Re: Eugenie de Sade - Jess Franco
Verfasst: So 8. Jan 2012, 13:22
Gestern noch mal Eugenie-Doppelpack, und ich kann dem Reni nur zustimmen: "Die Jungfrau und die Peitsche" aka "Wildkatzen" aka "De Sade 70" (DVD von Epix) ist wirklich ein absolut empfehlenswerter Knaller aus der Harry Alan Towers Schmiede,
während "Eugenie de Sade" (DVD von X-Rated) trotz Soledad Miranda und Paul Muller aufgrund seiner Umgereimtheiten und Anschlussfehler doch massiv gegen seinen Namensvetter verliert. Gut schaubar ist EdS natürlich dennoch, aber die X-Rated-Scheibe hat natürlich einen ganz gewaltigen Haken, nämlich zunächst fast 15 Minuten Zwangstrailer (zum Glück funktioniert bei mir dabei der Ton nicht!), mit einem dämlichen D'Amato-HC mit Mark Shannon, Bethmanns "Rosso Venezia" (mit Jess und Lina! ) und dem absoluten Tiefpunkt, noch ein Trailer für Bethis Machwerke, nämlich "Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen, Teil 2" Dem Blapschi wünsche ich beim Anschauen dieses offensichtlichen Sondermülls viel Vergnügen. Wer im letzten Satz Häme findet, darf sie behalten.Reinifilm hat geschrieben:Zu der epiX-DVD hatte ich vor Urzeiten auch mal was geschrieben (Quelle mit Bildern: http://www.gamesunit.de/pcms/artikel.pc ... &showall=1):
"Eugenie ist der Inbegriff der holden unschuldigen jungen Frau. Angeregt durch den Roman "Die Liebe im Boudoir" des Marquis de Sade beschließt die hinterhältige Madame de Saint-Ange ein gewagtes Experiment, nämlich in kürzester Zeit aus Eugenie ein durch und durch verdorbenes Wesen zu machen. Dabei schreckt sie vor wirklich gar nichts zurück...
Juppiduppiduuuh - was war die Freude groß, als ich diese Promo-DVD von Epix erhielt. Denn: Bei "De Sades Eugenie - Die Jungfrau und die Peitsche" von 1970 handelt es sich um 70ziger Jahre Eurotrash deluxe und Regisseur des Ganzen ist niemand Geringeres als die Trashfilm-Ikone Jess Franco! Jess Franco (eigentlich Jesus Franco) hat in seinem Leben fast schon 200 Billigfilmchen heruntergekurbelt und ist trotz seines Alters (über Siebzig) immer noch fleißig dabei die Welt mit seinen Streifen zu beglücken.
Dabei hat Jess Franco es durchaus geschafft nicht nur haufenweise Schund zu drehen, sondern mit seinen Filmen so etwas wie eine eigene visuelle Sprache zu entwickeln. In seinen Streifen finden man meistens reichlich nackte weibliche Tatsachen, seltsame Zooms durch irgendwelche Sachen hindurch (Stühle, Vorhänge), kaum Gespür für Trickeffekte (die sind nämlich immer einfach ultrabillig), ein sehr gemächliches Erzähltempo und ein kaum zu verbergendes Untalent die Kamera richtig zu führen (meistens ist immer irgendetwas unscharf oder Kameraschwenks wirken verwackelt).
Hinzu kommt ein echtes Gespür für völlig Mit diesem Bewerbungsfoto hätte Christopher Lee bei der 'Emma' definitiv keine Chance bescheuerte und wirre Filmstorys sowie seltsame Symbole wie sterbende Skorpione und geköpfte Puppen. Besonders seine Filme aus den Siebzigern zeichnen sich zusätzlich noch durch jede Menge groovy Musik aus (der Soundtrack zu "Vampyros Lesbos" hat es unter dem Titel "Sexadelic Dance Party" sogar mal in die DJ-Charts geschafft und sollte in keiner Plattensammlung fehlen) und auch bei "De Sades Eugenie" ist die Musik ein ziemlicher Knaller. Außerdem hat es Jess Franco irgendwie immer geschafft recht bekannte B-Movie Darsteller für seine Filme zu verpflichten (Klaus Kinski, Maria Schell, Horst Tappert, Helmut Berger, Bela B und in unserem Falle Christopher Lee).
Franco hat zwar (meistens unter einem seiner zahlreichen Pseudonyme) irgendwie mal alles gedreht, meistens waren es doch eher fantastische Stoffe, die eine deutliche Nähe zu Softsexfilmen hatten - selbst bei seinen Horrorfilmen waren dann doch mehr Busen als Blut zu sehen.
Und dementsprechend gibt es auch bei "De Sades Eugenie" jede Menge nackte Tatsachen, allerdings diesmal passend zum Thema, da wir es ja mit einer "Literatur"-Verfilmung des Marquis de Sade zu tun haben.
Dessen Bücher sind bekanntlicherweise eher der harten Pornografie als der bildenden Kunst zuzurechnen. Und ganz im Geiste de Sades lässt Jess Franco nichts anbrennen! Zwar ist alles nur angedeutet, aber was eher wie eine etwas behäbige Variante des "Schulmädchen Reports" beginnt, wird bald ganz schön fies und düster (Sadismus, Mord, Drogen Vergewaltigung, Gruppensex, singender Hausangestellter...). Dies alles führt dazu, dass der Film es tatsächlich schafft so etwas wie eine beklemmende und bedrohliche Atmosphäre aufzubauen und damit wirklich eine Nähe zur Buchvorlage aufzuweisen.
Überhaupt merkt man dass Franco bei "De Sades Eugenie" in Topform war: Keine ewig langen Szenen, halbwegs passable und gut anzusehende weibliche Darstellerinnen und jede Menge visuelle Experimente, letztere teilweise ziemlich gelungen. Die Bildkompositionen sind generell hübsch anzusehen. Leider geht einem Francos glorreiche Idee die Traumszenen alle unscharf zu filmen irgendwann ganz schön auf den Keks und sein Unvermögen Kameras richtig zu bedienen macht sich hier und da ebenfalls bemerkbar (z.B. wenn die eigentlich entscheidenden Elemente im Vordergrund unscharf sind, der Hintergrund aber deutlich hervortritt).
Zu den Darstellern: Christopher Lee ist zwar nur in einer Nebenrolle zu sehen, aber eine echte Idealbesetzung. Marie Liljedahl als unschuldige Eugenie macht ihre Sache ebenfalls gut, genauso wie Maria Rohm als kaltherzige Madame de Saint-Ange. Jack Taylor als ihr sadistischer Bruder Mirvel fällt dagegen etwas ab.
Die DVD-Veröffentlichung von Epix weiß durch und durch zu gefallen. Das Bild besitzt trotz des hohen Alters des Ausgangsmaterials (immerhin fast vierzig Jahre) erstaunlich kräftige Farben, die gelegentlichen Unschärfen gehen auf das Konto des Regisseurs. Nicht mehr vorhandenes Tonmaterial wurde mit guten Sprechern neu eingesprochen, außerdem gibt es einige nette Extras (Originaltrailer, trashiger deutscher Trailer, Biografie von Jess Franco, Erklärende Untertitel, Interview mit Darsteller Jack Taylor).
Klare Kaufempfehlung, der Film rockt! Nicht nur Eurotrash-Liebhaber werden gnadenlos begeistert sein - wie sagte Jess Franco doch über "Eugenie" so schön: "Derjenige meiner Filme, den ich am wenigsten hasse" - recht hat er!"