Re: Last Night in Soho - Edgar Wright (2021)
Verfasst: Sa 31. Dez 2022, 14:39
Ich schließe mich der hier vorherrschenden Minderheitenmeinung von Blap und dem Onkel an. Ich mochte den. Ich verstehe aber auch, wenn man da so seine Probleme hat. Zumal - so ging es mir zumindest - der Trailer einen ganz anderen Film versprach. Ja, es dauert lange, SEHR lange bis der Film Fahrt aufnimmt. Was ich gestern aber gar nicht schlimm fand, da ich die Figur der Ellie - super und sympathisch gespielt von der mir bis jetzt unbekannten Thomasin McKenzie - sehr mochte und ihr gerne durch ihre erste Tage in London, der schrecklichen Modewelt und vor allem dem sehr schönen und gut gewählten Soundtrack-Songs folgte. Ich war auch in der Stimmung mich einfach mal so treiben zu lassen. Ausstattung, Look und Kostüme waren absolut brillant, was ja auch bei aller Kritik immer gewürdigt wird. Was ich zu meckern hätte: Die Auflösung ist wirklich schon sehr früh klar. Den Verdacht hatte ich sehr früh, absolut klar war es dann spätestens in der Szene in der Bibliothek, wenn sie durch die Zeitungsauschnitte geht. Und dann fällt der Film etwas auseinander, bzw. unterläuft zumindest meine Erwartungen (siehe meine Bemerkung zum Trailer):
Schön fand ich die ganzen Anspielungen auf Argento (auch wenn "Last Night.." nun in meinen Augen überhaupt kein Giallo oder Neon-Giallo ist). Erkannt habe ich "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe", "Suspiria", "Tenebrae" und "Inferno". Thomasin habe ich ja schon gelobt, Anya Taylor-Joy muss aber auch unbedingt erwähnt werden. Sie ist (mal wieder) großartig und hat eine tolle Präsenz. In den Extras sagt Edgar Wright, sie wirke als könne sie auch aus den 60er, 40ern oder sogar 20ern stammen. Und das stimmt. Tolle Schauspielerin und "Erscheinung". Am Ende ist der Film etwas drüber, aber okay. Konnte ich akzeptieren. Man kann den Film lesen als Anti-Nostalgie (früher war es auch nicht besser und die Erinnerung verdeckt mit Glanz das Elend) und Beitrag zur MeToo-Bewegung, die toxische Männer zeigt, die Frauen ausnutzen und vernichten, damit aber durchkommen und noch dafür von ihren Kumpels gefeiert werden. Das war sehr unangenehm und bedrückend. Aber so war (und leider noch viel zu häufig ist) es ja, und ich fand gut und aufrüttelnd, die dies dargestellt und drauf aufmerksam gemacht wurde. Auch gerade in einem "Unterhaltungsfilm".
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