„Mehltau oder so was...?“
Nachdem „The Substance“ vorgemacht hatte, wie man den guten alten Bodyhorror wieder ins Kino bringt, zog der Australier Michael Shanks ein Jahr später mit seinem selbstgeschriebenen Regiedebüt „Together – Unzertrennlich“ nach. Produziert wurde dieser Indie-Film u.a. von den beiden Hauptdarstellern Alison Brie und Dave Franco, die hier nicht nur ein Pärchen spielen, sondern auch in der Realität miteinander liiert sind. Der Film ist eine Mischung aus mitunter tragikomischem Beziehungsdrama, Horror und Satire.
„Ich hab' das Gefühl, ich lebe mit was Totem!“
Die in Melbourne lebende Lehrerin Millie (Alison Brie, „Scre4m“) und der wenig erfolgreiche Rockmusiker Tim (Dave Franco, „Warm Bodies“) sind bereits eine ganze Weile zusammen. Die Beziehung kriselt mittlerweile, auch unter dem Druck Millies bester Freundin, die nicht allzu viel von Tim hält. Um der Partnerschaft eine neue Chance zu geben, beschließen die beiden, in eine ein paar Autostunden entfernt liegende ländliche Gegend zu ziehen – wobei dieses Unterfangen in erster Linie von Millie ausging und Tim wirkt, als habe er sich überreden lassen und fürchte sich vor einem Verlust persönlicher Freiheit, schließlich besitzt er nicht einmal einen Führerschein und begibt somit in eine noch stärkere Abhängigkeit zu seiner Lebensgefährtin. Auf der Abschiedsfeier im Freundeskreis macht Millie ihm gar einen Heiratsantrag, den er anzunehmen aber zögert.
Als sie nach dem Umzug ihre neue Umgebung erkunden, geraten sie in ein Unwetter und fallen in ein Loch im Wald, in dem sich Überreste einer religiösen Kapelle finden. Das sich dort sammelnde Wasser scheint klar zu sein und so trinkt Tim in Ermangelung von Alternativen davon. Man macht ein Feuerchen und verbringt die Nacht dort unten. Als sie am nächsten Morgen erwachen, hat sich einiges für sie verändert, denn dieses gemeinsame Abenteuer hat sie zusammengeschweißt…
„Es ist, als wären wir Magneten!“
Das Horrorgenre hat schon immer gern Vertrauen und Sicherheit suggerierende Institutionen, Konstrukte und Orte zu Horten des Schreckens gemacht, beispielsweise Wissenschaft, Ferienlager, Familien, Kleinstädte und Dörfer. „Together – Unzertrennlich“ knöpft sich das Ideal der innigen Zweierbeziehung vor, ohne dass er einen der Partner dabei zu einem Psycho- oder Soziopathen erklären würde. Die Ausgangslage suggeriert insofern ein Gefälle zwischen Millie und Tim, als Millie die Hosen anzuhaben scheint, während Tim reifeverzögert alten Jugendträumen von einer Karriere als Musiker nachrennt, ohne Millie sein eigenes Leben aber kaum auf die Reihe bekäme. Dass dies in erster Linie der Blick Millies Freundin auf die Beziehung ist, wird dadurch klar, dass sich Tim seiner Schwächen bewusst ist, durchaus verantwortungsvoll lebt und handelt und nicht zuletzt Millie auch weiterhin sehr an der gemeinsamen Beziehung gelegen ist.
Als Teil des Filmpublikums hat man gegenüber Millie und Tim einen Wissensvorsprung, denn der Prolog zeigte kurz, dafür deftig zwei Hunde, die aus jenem Loch getrunken hatten. Schanks lässt die Zuschauerschaft fortan daran teilhaben, wie Millie und Tim sich in ihre neue Umgebung einleben, privat wie beruflich, die rare Nachbarschaft in Person des Lehrerkollegen Jamie (Damon Herriman, „Once Upon a Time in... Hollywood“) kennenlernen und ihre Beziehung diskutieren, und mischt zunächst beiläufig, dann in immer höherer Dosis unerklärliche Phänomene (gegen die Tim Valium (das jetzt anders heißt) verschrieben bekommt), ein paar wenige, aber effektive Jumpscares bis hin zu echten Horror drunter, der in seinen grafischen Momenten ebenso beeindruckt wie verstört. Vorbereitet wurden diese indes früh in Form visualisierter Alpträume und Rückblenden mit jeweils kurzen, dafür umso entsetzlicheren Bildern.
So entpuppt sich „Together – Unzertrennlich“ als Parabel auf zu viel Nähe in einer Partnerschaft, die den Horrorgehalt zunehmend mit ein wenig Komik und satirischen Elementen anreichert, dadurch aber auch abschwächt, ohne aber dass eine Klamotte daraus würde. Hat es zunächst den Anschein, einer würde den anderen regelrecht absorbieren, gleicht man sich auch darin schnell einander an. Eine Anti-Romanze in Form einer Romanze, die am Ende Nähe und gegenseitige Abhängigkeit bis zur Selbstaufgabe regelrecht sarkastisch positiv konnotiert. Dabei handelt es sich um eine von im Prinzip nur zwei Wendungen des Films, dem seine zum trügerischen ländlichen Idyll passende ruhige und geradlinige Erzählweise guttut, und der Aristophanes‘ Thesen vom geteilt geborenen Menschen, der sein passendes Gegenstück sucht, auf bizarre Weise aufgreift.
Positiv fällt auch die Rolle der homosexuellen Filmfigur auf, deren Homosexualität genauso wenig exotisiert wird, wie sie in irgendeine Opferrolle gedrängt würde – ganz im Gegenteil. So räumt auch ihr übersteigerter monogamer Lebensentwurf mit etwaigen Schwulenklischees auf. Etwas irritierend, weil nicht hundertprozentig motiviert erscheint der eine oder andere ungewöhnlich harsche Dialog zwischen Millie und Tim, der womöglich etwas zu offensiv auf ihre Beziehungskonflikte hinweisen soll oder aber dem ansonsten äußert angenehmen Realismus geschuldet ist, der sich nicht zuletzt auch aus der Vertrautheit von Hauptdarstellerin und Hauptdarsteller miteinander speisen dürfte.
Zu gern aber hätte man mehr über den Kult, von dem Jamie berichtet, und der Kapelle erfahren: Weshalb ist sie eingestürzt? Welchen Ursprungs ist das Wasser in jenem Loch? Warum wurde aus dem vermissten Paar, das Tim letztlich finden wird, was aus ihnen wurde? Doch wohl sicherlich nicht nur wegen der Kostüm-/Masken- und Spezialeffekte, die sich dadurch eindrucksvoll in Szene setzen ließen, oder? Und wie man das symbiotische Endergebnis mit der Familie geklärt bekommt, wäre ein Thema für sich – von den Behörden ganz zu schweigen… So oder so: „2 Become 1“ der Spice Girls höre ich zukünftig mit anderen Ohren. Und ein vielleicht die eine oder andere Frage beantwortendes Pre- oder Sequel würde ich mir ansehen.
Bewertung: 7,5 von 10 Säbelsägen!
Together - Michael Shanks (2025)
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Re: Together - Michael Shanks (2025)
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Diese Filme sind züchisch krank!