songtext nach dieser leichten Enttäuschung noch zu retten ist, erübrigt sich, sobald der Schreiber in den nächsten Zeilen vollkommen aufgibt und sich allem Anschein nach darauf beschränkt, die letzte Mathematikhausaufgabe seines achtjährigen Töchterleins abzuschreiben: „Maybe one, maybe two or maybe three, maybe four, maybe five, or maybe seven, maybe seven, maybe nine, he wants to kill a man.“ Da besagtes Töchterlein offenbar nicht besonders gut in Mathematik war, bekommen wir eine sehr seltsame Zählweise. In dieser sind die Zahlen „6“ und „8“ nicht existent, während die Zahl „7“ für zwei verschiedene Werte stehen kann.
Hier möchte ich die ironische Tatsache anmerken, dass dieser Song, der dem Protagonisten einen Body Count von vielleicht einem, vielleicht zwei, vielleicht drei, vier, fünf, sieben, sieben oder vielleicht neun zuschreibt, für einen Film geschrieben wurde, in dem der Protagonist für
► Text zeigen
Grasbeißungen verantwortlich ist. Und da der Song am Ende und nicht am Anfang des Filmes eingespielt wird, sollte er es eigentlich besser wissen. :|
Nach seinem numerischen Exkurs bietet der Song keine neuen Textzeilen mehr, stattdessen beschränkt sich der Sänger darauf, die Phrase „Maybe, he wants to kill a man.“ mehrmals zu wiederholen. Dabei legt er jedoch immer auf das „Maybe“ eine Betonung, die irgendwie fehl am Platz wirkt. Die Tötung eines Mannes (und vielleicht auch einiger mehr – aber nur vielleicht! ;) ) ist zweifellos mit einigen Gewissenskonflikten verbunden, der Eindruck, welchen der Song vermittelt, spricht allerdings weniger von solchen moralischen Bedenken und mehr von einem einfach nur unschlüssigen Revolverhelden. Das betonte „Maybe“ lässt eher vermuten, dass sich unser Held unsicher ist, ob er es sich wirklich antun will, mordend seine Waffe zu ziehen, sie könnte ja schmutzig sein oder so. Dann hat er heute auch noch vergessen sich Watte in die Ohren zu stopfen und dabei hasst er doch diese lauten Knalls, welche die Schießeisen immer machen. Und überhaupt und außerdem müsste er im schlimmsten Fall dann auch noch die Leiche seines Kontrahenten vergraben, wobei er sich einen Sonnenbrand holen könnte… Hach, Tötungen sind so umständlich, vielleicht sieht er doch davon ab.
Die Möglichkeit zu solchen Weiterdenkungen der Lyrics macht den Song zu einem ziemlichen Vergnügen, welches ihn für mich wesentlich unterhaltsamer werden lässt, als die anderen Italowestern-Lieder aus dem Munde des Sängers Fred Bongusto. Auch hat der gute Fred – wie nicht anders zu erwarten ein gebürtiger Italiener – eine sehr sympathische Weise, das „two“ auszusprechen – bei ihm klingt es eher, wie „duu“. Ich weiß auch nicht genau, warum ich mich über diese Kleinigkeit so sehr freue, aber ich betrachte sie als das i-Tüpfelchens eines ohnehin schon ausgesprochen spaßigen Songs.
In dem Wikipedia-Artikel über Fred ist übrigens angemerkt, dass er 2005 den Verdienstorden der italienischen Republik erhielt. Warum ist nicht genau spezifiziert. Naheliegend wäre, dass ihm seine politische Arbeit diese Ehrung einbrachte, für mich selbst will ich aber glauben, dass der damals amtierende Silvio Berlusconi einfach ein sehr sehr großer Fan von „Maybe one, maybe nine“ war. :D

Diesmal hatten wir zwar einen de-Angelis-Song, allerdings nur einen, wo sie lediglich Co-Komponisten und nicht mal die Sänger waren. Ich habe nun gemerkt, dass mir das eindeutig zu wenig ist! Nächste Woche dürfen wir uns daher auf einen „echten“ de Angelis Song freu… ach, was solls, nächste Woche dürfen wir uns daher auf zwei de Angelis So… immer noch zu wenig… nächste Woche dreimal de Angelis! :D In zwei als Gleichstand angeführten Komödien-Songs werden uns die Gebrüder von Verkehrsmitteln zur Luft und zu Lande erzählen während sie mit einem Western Song unser heute erhaltenes Zahlenwissen auch noch durch ein wenig Farbenlehre ergänzen werden…
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DrDjangoMD
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Re: Forentreffen Countdown '16

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NUR NOCH 13 WOCHEN BIS ZUM FORENTREFFEN – ich freu mich schon so sehr!!!

Platz 13 Diverses: Gleichstand: „Flying through the Air“ (Guido und Maurizio de Angelis) aus „Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle” sowie „Angels and Beans“ (Guido und Maurizio de Angelis, Kathy und Gulliver) aus „Auch die Engel essen Bohnen“

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Prinzipiell hatte ich geplant gehabt, „Angels and Beans“ auf Platz 13 zu lassen und „Flying through the Air" mit der Nummer 12 zu betrauen. Dann dachte ich mir aber, dass beide Lieder doch in gewisser Weise ähnlich sind. Beide haben die Gebrüder de Angelis unter ihrem Pseudonym Zwiebel-Oliver für Bud-Spencer-Filme geschrieben und meiner Meinung nach zeichnen sich beide Songs durch eine ruhige Gemütlichkeit aus. Der Unterschied, der mit den tonalen Unterschieden der beiden Filme harmoniert, besteht darin, dass die Gemütlichkeit von „Flying through the Air“ in meinen Ohren von einem (sehr) leichten Anflug von Melancholie durchdrungen ist, während wir bei „Angels and Beans“ reine Komik haben.
Instrumental ist „Flying through the Air“ sehr schön aufgebaut. Ich mag besonders das nette Klavier-Intro, die weiblichen Background-Stimmen und die Tuba (ich denke zumindest, dass es eine ist), die sich immer wieder im Hintergrund meldet. All das harmoniert gut mit dem Gesang von Guido und Maurizio und resultiert in einem Song, der vielleicht nicht das aufregendste der Welt ist, aber den Hörer in eine relaxte Stimmung zu versetzen vermag.
Die Blasinstrumente bei „Angels and Beans“ scheinen dagegen eher die Absicht zu verfolgen, Furzgeräusche nachzustellen (da das Lied nach Bohnen benannt ist, könnte das sogar die wirkliche Intention gewesen sein). Dazu haben wir wieder einen entspannend ruhigen Rhythmus und den Gesang von den beiden Brüdern, wobei sich diesmal einer von ihnen während einiger Zeilen beim Singen die Nase zuhält, was sicherlich dem humoristischeren Ton zugutekommt.
Anzumerken ist hier jedoch, dass die ruhige Stimmung des Liedes in der im Film verwendeten Version nicht wirklich existent ist: https://www.youtube.com/watch?v=3iS9y1-DXXg. Hier singen Kathy und Gulliver, die ihre Arbeit sicher nicht schlecht machen, aber ich persönlich bevorzuge doch die Oliver-Onions-Version.
Zwei Sachen hat jedoch „Flying through the Air“, die der andere Song nicht aufweisen kann: Ein Video, in dem die beiden Brüder live spielen (siehe oben) und – wohl aufgrund seiner Popularität – eine deutsche Coverversion! Das Video macht – wie alle von den beiden – gehörig Freude. Wie meistens sitzt Maurizio gelassen an seinem Klavier während der sich voll reinhängende Guido mimisch abgeht. Auch beginnt er das Video auf dem Klavier seines Bruders sitzend, was er offenbar öfters machte, wie diese Performance von „Sheriff“ beweist: https://www.youtube.com/watch?v=A5jIwKWs6LY.
Was die deutsche Coverversion von Henner Hoier (https://www.youtube.com/watch?v=LwdNABqPd2I) betrifft… naja… ich hab ja eigentlich eine große Toleranzgrenze, was diese Kunstform angeht (siehe hierzu: Cynthia), aber mit dieser speziellen konnte ich mich nie so ganz anfreunden. Überhaupt hatten die de Angelisse nicht gerade das größte Glück mit ihren verdeutschsten Texten, so erfolgreich der kaiserliche Roland auch gewesen sein mag. Was man dem guten Henner jedoch fairerweise lassen muss: Bei meiner Recherche kam ich drauf, dass es mehrere deutsche Lieder mit dem Titel „Eine ganze Nacht“ gibt und seines erregte nicht mal den meisten Brechreiz in mir! :? Gut gemacht, Henner! :D
Und weil ein Giuliano Gemma Film wie „Auch die Engel essen Bohnen" selbstredend noch nicht genug Gemma ist, hier ein weiterer:


Platz 13 Western: „White, Yellow and Black“ (Guido und Maurizio de Angelis) aus „Stetson – Drei Halunken erster Klasse“

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Ob der Titel des Songs und damit zusammenhängend des dazugehörigen Filmes, Corbuccis „Il bianco, il giallo, il nero“, sonderlich politisch korrekt ist, kann ich nicht sagen, da ich mir immer noch nicht ganz sicher bin, ob sie sich auf Hautfarben beziehen (Eli Wallach ist nicht gerade der überzeugendste Afroamerikaner der Filmgeschichte…). Aber politische Korrektheit hin oder her, das Lied hat eine liebenswerte, tolerante Botschaft („It doesn’t matter what your colour is.“) und eine sehr ulkig-komische Melodie, die es für Corbuccis amüsanten Spaßwestern sehr brauchbar machen. Besonders das finale Solo des Saiteninstruments (ist das eigentlich ein Banjo?) gefiel mir sehr.
Auch finden wir, wie in einigen anderen de-Angelis-Liedern, Phrasen, die eigentlich gar keinen Sinn machen, aber aufgrund des Reimes beibehalten wurden: „My dog is white, whiter than green/ my girl is yellow, `caus of her skin.“… Ich meine behaupten zu können, dass die meisten weißen Sachen, weißer als Grün sind. Solche sinnfreien Stellen sprechen eine fast kindliche Freude an Reimwörtern an, die das Lied bei aller Albernheit wiederum sehr sympathisch macht.
Auch verstehe ich nicht ganz den Sinn der Zeile: „My dog is white, and he’s alike, my girl is yellow, and she’s alike.“ Soll das heißen, dass das Mädchen des Sängers wie sein Hund ist, obwohl sie unterschiedlicher Farbe sind? Ich find’s ja toll, dass ihm Äußerlichkeiten so egal sind, aber sonderlich schmeichelhaft ist das nicht.
Hier will ich jedoch gleich betonen, dass meine Verwirrung, einige Textstellen betreffend, auch in der undeutlichen Aussprache begründet sein könnte. Ich lebte beispielsweise recht lange in dem Irrglauben, die erste Zeile würde lauten: „Say what, when snail is coming down.“ (Was auch immer das heißen soll.), bis ich begann die Wörter im Kontext des Liedes zu erforschen und zu dem Schluss gekommen bin, dass es wohl „See white, when snow is coming down.“ heißen soll…
Dadurch bleibt „White, Yellow and Black“ zwar ein albernes, aber in keinster Weise ein unsympathisches Lied, welches immer wieder mal gern gehört wird und obendrein noch gut zu seinem Film passt.

Durch die doppelte Platzbelegung, die ich eigentlich nicht geplant hatte, entsteht für Platz 12 eine Lücke, die ich mit einigen Honorable Mentions füllen will, von Songs, die zwar absolut großartig sind, wegen dem einen oder anderen Kriterium aber nicht in meine diesjährige Liste gekommen sind. Auf dem Western Platz dürfen wir uns derweil von Ennio eine Geschichte erzählen lassen...
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DrDjangoMD
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Re: Forentreffen Countdown '16

Beitrag von DrDjangoMD »

NUR NOCH 12 WOCHEN BIS ZUM FORENTREFFEN!!!

Platz 12 Diverses: Honorable Mentions

Wie angekündigt wollte ich heute ein paar Honorable Mentions anbringen, von Liedern die technisch gesehen durch meine Ausschusskriterien nicht in den Countdown kamen, aber einfach so unsagbar großartig sind, dass man zumindest ein paar von ihnen erwähnen muss.
Zunächst gäbe es da Ein-Wort-Songs. Die menschliche Sprache hat ja einige sehr tolle Wörter hervorgebracht (persönliche Favoriten sind u.A. Sammelsurium, Insulaner, Tegetthoff, Sausage und natürlich Squad). Für den großartigen Rachewestern „Django und die Bande der Bluthunde“ suchten sich Vasco und Mancuso dann auch das mit Abstand großartigste Wort überhaupt aus, um das Vorspannlied daraus zu machen: https://www.youtube.com/watch?v=r-oLsWZmP54 Ermöglicht wurde diese musikalische Rakete dadurch, dass der Film zu der verschwindend kleinen Menge Italowestern gehört, indem der Held auch im Original – und nicht nur in der deutschen oder englischen Synchronisation – Django heißen darf. Tja, wenn der wundervolle Anthony Steffen nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern sich auch am Drehbuch beteiligt, ist halt nur die höchste Qualität zu erwarten! Der Song ist unsagbar flott, mitreißend und schafft es bei jedem hören aufs Neue für diesen makellosen Film zu hypen.
Etwas ruhiger geht es hingegeben dieses Ein-Namens-Lied an: https://www.youtube.com/watch?v=iEqfKT32lwA Es handelt sich dabei um den Titelsong des Filmes „Sugar Cold“ (zu Deutsch in etwa „zuckersüße Verkühlung“), eine sehr putzige romantische Komödie über Soledad Miranda, die mit einer Verkühlung zu Hause liegt und sich in ihren Hausarzt (gespielt von Jack Betts) verliebt. 1966 wurde das Lied dann auch für den ähnlich klingenden Film „Sugar Colt“ verwendet. Darin wird zwar mehr geschossen, Betts und Miranda sind aber immer noch putzig (wird der deutsche Titel in Google eingegeben, zeigt das Genre sogar „Liebesfilm“ und nicht „Western“ an). Anyway, der von Bacalov geschriebene und von Alessandro Alessandroni interpretierte Song untermalt den dazugehörigen Film perfekt. Er zeigt deutlich an, dass es sich um eine Westerkomödie handelt, spezifiziert aber gleichzeitig, dass wir es eher mit einer charmanten denn albernen Komödie zu tun haben werden. [Anmerkung: Ich weiß, man sollte Sarkasmus eigentlich nicht gleich als solchen zu erkennen geben, aber irgendwie kann ich mich der Befürchtung nicht erwehren, dass irgendein armer unwissender Mensch diese Zeilen liest und daraufhin sein künftiges Leben der Suche des verschollenen Filmes „Sugar Cold“ widmet. Daher sei deutlich gesagt, dass ich keine Beweise für seine Existenz habe (allerdings auch keine dagegen…)]
In „Tenebrae“ wurden die Wörter wiederum so verzerrt, dass sie kaum als solche zu erkennen sind: https://www.youtube.com/watch?v=3nHV6MAA1K8 Ich weiß noch, ich war in Wien mit einem Freund beim Goblin-Konzert und als Claudio Simonetti den Stimmenverzerrer anlegte, begann der Freund von mir ganz aufgeregt auf und ab zu hüpfen und mit vor Aufregung zitternder Stimme „Jetzt kommt Tenebrae, JETZT KOMMT TENEBRAE!“ zu murmeln. Mit dem Stimmenverzerrer beginnt Claudio dann herumzualbern und sagt Sachen wie „Ich bin Simonetti, dies ist Goblin, hier in Wien…“ Durch die lauten Mithörenden waren seine Worte aber nur schwer auszumachen und mein Freund hat irgendwie nicht erkannt, dass es nur Späße sind und beginnt ganz enttäuscht zu fluchen „Das ist ja gar nicht Tenebrae! Was ist das? Das ist schlechter, er soll Tenebrae spielen...“ Dann hat Goblin auch Tenebrae gespielt und alle Leute waren Leute glücklich, weil jeder Mensch die Tenebrae-Musik mag.
Es gibt auch einige Songs, von denen die italienischen Filme mehr oder weniger nur die Karaoke-Version enthalten. So enthält ausgerechnet der Mondo-Film „Magia Nuda“ das Lied „Soleado“; jene unübertreffliche Melodie Ciro Dammiccos aus der später der Holm‘sche Michael „Tränen lügen nicht“ und der Jay’sche Fred „When a Child is Born“ machten. Apropos Mondo: Nicht minder schön ist Riz Ortolanis paradiesisches Stück aus „Mondo Cane“, das mit englischem Text und dem Titel „More“ unter anderem von Frank Sinatra interpretiert wurde: https://www.youtube.com/watch?v=xRwtIN9aoSs. Mir gefällt die Instrumentalversion zwar eine Spur besser, aber allein die Tatsache, dass Sinatra die Filmmusik eines Mondo-Filmes gesungen hat, erfreut mein Herz. Und nicht nur das: Hört man sich zum Beispiel Sinatras „These foolish things (remind me of you)“ an (https://www.youtube.com/watch?v=SfWSsMs2_z0) – welches auch von unzähligen weitern populären Sängern aufgegriffen wurde – erkennt man die Melodie, die Ennio Morricone für Pasolinis „Die 120 Tage von Sodom“ verwendete. Sinatra scheint überhaupt ein Faible für Soundtracks aus verstörenden italienischen Filmen gehabt zu haben. Man sollte sich mal seinen Nachlass vornehmen, vielleicht findet man dort sogar eine bisher verschollene mit Lyriks ausgestattete Version des Cannibal-Holocaust-Themas…
Da ich mich bei italienischen Nicht-Genrefilmen oder Serien nicht ganz so auskenne, habe ich den Countdown ja auch auf Genre-Filme beschränkt. Was ich daher nicht mit einbezogen habe ist dieses grandiose Stück aus „Metti una sera a cena“, https://www.youtube.com/watch?v=UR9swFJpbsA, welches leicht in die Top 5 gekommen wäre. Morricones wunderbare Musik wird zurecht geschätzt (sie war auch unter den Stücken, mit dem er im damaligen Konzert das Wiener Publikum beglückte). Gefunden habe ich neben einer Version mit Background-Summerin (sogar einer sehr berühmten Background-Summerin, Nora Orlandi, du uns in ein paar Wochen sicher noch begegnen wird), die oben gepostete wunderschöne Fassung mit Florinda Bolkans herrlich rauchiger Stimme. Bolkan, auf die ich mich im Oktober beim Forentreffen schon sehr freue, hatte überhaupt Talent, sich Filme mit großartiger Musik auszusuchen. Auf sie werden wir auch noch zurückkommen.
In Sachen Serien, bzw. Mini-Serien soll natürlich der Song der de Angelis-Brüder zu „Sandokan“ nicht ungenannt bleiben: https://www.youtube.com/watch?v=G2IBWdnbkZk. Aus dem Video ist ersichtlich, dass die beiden selbst in späteren Jahren noch mit dem Lied punkten konnten. Ebenso ist es schön zu sehen, dass auch in ihrer Grauhaar-und-Brillen-Ära der Maurizio immer noch eine gelassene Coolness ausstrahlt, komplett mit Hand in der Hosentasche; während Guido sich immer noch voll reinhängt und beim Singen die Zeit seines Lebens zu haben scheint.
Der funkelnste Stein in ihrer Krone bleibt aber sicherlich ihr Titelthema der Serie „Orzowei“: https://www.youtube.com/watch?v=vPxOOIR-ANg Dieses Lied entwickelte sich in Deutschland zu einem Nummer Eins Hit und das noch dazu in einem Jahr, in dem die Charts mit ABBA und BoneyM durchaus ernst zu nehmende Konkurrenz aufgewiesen hätten. Ihr Erfolg brachte ihnen, wie aus dem Video ersichtlich, sogar einen Auftritt bei „Disco“ ein, wo sie eine ihrer wundervollsten Performances lieferten. Bei keinem anderen Lied scheint Guido so sehr in seinem Element zu sein. Jeder „Orzowei“-Ruf wird bei ihm von einer Mimik begleitet, als würde er sich gerade die Seele aus dem Leib brüllen, stets gefolgt von einem breiten und zufriedenen Grinsen.
Ich kann nicht genau sagen warum, aber irgendwie hatte ich bei dem Orzowei-Lied immer japanisch-europäisch co-produzierte Zeichentrick-Literaturverfilmungen für Kinder aus den 80ern vor Augen – etwas in Richtung „Um die Welt mit Willy Fog“ oder „Sherlock Hound“. Der Grund hierfür ist mir selbst nicht bewusst, an der japanischen Animation allein kann’s aber nicht liegen [ich habe den Versuch gemacht, den Song auch über die Intros von „Monster“ und „Helsing“ zu legen und da wirkte er – wenn auch amüsant – doch etwas unpassend]. Vielleicht ist der Grund für diese gedankliche Verbindung jener, dass diese Serien ein starkes Hauptaugenmerk auf Abenteuer legen, aber auch nicht davor zurückscheuen ruhigere, harmonischere Momente zu bieten und letzten Endes ein sehr positives Weltbild zeichnen. Vielleicht drückt der Orzowei-Song einen ähnlichen Dualismus aus… :? apropos „Sherlock Hound“, wusstet ihr, dass Myazaki dort Regisseur war!? Ich konnte es auch kaum glauben.
Aber bevor ich noch mehr off-topic komme, beenden wir lieber vorerst die Honorable Mentions und wenden uns dem heutigen Western zu:


Platz 13 Western: „The Story of a Soldier“ (Ennio Morricone, Tommie Connor) aus „Zwei glorreiche Halunken“

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Als ich für den Countdown die Filmografien der beiden größten Italowestern-Regisseure durchging, fiel mir eine markante Differenz, was den Einsatz von Liedern in ihren Filmen betrifft, auf. Bei Sergio Corbucci werden sie durchaus häufig verwendet: Wir haben den Theme-Song von „Navajo Joe“ – der nicht mehr auf die Liste kam, weil er außer dem einen Namen nicht sooo viele verständliche Lyrics enthält – wir haben „White, Yellow and Black“ von voriger Woche und wir haben ein oder zwei andere Lieder, die so gut sind, dass sie einen wesentlich besseren Platz auf dieser Liste errungen haben. Bei Leone haben wir derweil… nichts.
Obwohl Ennio Morricone für diesen Regisseur einige der unvergesslichsten Werke seiner gesamten Laufbahn komponiert hat, sah er sich nie genötigt diese auch noch mit Texten zu versehen. Und dagegen will ich nichts sagen, da seine Instrumentalstücke wundervoll Leones Filme einleiten und untermalen. Doch dachte ich mir, irgendeinen Song muss es doch geben und ich musste mein Gehirn nur kurz anstrengen, bis mir die Untermalung einer der bewegendsten Stellen aus Leones unvergleichlichstem Film einfiel.
Für die Leute, die „Zwei glorreiche Halunken“ noch nicht gesehen haben – falls es solche Leute überhaupt gibt – ist hier das Set-Up: Clint Eastwood und Eli Wallach sind auf der Suche nach auf einem Friedhof vergrabenen Gold. Lee Van Cleef möchte es aber auch sehr gerne haben und nachdem Clint und Eli zufällig in das von ihm geleitete Gefangenenlager kommen, lässt er Eli von Mario Brega foltern. Wie es in besagtem Gefangenenlager üblich ist, wird zu diesem Anlass von den Inhaftierten ein Liedchen angestimmt, die Schmerzensschreie zu übertonen. Und ausgerechnet hierfür komponierte Morricone die langsamste, wehmütigste und deprimierendste Melodie, die er sich ausdenken konnte.
Das schleppende Lied mit seinen ruhigen, weichen Tönen hat beinahe schon etwas Einschläferndes und wenn es nicht gerade von den Schrecken des Krieges handeln würde, hätte ich mich nicht gewundert, wenn Mütter weltweit ihren Sprösslingen vor dem Zubettgehen eben jenen Tune trällern. Dass diese harmlose Melodie, gesungen von den wehmütigsten Statisten, die man in Almeria auftreiben konnte, einen beeindruckend-verstörenden Kontrast zu der brutalen Folter-Szene bietet, wurde schon oft genug gelobt und muss nicht mehr extra betont werden.
Was zu dem unschuldigen Ton des Liedes neben Morricones Melodie noch beigetragen haben könnte, ist der Mann, den sie als Texter engagiert haben: Tommie Connor, der sich vor allem mit Weihnachtslieder einen Namen gemacht hat. Am berühmtesten ist wohl dieses Teil: https://www.youtube.com/watch?v=ilLT-ge6Luo, dessen Reiz ich ehrlich gesagt nie verstanden habe. Bei „The Story of a Soldier“ hat er sich jedoch richtig Mühe gegeben und einige wirkliche schöne Reime gefunden. Die Metaphorik ist zwar typischer 60er-Jahre-Antikriegs-Standart (ich war überrascht, dass Tommie die Hörer weder fragt, wo denn die Blumen geblieben sind, noch uns zu überzeugen versucht, dass es der Vorabend der Zerstörung ist), aber wie gesagt, einige Reime sind sehr gelungen und der Text passt sich hervorragend dem ruhigen Ton der Melodie an.
So hervorragend der Song jedoch zu der betreffenden Szene des Filmes passt, ich habe ihm keinen besseren Platz auf dieser Liste gegeben, weil er bei mehrmaligem Hören (von den Filmbildern getrennt) sehr schnell sehr langweilig werden kann. Sein Ziel als Filmmusik trifft er absolut ins Schwarze, doch die Endlosschleifen-Funktion meines MP3-Players wird nur sehr selten für ihn eingesetzt.

Nächste Woche hören wir dann, wie Kleingeld einen Titelsong für einen D’Amato Film schreibt und die de Angelisse beehren uns mit ihrem unter Umständen berühmtesten Western-Song… :winke:
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karlAbundzu
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Re: Forentreffen Countdown '16

Beitrag von karlAbundzu »

Danke. Wieder interessant geschrieben und voller unglaublicher Informationen. Ich mach mich mal auf die Suche nach der süßen Erkältung.... ;)
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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DrDjangoMD
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Re: Forentreffen Countdown '16

Beitrag von DrDjangoMD »

karlAbundzu hat geschrieben:Ich mach mich mal auf die Suche nach der süßen Erkältung.... ;)
:thup:
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Re: Forentreffen Countdown '16

Beitrag von DrDjangoMD »

NUR NOCH 11 WOCHEN BIS ZUM FORENTREFFEN!!!

Platz 11 Diverses: „My Lyne“ (JOE DYNAMO!!! aka. Gianni Marchetti, The Pennies) aus „Foltergarten der Sinnlichkeit”

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Stolz verkündet die DVD-Hülle von „Foltergarten der Sinnlichkeit“, dass es sich um den „ersten wirklichen Sexploiter von Joe D’Amato“ handelt. Zufälligerweise ist es auch einer der letzten, hinter dem zumindest ein kleines Spürchen Sinn und Verstand zu stehen scheint. Das wundert natürlich nicht, denn das Konzept stammt nicht nur vom ollen Joey, sondern auch von Bruno Mattei (der Personifikation von Sinn und Verstand! :| ). Während die Titelsongs von einigen späteren Machwerken Joeys, eine unterhaltsame jedoch sehr unpassende Stimmung vermittelt, schafft es das Titelthema von „Foltergarten der Sinnlichkeit“ die Wirkung des folgenden Filmes zu steigern.
Zunächst sollte aber geklärt werden, von wem es eigentlich ist. Der Abspann gibt hierzu keine Informationen, der Vorspann allerdings teilt uns mit, dass die Musik von einem gewissen Joe Dynamo stammt. Dieser Name klingt nicht nur nach einer Comicfigur (es existiert eine Reihe namens „Dynamo Joe“) sondern auch nach einem Pseudonym. IMDB und das deutsche Wikipedia (das italienische glaubt offenbar, dass Joe Dynamo eine wirkliche Person ist) geben bekannt, dass der dynamische Joe in wirklichkeit Gianni Marchetti ist. Doch hat Marchetti nur die Musik geschrieben oder ist der ganze Song von ihm?
Das oben gepostete Youtube-Video des Songs teilt uns mit, dass er „My Lyne“ heißt und von einer Band namens The Pennies stammt. Wer sind die Pennies? Gibt man „Pennies Band“ in Google ein, so findet man einige Einträge zu der 60er Band „The Four Pennies“ und der 2000er Band „The Pennies“. Sucht man jedoch nach „Pennies Song“ so findet man einige Kinderlieder über Kleingeld und „Penny Lane“ von den Beatles… Erst als ich den italienischen Wikipedia-Artikel zu Gianni Marchetti durchsuchte, fand ich einen Link zu einer „gruppe dei Pennies“. Diese scheinen eine tatsächlich existierende italienische Band gewesen zu sein und nach dem wenigen, was ich mir mit meinen nicht existierenden Italienischkenntnissen zusammengereimt habe, feierten sie sogar vor kurzem ein Comeback und haben jetzt einen Club in Rom oder so:
Wikipedia hat geschrieben:Uguale successo la reunion del 31 ottobre 2014, quando i Pennies tornano a suonare nello storico Pennies Club (Roma, Monte Mario), che li aveva visti nascere sul finire degli anni '60. Come dice lo slogan:” Pennies are back!”
Um die Ergebnisse meiner Recherche also nochmal zusammenzufassen: Das Lied heißt offenbar „My Lyne“, wurde von Gianni Marchetti unter dem Pseudonym Joe Dynamo komponiert und für den Film von den Pennies interpretiert.
In dem Film wird das Lied über den Vorspann gelegt. Darin sieht man wie eine junge Frau – später identifiziert als Francoise – in verschiedenen Kostümen ein Fotoshooting bei dem unüberzeugendsten Fotografen-Darsteller aller Zeiten abhält. Nach dem Shooting geht sie nach Hause, wo sie ihren Freund – gespielt von George Eastman – der sie ohnehin schon ausnutzt, misshandelt und total von ihr abhängig ist, auch noch mit einer anderen Frau erwischt. Emotional komplett verstimmt wandert sie daraufhin in fünf der deprimierendsten Minuten der Filmgeschichte ziellos umher, bis sie zufällig an einen Bahngleis kommt und ihrer Schwester Emanuelle einen hervorragenden Grund zur Rache an Mr. Doofkopf liefert.
Nun ist die Melodie des Titelliedes selbst sehr unbeschwert und fröhlich. Mich erinnerte sie sofort an die weniger deprimierenden Herman’s Hermits Lieder a la „I’m into something good“ und fröhlich und ungezwungen wirken ja auch die Bilder des Vorspanns. Wir sehen Francoise wie sie lächelt und ihre Kostümchen ausprobiert. Diese sind vielleicht leicht erotisiert, es wird aber nie zu sleazy. Eine Figur, die auf diese Art mit solcher Musikbegleitung eingeführt wird, muss gleich sympathisch wirken. Alles ganz hübsch niedlich und unbefangen… bis man versucht auf die Lyrics zu hören.
Nicht, dass der Text des Liedes in irgendeiner Weise zu anstößig wäre, aber ganz so unschuldig, wie die Melodie allein vermuten lässt, ist es doch nicht. Da ich keine Lyrics online gefunden habe und nur nach dem Gehör gehen konnte, bin ich mir nicht ganz sicher, aber die erste Strophe könnte von einer regennassen Bluse handeln, die von einem Spanner hinter einem Baum fotografiert wird (wobei ich mir da, wie gesagt, nicht ganz sicher bin). In der nächsten wird’s dann jedenfalls deutlicher: „We play undress“ bald gefolgt von „The rain is falling down and makes the flower shine“ [beliebige Sexualmetapher hier einfügen]. Zumindest war es Bruno Mattei erotisierend genug, um den Song auch in einem seiner Mondo-Filme zu benutzen.
Da bekommt man schon das Gefühl, dass der folgende Film vielleicht doch nicht ganz so niedlich-jugendfrei ist. Nach zwei Minuten beginnen dann auch noch sehr tiefe Trommelschläge einzusetzen, die vielleicht nicht sofort zu dem fröhlichen Rhythmus passen wollen, jedoch gekonnt eine ungute Vorahnung wecken, dass hinter der unbefangenen Fassade eine sehr verstörende Geschichte lauert.
Damit bereitet der Song trotz fröhlicher Melodie hervorragend auf die traurige Geschichte, die folgt, vor. Francoise, unser bedauernswertes Opfer, wird sympathisch gemacht und eine böse Vorahnung wird geweckt.
Bevor ich jedoch zum heutigen Western-Song übergehen kann, muss ich noch ein Wort über Francoises Kostüme im Fotoshooting verlieren. Es fängt ja ganz süß an, mit einem Badeanzügelchen mit Sonnenhütchen und einem 20er-Jahre Kostümchen, doch dann plötzlich:

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:? Ist… ist das auf ihrem Hut der österreichische Doppeladler der Habsburger-Monarchie?

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:shock: Oh mein Gott, es ist der österreichische Doppeladler der Habsburger-Monarchie! :o

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:( Ich war mir bisher nicht bewusst, dass es auf dieser Welt ein sexy-Kaiser-Franz-Joseph-Kostüm gibt. Und ich bin mir immer noch nicht im Klaren, ob mich das nun amüsieren oder verstören soll… Naja, so oder so, es ist besser, als das nächste, was Francoise anzieht…

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Militärgruß und Totenkopf, ernsthaft? Was war noch gleich der nächste Film, an dem Bruno Mattei und Gianni Marchetti zusammenarbeiteten? Ach ja richtig, „SS Girls“… :roll:



Platz 11 Western: „Keoma (Titelthema)“ (Guido und Maurizio de Angelis, Sybil und Guy)

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Aufgrund der Popularität dieses Songs, wird sich vielleicht der eine oder andere wundern, warum ich ihm keinen besseren Platz zuerkannte, lasst mich erklären: Laut dem Audiokommentar von Enzo G. Castellari, hörte er während des Schneideprozesses von „Keoma“ so viel Bob Dylan und Leonard Cohen, dass er seine Komponisten, Guido und Maurizio de Angelis, beauftragte, sich an diesen Musikern zu orientieren. Das taten sie und lieferten einige unglaubliche Instrumentalstücke ab. Besonders der Titelsong ist mitunter das Beeindruckendste, das sie meiner Meinung nach geschaffen haben. Die ruhige Gitarre und Mundharmonika geben einen schön akustischen Klang und die Melodie ist einfach unbeschreiblich gelungen. Jeder Ton bewegt, jede Steigerung des Tempos reißt mit. Ganz phantastisch! Nur leider blieb es kein Instrumentalstück.
Für die vokale Untermalung holte man sich das Duo Sybil & Guy. Ich habe verschiedene Erklärungen gefunden, wer die beiden sind – manche wollen hinter Guy sogar Guido de Angelis vermuten – am wahrscheinlichsten ist es, dass es sich dabei um Susan Duncan und Cesar De Natale handelt [Danke für die Info, Youtube-User Tiger Mask IV!]. Ihre Gesangstechnik ist… nun ja, einmalig. Und was man ihnen lassen muss ist, dass sie die Musik von „Keoma“ mit ihren Stimmen wirklich unvergleichlich gemacht haben, allerdings… Es tut mir leid, das zu sagen, aber ich kann den Song mit ihren Stimmen einfach beim besten Willen nicht ernst nehmen. :(
Ich weiß auch nicht, was sie sich gedacht haben. Vielleicht wollten sie Bob Dylans markante Stimme nachmachen. Aber anstatt sich einfach eine Wäscheklammer auf die Nase zu stecken – so wie jeder andere Dylan-Imitator – versucht Sybil, so wie es klingt, während der ersten anderthalb Minuten ihren Kehlkopf zu massieren. Sie muss dann festgestellt haben, dass das nicht die gewünschte Wirkung erzielt, denn im Folgenden hört sie damit auf. Stattdessen hört es sich so an, als würde ihr irgendwer vor jeder einzelnen Zeile auf den Fuß steigen, denn ihre Stimme wandelt sich zu einer obskuren Mischung aus Gesang, Schrei und Luftschnappen.
So großartig die Melodie und Instrumentenbegleitung dieses Liedes auch ist, ich muss einfach ständig versuchen, mir das Lachen zu verkneifen. Als ungefähr bei Minute 2:00 Cesar De Natale aka. Guy einsetzt, gehen all diese Versuche flöten und ich pruste einfach unkontrolliert los. Für seine Leonard Cohen-Imitation hat er offenbar am Vortag zehn Flaschen Whisky und viermal so viele Packungen Zigaretten konsumiert. Vielleicht handelt es sich doch nicht um Cesar De Natale. Vielleicht ist „Guy“ wörtlich zu nehmen und ein namenloser, verwahrloster Typ hat seinen Weg ins Tonstudio gefunden, beginnt dort herumzuirren, versucht willkürlich Leute zu küssen [Zitat: „I want peace, I want looooooove, I want peace, I want loooooove“] und die arme Sybille, die das Take nicht ruinieren wollte, sang derweil tapfer weiter…
Ich will aber nicht zu böse werden. Wie gesagt, Sybil und Guy gaben dem Song zumindest eine einmalige Note und manchen gefällt ihr Stil sicherlich. Ich muss zugeben, Sybils hohe Stimme passt auch an manchen Stellen ganz gut zum Lied. Wenn sie die Kehlkopfmassage unterlassen würde, hätte ich sie durchaus ernst nehmen können. Und Guy… nein, tut mir leid, sein tiefer Bass passt einfach nicht zu der weiblichen Sängerin, wirkt auf meinen Geschmack albern und hat es geschafft ein großartiges Lied nur noch gut zu machen. Aber hey, in einer anderen Kollaboration mit den De Angelissen, von der wir in ein paar Wochen hören werden, gefiel er mir ganz gut. Also Kopf hoch, Guy, ich bin sicher, du bist ein toller Sänger… manchmal.
Und außerdem ist der Titelsong durch die großartige Melodie und die noch nicht zu spezifischen Lyrics sicher das Highlight, des Keoma-Soundtracks. Zirka nach der Hälfte des Filmes, gibt es zum Beispiel eine Szene: Nachdem sich Franco Nero als Keoma mit seinen Filmbrüdern geprügelt hat, kommt William Berger als ihr Vater hinzu. Musik setzt ein, die Schnittfolge zeigt Großaufnahmen von William, den Brüdern und Franco und gleichzeitig hört man Guy in seiner Betrunkener-Sylvester-Stallone-Stimme erklären: „There’s my father, then my broathers and meeeeeee”. :palm: Beim Titelthema weiß ich wenigstens, dass es sich um Filmmusik handelt und nicht plötzlich ein Audiokommentar von Franco Nero einsetzt…
Aber genug gespottet; der Keoma-Soundtrack hat wie betont sehr viele Schönheiten, die Instrumentalversion bewegt mich bei jedem hören aufs Neue und die Vokalversion amüsiert mich bei jedem hören aufs Neue. Also im Großen und Ganzen: Gut gemacht! :thup:

Nächste Woche begeben wir uns anfangs schon wieder in die verstörende Fantasiewelt von Joe D’Amato und bei den Western hören wir einen der tollsten Italowestern-Songs in italienischer Sprache.
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CamperVan.Helsing
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Re: Forentreffen Countdown '16

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Höre ich da ansatzweise Kritik am Keoma-Soundtrack heraus? :basi: :rambo:
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karlAbundzu
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Re: Forentreffen Countdown '16

Beitrag von karlAbundzu »

Der Pennies Song hat mich gleich so fasziniert, dass ich mich selbst auf eine Recherche begab, und siehe da, fand dann sogar etwas, ich kann leider aber kein italienisch... Wenn ich mir aber so anschaue, was die so covern, könnten die es sein / gewesen sein:
http://www.thepennies.net/
(Tipp: Discogs ist immer ein ganz guter Ausgangspunkt)

Hahaha, ja, der Gesang bei Keoma: Ich hab immer gedacht, dass ist unter Einfluss der New Yorker No Wave Bewegung entstanden, die ja auch viel mit disharmonischen Gesang experimentierten.....
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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DrDjangoMD
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Re: Forentreffen Countdown '16

Beitrag von DrDjangoMD »

ugo-piazza hat geschrieben:Höre ich da ansatzweise Kritik am Keoma-Soundtrack heraus? :basi: :rambo:
...aber nur ansatzweise ;)
karlAbundzu hat geschrieben:http://www.thepennies.net/
Das sind sie wahrscheinlich und die Cover-Songs sind ja mal genial. Danke vielmals für den Hinweis. Ich denke, wenn ich wieder in Rom bin, weiß ich schon, was ich machen werde :mrgreen:
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DrDjangoMD
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Re: Forentreffen Countdown '16

Beitrag von DrDjangoMD »

NUR NOCH 10 WOCHEN BIS ZUM FORENTREFFEN – Ein Drittel der Wartezeit haben wir schon geschafft!!!

Platz 10 Diverses: Gleichstand: „A Picture of Love“ aus „Emanuela – Alle Lüste dieser Welt” sowie „Make Love on the Wing“ aus „Nackt unter Kannibalen“ (beides von Nico Fidenco)

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Durch den Einsatz eines fröhlichen oder schönen Songs kann durchaus die verstörende Wirkung eines Filmes gesteigert werden. Das populärste Beispiel hierfür ist wohl Riz Ortolanis Soundtrack zu „Cannibal Holocaust“, doch auch letzte Woche sahen wir, wie gut ein fröhlicher Titelsong zu einem deprimierenden D’Amato-Film passen kann (und wir werden in den folgenden Wochen noch einige andere Beispiele für dieses Phänomen kennen lernen). Doch was manchmal wirkt, wirkt nicht immer und deshalb will ich diese Woche zwei Songs vorstellen, die Nico Fidenco für D’Amato-Filme komponierte. Beide verfehlen den Ton des Filmes vollkommen, steigern die verstörende Wirkung nicht, sondern machen sie albern. Dies jedoch auf eine so glorreiche Weise und mit so spaßigen Liedern, dass ich beide Kompositionen letzten Endes doch sehr gerne habe.
Der Komponist, Fidenco, hatte durchaus eine interessante Karriere. Beginnend als Sänger von italienischen Cover-Versionen (u.A. eine zu „Moon River“) wurde er Filmkomponist für einige Italowestern (darunter der tolle „Lanky Fellow“ Soundtrack) bis er seine Seele Mitte der 70er an Joey verkaufte und sich darauf konzentrierte unpassende, aber unterhaltsame Musik für seine Erotikfilme zu komponieren. Besonders sein flottes und fröhliches Intrumentalthema zu Joeys langweiligen und abstoßenden „Porno Holocaust“ hat Kultstatus erlangt.
Ähnlich liegt der Fall bei „A Picture of Love“, dem Song, den er für „Emanuela – Alle Lüste dieser Welt“ geschrieben hat. Ich kenne keine Filmmusik, die die Stimmung ihres Filmes so sehr verfehlt (allerdings, um fair zu bleiben, um die Stimmung von „Emanuela – Alle Lüste dieser Welt“ nicht zu verfehlen, hätte man nicht mehr machen dürfen als alle Minuten einmal die Taste ganz rechts am Klavier zu drücken – nervig, unangenehm, langweilig und durch und durch unbefriedigend :| ). Der Film handelt davon, dass Laura Gemser einem Syndikat von Mädchenhändlern auf der Spur ist. Auf ihrer Reise wird sie Zeugin oder Beteiligte von mehreren Sex-Szenen, die in typischer D’Amato Manier schmutzig, abstoßend und übelkeitserregend gefilmt sind; und dass nur geschätzte 10% davon mit Einwilligung beider Parteien vonstattengehen, hilft auch nicht gerade.
Und wie vertonte nun Fidenco diese unangenehme, verstörende und deprimierende Nummernrevue von Schändungen? Zuerst ein Intro, das vollkommen up-beat ist, bald gefolgt von einer absolut fröhlichen Disco-Keyboard-Melodie, darüber weibliche Sängerinnen, die mal ein- mal mehrstimmig einen Text darüber hauchen (nach allem was ich rausgehört habe), wie großartig Liebe ist!
Wie konnte er den Filminhalt so missinterpretierten? Hat Fidenco einfach einen sehr dubiosen Begriff von dem Wort „Liebe“? Hat „Let’s take a picture of bestiality“ einfach nicht ins Versmaß gepasst? Hat Fidenco nur den deutschen und nicht den italienischen Titel gekannt (irgendein „Übersetzer“, der sich momentan wahrscheinlich mit einigen anderen Sexualstraftätern eine Zelle teilen muss, war der Meinung, dass „Perché violenza alle donne?“ so viel heißt wie „Alle Lüste dieser Welt“)? Ich weiß es nicht!
Fest steht aber, dass Fidenco – warum auch immer – ein munteres, fröhliches Lied ablieferte. Verdrängt man den dazugehörigen Filminhalt, bleibt es ein unterhaltsamer Gute-Laune-Song und verdrängt man ihn nicht, so wird das Lied als kolossale Missdeutung eines verstörenden Filmes umso faszinierender.

Noch nicht ganz passend, aber zumindest passender ist Fidencos Titelsong zu D’Amatos „Nacht unter Kannibalen“ ausgefallen. Aus dem Song „Make Love on the Wing“ lässt sich zwar immer noch nicht heraushören, was alles verstörender Weise auf dem Speiseplan unserer titelgebenden Menschenfresser landet, allerdings schlägt er statt dem unschuldig-romantischen Ton von „A Picture of Love“ wenigstens einen sinnlich-sexualisierten ein, und das kommt dem dazugehörigen Film wenigstens etwas näher.
Diese Wirkung erzeugt Nico Fidenco durch die exotischeren Instrumente und den belebenden Trommel-Rhythmus. Doch besonders die Lyrics sind es, die den Song nicht mehr so jugendfrei machen wie „A Picture of Love“: Zunächst mal wird hier nicht von „Liebe“ sondern von „Liebe machen“ gesprochen. Und während in den Filmen von Joey sehr oft Liebe gemacht wird, sucht man nach Liebe vergeblich. Ja sicher, Laura Gemser hat in den meisten Emanuelle-Filmen einen Co-Darsteller, an dem – laut Drehbuch – ihr Herz besonders hängt (in „Nackt unter Kannibalen“ ist das sogar ihr wirklicher Ehemann Gabriele Tinti). Wenn sie diese Männer jedoch wirklich lieben würde, würde sie wahrscheinlich nicht ständig querfeldein mit jedem Individuum schlafen, das ihr vor die Nase kommt. Also ich resümiere: Keine Liebe in D’Amato-Filmen, gut gemacht Nico! :thup:
Neben diesem wichtigen Fortschritt haben wir den Titel. Nun könnte man sich fragen, inwiefern ist „Make Love on the Wing“ anstößiger als „A Picture of Love“. Naja, der Song heißt zwar „Make Love on the Wing“, aber seien wir ehrlich, das ist NICHT, was die Sängerin, Ulla Linder, singt. Sie singt „Make Love on the Wee“. Ich erinnere mich zwar nicht daran, dass gerade dieser Fetisch in einem D’Amato-Film vorkam, aber das liegt sicher lediglich daran, dass ich sowas gerne verdränge. Also ich resümiere: In D’Amato-Filmen kommen obskure Perversionen vor, gut gemacht Nico! :thup:
Letztlich haben wir den Text selbst. Dieser ist vollkommen unmetaphorisch, ganz klar und eindeutig über Sex und eine bestimmte Zeile im Besonderen hätte ihn zum perfekten Titelthema von „Emanuela – Alle Lüste dieser Welt gemacht“: „O sweet sensation, hardly emotion, take me with violence, but do it in silence“. Hey, diesmal scheint sich der Texter das Drehbuch sogar wirklich durchgelesen zu haben. Also ich resümiere: Bei Joey geht es nur ums Liebemachen und das viel zu oft mit Gewalt verbunden, gut gemacht Nico! :thup:
Im Großen und Ganzen hat der Song mit seinem schnellen Rhythmus ähnliche Vorzüge wie „A Picture of Love“, wirkt aber sinnlicher und Melodie und Text passen besser zum dazugehörigen Film.
Da in der italienischen Exploitation-Branche genutzt wurde, was schon da war, finden sich von beiden Songs übrigens eine ganze Reihe Instrumentalversionen und Variationen und da man beide sowieso immer wiederhören kann, ist das ein großes Plus! :D


Platz 10 Western: „Cosa Vale un Uomo“ bzw. „You’d better smile“ (Gianfranco Reverberi, Nicola di Bari) aus „Django und die Bande der Gehenkten”

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Der Film „Preparati la bara!“ [Anm.: Das ist Italienisch und heißt auf Deutsch in etwa so viel wie „und die Bande der Gehenkten“] hat beschlossen dem unübertrefflichen „Django“ so ziemlich alles nachzumachen: Der Hauptdarsteller sieht ähnlich aus, er hat ein ähnliches Kostüm, er hat ein Maschinengewehr in einem Sarg, es gibt einen Showdown auf einem Friedhof und last but not least finden sich, wenn man ein Bisschen danach sucht, auch im Titelsong ein paar Parallelen. Zunächst mal, dass es sowohl eine englische als auch eine italienische Variante gibt. Beide von Gianfranco Reverberi komponiert und von Nicola di Bari gesungen.
Wo sich der Song allerdings von dem „Django“-Thema unterscheidet ist schon mal das instrumentale Intro, dieses existiert hier nämlich nicht. Man hört einen Ton und steigt sofort mit dem Gesang ein, wodurch der Song von Anfang an mitreißt. Die Melodie ist flott und (wie bei Django) mit Geigen untermalt. Trotz diesem rasanten Beginn kommt es nach einer halben Minute nochmals zu einer extremen Steigerung, wenn sich Nicola wesentlich mehr reinhängt und sich Schlagzeug und Trompeten einschalten. Bei aller Schnelligkeit lässt sich in der Melodie jedoch auch ein düsterer Unterton raus hören, der grandios zum Film passt.
Ob die italienischen Lyrics auch mit der Melodie harmonieren kann ich wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht sagen und das ist auch der Grund, warum ich diese Version der englischen (https://www.youtube.com/watch?v=qH5JwmPWmfI) vorziehe. Sobald ich nämlich verstehe, was der Sänger singt, finde ich es zu der von den Instrumenten erzeugten Stimmung unpassend. Nicola schlüpft hier in die Rolle eines ungeduldigen Portraitfotographen, denn die gesamten Lyrics sind mehr oder weniger eine Ausformulierung der Aufforderung „Bitte lächeln.“ Und hier ist auch die Stelle, wo die „Django“-Ähnlichkeiten in die Hose gehen. Die Lyrics des Django-Themas handeln nämlich auch von einem Silberstreifen am Horizont und versuchen den Protagonisten aufzumuntern, allerdings zeigen sie auch mehr Verständnis für seine gegenwärtige Lage. „You’d better smile“ lässt dieses Verständnis vermissen. Zwar wird adressiert, dass Djangos Tag nicht der allerbeste war, doch die klare Aufforderung zu Lächeln wirkt eher, als würde ihm der Sänger sagen, er soll gefälligst aufhören, so ein Weichei zu sein und sich endlich ein paar Haare auf der Brust wachsen lassen. Und das passt meiner Meinung einfach nicht so gut zu dem tragischen Unterton der Melodie.
Dies ist allerdings erstens nur ein kleiner Makel, zweitens haben wir ja als alternative noch die italienische Version, drittens bekommen wir zum Song eine coole Leone-mäßige Titelsequenz gratis dazu und viertens passen die Lyrics immerhin noch besser zu „Django und die Bande der Gehenkten“ als die dramatische Melodie zu der Idiotensynchrofassung „Joe, der Galgenvogel“. ;)

Nächste Woche gibt es ein Inferno, aber weniger Argento und mehr Nero. Und damit wir bei all dem Gerede über Joeys Perversionen letzte und diese Woche sowie Inferni nächste Woche nicht um unser Seelenheil fürchten müssen, wird es bei den Italowestern so richtig biblisch…
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