Re: Forentreffen-Countdown 2017
Verfasst: Fr 7. Jul 2017, 09:16
NUR NOCH 14 WOCHEN BIS ZUM FORENTREFFEN!!!!!!!
Platz 14: Lee Marvin "Wand'rin' Star" aus "Paint Your Wagon"
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Okay, um vollkommen ehrlich zu sein, gab es einen Hauptgrund, warum sich ein Lied aus "Paint Your Wagon" auf diesem Countdown befindet... ich wollte einfach einen Grund haben, um diesen Clip zu posten:
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Aber auch abgesehen von dieser Parodie geben die Songs des Musicals − besonders der berühmteste "Wand'rin Star" − einiges her. Kein Wunder, bedenkt man, dass sie von dem dynamischen Duo Alan Jay Lerner und Frederick Loewe stammen. Den beiden verdanken wir so erfolgreiche Musicals wie "My Fair Lady" oder "Camelot". Und obwohl ich noch nicht zu viel über "Camelot" sagen will (weil es an einer anderen Platzierung noch vorkommt), sei bereits betont, dass selten bei einem musikalischen Duo Genie und Wahnsinn so nah beieinander waren. Wahnsinn, weil man doch eine etwas vertrete Psyche haben muss, um die Legenden um König Artus zu lesen und sich dabei zu denken "Hm, ich denke, da passen Lieder dazu" (Freud nannte das wahrscheinlich einen Orpheus-Komplex); und Genie, weil sie diese abstrusen Ideen dann doch ziemlich großartig in die Tat umgesetzt haben. Das Gleiche lässt sich über "Wand'rin' Star" sagen: Ein Song, dessen Text sich so schlecht ins Versmaß fügt, dass eines der Titel-Wörter ZWEI Apostrophe braucht und das Ganze in einem Western-Musical!? Klingt furchtbar, ist aber großartig! Anders als viele noch kommende Platzierungen dieses Countdowns durfte sich der Song auch über eine Erfolgsgeschichte freuen. In Großbritannien beispielsweise reagierte er 23 Wochen lang die Charts.
Musikalisch schuf Loewe eine einprägsame Melodie, die sich leicht merken und noch leichter summen lässt. Der Chor und die Geigen geben ihm zusätzlich eine dramatisch-epochale Note. Gleichzeitig passt das Lied für mich hervorragend in das Western-Genre. Ich kann nur nicht genau sagen, wodurch diese Assoziation geweckt wird − vielleicht ist es der Männerchor oder das rhythmische Rassel-Dings im Hintergrund. [Anm.: Man merkt, dass ich absolut qualifiziert bin, Musik-Kritiken zu schreiben, weil ich Fachausdrücke wie Rassel-Dings beherrsche. ]
Extrem gelungen sind auch Lerners Lyrics: Der Text, gesungen von Lee Marvin als alten Goldgräber, ist selbstreflexiv, richtig poetisch sogar, doch es bleibt glaubhaft, dass diese Poesie aus dem Gehirn eines einfachen Goldgräbers stammt, da sich die Metaphorik auf die ihm vertraute Welt beschränkt. Bevor er Sinnbilder für seine Gemütslagen findet, spricht er von Rädern, die im Matsch stecken bleiben, von trockenen Ebenen und Maultieren.
Die Strophen bleiben eher pessimistisch. Dies tritt für mich jedoch in Kontrast mit dem ständig wiederholten Satz "I was born under a wand'rin' star.", der mit seiner Aufbruchs-Botschaft eher neue Hoffnungen oder ein Abfinden mit der gegenwärtigen Lage suggeriert. Es könnte sein, dass ich da zu viel rein interpretiere, aber mir ist aufgefallen, dass sich eine ähnliche Mischung aus Pessimismus und Hoffnungsschimmer auch in den Titelliedern von "Django" und "Ringo kommt zurück" findet, die auf dem Western-Countdown von letztem Jahr Platz eins und zwei belegten. Könnte es einfach sein, dass dieser Kontrast typisch für den Western-Mythos ist... das Schicksal eines Mannes, der aus verschiedenen Gründen am Boden zerstört sein sollte, aber trotzdem noch aufrecht stehen kann, weil sein Körper ganz einfach zu 95% aus Testosteron besteht?
Wenn das so ist, konnte man jedenfalls keinen besseren Sänger/Schauspieler finden, um 95% Testosteron zu verkörpern als Lee Marvin. Sein Gesang ist − soweit ich das als Laie beurteilen kann − prinzipiell makellos. Er trifft die richtigen Noten, bleibt angenehm zu hören. Allerdings passt seine raue Stimme nicht zu einem polierten Pop-Sternchen sondern eher zu einem alten Goldsucher, womit die Stimmung des Liedes perfekt getroffen wird. Mir gefällt auch sehr gut, dass er den Song weniger aus vollem Herzen singt und eher nur den Text vor sich hin murmelt. So wirkt es tatsächlich so, als würde er sich gerade über sein eigenes Leben Gedanken machen und nicht einfach vorgeschriebene Lyrics heruntersingen. Seine nachdenkliche Mimik in der dazugehörigen Szene der Verfilmung von Joshua Logan passt ebenso hervorragend zu seinem Gesang, wie die leicht traurige Melodie des Liedes zu der düsteren, verregneten Stimmung der Filmbilder passt.
Um den gelungenen, ernst zu nehmenden Song etwas aufzulockern gibt es dann zum Glück die oben gepostete Simpson-Parodie, eine Cover-Version von Otto Waalkes (https://www.youtube.com/watch?v=7KLSWC8S8Zc&t=77s) und in dem Lied selbst habe ich mich über die Textzeile "When I get to heaven tie me to a tree; or I'll begin to roam and soon you know where I will be." amüsiert.
Soweit hierzu. Nächste Woche wird es gleichzeitig kriegerisch und lieblich...
Platz 14: Lee Marvin "Wand'rin' Star" aus "Paint Your Wagon"
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Okay, um vollkommen ehrlich zu sein, gab es einen Hauptgrund, warum sich ein Lied aus "Paint Your Wagon" auf diesem Countdown befindet... ich wollte einfach einen Grund haben, um diesen Clip zu posten:
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Aber auch abgesehen von dieser Parodie geben die Songs des Musicals − besonders der berühmteste "Wand'rin Star" − einiges her. Kein Wunder, bedenkt man, dass sie von dem dynamischen Duo Alan Jay Lerner und Frederick Loewe stammen. Den beiden verdanken wir so erfolgreiche Musicals wie "My Fair Lady" oder "Camelot". Und obwohl ich noch nicht zu viel über "Camelot" sagen will (weil es an einer anderen Platzierung noch vorkommt), sei bereits betont, dass selten bei einem musikalischen Duo Genie und Wahnsinn so nah beieinander waren. Wahnsinn, weil man doch eine etwas vertrete Psyche haben muss, um die Legenden um König Artus zu lesen und sich dabei zu denken "Hm, ich denke, da passen Lieder dazu" (Freud nannte das wahrscheinlich einen Orpheus-Komplex); und Genie, weil sie diese abstrusen Ideen dann doch ziemlich großartig in die Tat umgesetzt haben. Das Gleiche lässt sich über "Wand'rin' Star" sagen: Ein Song, dessen Text sich so schlecht ins Versmaß fügt, dass eines der Titel-Wörter ZWEI Apostrophe braucht und das Ganze in einem Western-Musical!? Klingt furchtbar, ist aber großartig! Anders als viele noch kommende Platzierungen dieses Countdowns durfte sich der Song auch über eine Erfolgsgeschichte freuen. In Großbritannien beispielsweise reagierte er 23 Wochen lang die Charts.
Musikalisch schuf Loewe eine einprägsame Melodie, die sich leicht merken und noch leichter summen lässt. Der Chor und die Geigen geben ihm zusätzlich eine dramatisch-epochale Note. Gleichzeitig passt das Lied für mich hervorragend in das Western-Genre. Ich kann nur nicht genau sagen, wodurch diese Assoziation geweckt wird − vielleicht ist es der Männerchor oder das rhythmische Rassel-Dings im Hintergrund. [Anm.: Man merkt, dass ich absolut qualifiziert bin, Musik-Kritiken zu schreiben, weil ich Fachausdrücke wie Rassel-Dings beherrsche. ]
Extrem gelungen sind auch Lerners Lyrics: Der Text, gesungen von Lee Marvin als alten Goldgräber, ist selbstreflexiv, richtig poetisch sogar, doch es bleibt glaubhaft, dass diese Poesie aus dem Gehirn eines einfachen Goldgräbers stammt, da sich die Metaphorik auf die ihm vertraute Welt beschränkt. Bevor er Sinnbilder für seine Gemütslagen findet, spricht er von Rädern, die im Matsch stecken bleiben, von trockenen Ebenen und Maultieren.
Die Strophen bleiben eher pessimistisch. Dies tritt für mich jedoch in Kontrast mit dem ständig wiederholten Satz "I was born under a wand'rin' star.", der mit seiner Aufbruchs-Botschaft eher neue Hoffnungen oder ein Abfinden mit der gegenwärtigen Lage suggeriert. Es könnte sein, dass ich da zu viel rein interpretiere, aber mir ist aufgefallen, dass sich eine ähnliche Mischung aus Pessimismus und Hoffnungsschimmer auch in den Titelliedern von "Django" und "Ringo kommt zurück" findet, die auf dem Western-Countdown von letztem Jahr Platz eins und zwei belegten. Könnte es einfach sein, dass dieser Kontrast typisch für den Western-Mythos ist... das Schicksal eines Mannes, der aus verschiedenen Gründen am Boden zerstört sein sollte, aber trotzdem noch aufrecht stehen kann, weil sein Körper ganz einfach zu 95% aus Testosteron besteht?
Wenn das so ist, konnte man jedenfalls keinen besseren Sänger/Schauspieler finden, um 95% Testosteron zu verkörpern als Lee Marvin. Sein Gesang ist − soweit ich das als Laie beurteilen kann − prinzipiell makellos. Er trifft die richtigen Noten, bleibt angenehm zu hören. Allerdings passt seine raue Stimme nicht zu einem polierten Pop-Sternchen sondern eher zu einem alten Goldsucher, womit die Stimmung des Liedes perfekt getroffen wird. Mir gefällt auch sehr gut, dass er den Song weniger aus vollem Herzen singt und eher nur den Text vor sich hin murmelt. So wirkt es tatsächlich so, als würde er sich gerade über sein eigenes Leben Gedanken machen und nicht einfach vorgeschriebene Lyrics heruntersingen. Seine nachdenkliche Mimik in der dazugehörigen Szene der Verfilmung von Joshua Logan passt ebenso hervorragend zu seinem Gesang, wie die leicht traurige Melodie des Liedes zu der düsteren, verregneten Stimmung der Filmbilder passt.
Um den gelungenen, ernst zu nehmenden Song etwas aufzulockern gibt es dann zum Glück die oben gepostete Simpson-Parodie, eine Cover-Version von Otto Waalkes (https://www.youtube.com/watch?v=7KLSWC8S8Zc&t=77s) und in dem Lied selbst habe ich mich über die Textzeile "When I get to heaven tie me to a tree; or I'll begin to roam and soon you know where I will be." amüsiert.
Soweit hierzu. Nächste Woche wird es gleichzeitig kriegerisch und lieblich...