Hab mir den Film grade zu Grmüte geführt. Hier meine Kritik:
Meine Liebe zu „Easy Rider“ hat mich wieder mal in die Börse greifen lassen, um mir „Die Wilden Engel“ anzuschaffen und ich habe es nicht bereut. Ich schätze den Regisseur Roger Corman vor allem deswegen, weil er trotz seiner „Fließbandproduktion“ von Filmen immer wieder mit netten Ideen aufwartet. So haben wir auch hier spezielle Szenen, die durch gute Regie besonders ergreifend wirken,
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wie der Tod vom Looser
, der Dialog Fonda-Pfarrer oder die Schlussszene.
Peter Fondas Figur des Gangchefs gefiel mir am ganzen Film besonders gut. Der Gute Peter ist vielleicht schauspielerisch vielleicht nicht gerade das Beste, was seine Sippschaft zu bieten hat, passt aber einfach perfekt in Rollen wie diese oder die von Captain America („Easy Rider“). Als Anführer der Wilden Engel ist zwar seine oberste Priorität wild und frei zu sein, im Gegensatz zu einigen seiner Kumpanen scheint er aber immer zu wissen, wann Schluss mit lustig ist. Dies geht soweit gut, bis ihm die Sterblichkeit seiner Bandenmitglieder und damit seiner Ideale bewusst wird. Das bringt ihn dazu seine letzten guten Grundsätze erst völlig in den Ofen zu schießen und sich in einem Akt völliger Selbstaufgabe schlussendlich der Polente zu stellen.
Im Gegensatz dazu scheint Nancy Sinatra nur in diesem Film zu sein damit, eben Nancy Sinatra in diesem Film ist. Der Rest der wilden Horde reicht schauspielerisch von annehmbar bis gut. Was ich an der Bande aber besonders loben muss sind die Kostüme, die gleichzeitig die Militanz der Gang und ihren dazu widersprüchlichen Drang zur Individualität widerspiegeln.
Bei der Handlung hat man sich nicht so viel Mühe gegeben. Ein Spannungsbogen oder Roter Faden ist nur schwer ausfindig zu machen. Das ganze scheint überhaupt weniger eine Story sondern mehr ein paar Tage im Leben der Wilden Engel zu sein. Dies gibt Raum für eine beträchtliche Summe von Filler, meist in Form von wilden Biker-Partys.
Obwohl sich die Handlung hier und da mal für ne Viertelstunde verzschüsst kommt aber nur sehr selten Langeweile auf. Dies führe ich neben der Interessanten Figur Fondas vor allem auf all die kleinen Dinge zurück, die nicht wirklich witzig sind, aber eindeutig Laune machen. Wie beispielsweise die wortspielliebende deutsche Synchro („Wo ist Joint?“ „Auf Stoßtrupp mit der Krankenschwester“ – Die pietätloseste Umschreibung einer Vergewaltigung seit dem „Verlöten“ aus „…Und Santana tötete sie alle“), oder die Figur des Bestattungsunternehmers, der ohne mit der Wimper zu zucken, die vier brutalen Bikergestalten die ganz plötzlich vor seiner Schwelle stehen gnadenlos über den Tisch zieht.
Die Botschaft, die Corman vermitteln will (es muss eine Geben, sonst bekämen wir nicht all die Schönen Worte über Freihat) erschließt sich mir nur teilweise. Hin und wieder idealisiert er die Bikergang, stellt ihr Leben in Freiheit über alles nur um sie darauf bei Handlungen zu zeigen, die eindeutig falsch sind. Am ehesten könnte man glaube ich die Lehre ziehen, dass man Leben soll wie man will, man aber zuerst wissen muss, was man wirklich will. Schön ersichtlich in meiner liebsten Szene, in der Fonda den Priester anschreit, dass er dessen Predigen nicht will der Priester fragt, was er dann nun eigentlich will und Fonda, bevor er zu seinem Monolog über Friede Freude Freiheit Freibier anhebt erst einmal stockt. Darin sah ich die Schlüsselszene: Seine Ideale sind schon richtig, aber er hätte sie genauer definieren müssen.
Fazit: Bewegende Gesellschafts- bzw. Charakterstudie der Biker und deren Anführer mit einem perfekt in die Rolle passenden Peter Fonda. Kleiner Punkteabzug nur für die etwas abwesende Handlung. 8/10