Die Waschmaschine
The washing machine
Frankreich / Italien / Ungarn 1993
Regie: Ruggero Deodato
Ilaria Borrelli, Philippe Caroit, Katarzyna Figura, Laurence Regnier, Barbara Ricci, Yorgo Voyagis, László Borbély,
Claudia Pozzi, Vilmos Kolba, Károly Medriczky, Sándor Boros, Tamás Pintér, Ági Dávid, Ágnes Dávid, Ruggero Deodato
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OFDB
Italo-Cinema.de (Frank Faltin)
Ein Cop, der in einem erotischen Umfeld ermittelt und sich in die Hauptverdächtige(n) verliebt. Kommt das bekannt vor? Gut, dann sind wir uns ja einig, dass BASIC INSTINCT im Jahr 1992 nicht nur in den USA eine Welle von Nachahmern losgetreten hat, sondern natürlich auch in Europa. Und da der italienische Giallo ja schon immer eine Affinität hatte zu Dingen wie Wirklichkeitsverlust und ernsthaft offensiver Erotik, bot sich im Zuge dieser Welle, die damals die Kinos und vor allem die Videotheken überschwappte, der folgende Stoff an: Inspektor Stacek steht bei drei extrem attraktiven Schwestern in der Küche und versucht herauszubekommen, ob die Leiche in der Waschmaschine eine Einbildung war oder ein tatsächlicher Mordfall. Eine Leiche kann jedenfalls nicht gefunden werden, eine der Schwestern ist Alkoholikerin (oder so etwas ähnliches), und damit könnte das Thema eigentlich beendet sein. Aber die Schwestern fliegen ziemlich auf den schmucken Inspektor mit seinen blauen Augen und füttern ihn stückchenweise mit Informationen über das tatsächlich verschwundene Mordopfer, den Zuhälter Yuri. Und so ganz nebenbei wollen sie auch mit Stacek in die Kiste. Die eine kettet ihn an das Treppengeländer, die zweite versucht es mit Salatsoße im Schritt, und die dritte hat eine absolut hinreißende Szene, bei der vor dem Theatervorhang eine Liebesarie aus Mozarts
Zauberflöte gesungen wird, während dahinter die Zauberflöte aus der Hose geholt und entromantisiert wird.
Im Prinzip ist DIE WASCHMASCHINE also nichts anderes als ein klassischer Giallo, aufgebrezelt mit ein wenig mehr Sex als es in den (frühen) 70ern möglich war, aber mit den verschiedenen Ebenen der Realität und der verwirrenden Rahmenhandlung immer noch in der gleichen Umgebung spielend wie zum Beispiel DIE FARBEN DES BÖSEN. Die Grenzen zwischen Realität und Traum verwischen zunehmend, der Tathergang wird immer wieder anders geschildert, immer wieder mit neuen Details ausgeschmückt, und gegen Ende verliert der ach so nüchterne Inspektor auch noch die Kontrolle über seinen eigenen geistigen Zustand. Womit er in guter Gesellschaft ist, denn auch einer Edvige Fenech ist so etwas 20 Jahre früher bereits ab und an passiert.
Dass das Ganze trotzdem nicht so zieht wie ein Gassenhauer von, sagen wir, Sergio Martino, ist schwierig zu erklären. Anstatt den psychedelisch-verspielten Bilderwelten der 70er sehen wir düster-gotische Inneneinrichtungen in Verbindung mit kühlen und kalten Bildern eines postkommunistischen Budapests, die sich erstklassig ergänzen, aber zumindest in der mir vorliegenden Fassung (gesehen wurde die thailändische DVD mit englischer Synchro) etwas gebremst wirken. Vielleicht ist die Handlung auch gar zu abgedreht, aber als Giallo-Fan sollte einem so etwas eigentlich nicht viel ausmachen. Trotzdem, dieser gewisse Bezug zur Realität, der in den 70ern das Grauen so oft erst auf den Punkt brachte, der scheint hier ein kleines bisschen zu fehlen. Dieses Quäntchen
hier und heute, welches den Schrecken einer überbordenden Phantastik erst zum Grauen macht. Und um das große Vorbild BASIC INSTINCT dann schlussendlich einzuholen, fehlt wiederum ein gerüttelt Maß an Nacktheit – Alle drei Schwestern dürfen sich regelmäßig ausziehen und ihre sehr gut gebauten (Ober-) Körper zeigen, aber (schon wieder ein aber …) richtige Erotik kommt nur in einigen wenigen Fällen rüber auf diese Seite des Bildschirms. Kameramann Sergio D’Offizi, der mit Regisseur Deodato zusammen auch bereits NACKT UND ZERFLEISCHT gedreht hat, findet zum Teil hinreißend-schwelgerische Bilder, die von Claudio Simonettis Score erstklassig untermalt werden. Vielleicht müsste man den Film einmal im Kino sehen, auf einer ganz großen Leinwand, um gerade in diese Bilderwelten hineinfallen und sich verlieren zu können. Um die Erotik gerade von Ilana Borelli und Barbara Ricci erst so richtig genießen zu können. Um vor den Babyaugen von Philippe Caroit in ihrer blauen Intensität so richtig zu erschauern. Und um die Morbidität der drei Schwestern und ihre letal aufgeladene Sexualität in Großaufnahmen aufsaugen zu können.
Aber auf dem kleinen Bildschirm des Computers wirkt dies alles nur bedingt. Woran es durchaus liegen mag, dass DIE WASCHMACHINE den geneigten Giallo-Fan zwar ansprechen kann, sich die ganz große Begeisterung aber zurückhält. Was schade ist, denn mit seiner Orientierung an den Mechanismen des klassischen Giallo macht Deodato eigentlich vieles richtig. DIE WASCHMASCHINE mag vielleicht nicht überraschen, die Auflösung ist relativ früh zu erahnen, aber in hohem Maße unterhaltsam ist der Film auf jeden Fall, wenngleich eben auch mit ein wenig Bremse im Zug.
6/10