Ein Giallo, der mit einer kleinen Insel als Schauplatz aufwartet - mal was anderes, da kommt gleich Urlaubsfeeling auf. Urlaub machen will dort auch die Sippschaft von Ubaldo, namentlich seine erheblich jüngere Ehefrau, seine 3 Kinder nebst Ehepartner und seine Schwester Elisabetta, deren Geisteszustand nicht der allerbeste ist. Wenn man bedenkt, dass es sich also nur um 9 Personen handelt, ist der Fremdgehfaktor hier extrem hoch, aber kein Problem: Es bleibt ja in der Familie!
Allerdings sind Ubaldos Söhne sich spinnefeind, und Julia hat ihren Daddy natürlich eh nur wegen seines Geldes geehelicht.
Probleme tauchen auch bald am Horizont auf in Form der Standardgestalt eines jeden Giallo: Ein Mörder erscheint auf der Bildfläche. Zunächst hält er sich jedoch noch etwas im Hintergrund und tötet nur die beiden Matrosen, die auf Ubaldos Yacht verblieben sind. Dann wird der Anker gelichtet und die Yacht dümpelt davon, jetzt noch schnell den Motor des Beibootes außer Gefecht gesetzt, und schon ist Ubaldos Sippe auf ihrer Privatinsel gefangen. Nun kann der Mörder frischauf ans Werk gehen, und da es sich um einen kreativen Mörder handelt, denkt er sich auch für jedes Opfer etwas neues aus. Will er das Familienvermögen abstauben. Oder geht angesichts des andauernden Fremdgevögels um Eifersuchtstaten? Tante Elisabetta vermutet ein ganz anderes Motiv: Der Geist von Charlie geht um, um Rache zu nehmen! Charlie war ihr Lover vor 20 Jahren, doch war er der Familie nicht genehm: Er war zu arm!
Besagtes Problem wurde seinerzeit recht unkonventionell gelöst, indem man während eines Schäferstündchens am Strand Charlie kurzerhand über den Haufen schoss, um ihn noch lebend gleich an Ort und Stelle zu begraben! Ist er zurückgekehrt aus dem Jenseits, um sich zu rächen? Oder starb er damals gar nicht? Oder ist alles ganz anders?
Ganz anders ist hingegen nicht das Motto, wenn es darum geht, die Familie zu charkterisieren. Die Männer haben allesamt schwere Schuld auf sich geladen und verdienen gewiss keine Sympathiepunkte. Die Ladys decken ein Spektrum von klassisch geldgeil bis spökenkiekerisch ab, leiden aber alle an einer milden Form von Bekleidungsallergie, weshalb sie ja schließlich im Sommer auf einer einsamen Insel urlauben, nämlich um dort mit einer Hyposensibilisierung zu beginnen. Hach, wenn es nicht schon das Klischee der 70er-Jahre-Society-Schickse im Giallo gegeben hätte, hier wäre es dann erfunden worden.
Das Ende hätte für meinen Geschmack etwas garstiger ausfallen können, aber sei's drum. Der Film schafft es auf alle Fälle, Urlaubbssehnsucht nach dem Mittelmeer zu erzeugen, wenn er auch kein lost masterpiece ist.
Für das Wagnis, den hierzulande bisher nie veröffentlichten Film als OmU herauszubringen, kann man vor Camera Obscura nur den Hut ziehen. Hoffentlich hat es sich gelohnt.