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Re: The Substance - Coralie Fargeat (2024)

Verfasst: Mi 28. Aug 2024, 18:33
von Dick Cockboner
Ihr könnt aufhören, bin angefixt! :D

Re: The Substance - Coralie Fargeat (2024)

Verfasst: Mi 25. Sep 2024, 17:36
von buxtebrawler
War gestern im Kino. Wer noch die Gelegenheit hat, "The Substance" im Kino zu gucken: Tut es.

Re: The Substance - Coralie Fargeat (2024)

Verfasst: Do 26. Sep 2024, 03:37
von Adalmar
Das kann ich nur unterstreichen, ein visuell sehr ansprechendes Bodyhorror-Spektakel mit tollen schauspielerischen Leistungen von Demi Moore und Margaret Qualley. Dass alles sehr überzeichnet daherkommt und z. B. der Charakter von Dennis Quaid eine reine Karikatur abgibt, fällt nicht sonderlich negativ ins Gewicht.

Re: The Substance - Coralie Fargeat (2024)

Verfasst: Mi 2. Okt 2024, 16:10
von buxtebrawler
Ein schlimmer Finger

„Es gibt kein du und sie – ihr seid eins.“

Die französische Autorenfilmerin Coralie Fargeat, deren harscher Rape’n’Revenge-Streifen „Revenge“ im Jahre 2017 sein Genrepublikum fand, legte im Jahre 2024 ihren in britisch-US-amerikanischer Koproduktion entstandenen, aber in Frankreich gedrehten zweiten abendfüllenden (mit rund 140 Minuten Laufzeit vielleicht sogar mehr als das) Kinofilm „The Substance“ vor – eine inhaltlich offenbar von Brian Thomas Jones‘ „Rejuvenator“ aus dem Jahre 1987 und dem Literaturklassiker „Das Bildnis des Dorian Gray“ inspirierte Bodyhorror-Groteske und starbesetzte Major-Produktion, die es in sich hat.

„Man muss sich immer wieder klarmachen, dass man auch selbst noch etwas wert ist.“

Die einst überaus erfolgreiche Schauspielerin Elizabeth Sparkle (Demi Moore, „St. Elmo's Fire“) hat seit einiger Zeit eine beliebte Sendung für rhythmische Sportgymnastik im Frühstücksfernsehen, in der sie in enger Sportkleidung die Vortänzerin gibt. Doch an ihrem 50. Geburtstag eröffnet ihr Produzent Harvey (Dennis Quaid, „Enemy Mine – Geliebter Feind“), dass sie auch für diesen Job zu alt geworden sei und er sich nach einer wesentlich jüngeren Nachfolgerin umsehen werde. Als Elizabeth nach einem Autounfall in eine Klinik kommt, gibt ihr ein Pfleger Hinweise auf ein experimentelles Schwarzmarkt-Medikament, das, einmal eingenommen, eine jüngere Version des jeweiligen Probanden produziert. Alle sieben Tage wechselt man sich mit dem bisherigen Ich ab, dessen Hülle wie in einem Koma daliegt und künstlich ernährt wird. Der wöchentliche Wechsel muss jedoch unbedingt eingehalten werden. In einer Mischung aus Neugier und Verzweiflung probiert Elizabeth die Substanz aus und findet schnell Gefallen an ihrem Alter Ego Sue (Margaret Qualley, „Poor Things“), das ihre Nachfolge in der Sportsendung antritt und zum gefeierten Fernsehstar avanciert. Doch fällt es ihr mit der Zeit immer schwerer, den Identitätstausch pünktlich zu vollziehen – mit unabsehbaren, fürchterlichen Folgen…

„Hat sie schon angefangen, dich aufzufressen?“

Wir sehen zunächst den von seiner Kalkhülle befreiten und wie ein Spiegelei daliegenden Inhalt eines Vogeleis. Durch eine Injektion bildet sich ein zweites Eigelb, das eine perfekt kreisrunde Form aufweist. Schnitt. Im Zeitraffer sehen wir, wie Elizabeth Sparkles Stern auf dem Walk Of Fame gegossen wird, wie er zunächst bewundert, aber bald beim Passieren und Überqueren nicht mehr sonderlich beachtet wird, wie er sich im Laufe der Jahre verändert und Risse bekommt. Schnitt. Nach diesem bedeutungsschwanger-metaphorischen Einstieg beginnt die Handlung, eine Groteske, in einem satirischen Zerrbild unserer Realität spielend. Dennis Quaid overactet karikierend als unangenehmer, sexistischer Produzent, der mit Sicherheit nicht zufällig Harvey heißt. Elizabeth‘ Autounfall wird, fulminant gefilmt, aus dem Inneren ihres Autos gezeigt – man ist mittendrin statt nur dabei. Die Kamera versorgt einen mit extremen, unappetitlichen Nahaufnahmen, die fast wie Blicke durchs Mikroskop wirken, und mit Logik, wie wir sie kennen, ist es nicht weit her: Wer mit welcher Intention genau hinter der Substanz steckt und ob die ein Luxus-Penthouse mit Blick über Hollywood bewohnende Elizabeth sie auf irgendeine Weise monetär begleichen muss, bleibt ungeklärt und für die Handlung gänzlich uninteressant, sprich: wird gar nicht erst thematisiert. Zudem werden zwar die konspirative Übergabe und äußerst knappen Anleitungen gezeigt bzw. zitiert, wie medizinisch voraussetzungsreich die Handhabe aber ist, und weshalb Elizabeth bzw. Sue all das – Spritzen setzen, Kanülen legen, Rückenmarksflüssigkeit absaugen, den komplett offenen Rücken des Wirtskörpers, aus dem Sue schlüpft, zunähen – aus dem Effeff beherrschen, darüber kann man sich nur wundern. Ebenso darüber, dass niemand einen Personalausweis oder ein anderes urkundliches Dokument von Sue sehen will und anscheinend keinerlei Spuren davon zurückblieben, sich alle zwei Wochen eine Spritze in den Oberschenkel zu rammen.

Man kann es aber auch sein lassen, denn das ist hier völlig gleich. Um die Entrücktheit ihres Films zu verdeutlichen, arbeiten Fargeat und ihr Team sowohl mit surrealistischen Einsprengseln als auch mit an Kubrick gemahnenden, in ihrer Durchästhetisierung künstlich wirkenden Bildern und lassen diesen in der Postproduktionen einen hyperdynamischen Schnitt angedeihen. Hämmernde Elektrobeats unterstreichen den artifiziellen Charakter auf der Tonspur. Dieser „klinischen“ Gestaltung gegenüber steht eine ungeheure Körperlichkeit, die die bereits erwähnten Close-ups bereits andeuten. Diese werden ergänzt von Point-of-View-Perspektiven, unheiligen Geräuschen und, zunächst einmal, Nacktheit. Viel Nacktheit. Sowohl Demi Moore als auch Margaret Qualley zeigen sich komplett unverhüllt in ihrer ganzen Pracht, ohne dass diese Szenen sexploitativ ausgeschlachtet würden. Ihnen haftet viel Natürlichkeit an, bzw., im Falle Sues: Natürlichkeit und Künstlichkeit zugleich. Paradox, ja – aber so ist dieser Film nun einmal. Die Ausschlachtung erfolgt auf eine andere Weise, genaugenommen auf der Meta-Ebene: In den Tanzszenen Sues und ihrer Mittänzerinnen kommt der Male Gaze, also der heterosexuelle, sexualisierte Blick auf Frauen, derart überstilisiert zum Einsatz, dass er dadurch persifliert wird.

Fargeats eigentliche Themen sind Lookismus und Altersdiskriminierung anhand eines exemplarischen Falls aus der Film- und Unterhaltungsbranche, es geht um Körperkult und den fortwährenden, überzogenen Drang nach Selbstoptimierung – und um das Streben nach Geltung und Ruhm. „The Substance“ verhandelt ebenso, wie das Aussehen den Charakter verändern kann. Aussage und Subtext gehen weit über ein einfaches „Steh zu deinem Alter“ hinaus. So sehr Elizabeth ihre Zeit als Sue genießt, so sehr verstärkt es Elizabeth‘ Selbstzweifel. Dies führt zu einer besonderen Art multipler Persönlichkeit und schließlich zu Selbsthass, der sich in Form der externalisierten „Sue“ bahnbricht und in einen ultrabrutalen, vielleicht filmisch etwas zu arg ausgekosteten Vernichtungswillen gegenüber Elizabeth mündet.

Diese Entwicklung erinnert dann auch immer wieder an sozialkritische Horrorcomics der alten Schule, in Kombination mit Masken und Spezialeffekten vor allem aber an den Bodyhorror Cronenbergs, Gordons, Yuznas oder auch Carpenters (vgl. „Das Ding aus einer anderen Welt“), an den „The Substance“ auch eine Hommage ist: Gore, Mutationen und Splatter. Zugleich schuf Fargeat hiermit ein Stück modernes feministisches Kino, dessen vermeintliches Ende „Carrie“ und „Braindead“ zitiert, dabei aber wie ein Gwar-Konzert aussieht. Und als wollte Fargeat immer noch einen draufsetzen, geht es sogar noch weiter, bis sich der Kreis zum Prolog schließt. Welch ein Ritt! „The Substance“ ist vielleicht Demi Moores bester Film, für ihr Schauspiel und ihren Mut zu diesem Projekt kann man ihr nur Respekt zollen. Margaret Qualley steht ihr dabei in nichts nach und beweist einmal mehr ein gutes Händchen bei der Rollenwahl. Neben allen bereits erwähnten Vorzügen ist unbedingt noch zu erwähnen, in welch angenehmem dramaturgischen Tempo „The Substance“ genüsslich die Schraube des Wahnsinns immer weiter anzieht. Interessant zudem, dass, was früher mit Sicherheit keinerlei Jugendfreigabe erhalten hätte, heute mit FSK 16 durchgewunken wird.

Wer die Gelegenheit wahrnahm, „The Substance“ im Kino zu sehen, kann sich glücklich schätzen. 8,5 von 10 eitrigen Einstichen für diese schmodderige, ebenso kluge wie plakative Wiedergeburt des sozialkritischen Bodyhorrors!

Re: The Substance - Coralie Fargeat (2024)

Verfasst: Mo 7. Okt 2024, 13:49
von buxtebrawler
Erscheint voraussichtlich am 01.07.2025 bei Mubi auf Ultra-HD-Blu-ray im Mediabook (ohne Abb.), auf Blu-ray und auf DVD:

Bild Bild

Re: The Substance - Coralie Fargeat (2024)

Verfasst: Di 15. Okt 2024, 17:07
von karlAbundzu
Im Kino

Eine TV-Aerobic-Vortänzerin wird 50 und verliert daher ihre Show. Sie kommt an ein Serum, dass eine jüngere, schönere Version von ihr schafft. Aber es gibt Regeln.

Eine groteske Farce um den Körperkult in unserer Gesellschaft. Mit lustigen, ekligen, kritischen und horriblen Bildern und Tönen.
Insgesamt hat mich das gut unterhalten, obwohl ich als Spritzenphobiker relativ häufig die Decke des Kinosaals bewunderte. Die Ausstattung, Drehorte, Kostüme sind sehr genau und ein starkes Farbkonzept mit der Kamera. Die auch sehr variabel ist, es gibt verzerrte Nahaufnahmen der Gesichter, gerade bei Quaids Darstellung des Produzenten wirklich sehr drüber spielt. Was sich fast schon mit den Worten beißt: Denn das sind die üblichen sexistischen Klischees, wie eklig diese sind, wird hier durch das Spiel und Kamera klar gemacht. Der Sound, sehr elektrolastig, passend zum Setting, gefiel mir auch.
Und doch habe ich ein paar Kritikpunkte:
Insgesamt deutlich zu lang, der Film ist ein wenig in seine grotesken Ideen verliebt, und so wird einiges wiederholt. Klar, die sprunghafte Alterung Elisabeths passt da noch, aber die Regeln und die einzelnen Schritte werden zu häufig und immer gleich gezeigt.
Demi Moore ist klar eine sehr passende Besetzung, ist sie doch selbst eine Schauspielerin, die eher wegen ihres Aussehens denn ihres Talentes wegen besetzt wurde. Und die mit Substanzen kämpfen musste. Doch entweder verlangt die Rolle ihr hier wenig ab und/oder sie macht auch nicht viel daraus: Eine Entwicklung gibt es kaum, im Prinzip stellt sie das System, dass sie kalt stellt, nicht in Frage, nd obwohl sie deutlich Zeit und Muße hat, reflektiert sie ihr handeln nicht. So ist ihre stärkste Szene die, in der sie sich für ein Date mit einem alten Schulfreund bereit macht und sich nicht entscheiden kann, sehr sexy (im herkömmlichen amerikanischen Werbefernseh-Sinn: Ausschnitt zeigen, stark geschminkt) oder natürlich dezent gestylt zu sein und darauf beinahe durchdreht. Das ist natürlich auch ein Problem der Rolle, und ich schliesse mal die Rolle der neuen Elisabeth, Sue, mit ein. Sie ist straight eine junge Frau, die auf alle Fälle Erfolg haben will. Und das geht in ihrer Logik nur, in dem sie ihren Körper zur Schau stellt und eben das macht, was Elisabeth zuletzt machte.
Und da wir sonst sehr wenig über Elisabeths vorheriges Leben erfahren (irgendwie typisch amerikanischer Mainstream, da wird auf verschachtelte Erzählungen mit Rückblenden und vielschichtige Charaktere verzichtet, um nur keinen zu überfordern), gibt es da auch sehr wenig Sympathie, außer dem Mitleid, das man mit einem Umständeopfer halt so hat. So wird hier die Chance vertan, wirklich Kritik am System zu üben, es wird nirgendwo eine Alternative gezeigt. Aber das muss es ja auch nicht: Durch die Wahl der Groteske mit durchaus komischen Szenen reicht es ja erst Mal zu zeigen wie pervers das ist.
Doch dann kommt der Male Gaze, und anders als Bux finde ich den eher Standard, bzw. ist der in Werbung und modernen Musikvideos noch sexistischer der Blick. Was ja aber passt: Denn die sexitischen Aussagen der meisten Männer sind hier eigentlich auch nicht übertrieben, sondern wahrscheinlich das, was leider viel zu viele Frauen täglich erleben, grotesk und komisch wird es durch die Darstellungsweise. Das man beim Male Gaze nun den Weg nicht wählte, lädt mich zum drüber nachdenken ein,neben den, dass ich mich dabei fast so unwohl wie bei den Spritzen fand. Das Setting des sexistischen Blickes war ja meist in einer Art 80er Design, Farben, Aerobic etc, vielleicht teilt die Autorin/Regisseurin meine Ansicht, das wir in einer Phase des Rückwärtsgewanden sind, heißt: Das der Sexismus und der Körperkult trotz Bewußtsein und Gesetzgebung insgesamt wieder schlimmer wird.

Aber zurück: Trotz der Mäkelei insgesamt ein guter Film und interessanter Beitrag zum Thema. Und das der Film sich ästhetisch bei Yuzna, Gordon, Cronenberg, Jackson bedient, freut einen natürlich auch.

Re: The Substance - Coralie Fargeat (2024)

Verfasst: Mi 16. Okt 2024, 00:13
von Adalmar
Ich bin ehrlich gesagt ganz froh, wenn ein Film mir seine Welt einfach so zeigt und die Kritik daran und mögliche Alternativen nicht gleich vorgekaut mitliefert. Darüber kann man sich ja auch seine eigenen Gedanken machen.

Re: The Substance - Coralie Fargeat (2024)

Verfasst: Mi 16. Okt 2024, 15:57
von karlAbundzu
Adalmar hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 00:13 Ich bin ehrlich gesagt ganz froh, wenn ein Film mir seine Welt einfach so zeigt und die Kritik daran und mögliche Alternativen nicht gleich vorgekaut mitliefert. Darüber kann man sich ja auch seine eigenen Gedanken machen.
Sehe ich im Grunde wie Du. Nur das die Hauptperson trotz allem, was so passiert, nicht mal nach Erkenntnisgewinn strebt, fand ich auffällig. Gerade, wenn man sich so viel Zeit lässt. Ist aber vielleicht auch teil des Irrsinns, und dann eben auch eine Aussage.
Denn im Grunde hat ein Film immer eine Haltung. Etwas nicht zu erzählen oder weg zu lassen, sagt ja auch etwas aus.