„Was hast du am Business meiner Frau zu suchen?!“ – „Informationen, Informationen!“
Der Wiener Filmemacher Rolf Olsen („Wenn es Nacht wird auf der Reeperbahn“) verfilmte für „Das Go-Go-Girl vom Blow-Up“ ein Drehbuch des Trios Géza von Cziffra, Armin Jürgen und Ruedi Walter in deutsch-schweizerischer Koproduktion. Die Erotikkomödie erschien im Jahre 1969 und ist damit der ersten Welle an Unterhaltungsfilmen, die sich die Errungenschaften der sexuellen Revolution zu Eigen machten, zuzurechnen.
„Das Fernsehen ist der Tod des Individualismus!“
Medizinstudentin Monique Brahm (Monika Lundi, „Zuckerbrot und Peitsche“) verlässt ihre Berliner Studenten-WG, da es sie zu ihrem Onkel, dem Stadtrat Eberhard Adler (Eddi Arent, „Das Rätsel des silbernen Dreieck“), nach München zieht. Daher verlässt sie auch die Mark-Brothers, eine Kapelle, mit der sie Go-Go tanzend durch die Clubs und Discos gezogen war, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Als eben jene Band jedoch von Conny Angel (Gunther Philipp, „Die Wirtin von der Lahn“), dem Betreiber der Münchner Großraumdiskothek „Blow-Up“, verpflichtet wird, überreden ihre Mitglieder Monqiue, wieder als Tänzerin einzusteigen. Dies muss sie jedoch gegenüber ihrem spießigen Onkel verheimlichen, der zudem erklärter Gegner jenes Etablissements ist. Nur zu gern würde er es an einen Bierbrauer (Rolf Olsen höchstpersönlich) verschachern, der an dem Objekt interessiert ist und über Eberhards Schwager Alois Kranz (Beppo Brem, „Lausbubengeschichten“) heranzukommen versucht. Eberhard verspricht sich davon außerdem viel Wählerinnen- und Wählerzuspruch, wird während einer Begehung des „Blow-Up“ mit Herrn Hummel (Ruedi Walter, „Unruhige Töchter“) von der Sitte jedoch von Conny Angel in eine Falle gelockt und dadurch erpressbar. Damit nicht genug: Conny wählt die Flucht nach vorn, als er mitbekommt, wie sich Eberhard seiner Frau Grethe (Stephanie Glaser, „Uli der Knecht“) gegenüber in Ausreden verstrickt, und gibt sich ihr gegenüber als Reeder Konstantin aus. Ausgerechnet auf diesen wirft Grethe ein Auge, während Go-Go-Tänzerin Monique ganz monogam eine Zukunft mit ihrem Kommilitonen Peter (Fritz Wepper, „Der Arzt von St. Pauli“) plant…
„Ein toller Bumsladen, was?“
Olsen fackelt nicht lange und eröffnet seinen Film direkt mit nackten Mädels in Moniques Wohngemeinschaft. Im weiteren Verlauf stellt er Oben-ohne-Szenen und -Partys, einen Stripclubbummel, knallbuntes Swingin‘-Sixties-Interieur und den generellen Lebenswandel der jungen Generation dem korrupten, bigotten, spießigen und verlogenen Alltagsmief der Älteren gegenüber, wobei Moniques Onkel zugleich konservative Politik verkörpert. Diese Angriffslust steht dem Film gut zu Gesicht und wirkt verglichen mit um politische Korrektheit bemühten Produktionen geradezu erfrischend. Freizügigkeit wird hier noch als progressiv empfunden und dargestellt, nicht als sexistisch – und auch gar nicht als übermäßig sexuell konnotiert, denn dies scheint sie in erster Linie für die ältere Generation zu sein, während die jüngeren viel selbstverständlicher damit umgehen. Interessanterweise – eventuell bewusster Teil dieses Konzepts bzw. dieser Aussage – verzichtet der Film aller nackten Tatsachen zum Trotz vollständig auf Softsexszenen.
Aus dieser Gemengelage heraus entstehen viele launige Dialoge, wenngleich in einigen Szenen der Ton leider schlechter wird und der schweizerdeutsche Akzent einer der Figuren geradezu unverständlich ist. Nach einiger Zeit gerät die Verwechslungsklamotte jedoch etwas arg dialoglastig und vorhersehbar, um schließlich gefürchtet bundesdeutsch-klamaukig zuweilen nur noch knapp an der Fremdscham vorbeizuschrammen. Dafür ist Monika Lundi als Monique nicht nur spielfreudig, sondern auch unheimlich hübsch, spielt Eddi Arent den bonzigen Onkel super und hält Franz Xaver Lederle mit einer sehr dynamischen und verhältnismäßig originellen Kameraführung bei der Stange. Mit der von Uschi Mood („Der Gorilla von Soho“) gespielten Inga existiert eine weitere weibliche Figur mit direktem Bezug zu Moniques Umfeld, denn diese Freundin Connys wird quasi Moniques Nachfolge bei den Mark-Brothers antreten (und von Eberhard angehimmelt).
Zugleich ist „Das Go-Go-Girl vom Blow-Up“ ein Werbefilm fürs „Blow-Up“, das tatsächlich Münchens erste Großraumdiskothek war. Auf bezeichnende Weise geht hier der Kapitalismus mit der sexuellen Revolution noch auf eine Weise Hand in Hand, von der sie alle zu profitieren scheinen – und das nicht intradiegetisch, wenn Go-Go-Tanz als letztlich harmlose Einnahmequelle für junge Frauen empfohlen wird: Die junge Generation durch eine entwaffnend positive und zwar häufig auf Erotik ausgerichtete, aber nicht beleidigend sexistische Skizzierung, das Kinopublikum, das sich an diesem Film erfreuen konnte, Olsen und die Filmproduktion, die damit ihr Geld verdienten, und natürlich das Blow-Up. Von extrem schmierlappiger und frauenfeindlicher Sexploitation, wie sie bald darauf auf den Erotiksektor drängen sollte, hat Olsens Film nicht viel am Hut.
Dass man produktionsseitig vermutlich jedoch in erster Linie mit Einnahmen durch die ältere Generation rechnete, könnte indes wiederum erklären, weshalb diese mitsamt ihres mutmaßlichen Humorverständnisses in der Handlung überrepräsentiert ist – wenngleich doch auch diese sicherlich lieber mehr vom studentischen Nachtleben in der Bayern-Metropole gesehen hätte…
Das Go-Go-Girl vom Blow Up - Rolf Olsen (1969)
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Re: Das Go-Go-Girl vom Blow Up - Rolf Olsen (1969)
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!